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Startseite > Infothek > Leitfäden | Themen > Thema | Vermögensauseinandersetzung > Versorgungsausgleich > Versorgungsausgleich international > Kanzlei für Familienrecht
Vor deutschen Familiengerichten findet in der Regel der Versorgungsausgleich von Amts wegen statt (> Zwangsverbund ). Bei Scheidung mit internationalem Bezug sind vorab immer drei Fragen zu klären:
Diese Fragen sind für jede einzelne > Angelegenheit des Familienrechts gesondert zu klären. Für jeden Teilbereich einer Scheidung sind besondere internationale Abkommen zu beachten: so z.B. zum > Scheidungsrecht, zum > Kindschaftsrecht, zum > Unterhaltsrechtusw. Doch zum > Versorgungsausgleich gibt es keine internationalen Abkommen. Ebenso wenig bestehen bilaterale oder multilaterale Verträge zur Frage der internationalen Zuständigkeit für isolierte > Versorgungsausgleichsverfahren . Dies erklärt sich schon damit, dass es in den meisten Mitgliedstaaten der EU kein dem deutschen Versorgungsausgleich vergleichbares Rentenausgleichssystem aus Anlass der Scheidung gibt. Da es keine internationalen Abkommen zur Folgesache Versorgungsausgleich gibt, kommt für die Frage der internationalen Zuständigkeit für Versorgungsausgleichsachsen entweder § > 98 Abs.3 FamFG oder die > Brüssel IIa-VO zur internationalen Scheidung zum Tragen. Nach § > 98 Abs. 3 FamFG erstreckt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Fall des > Verbunds von Scheidungs- und Folgesachen auf die > Folgesachen (> Scheidung mit internationalen Bezügen ). § 98 Abs.3 FamFG nimmt für Folgesachen ausdrücklich Bezug auf die im deutschen Recht geregelte internationale Zuständigkeit für das > Scheidungsverfahren. Nach Sinn und Zweck und den Vorstellungen des Gesetzgebers ist § 98 FamFG auch dann anwendbar, wenn sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Scheidung nicht aus § 98 FamFG, sondern vielmehr aus Europäischem Gemeinschaftsrecht (meist ist die > Brüssel IIa-VO maßgeblich ) ergibt. Wenn geklärt ist, dass deutsche Familiengerichte international zuständig sind, dann befindet man sich automatisch im Rechtskreis des deutschen Versorgungsausgleichssystems. Diese Rechtsfolge ergibt sich weiter ausdrücklich aus > Art. 17 Abs.4 EGBGB.
(Zitat, Rn 8) “Weil beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, folgt nach Maßgabe des autonomen Rechts die internationale Zuständigkeit für die Ehescheidung […]. Wegen des sachlichen Bezugs zwischen Ehescheidung und Versorgungsausgleich ist damit zugleich die – in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 (Brüssel IIa-VO) nicht geregelte – internationale Zuständigkeit für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich gegeben (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Februar 2009 – XII ZB 101/05 – zur Veröffentlichung bestimmt). Unerheblich ist dabei, dass das Verfahren über den Versorgungsausgleich selbständig durchgeführt wird (Senatsbeschluss vom 3. Februar 1993 – XII ZB 93/90 – FamRZ 1993, 798).”
Die Vorgaben nach § 98 FamFG oder der > Rom-III VO werden von Art. > 17 Abs.4 EGBGBunterstrichen und ergänzt. Art. 17 Abs.4 EGBGB stellt zusätzlich die Weiche, wann der deutsche Versorgungsausgleich von Amts wegen (Art.17 Abs.4 S.1 EGBGB) oder nur auf Antrag (Art. 17 Abs.4 S.2 EGBGB) durchgeführt wird.
(Zitat, Rn 37 ff) “Nach Art. 17 Abs.4 S.1 EGBGB unterliegt der Versorgungsausgleich dem nach der Rom III-VO auf die Scheidung anzuwendenden Recht. Er ist nur durchzuführen, wenn
Im Übrigen ist der Versorgungsausgleich nach Art. 17 Abs.4 S.2 EGBGB nur auf Antrageines Ehegatten nach deutschem Recht durchzuführen, wenn
Anmerkung: In der Regel ist davon auszugehen, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs der Billigkeit nicht widerspricht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das Gesetz eine weitere Billigkeitsklausel in § > 27 VersAusglGenthält. Diese Vorschrift findet auch bei Sachverhalten mit internationalem Bezug Anwendung. Die Gründe, die zur Unbilligkeit im Sinne von Art. 17 Abs. 3 EGBGB führen, müssen sich deshalb aus den Besonderheiten des internationalen Zusammenhangs ergeben. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Ausgleichsberechtigte seinerseits erhebliches Vermögen hat, das wegen der Anwendbarkeit eines ausländischen Güterrechtsstatuts einem Ausgleich nicht unterliegt. Möglich ist es auch, aufgrund der Billigkeitsklausel den Versorgungsausgleich zwar nicht vollständig auszuschließen, aber zu kürzen. Das kann insb. bei unterschiedlichen > Kaufkraftverhältnissen im Aufenthaltsland des Berechtigten und des Verpflichteten angezeigt sein. Der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs muss im ersten Rechtszug gestellt werden. Wird er erst in der Beschwerdeinstanz gestellt, kommt nur ein isoliertes Versorgungsausgleichsverfahren in Betracht.
AG Hamurg-Blankenese, Beschluss vom 28.02.2020 – 553 F 54/14
(intern vorhanden, unser Az.: 43/20)
Australische Anwartschaften – Verweis auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach 20 VersAusglG
Anmerkung: > Ausländische Rentenanwartschaften können nicht von einem deutschen Gericht geteilt werden. Deutsche Gerichte haben keine Hoheitsbefugnis, per Teilung inausländische Rentenanwartschaften einzugreifen (§ 19 Abs.2 Ziff.4 VersAusglG). Im ersten Zugriff könnte man daraus folgern, dass ausländische Rentenanwartschaften nach deutschem Recht nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen. Doch nach deutschem Recht wird der > Versorgungsausgleich möglichst umfassend durchgeführt. Selbst ausländische Anwartschaften werden im deutschen Ausgleichssystem berücksichtigt und bleiben nicht ausgeklammert. Selbst im Fall einer sog. > Auslandsscheidung können deutsche Staatsangehörige den deutschen Versorgungsausgleich nach deutschem Recht gesondert durchführen lassen (> mehr).
In der Regel verweist das Gericht in seinem Scheidungsbeschluss die Ehegatten wegen ausländischer Anwartschaften auf die Möglichkeit des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gem. > §§ 20 ff VersAusglG. Oft wird lapidar für die ausländischen Anwartschaften auf die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 20 VersAusglG verwiesen. Dabei soll ein Verweis auf den schwächeren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (§§ 20 ff VersAusglG) tunlichst vermieden werden, um – so weit wie möglich – unbillige Ergebnisse zu vermeiden. Dies entspricht insoweit auch der ganz h. M. in der Rechtsprechung und Literatur (OLG Saarbrücken FamRZ 2014, 41; OLG Zweibrücken FamRZ 2013, 1492; Wick, Der Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn. 402; Borth, Versorgungsausgleich, 7. Aufl., Rn. 599).
> mehr
Alternativ zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (§ 20 VersAusglG) bieten sich für ausländische Anwartschaften weitere folgende Ausgleichmechanismen an:
BGH, Beschluss vom 5.5.2021 – XII ZB 381/209
Abfindung bei ausländischem Anrecht nach § 23 VersAusglG mit Scheidung
Orientierungssätze:
Die Abfindung eines ausländischen Anrechts nach § 23 VersAusglG setzt voraus, dass es sich um ein dem Grund und der Höhe nach > gesichertes Anrecht handelt (im Anschluss an Senatsbeschluss v. 17.4.2013 – XII ZB 371/12 -, FamRZ 2013, 1021 {FamRZ bei juris}).
Eine > Unbilligkeit des Wertausgleichs von Anrechten des anderen Ehegatten bei der Scheidung gemäß § 19 Abs.3 VersAusglG kann nicht mit Blick darauf verneint werden, dass der über ausländische Anrechte verfügende Ehegatte daneben ausgleichsreife inländische Anwartschaften erworben hat, deren Wert über dem Wert der inländischen Anrechte des anderen Ehegatten liegen.
Anmerkung: Selbst wenn > ausländische Anwartschaften bereits gesicherte Anwartschaften darstellen, fehlt ihnen per gesetzlicher Definition die Ausgleichsreife für die > Teilung (§ 19 Abs.2 Ziff.4 VersAusglG). Wie der BGH jedoch erklärt, können gesicherte – aber nicht ausgleichsreife – Anwartschaften zum Anspruch auf Abfindung nach §§ 23, 24 VersAusglG führen. Damit ist der Abfindungsanspruch nach §§ 23, 24 VersAusglG anlässlich der Scheidung bei ausländischen Anwartschaften das in der Praxis am häufigsten vorkommende Anwendungsgebiet. Der Fall des BGH, Beschluss vom 05.05.2021 – XII ZB 381/20 betrifft eine ausländische – US-amerkanische – Altersvorsorge („ Retirement Benefits“), die nicht eine Versorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes darstellt. Anhand des § 2 Abs.1 VersAusglG stellt der BGH klar, wann eine solche ausländische Anwartschaft dem deutschen Versorgungsausgleich unterliegt (Rn16 bis Rn 17). Da es sich um ein ausländisches Anrecht handelt, ist es nicht ausgleichsreif (§ 19 Abs.1, Abs.2 Nr.4). Somit kann es nur über die Vorschriften zum Ausgleichsanspruch nach der Scheidung (§§ 20 bis 26 VersAusglG) ausgeglichen werden (§ 19 Abs.4 VersAusglG). Doch über einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch (§ 23 VersAusglG) kann bereits bei der Scheidung entscheiden werden (Rn 19). Voraussetzungen für einen Abfindungsanspruch (§ 23 VersAusglG) bei Scheidung sind, dass das Anrecht
• dem Grund und
• der Höhe
nach gesichert ist. Eine solche geforderte endgültige Sicherung des Anrechts erfordert, dass der Versorgungswert dem Grund und der Höhe nach durch die künftige betriebliche Entwicklung des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers nicht mehr beeinträchtigt werden kann (Rn 20). Fällt eine betriebliche Pensionszusage nicht in den Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes, ist jeweils anhand der für die Versorgung einschlägigen Regelungen zu prüfen, ob das Anrecht nach Grund und Höhe hinreichend verfestigt ist. Von einer fehlenden Verfestigung ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Entstehung eines Rechtsanspruchs auf die Versorgung aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen, etwa Verfallbarkeitsklauseln, Widerrufsrechten oder Bedingungen, noch ungewiss ist (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2019 XII ZB 627/15 FamRZ 2019, 1993 Rn. 19 mwN) [Rn 22]. Allein die einem Arbeitgeber in bestimmten Härtefällen eröffnete Möglichkeit, die erteilte Versorgungszusage wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) oder nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kürzen oder aufheben zu können, rechtfertigt es allerdings nicht, das Anrecht wegen fehlender Verfestigung als nicht ausgleichsreif anzusehen. Denn sonst könnte die einem Sozietätspartner erteilte Versorgungszusage praktisch nie in den Wertausgleich bei der Scheidung einbezogen werden (RN 23). Es müssen weitere Regelungen mit dem Arbeitgeber hinzukommen, die gegen eine Unverfallbarkeit des Anrechts dem Grunde oder der Höhe nach, sprechen. Es muss geprüft werden, ob weitere vertragliche Abänderungsmöglichkeiten in der Versorgungszusage eingebaut wurden (Rn 27). Im Fall des BGH wurde festgestellt, dass solche vertraglichen Abänderungsmöglichkeiten für den Fall vorgesehen wurde, wenn bestimmte wirtschaftliche Parameter beim Arbeitgeber für die Versorgungsleistung in voller Höhe nicht gegeben sind. Im Fall des BGH konnten die Versorgungsleistungen schrumpfen, wenn die Erträge des Arbeitgebers schrumpfen, aus denen sich die Altersbezüge entsprechend ermitteln. Damit war die ausländische Anwartschaft bei Scheidug nicht abzufinden.
Sind neben dem ausländischen Anwartschaftsrecht weiter inländische Anwartschaften auszugleichen, kann es zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs im > Scheidungsverbund kommen, wenn nur der Versorgungsausgleich in Bezug auf die inländischen Anwartschaften zu unbilligen Ergebnissen führt (§ 19 Abs.3 VersAusglG). Das ist meist der Fall, wenn einer der Ehegatten umfangsreich oder fast ausschließlichausländische Anwartschaften erworben hat und der andere Ehegatte seine deutschen Rentenanwartschaften sofort teilen lassen soll. Allerdings darf in solch einem Fall nicht gem. § 19 Abs.3 i.V.m Abs.4 VersAuslG für die ausländischen Anwartschaften auf mögliche Ausgleichsmechanismen für die Zeit nach der Scheidung (schuldrechtlicher Ausgleich: §§ 20ff VersAusglG) verwiesen werden. Vorrangig muss geprüft werden, ob wegen der ausländischen Anwartschaften eine “Verrechnung” mit den sonstigen inländischen Anrechten der Ehegatten in Betracht kommt, so dass eine Teilung der sonstigen Anrechte wegen §§ 18, 19 Abs.3 VersAusglG ganz oder teilweise zu unterbleiben hat.
Christian Breuers, in: NZFam 2021, 788 (Zitat): “Im Hinblick auf die Ausgleichssperre des § 19 Abs.3 VersAusglG ist jetzt klar, dass die erforderliche Billigkeitsprüfung grundsätzlich voraussetzt, dass das Gericht von Amts wegen nicht nur Feststellungen zum Grund, sondern auch zur > Höhe der ausländischen Anrechte vornimmt und zumindest überschlägig zu ermitteln versucht, ob der Wert der nicht ausgleichsreifen ausländischen Anrechte dem Wert der ausgleichsreifen inländischen Gegenanrechte des anderen Ehegatten entspricht. Man sollte aus aber nicht den Schluss ziehen, dass für den Wertausgleich bei der Scheidung die Ausgleichswerte ausländischer Anrechte immer genau zu ermitteln sind; die Scheidungsverfahren würden dadurch unnötig erschwert. Wenn feststeht, dass nur ein geringer Ausgleichswert des ausländischen Anrechts zu erwarten ist, der im Vergleich zur Regelsicherung beider Eheleute im Inland nicht ins Gewicht fällt, erübrigt sich die Aufklärung des ausländischen Anrechts, weil dann von vornherein klar ist, dass der Ausgleich der beiderseitigen inländischen Anrechte nicht unbillig wäre. Umgekehrt wird man – ohne den Ausgleichswert des ausländischen Anrechts zu ermitteln – davon ausgehen können, dass § 19 Abs.3 VersAusglG den Ausgleich der inländischen Anrechte bei der Scheidung ausschließt, wenn das ausländische Anrecht einen wesentlichen Bestandteil der Versorgung des Ehegatten ausmacht. In allen anderen Fällen sind die Familiengerichte zwar gehalten, die Werte ausländischer Anrechte aufzuklären. Auch dann ist es aber regelmäßig nicht erforderlich, die Ausgleichwerte „centgenau“ zu ermitteln; für die Billigkeitsprüfung nach § 19 Abs.3 VersAusglG genügt es idR, die Größenordnung des ausländischen Anrechts – ggfs. durch Schätzung – festzustellen.”
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.07.2014 – 5 UF 149/14
Zur Auklärungspflicht ausländischer Anwartschaften & Sperrklausel nach § 19 Abs.3 VersAusglG
(Zitat, Rn 2) “Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung über den vom Beschwerdeführer angestrebten Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 19 Abs. 3 VersAusglG den Sinn und Zweck der Vorschrift verkannt und unter Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG die in Italien bestehenden Versorgungsanrechte beider Beteiligter nicht aufgeklärt. Ausweislich der Gesetzesbegründung entbindet § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG, wonach ausländischeAnwartschaften dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleiben, das Familiengericht nicht von seiner grundsätzlichen Pflicht, diese Anrechte im Hinblick auf § 19 Abs. 3 VersAusglG aufzuklären (BT-Drs. 16/10144, S. 64). Nach § 19 Abs. 3 VersAusglG findet in den Fällen, in denen ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach Abs. 2 Nr. 4 erworben hat, ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre. Die Gesetzesbegründung nennt als typischen Anwendungsfall die Konstellation, dass ein Ehegatte ausschließlich inländische Anrechte erworben hat, während dagegen der andere Ehegatte nur über ausländische Anwartschaften verfügt (BT-Drs., a. a. O.), weil es für den zuerst genannten Ehegatten, der die Hälfte seiner ehezeitlichen Anrechte unwiederbringlich verlöre, unbillig wäre, ihn auf den insoweit schwächeren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu verweisen. […] Gerade ein solcher Regelfall liegt hier aber offenkundig vor, weil die Antragsgegnerin ausschließlich über in Italien bestehende Versorgungsanwartschaften verfügt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts geht der Gesetzgeber in § 19 Abs. 3 VersAusglG schon dann von einer unbilligen Sachlage für den anderen Ehegatten aus, wenn bei ihm der Versorgungsfall, z. B. wegen Invalidität, früher eintritt, weil die Voraussetzungen von § 35 VersAusglG dann nicht greifen oder auch bei einem möglichen Vorversterben des Ehegatten mit den ausländischen Anrechten, ohne dass es insoweit auf statistische Wahrscheinlichkeiten ankommt (Johannsen/Henrich/Hahne, Familienrecht, 5. Aufl., § 19 VersAusglG Rn. 20; Borth, a. a. O., Rn. 599).”
Rn 3 : “Ob und ggf. in welcher Höhe von der Ausgleichssperre des § 19 Abs. 3 VersAusglG Gebrauch zu machen ist, kann nur geprüft und entschieden werden, wenn das Vorhandensein von ausländischen Anrechts dem Grunde und – zumindest annähernd – der Höhe nach aufgeklärt worden ist. Dies gilt vorliegend sowohl für die in Italien bestehenden Anrechte der Antragsgegnerin, als auch für diejenigen des Beschwerdeführers. Hierbei wird sich das Amtsgericht ggf. der Hilfe von Sachverständigen zu bedienen haben, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass auch der Fall der Nichtermittelbarkeit von ausländischen Anrechten zur Anwendung von § 19 Abs. 3 VersAusglG führen kann (Borth, a. a. O.).”
Rn 4 : “Sollte das Amtsgericht nach Aufklärung der ausländischen Anrechte zum Ergebnis gelangen, dass hinsichtlich der bei der Beteiligten zu 1 bestehenden beiden Anrechte der Versorgungsausgleich ungeachtet § 19 Abs. 3 VersAusglG durchzuführen sein sollte, wird es bei der Prüfung von § 18 VersAusglG in Erwägung ziehen müssen, dass unter Beachtung der Grundsätze der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2012, 610) es der Halbteilungsgrundsatz gebieten kann, beide Anrechte zu teilen.”
Rn 5 : “Aufgrund der Nichterfüllung der Amtsermittlungspflicht in Bezug auf die in Italien bestehenden Anrechte der Beteiligten, ist der angefochtene Beschluss in Bezug auf die Folgesache Versorgungsausgleich auf Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 69 S.2 FamFG aufzuheben und die Sache zur Nachholung der notwendigen Ermittlungen und erneuten Entscheidung – auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Familiengericht zurückzuverweisen.“
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2018 – 8 UF 36/17
Versorgungsausgleich wegen ausländischer Anwartschaften unbillig- § 19 Abs.3 VersAusglG
Leitsätze:
1. Verfügt ein Ehegatte über ausländische Anwartschaften, die mindestens so hoch sind, wie die inländischen Anrechte des anderen Ehegatten, kann der Ausgleich dieser inländischen Anrechte für den anderen Ehegatten unbillig sein, auch wenn der über die ausländischen Anwartschaften verfügende Ehegatte bei weitem höhere ausgleichsreife Anrechte erworben hat als der andere Ehegatte.
2. Zur Bemessung des Ausgleichs in einem derartigen Fall.
Anmerkung: Das OLG Düsseldorf führt hier ein Billigkeitskorrektur in der Weise durch, dass inländische Anwartschaften des einen Ehegatten die im Wert mindestens so hoch sind, wie der vergleichbare Wert der ausländischen Anwartschaften des anderen Ehegatten von zum Teil von der Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgeklammert wird. Dadurch soll insgesamt ein dem Halbteilungsgrundsatz näher kommendes Ergebnis erzielt werden. Diese Ansicht wird weiter vertreten von KG BerlinFamRZ 2016, 982 mit Anm. Borth; OLG Zweibrücken FamRZ 2013, 1492; Norpoth/Sasse in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 19 VersAusglG, Rn. 19).
Haben die Ehegatten währen der Ehezeit bei einem ausländischen VersorgungsträgerRentenanwartschaften gebildet, stellen sich im > Scheidungsverfahren nach deutschem Recht folgende Fragen:
Beschluss
Auskunft zur ausländischen Anwartschaft
Die Einholung von Auskünften bzgl. ausländischer Anrechte ist nicht immer einfach, entbindet das Familiengericht aber nicht von der Aufklärungspflicht. Nach § > 220 Abs.1FamFG ist die Auskunft bei den Personen einzuholen, die Auskunft geben können. Wenn es sich um Anwartschaften bei ausländischen Rentenversicherungssystemen handelt, dann ist die Auskunft seitens des Gerichts über Vermittlung Deutsche Rentenversicherung bei dem ausländischen Versorgungsträger einzuholen. Wie die Auskunft über ausländische Anrechte eingeholt wird und ob die ausländischen Rentenversicherungsträger Auskunft erteilen wird, erfahren Sie in Form einer Übersicht der Deutschen Rentenversicherung (Rechtsstand 2015) > hier . Die meisten ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträger übersenden lediglich einen Versicherungsverlauf. Eine Berechnung von Ehezeitanteil und Ausgleichswert gem. § 5 Abs.1 und Abs.3 VersAusglG kommt selten vor; die Angabe des Korrespondierenden Kapitalwerts gem. § 47 VersAusglG fehlt nahezu immer. Auch die Vermittlungshilfe der Deutschen Rentenversicherung hat seine Grenzen. Die Deutsche Rentenversicherung berücksichtigt nur Anrechte aus ausländischen Rentenversicherungssystemen und holt nicht Auskünfte bei privaten Versicherungsträgern ein. Wenn Auskünfte wegen Rentenanwartschaften aus privaten ausländischen Altersvorsorgeprodukten eingeholt werden müssen, muss das Gericht den betroffenen Ehegatten auffordern, die Auskunft persönlich bei dem ausländischen Versicherer einzufordern und dem Gericht die Auskunft vorzulegen. Denn nur der betroffene Ehegatte selbst kann die Auskunft beschaffen (§ 220 Abs.1 FamFG).
Die Anwartschaften der ausländischen Rentenversicherungs- bzw. Versorgungssysteme sind stets gesondert zu ermitteln. Diese Berechnung kann nur von dem zuständigen Träger des ausländischen Staates vorgenommen werden. Ein öffentlich-rechtlicher Ausgleich ausländischer Anwartschaften ist nicht statthaft, da es sich hierbei um eine hoheitliche Maßnahme eines deutschen Gerichts handelt, der sich ausländische Versorgungsträger nicht unterwerfen. Es ist somit grundsätzlich Aufgabe der Familiengerichte, ausländische Anwartschaften selbst zu ermitteln und für den Halbteilungsgrundsatz zu bewerten. Warum das Familiengerichte hier Aufklärungsarbeit zu leisten haben, erfahren Sie
> hier .
AG Gelnhausen, Beschluss vom 15.03.2018 – 61 F 731/15
(intern vorhanden, unser Az 177/15)
Österreichische Anwartschaften & Wertermittlung
(Zitat) “Hinsichtlich der im Ausland erworbenen, nicht ausgleichsreifen Anrechte genügt es, den Wert annähernd festzustellen. Er kann gegebenenfalls in analoger Anwendung des § 287 Zivilprozessordnung geschätzt werden. Der korrespondierende Kapitalwert der ausländischen Anrechte des Ehemannes konnte trotz intensiver Ermittlungen des Gerichts [ Anmerkung : solche waren nicht bekannt ] nicht ermittelt und auch nicht gemäß § 287 Zivilprozessordnung geschätzt werden. Er dürfte aber nicht geringfügig im Sinne § 18 VersAusgIG sein. […]”
Anmerkung: Die Entscheidung des AG Gelnhausen ist in mehrfacher Hinsicht kritisch zu beurteilen. Hier wurde nicht im ausreichenden Maß Aufklärungsarbeit über die Höhe der ausländischen Anrechte geleistet (vgl. dazu > OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 21.07.2014 – 5 UF 149/14 ).
Wer Ansprüche aus dem Ausgleich ausländischer Anwartschaften erwartet, sollte stets darauf drängen, dass das Familiengericht zur Bewertung der ausländischen Anwartschaft sich eines Sachverständigen bedient. Wird zum Ende der Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftszeit bereits eine ausländische Altersrente bezogen, können die ausländischen Anwartschaften auch direkt aus dieser Altersrente abgeleitet werden (vgl. § 21 Abs.1 VersAusglG). Hierbei ist zu beachten, dass oft keine spezielle Berechnung nur für die Ehe- bzw. die Lebenspartnerschaftszeit zu erhalten ist. Für die Berechnung von Ehezeitanteils, Ausgleichswerts und des korrespondierenden Kapitalwerts der ausländischen Anwartschaft sollten vom Gericht annähernd genaue Berechnungen vorgenommen werden, dies auf Basis der ausländischen gesetzlichen Bestimmungen. Damit stoßen die meisten Familiengerichte an die Grenzen der Überforderung: Konsequenz es wird (fast) immer falsch gerechnet. Daher werden Gerichte Aufklärungshinweise erteilen wie z.B. das
Der deutsche Rentenversicherungsträger ermittelt die Werte der ausländischen Anwartschaften nicht. Er hilft lediglich dabei vom ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträger > Auskünfte über die Höhe der ausländischen Anwartschafteinzuholen.
Deutsche Rentenversicherung erteilt in der Scheidungspraxis dazu folgenden Hinweis :
“Der deutsche Rentenversicherungsträger kann keine Auskunft über die Höhe der im Ausland erworbenen Anwartschaften erteilen. Auskunft über die Höhe der in [Ausland] erworbenen Anwartschaften erteilt der [ausländische] Versicherungsträger über uns. Wenn Sie dies wünschen, werden wir die Höhe der Anwartschaft und den auf die Ehezeit entfallenden Anteil erfragen.”
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Deutsche Rentenversicherung Bund
Ausländische Anrechte aus einem Volks-, Wohn- bzw. Grundrentensystem werden nicht in den Versorgungsausgleich eingestellt, weil diese Anrechte nicht durch Arbeit oder Vermögen aufgebaut worden sind (OLG Köln FamRZ 2001, 31; OLG Düsseldorf FamRZ 2001,1461; OLG Oldenburg FamRZ 2002, 961). Diese Anrechte bleiben daher (mit Ausnahme der niederländischen AOW-Pension – BGH FamRZ 2008, 770 und FamRZ 2008, 2263) grundsätzlich außer Betracht.
Um festzustellen, welche Anrechte der Ehegatten grundsätzlich dem Halbteilungsgrundsatz unterliegen, werden bei der inländischen gesetzlichen Rentenermittlung auch die in der Ehezeit liegenden ausländischen Versicherungszeitenberücksichtigt. Dies basiert u.a. auf Abkommen zwischen den EU-Mitgliedstaaten (Europäischen Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit). Deutschland ist sozialrechtlich mit einer Vielzahl von Staaten durch das über- und zwischenstaatliche Recht verbunden. Neben den deutschen Anrechten sind daher auch die ausländischen Anrechte, mit Ausnahme der Anrechte aus den Volks-, Wohn- oder Grundrentensystemen, einzustellen.
Die Deutsche Rentenversicherung erteilt dazu in Ihrer Rentenauskunft folgende Hinweise:“Bei der Berechnung der Rente berücksichtigen wir, dass Versicherungszeiten im Ausland zurückgelegt wurden.
Alle Anlagen für die Berechnung der autonomen Leistung allein aus den deutschen Versicherungszeiten sind gekennzeichnet mit “innerstaatliche Berechnung”. Alle Anlagen für die Berechnung der anteiligen Leistung unter Berücksichtigung der in anderen EU-Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten sind gekennzeichnet mit “zwischenstaatliche Berechnung”.Mit freundlichen GrüßenDeutsche Rentenversicherung
Die Versicherungszeiten im Ausland müssen erfragt werden. Der deutsche Rentenversicherer muss sich beim ausländischen Versicherer über die im Ausland zurückgelegte Versicherungszeit erkundigen. Dieses Prozedere kann ein Scheidungsverfahren erheblich verzögern. Häufig wird dazu vom deutschen Rentenversicherer folgender Hinweis erteilt: Die Notwendigen Feststellung dazu trifft die Deutsche Rentenversicherung, Abteilung Internationale Aufgaben und Beratungsdienst, Berlin. Die erforderlichen Auskünfte der ausländischen Versicherungsträger kommen meist mit erheblicher Zeitverzögerung. So erteilen die Deutsche Rentenversicherung in der Scheidungspraxis häufig folgende Hinweise:Sehr geehrte Damen und Herren,
die Klärung des deutschen Versicherungskontos ist abgeschlossen.Es liegt uns jedoch noch nicht der Versicherungsverlauf vom ausländischen Versicherungsträger vor. Wir können daher zurzeit nicht abschließend feststellen, ob und in welcher Art und Weise die Anwendung von über-/ oder zwischenstaatlichem Recht Auswirkungen auf den Ehezeitanteil des Anrechts aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat. Erfahrungsgemäß wird die Ermittlung der ausländischen Versicherungszeiten noch ungefähr 2 Monate andauern. Auf die Bearbeitungszeiten der ausländischen Versicherungsträger haben wir leider keinen Einfluss.Wenn Sie eine Auskunft aufgrund der deutschen Versicherungszeiten wünschen, teilen Sie uns dies bitte mit. Wir machen darauf aufmerksam, dass sich eine Auskunft über den Ehezeitanteil des Anrechts aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur mit der vollständigen Berücksichtigung aller ausländischen Versicherungszeiten zutreffend feststellen lässt.Dieses Schreiben wurde mit einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage erstellt. Es enthält daher keine Unterschrift.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Deutsche Rentenversicherung Bund
In die zwischenstaatliche Berechnung nach dem Europarecht fließen neben deutschen Versicherungszeiten auch die in den Mitgliedstaaten (Europäische Union, Europäischer Wirtschaftsraum und Abkommen zwischen der EG und der Schweiz über die Freizügigkeit) zurückgelegten Versicherungs- und Wohnzeiten ein. Die mitgliedstaatlichen Zeiten schließen Lücken in der deutschen Versicherungsbiographie. Sinn und Zweck der zwischenstaatlichen Berechnung ist es, Versicherte so zu stellen, als hätten sie ihr gesamtes Versicherungsleben nach deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegt. Die mitgliedstaatlichen Zeiten erhalten bei der Berechnung zunächst den sich aus den deutschen Beitragszeiten ergebenden Durchschnittswert der Entgeltpunkte (theoretischer Betrag). Die Einbeziehung der mitgliedstaatlichen Zeiten soll aber nicht zur Honorierung dieser Zeiten in der deutschen Rente führen. Daher werden diese Zeiten wieder herausgerechnet, indem die Summe der Entgeltpunkte aus deutschen und mitgliedstaatlichen Zeiten mit dem Wert vervielfältigt wird (sog. Prorata-Verhältnis), der sich aus dem Verhältnis von allen vor Eintritt des Leistungsfalles ermittelten Entgeltpunkten aus deutschen Versicherungszeiten und der Gesamtheit aller vor Eintritt des Leistungsfalles ermittelten Entgeltpunkte aus deutschen und mitgliedstaatlichen Versicherungszeiten ergibt (Teilrente). Die Einbeziehung der mitgliedstaatlichen Zeiten in die deutsche Berechnung nach dem Europarecht kann sich somit auf die Bewertung beitragsfreier Zeiten (z. B. Anrechnungszeiten) günstig auswirken, weil der Gesamtleistungswert sich durch die mitgliedstaatlichen Zeiten erhöht. Daher ist der Umfang der mitgliedstaatlichen Zeiten stets zu ermitteln. Dies gilt auch für mitgliedstaatliche Zeiten, die außerhalb der Ehe- / Lebenspartnerschaftszeit zurückgelegt wurden, da auch diese die Bewertung der in der Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftszeit liegenden beitragsfreien deutschen Zeiten beeinflussen können. Jeder Mitgliedstaat zahlt eine Teilrente auf der Grundlage der in seinem System zurückgelegten Zeiten.
Bei der Berechnung nach einem Sozialversicherungsabkommen werden die ausländischen Versicherungszeiten, je nach Abkommen, regelmäßig nur für die Prüfung bestimmter Voraussetzungen (z. B. Wartezeit, versicherungsrechtliche Voraussetzungen) herangezogen. Eine zwischenstaatliche Berechnung, wie sie nach dem Europarecht vorgesehen ist, erfolgt nicht. Die deutschen Anwartschaften werden innerstaatlich ermittelt, abkommensrechtliche Zeiten wirken sich insoweit nicht aus; dies gilt auch bei der Gesamtleistungsbewertung. Bei der Berechnung im Rahmen der Sozialversicherungsabkommen kommt es daher in der Regel zu einem niedrigeren Gesamtleistungswert als bei einer Berechnung nach dem Europarecht, weil die abkommensrechtlichen Zeiten bei der Gesamtleistungsbewertung als Beitragslücke anzusehen sind.
BGH, Beschluss vom 27.01.2021 – XII ZB 336/20
isolierten Versorgungsausgleich bei Auslandsscheidung
Anmerkung: (Sachverhalt) M hat im Juli 1983 die Österreicherin F in Österreich geheiratet. Die Ehe wird dort auf im Mai 2014 gestellten Antrag geschieden. F hat in der Ehezeit keine Versorgungsanrechte erworben. M hat in Deutschland ein gesetzliches und ein betriebliches Anrecht erworben, dessen Ehezeitanteil zum Ehezeitende einen Kapitalwert von 1.463.519,46 EUR und einen Ausgleichswert von 731.509,73 EUR (nach Abzug von Teilungskosten i. H. v. 500,- EUR) hat F beantragt beim Amtsgericht Schöneberg im November 2017 die Durchführung des VA nach deutschem Recht. Das Amtsgericht teilt beide Anrechte des M intern, das betriebliche Anrecht auf Grundlage eines Kapitalwerts von 1.464.519,46 EUR zum Ehezeitende. (Entscheidung) Für den nach Art. 17 Abs.4 S.2 EGBGB zulässigen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs sei das AG Schöneberg nach §§ 102 Nr. 2, § 218 Nr. 5 FamFG international zuständig gewesen. Die rechtskräftige Scheidung sei nach Art. 21 Abs.1 VO/EG Nr. 2201/2003 („Brüssel-IIa-VO“) anzuerkennen. Die Scheidung habe nach Art. 8 b VO/EU Nr. 1259/2010 („Rom-III-VO“) dem österreichischen Recht unterlegen. Da dort kein Versorgungsausgleich deutscher Rentenanwartschaften durchgeführt worden sei, sei dieser gem. > Art. 17 Abs.4 S.2 EGBGB nach deutschem Recht durchzuführen, soweit er der Billigkeit nicht widerspreche. Für diese Billigkeitsprüfung komme es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse und die internationalen Elemente des Eheverlaufs an. Unbillig sei, wenn ein Ehegatte inländische Anrechte abgeben müsse, aber an den ausländischen Anrechten des anderen Ehegatten nicht partizipiere (> mehr). Das sei hier nicht der Fall, weil nur M Anrechte erworben habe.
Deutsche Staatsangehörige, die im Ausland leben und nach ausländischen Scheidungsrecht geschieden werden (sog. Auslandsscheidung), kann ein deutsches Familiengericht den Versorgungsausgleich für in Deutschland gebildete Rentenanwartschaften nachträglich durchführen (ein Beispiel: AG Köln, Beschluss vom 02.11.2018 – 326 F 22/17 – Scheidung in Österreich; zum isolierten (nachträglichen) deutschen Versorgungsausgleich bei Auslandsscheidung siehe BGH, Beschluss vom 11.02.2009 – XII ZB 184/04). Das geschieht nicht automatisch. Mindestens einer der ehemaligen Partnerinnen oder Partner muss den Versorgungsausgleich vor dem deutschen Familiengericht beantragen.
Sie oder Ihr früherer Partner besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft oder besaßen sie zum Zeitpunkt der Schließung der Ehe beziehungsweise der Lebenspartnerschaft. Besitzen Sie oder Ihr früherer Partner eine ausländische Staatsangehörigkeit und erfüllen die obige Voraussetzung nicht, dann gelten folgende Voraussetzungen für den Versorgungsausgleich:
Wo Sie Ihren Antrag auf einen Versorgungsausgleich stellen müssen, hängt davon ab, wo Sie leben, bzw. wo Ihre ehemalige Partnerin bzw. Ihr ehemaliger Partner lebt: Leben Sie und Ihre ehemalige Partnerin bzw. Ihr ehemaliger Partner
Nachdem der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs beim Gericht eingegangen ist, wird geprüft, ob das ausländische Scheidungsurteil auch in Deutschland anerkannt werden kann. Wurde die Ehe in der EU (außer Dänemark) geschieden, wird sie i. d. R. auch in Deutschland anerkannt. Ansonsten gilt: Wenn beide Ehegatten nicht ausschließlich Staatsangehörige des Landes sind, in dem die Scheidung durchgeführt wurde, kann es sein, dass die Scheidung erst noch nach § 107 FamFG bei der zuständigen Landesjustizverwaltung (des Bundeslandes, indem der Partner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat) oder dem zuständigen Oberlandesgericht (Senatsverwaltung für Justiz) anerkannt werden muss.
In dem > isolierten deutschen Ausgleichsverfahren können bei Auslandsscheidung nur in Deutschland gebildete Anwartschaften ausgeglichen werden. Ausländische Versorgungen können dagegen nicht in einem isolierten Verfahren von einem deutschen Gericht geteilt werden, weil das deutsche Gericht keine Hoheitsbefugnis hat, ausländische Rentenanwartschaften zu teilen (§ 19 Abs.2 Ziff.4 VersAusglG).
Die Schweiz kennt ein dem deutschen Recht vergleichbaren Versorgungsausgleich bei Scheidung. Ein Ausgleich der während der Ehe bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens erworbenen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge kann gemäß Art. 122/123 des schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) durchgeführt werden. Maßgebend ist die bei Einleitung des Scheidungsverfahrens effektiv vorhandene Austrittsleistung. Wird im > Scheidungsverbund vor dem deutschen Familiengericht ein > Antrag auf schuldrechtlichen Ausgleich Schweizer Versorgungsanwartschaften gestellt, muss das deutsche Familiengericht diese bei Durchführung des Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht berücksichtigen. Kurios dabei ist, dass die Schweizer Versorgungsträger ihr schweizerisches Einkommensplitting-Verfahren nicht mit dem deutschen Versorgungsausgleich vergleichbar halten. Die deutsche Rechtsprechung sieht das aber anders (vgl. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 06.06.2012 – 18 UF 293/10, in: FamRZ 2013, 41; ebenso Glockner/Hoenes/Weil, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl. 2013 § 7 Rn 62ff). Das führt in der Praxis zu erheblichen Problemen, denn es werden nicht von allen Schweizer Versorgungsträgern über die in der Schweizgebildeten Rentenanwartschaften eines Ehegatten Auskünfte erteilt. Das wird Ihnen auch die deutsche Verbindungsstelle für die Schweiz (DRV Baden-Württemberg) bestätigen. So erteilt die SVA Zürich oder die schweizerische Ausgleichskasse (SAK) deutschen Gerichten definitiv keine Auskünfte über die Höhe der schweizerischen Anwartschaften (> Beispiel ). Hier benötigen Sie einen geschickten Anwalt, der Bewertungsfragen zu den Schweizer Anrechten mithilfe von Gutachtern praktisch lösen kann, wenn im Rahmen des deutschen Scheidungsverfahrens eine Einigung im Wege der Abfindung (§ 23 VersAusglG) angestrebt wird.
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für die Teilung der Schweizer betrieblichen Rentenanwartschaften: Zum 01.01.2017 ist die Reform des Schweizer Versorgungsausgleichs in Kraft getreten. Damit besteht eine ausschließliche > internationale Zuständigkeit der Schweizer Gerichte für die Teilung Schweizer betrieblicher Rentenanwartschaften. Hierbei kann es nun zu problematischen Kollisionen mit dem deutschen System des > Versorgungsausgleichs kommen. Diese Durchführbarkeit des Schweizer Versorgungsausgleichs nach Art. 122/123 des schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) gilt nur für Scheidungsverfahren/Ergänzungsverfahren in der Schweiz. Ausländische Scheidungsurteile über die Teilung schweizerischer Vorsorgeguthaben werden in der Schweiz nicht anerkannt. Dies bedeutet, dass der Vorsorgeausgleich über schweizerische Guthaben jeweils in einem Ergänzungsverfahren in der Schweiz geregelt werden muss. Bei Scheidung in Deutschland muss für den Schweizer Versorgungsausgleich nachgewiesen werden, dass ein solches Ergänzungsverfahren in der Schweiz stattgefunden hat. Eine > Vereinbarung über den Ausgleich muss den beteiligten Schweizer Versorgungsträgern vorgängig zur Bestätigung der Durchführbarkeit der getroffenen Regelung vorgelegt werden (Art. 280 Abs. 1 Bst. b ZPO). Andernfalls ist sie für die beteiligten Einrichtungen nicht verbindlich.
Im deutschen Versorgungsausgleich können auf Antrag ausländische Anwartschaften beim Versorgungsausgleich vor deutschen Gerichten anlässlich der Scheidung berücksichtigt werden. Dafür kann ein Antrag auf Abfindung der ausländischen Anwartschaft im Rahmen des deutschen Versorgungsausgleichs gestellt werden (> mehr). Bei Schweizer Anrechten gilt allerdings vorrangig das Schweizer Sachrecht zum Versorgungsausgleich vor Schweizer Gerichten. Es besteht eine ausschließliche internationale Zuständigkeit der Schweizer Gerichte für die Teilung der Schweizer betrieblichen Rentenanwartschaften, diese wenden immer Schweizer Sachrecht an. Daher muss mithilfe Schweizer Anwälte eine Klage vor den Schweizer Gerichten auf Teilung der Schweizer Anrechte eines Ehegatten eingereicht werden. Danach hat ein Ehegatte Anspruch auf die Übertragung der Hälfte der betrieblichen Schweizer Rentenanwartschaften des anderen Ehegatten (vgl. zu den Einzelheiten Frank, BetrAV 2016, 661 ff. und 2017, 30 ff.). Aus Sicht der deutschen Familiengerichte erscheint es mangels Rechtskenntnisse zum Schweizer Versorgungsausgleichssystem nicht mit absoluter Sicherheit prognostizierbar, ob ein Teilungsverfahren vor den Schweizer Gerichten tatsächlich Erfolg haben wird. Es besteht die Gefahr, dass ein nach deutschem Recht ein Abfindungsanspruch besteht, darüber aber deutsche Gerichte wegen Vorrangs des Schweizer Ausgleichssystems nicht (für die Schweizer Gerichte) bindend entscheiden dürfen. So besteht einerseits die konkrete Gefahr, dass ein Antrag auf Abfindungszahlung nach § 23 VersAusglG abgewiesen wird, der Ausgleichsberechtigte in der Schweiz mit seinem Teilungsbegehren keinen Erfolg hat, als auch die Gefahr, dass hier Ausgleichspflichtige vor dem deutschen Familiengericht zu einer Abfindungszahlung verpflichtet und der ausgleichsberechtigte Ehegatte dennoch in der Schweiz ohne Anrechnung dieses bereits erfolgten Ausgleichs eine vollständige dingliche Teilung der Rentenanwartschaft durchsetzt. Will man diese Gefahrenlage in den Griff bekommen, wird im ersten Schritt vor den Schweizer Gerichten zu klären sein, ob eine Teilung der Schweizer Anwartschaften vollständig durchgeführt wird. Im zweiten Schritt kann im Rahmen des deutschen Scheidungsverfahrens geklärt werden, ob noch ein Raum für einen Abfindungsanspruch nach § 13 VersAusglG wegen nicht vollständig ausgeglichener Schweizer Rentenanwartschaften besteht. Diese Rechtssituation lag einer Entscheidung des OLG Karlsruhe aus dem Jahr 2017 zugrunde. Das OLG Karlsruhe entschied, das deutsche Scheidungsverfahren mit Versorgungsausgleich auszusetzen, bis Schweizer Gerichte über die Teilung der Schweizer Anrechte abschließend entscheiden haben und setzte dem ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Frist zur Erhebung der Klage vor den Schweizer Gerichten auf Teilung der Schweizer Anrechte:
Anmerkung: Das OLG Karlsruhe besteht darauf, dass die Teilung der Schweizer Versorgungsanwartschaften in einem gesonderten Verfahren durch ein Schweizer Gericht durchzuführen ist. Deutsche Gerichte haben ein > Verfahren nach § 23 VersAusglG um Abfindung der Schweizer Anrechte aussetzten und den Ausgleichsberechtigten zu verpflichten, dieses Thema durch Schweizer Gerichte klären zu lassen (> hier). Somit ist im Ergebnis festzuhalten, dass wegen der Schweizer Rentenanwartschaften stets ein Verfahren in der Schweiz durchgeführt werden mussund dieses gesonderte Schweizer Verfahren auch einem Ausgleichsverfahren vor deutschen Gerichten nach § 23 VersAusglG (> Abfindung nicht ausgeglichener Anwartschaften bei Scheidung) vorgeht. Es lässt sich somit nicht vermeiden, dass ein Scheidungsverfahren sich erheblich verteuert, wenn zusätzlich Schweizer Gerichte und Anwälte konsultiert werden müssen. Wer das vermeiden will, sollte unbedingt in Bezug auf die Schweizer Rentenanwartschaften eine einvernehmliche Lösung > Scheidungsfolgenvereinbarung suchen.