Merksatz
Bevor zur Rechtsverfolgung ein gerichtliches > Verfahren eingeleitet wird, sollte wegen der Gefahr eines sofortigen Anerkenntnisses von der Gegenseite der Anspruch stets außergerichtlich geltend gemacht und ein gerichtliches Verfahren angedroht werden .
Was ist ein sofortiges Anerkenntnis?
Ein sofortiges Anerkenntnis meint die Situation, die § 93 ZPO beschreibt: “Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt. Für > Unterhaltsverfahren wird die Kostenfolgenentscheidung des § 93 ZPO nach § 243 S.2 Ziff.2 FamFG übernommen (… “insbesondere zu berücksichtigen…”). Unterhaltsverfahren sind Familienstreitsachen (§ 112 Ziff.1 FamFG). Für diese sind im Wesentlichen die Vorschriften der ZPO maßgebend (§ 113 Abs.1 S.2 FamFG). Wann nach Einleitung eines Antrags noch von einem sofortigen Anerkenntnis der Gegenseite auszugehen ist, richtet sich danach, ob das Familiengericht einen frühen ersten Termin (§ 275 ZPO) oder ein schriftliches Vorverfahren (§ 276 ZPO) angeordnet hat.
Wer trägt die Verfahrenskosten
bei sofortigem Anerkenntnis?
In Unterhaltsverfahren verteilen sich die Kosten des Verfahrens grundsätzlich nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Verfahren (§ 243 Ziff.1 FamFG). Ausnahmsweise muss der Obsiegende sämtliche Kosten tragen, wenn der Unterliegende keinen Anlass für das Verfahren gegeben hat (§ 93 ZPO i.V.m. § 113 Abs.1 FamFG). Dies ist bei einem > sofortigen Anerkenntnis der Fall. Hierauf ist insbesondere zu achten, wenn der Unterhaltsschuldner bisher regelmäßig und rechtzeitig seinen Unterhaltsverpfllichtungen nachkommt, ohne dass ein entsprechender Unterhaltstitel existiert. Wenn der Unterhaltsgläubiger in einer solchen Situation sein > Titulierungsinteresse gerichtlich durchsetzen will, ohne die Kostenfolge des > § 93 ZPO zu riskieren, muss zunächst zur außergerichtlichen Titulierung des Unterhaltsanspruchs auffordern.
BGH, Beschluss vom 02.12.2009 – XII ZB 207/08 Titulierungsinteresse – sofortiges Anerkenntnis
(Zitat) “Ein Unterhaltsgläubiger hat grundsätzlich auch dann ein Rechtsschutzinteresse an der vollständigen Titulierung seines Unterhaltsanspruchs, wenn der Schuldner den Unterhalt bisher regelmäßig und rechtzeitig gezahlt hat (Senatsurteil vom 1. Juli 1998 – XII ZR 271/97 – FamRZ 1998, 1165). Der Grund für diese Rechtsprechung liegt darin, dass der Schuldner seine freiwilligen Zahlungen jederzeit einstellen kann und der Unterhaltsgläubiger auf laufende pünktliche Unterhaltsleistungen angewiesen ist. § 258 ZPO sieht deswegen ausdrücklich die Möglichkeit einer Klage auf künftige wiederkehrende Leistungen vor. Allerdings gibt ein Unterhaltsschuldner, der den vollen geschuldeten Unterhalt regelmäßig zahlt, dem Unterhaltsgläubiger keinen Anlass zur Erhebung einer Klage im Sinne von § 93 ZPO. Der Unterhaltsgläubiger muss deswegen, wenn er die Rechtsfolgen eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO vermeiden will, den Unterhaltsgläubiger in solchen Fällen zunächst zur außergerichtlichen Titulierung des Unterhaltsanspruchs auffordern (zum Inhalt einer Titulierungsaufforderung vgl. OLG Stuttgart FamRZ 1990, 1368). Zahlt der Unterhaltsschuldner also den vollen geschuldeten Unterhalt und wurde er vor Klageerhebung nicht ordnungsgemäß zur Titulierung aufgefordert, bleibt ihm im Rechtsstreit die Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses mit der Kostenfolge des § 93 ZPO. (…) Erbringt der Unterhaltsschuldner – wie hier – allerdings lediglich einen Teilbetrag auf den geschuldeten Unterhalt, scheidet die Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses in einem Rechtsstreit auf den vollen Unterhalt aus. Auch dann hat der Gläubiger ein Titulierungsinteresse auf den vollen geschuldeten Unterhalt. Hinsichtlich des nicht gezahlten Teils des Unterhalts ist ein Titel schon deswegen erforderlich, weil erst dieser dem Unterhaltsgläubiger die Vollstreckung ermöglicht. Ein Titulierungsinteresse besteht allerdings auch, wie im Falle der Zahlung des vollen Unterhalts, hinsichtlich eines gezahlten Teilbetrages. Das Titulierungsinteresse unterscheidet sich also nicht von den Fällen, in denen der Unterhaltsschuldner regelmäßig den vollen Unterhalt zahlt. Wenn der Unterhaltsschuldner lediglich Teilleistungen auf den geschuldeten Unterhalt erbringt, gibt er dem Unterhaltsgläubiger damit Anlass zur Klage hinsichtlich des gesamten Unterhalts, ohne dass es auf eine vorherige Aufforderung zur außergerichtlichen Titulierung ankommt.”
AG Ansbach, Beschluss vom 19.02.2015 – 4 F 1436/14
Anerkenntnisbeschluss – sofortiges Anerkenntnis
(Zitat) “Es liegt ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO vor. Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin außergerichtlich zu keinem Zeitpunkt aufgefordert, gegen ihn keine Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen bzw. die Zwangsvollstreckung einzustellen.” Um das Ergebnis der Kostentragungspflicht – trotz gewonnenem Verfahren! – zu vermeiden, hätte der Antragsteller vorab außergerichtlich zum > Titelverzicht auffordern müssen.