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BLOG-Artikel
Was Eltern zu beachten haben
Kindesunterhalt endet nicht mit Erreichen der Volljährigkeit. Das folgt aus der Anspruchsgrundlage nach § 1601 BGB. Grundlage ist das Verwandtschaftsverhältnis(Abstammung: § 1589 Abs.1 S.1 BGB) und nicht das Alter des Kindes.
Somit können in Extremfällen Verwandte lebenslänglich zum Unterhalt für das volljährige Kind verpflichtet sein.
Ab 18 tritt volle Geschäftsfähigkeit ein. Die gesetzliche Vertretung des Kindes sowie der Anspruch auf Betreuungs- oder Naturalleistungen findet mit Wegfall des Sorgerechts sein Ende. Der Unterhaltsanspruch gem. § 1601 BGB besteht nur noch in Form einer Geldrente, welche dem volljährigen Kind jetzt anteilig zu leisten ist.
Diese Veränderungen im Anspruch des Kindes treten mit dem Tag der Volljährigkeit ein; nicht erst Ende des Monats, in dem das Kind 18 Jahre alt wird. Er beginnt also mit dem Tag der Volljährigkeit und nicht erst am Ersten des Monats, in den der Geburtstag fällt oder gar erst am Ersten des folgenden Monats. Der Unterhalt bis zum Tage der Volljährigkeit ist in der Weise zu berechnen, dass die monatliche Geldrente mit dem Kalendertag multipliziert und durch die Anzahl der Tage im Monat dividiert wird (BGH, Urteil v. 24.02.1988 – IVb ZR 3/87 ; Erdrich, Praxishandbuch FamR, Nov. 2017, Teil I, Rn 173).
Manchmal kann es erwünscht sein, dass Kinder mit Volljährigkeit das „heimische Nest“ verlassen, etwa wenn der Nachwuchs ständig Partys feiern will oder sich Sohn oder Tochter partout nicht an der Haushaltsführung beteiligen wollen. Eltern können dann ihr volljähriges Kind auffordern, sich eine eigene Bleibe zu suchen. Denn ab mit 18 verlieren Kinder das Wohnrecht im elterlichen Haushalt.
Räumungsklage?
Nach § 1626 Abs. 1 S. 1 BGB haben Eltern für minderjährige Kinder im Rahmen der elterlichen Sorge bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Dem volljährigen Kind steht dabei kein Recht mehr zu, in der elterlichen Wohnung zu leben. Das Hausrecht steht den Eltern zu. Sie können ihrem volljährigen Kind verlangen, dass es auszieht. Allerdings dürfen sie ihr volljähriges Kind nicht einfach mit gepackten Koffern vor die Tür setzen. Zeigt sich das Kind unwillig auszuziehen, muss eine Räumungsklage gegen das volljährige Kind angestrebt werden.
Wenn das volljährige Kind im Haus der Eltern wohnen bleibt:
Nach § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB gilt für Eltern ein Bestimmungsrecht in welcher Form sie den Unterhalt für ihr volljähriges Kind leisten (vgl. Harald Oelkers/Gabriele Kreutzfeld,Prozessuale und materiell-rechtliche Gesichtspunkte bei der Geltendmachung von Volljährigenunterhalt, FamRZ 1995, 136). Dabei können sie zwischen Natural- oder Barunterhalt wählen. Die Eltern können folglich entweder ihr volljähriges Kind weiterhin bei sich wohnen lassen und damit den Unterhalt in Form von Naturalleistungen bestimmen. Oder umgekehrt: bisherige Naturalleistungen werden in Geldleistungen „umgewidmet“ Kommt das volljährige Kind der jeweils berechtigten Unterhaltsbestimmung des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht nach, kann eine Verwirkung des weiteren Anspruchs wegen schwerer grober Verletzung des Bestimmungsrechts (§ 1611 Abs.1 BGB) in Betracht kommen.
Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden.
Für volljährige Kinder im Alter von bis zu 21 Jahren gelten spezielle Regeln, wenn sie nach ihrem 18. Geburtstag noch bei ihren Eltern oder einem Elternteil leben und sich weiterhin in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Obwohl sie nun als voll geschäftsfähig gelten, haben sie noch nicht die volle Eigenverantwortung entwickelt. Der Gesetzgeber reagiert auf diese Situation und behandelt solche Kinder in wichtigen Bereichen wie minderjährige Kinder. Man spricht von privilegiert volljährigen Kindern, für die die Sonderregelung des § 1603 Abs.2 S.2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt.
Der Unterhaltsanspruch privilegierter Volljähriger wird gemäß der Düsseldorfer Tabellefestgelegt. Sobald jemand volljährig ist, gilt der Wert ab 18 Jahren (4. Altersstufe). Volljährige Kinder haben grundsätzlich Anspruch auf Barunterhalt von beiden Elternteilen. Der Elternteil, bei dem das Kind noch zu Hause lebt, kann den Wert von kostenloser Kost, Kleidung und Unterkunft als Surrogatleistung auf seinen Haftungsanteil anrechnen. Der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, hat den Unterhalt in bar zu leisten.
So wird der Unterhalt berechnet:
Bereinigtes Nettoeinkommen des Vaters
+ Bereinigtes Nettoeinkommen der Mutter
= Einkommensgruppe
der Eltern in Düsseldorfer Tabelle
= Unterhaltsanspruch nach 4. Altersstufe
gemäß Düsseldorfer Tabelle (Tabellenbetrag)
+ Mehrbedarf – Sonderbedarf
− Staatliches Kindergeld
− Eigenes Einkommen des Kindes
− Verwertbares Vermögen des Kindes
= Tatsächliche Unterhaltspflicht insgesamt (Zahlbetrag)
Um den Unterhaltsanspruch ab Volljährigkeit korrekt zu ermitteln und zu verstehen, ist es wichtig, das richtige Prüfungsraster zu verwenden. In diesem Wegweiser werden wir auf die Besonderheiten eingehen, die auf den jeweiligen Prüfungsebenen für volljährige Kinder zu beachten sind.
Die Anspruchsgrundlage für jede Art von Kindesunterhalt ist § 1601 BGB. Ob Volljährigkeit eintritt, kommt es nach dieser Vorschrift nicht an.
Mit Vollendung des 18. Lebensjahres tritt die volle Geschäftsfähigkeit ein. Ab diesem Zeitpunkt endet das Sorgerecht und somit auch der Anspruch des Kindes auf Naturalunterhalt. Die volle Geschäftsfähigkeit des Kindes führt dazu, dass es beim Kindesunterhalt ab Volljährigkeit lediglich um die Höhe und den Anteil beider Eltern am Barunterhalt geht.
Die gravierendste Veränderung beim Volljährigenunterhalt besteht in der neuen anteiligen Haftung der Eltern für den Barunterhalt des volljährigen Kindes.
Gerade bei volljährigen Kindern können sich alternative Unterhaltsansprüche einstellen, die der Elternhaftung für den Kindesunterhalt vorgehen. Wenn das volljährige Kind heiratet oder ein eigenes Kind zu versorgen hat, tritt der Volljährigenunterhalt in ein Konkurrenzverhältnis zum Anspruch auf Ehegattenunterhalt oder Betreuungsunterhalt (z. B. Studentin wird schwanger).
Bei der Bedarfsermittlung – wenn es also um die grundsätzliche Höhe des Unterhaltsanspruchs geht – zeigen sich gravierende Veränderung gegenüber dem Unterhalt für minderjährige Kinder. Auch hier liegt der Grund dafür in der anteiligen Barunterhaltspflicht beider Eltern für das volljährige Kind. Je nachdem welche Lebensstellung das Kind aufweist ist, d. h. ob das volljährige Kind noch bei einem Elternteil lebt, ausgezogen ist und einen eigenen Haushalt unterhält, kommen unterschiedliche Bedarfsermittlungsmethoden zur Anwendung:
Unterhaltsbedürftig ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 BGB). Das gilt auch für volljährige Kinder.
Auch Kinder trifft die Erwerbsobliegenheit. Diese tritt mit Volljährigkeit verstärkt in den Vordergrund, wenn das Kind nicht gem. § 1603 Abs.2 S.2 BGB privilegiert ist. Kann sich das Kind nicht auf einen Ausbildungsanspruch oder sonstigen Erwerbshinderungsgrund berufen, muss das volljährige Kind versuchen, seinen Lebensunterhalt mit eigenem Erwerbseinkommen selbst zu bestreiten. Denn trifft das Kind eine Erwerbsobliegenheit und verstößt es dagegen, wird dem Kind fiktives (erzielbares) Einkommen zugerechnet, mit dem es seinen Bedarf decken könnte. Mit diesem Argument (zurechenbares Eigeneinkommen des Kindes) wird die Bedürftigkeit des volljährigen Kindes an Unterhalt herabgesetzt.
Der Grund dafür, dass erwachsene Kinder keine Verpflichtung haben, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, liegt größtenteils im Ausbildungsanspruch gemäß 1610 Abs.2 BGB. Eltern sind nicht nur verantwortlich dafür, die allgemeine Schulausbildung ihrer Kinder zu finanzieren, sondern auch dafür, ihnen eine ausreichende Vorbereitung auf einen Beruf zu ermöglichen. Die finanzielle Verantwortung der Eltern endet erst, wenn das Kind eine angemessene berufsqualifizierende Ausbildung abgeschlossen hat. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der Ausbildungsanspruch seine Grenzen hat, wie dies in Fällen von Studienverzögerung oder Abbruch der Ausbildung in der Rechtsprechung deutlich wird.
Erzielt das volljährige Kind eigenes Einkommen, ist dieses grundsätzlich auf den Bedarf anzurechnen, soweit es nicht als überobligatorisches Einkommen zu bewerten ist. Das ist in der Regel bei Erwerbseinkommen aus einem Nebenjob neben der Ausbildung der Fall. Kindergeld für volljährige Kinder gilt als Einkommen des Kindes.
Solange ein Kind minderjährig ist, muss es sein vorhandenes Vermögen grundsätzlich nicht zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs verbrauchen. Ab Volljährigkeit ändert sich das.
Verhaltensbedingte Verwirkung des Unterhaltsanspruchs (§ 1611 Abs.1 BGB):
Solange das Kind minderjährig war, wurde es gesetzlich gegen mögliche Verwirkung des Unterhaltsanspruchs geschützt (§ 1611 Abs.2 BGB). Ab Volljährigkeit haben Kinder wegen § 1611 Abs.1 BGB darauf zu achten, dass Ihnen nicht der Entzug des Unterhaltsanspruchs wegen illoyalem Verhalten gegenüber den unterhaltspflichtigen Eltern droht.
Zeitbedingte Verwirkung des Unterhaltsanspruchs:
Unterhaltsrückstände verjähren in drei Jahren (§ 195 BGB). Handelt es sich um titulierte künftige Unterhaltsansprüche, verjähren diese ebenfalls grundsätzlich in drei Jahren (§ 197 Abs.2 BGB). Titulierte Unterhaltsrückstände verjähren dagegen erst in dreißig Jahren (§ 197 Abs.1 Nr. 3 bis 5 BGB).
Anders als beim Kindesunterhalt für Minderjährige müssen volljährige Kinder nun beachten, dass die Verjährung ihrer offenen und rückständigen Unterhaltsansprüche abVollendung des 21. Lebensjahres nicht mehr gehemmt ist (§ 207 Abs.1 Nr.2 b BGB).
Ab Volljährigkeit haften beide Elternteile ausschließlich für den Barunterhalt des Kindes und anteilig (§ 1606 Abs.3 S.1 BGB). Für den zur Zeit der Minderjährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtigen Elternteil bedeutet das Erreichen der Volljährigkeit meist eine Verringerung der künftigen Unterhaltsverpflichtung und gibt Anlass, an die Abänderung des Unterhaltstitels aus Zeiten der Minderjährigkeit zu denken.
Die Zeiten, in denen sich ein Elternteil um die Realisierung des Unterhaltsanspruchs des Kindes gekümmert hat bzw. kümmern musste (Klagebefugnis der Eltern), sind vorbei. Für ein Unterhaltsverfahren gegen die Eltern benötigt das volljährige Kind einen eigenen Anwalt. Dieser darf nicht mit dem Anwalt des bisher klagebefugten Elternteils identisch sein.
Gesetzliche Vertretungsmacht:
Die gesetzliche Verfahrensstandschaft eines Elternteils für gem. § 1629 Abs.3 BGB endet mit Volljährigkeit des Kindes. Es ist für Kinder ab 18 eine nicht zu unterschätzende emotionale Anspannung, seinen Anspruch gegen seine Eltern persönlich und eigenverantwortlich durchzusetzen. Allerdings ist die Befugnis zur Durchsetzung des Kindesunterhalts ab Volljährigkeit keinem Dritten per Gesetz zugewiesen: d. h. eine gesetzliche Vertretungsmacht Dritter für das volljährige Kind gibt es nicht (Thema: verfahrensrechtliche Stellung des volljährigen Kindes).
Gewillkürte Vertretungsmacht:
Eine wirksame Vertretung (z. B. durch Jugendamt, Elternteil, Anwalt) könnte über eine Vollmacht (= gewillkürte Vertretungsmacht: § 167 BGB) erreicht werden. Auf diesem Weg könnte das volljährige Kind allenfalls einen Vertreter zur außergerichtlichenGeltendmachung seiner Auskunftsansprüche gegen einen Elternteil bevollmächtigen. Allerdings kann das volljährige Kind nicht einen Elternteil oder einen sonstigen Dritten dazu bevollmächtigen, ein gerichtliches Unterhaltsverfahren in seinem Namen zu führen. Eine sog. gewillkürte – per Vollmacht des volljährigen Kindes errichtete – Verfahrensstandschaft ist nicht zulässig (BGH, Beschluss vom 19.06.2013 – XII ZB 39/11). Die veränderte Rechtslage führt zu neuen verfahrensrechtlichen Herausforderungen auf allen Seiten.
OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2013 – 10 WF 76/13
Ende der Beistandschaft wegen Volljährigkeit
(Zitat, Rn 14) „Die Beistandschaft des Jugendamtes endet gemäß § 1715 Abs. 2 BGB, sobald der Antragsteller der Beistandschaft die Voraussetzungen gemäß § 1713 BGB nicht mehr erfüllt. Nach § 1713 BGB kann die Beistandschaft abgesehen von einem – im Streitfall offenkundig nicht vorhandenen – Vormund nur von einem sorgeberechtigten Elternteil beantragt werden. Mit Erreichen der Volljährigkeit des Kindes entfällt jedoch zugleich auch die Ausübung der Sorge durch die Eltern, so daß mit Eintritt der Volljährigkeit eine Antragsmöglichkeit der Eltern auf eine Beistandschaft wegfällt und zugleich auch eine etwa bestehende Beistandschaft endet (vgl. i.E. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. August 2000 – 2 WF 99/00 – JAmt 2001, 320 f. = OLGR Karlsruhe 2011, 150 = juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2006 – 10 WF 107/06 – FamRZ 2006, 1782 f. = JAmt 2006, 519 f. = NJW-RR 2007, 75 f. = juris).”
Anmerkung: Nach Erreichen der Volljährigkeit hatte das Jugendamt den barunterhaltspflichtigen Elternteil zur Auskunft über sein Einkommen aufgefordert, um ab diesem Zeitpunkt Unterhalt geltend zu machen. Allerdings war dazu das Jugendamt nicht mehr befugt (§§ 1715, 1713 BGB). Eine Beistandschaft des Jugendamts findet mit Volljährigkeit ihr Ende.
Häufig wird die Frage gestellt, ob der Barunterhalt für ein volljähriges Kind weiterhin vom bisherigen Elternteil gezahlt werden muss. Die Antwort lautet: Im Grunde genommen nein. Es gibt keine gesetzliche Vertretung des Kindes mehr, die automatisch Geld empfangen kann. Beide Elternteile sind verpflichtet, den Unterhalt entsprechend ihrer Haftungsquoten direkt an das Kind zu zahlen, entweder per Banküberweisung oder Barzahlung gegen Quittung.Eine Zahlung zugunsten des volljährigen Kindes kann nur dann schuldbefreiend an einen Elternteil erfolgen, wenn dieser eine vom Kind ausdrücklich bestätigte Geldempfangsvollmacht vorlegen kann.
Wegen der jetzt anteiligen Barunterhaltspflicht beider Elternteile müssen bisher allein barunterhaltspflichtige Eltern an eine Korrektur bestehender „falscher“ Alt-Titeln im Wege eines Abänderungsverfahrens denken.
Natürlich gibt es eine Flut von Rechtsprechung zum Volljährigenunterhalt. Auf Beispiele aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit grundsätzlicher Bedeutung möchten wir hier hinweisen. Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung finden Sie an passender Stelle auf unseren Internetseiten: