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Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen.
> Vater und Mutter befinden sich in einem gleich nahen > Verwandtschaftsverhältnis zum Kind. Also haften Sie für den Barunterhaltsanspruch des Kindes anteilig. Dieser Grundsatz gilt aber nicht, wenn Kinderbetreuung ins Spiel kommt. Das stellt § 1606 Abs.3 S.2 BGB klar. In aller Regel werden minderjährige Kinder von einem Elternteil betreut. Deshalb gilt § 1606 Abs.3 S.1 BGB nur dann, wenn Kinderbetreuung beim Kindesunterhalt keine Rolle spielt. Das ist der Fall,
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gilt der Regelfall des § 1606 Abs.3 S.2 BGB nur für die Haftungsaufteilung beim Regelbedarf. Geht es um Mehr- oder Sonderbedarf, müssen sich die Eltern an den Kosten anteilig beteiligen.
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Wenn Eltern für den > Barunterhalt des Kindes > anteilig haften, bestimmt sich der jeweilige Haftungsanteil eines Elternteils nach dessen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (§ 1606 Abs.3 S.1 BGB). Demnach ist die jeweilige Leistungsfähigkeit eines Elternteils der Verteilungsmaßstab. Das ist in folgenden Situationen der Fall:
Die Leistungsfähigkeit spiegelt sich im > unterhaltsrelevanten Einkommen, soweit es den maßgebenden Selbstbehalt übersteigt. Beim Kindesunterhalt sind für die unterhaltspflichtigen Eltern grundsätzlich zwei > Selbstbehaltsätze zu beachten: Sind die Eltern gegenüber den Kindern > gesteigert unterhaltspflichtig, gilt grundsätzlich der > notwendige Selbstbehalt. In allen übrigen Fällen gilt der sog. > angemessene Selbstbehalt. Achtung: Im Fall der > anteiligen Haftung der Eltern wird für die Ermittlung der anteiligen Leistungsfähigkeit grundsätzlich auf den angemessenen Selbstbehaltabgestellt. Das folgt aus dem Wortlaut des § > 1603 Abs.2 S.3 BGB. Dazu wird auf folgende Rechtsprechung hingewiesen:
BGH, Urteil vom 31.10.2007 – XII ZR 112/05
Zur gesteigerten Leistungsfähigkeit eines Elternteils bei Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils
Leitsatz: Schuldet einem minderjährigen Kind neben dem vorrangig Unterhaltspflichtigen ausnahmsweise auch ein anderer leistungsfähiger Verwandter Barunterhalt, lässt dies nach § > 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB lediglich die gesteigerte Unterhaltspflicht des vorrangig Unterhaltspflichtigen, nicht aber dessen allgemeine Unterhaltspflicht unter Wahrung seines > angemessenen Selbstbehalts entfallen.
OLG Hamburg, Urteil vom 31.05.2002 – 12 UF 95/01
Zum Selbstbehalt der Eltern bei anteiliger Unterhaltshaftung
(Zitat) “Auf den > großen Selbstbehalt kommt es nach § > 1603 Abs.2 S. 3 BGB beim minderjährigen Kind (§ 1603 II S. 1 BGB) und folgerichtig dann auch bei dem ihm gleichgestellten privilegierten volljährigen Kind (§ 1603 II S. 2 BGB) dann an, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist, der den vollen Unterhalt ohne Gefährdung seines angemessenen Eigenbedarfs aufbringen kann. Ist das auch nur bei einem Elternteil der Fall, ist bei beiden vom großen Selbstbehalt, ansonsten vom kleinen Selbstbehalt auszugehen. (…) Nach Beendigung der allgemeinen Schulausbildung haben die Eltern allerdings Anspruch auf den großen Selbstbehalt. Das gilt dann auch für die Bestimmung der Haftungsquoten.“
Hierfür sind Eltern auf Auskunft über das Einkommen des anderen Elternteils angewiesen (> mehr). Wird der Barunterhaltsanspruch des Kindes erstmalig festgestellt, wird die anteilige Haftungsquote der sechsten Prüfungsebene im > Prüfungsschema zum Kindesunterhalt berücksichtigt. Geht ein Elternteil mit Kosten für das Kind überobligatorisch in Vorleistung, kann es zu einem internen > Ausgleichsanspruch des einen Elternteils gegen den anderen Elternteil kommen.
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Haftungsquotenvereinbarung
Beispiel: Mehrbedarf wegen besonderer Schulkosten
Zwar gilt das Verbot einer Unterhaltskürzung zulasten des Kindes. Doch können die Eltern Vereinbarungen zu ihren Haftungsquoten, d.h. zur internen Haftungsverteilung, treffen.
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Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, > in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.
Nach > Trennung müssen Eltern sich überlegen, wo künftig der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes sein soll (> Aufenthaltsbestimmungsrecht) und in welchem Umfang ein Elternteil weiterhin > Umgang mit den Kindern hat. Im Zuge dessen werden die Eltern sich regelmäßig auf ein Umgangs-, bzw. Betreuungsmodell einigen. Die Modellvorstellung, die § 1606 Abs.3 S.2 BGB zugrunde liegt, ist das sog. > Residenzmodell. Für die Barunterhaltspflicht des umgangsberechtigten Elternteilsbedeutet das: Er bezahlt den Barunterhalt für das Kind allein. Hier gilt zum Unterhalt für minderjährige Kinder die anteilige Barunterhaltspflicht nach § 1606 Abs.3 S.1 BGB im Regelfall nicht. § 1606 Abs.3 S.2 BGB beinhaltet eine Erfüllungsvermutung und Haftungsprivileg für den kinderbetreuenden Elternteil. Mit anderen Worten: Der Elternteil, der den Betreuungsbedarf des Kindes deckt, muss sich nicht am Barunterhalt beteiligen. Er erfüllt seinen Haftungsanteil mit dem erbrachten Naturalunterhalt vollständig. Somit muss im Regelfall der nicht betreuende Elternteil allein für den Geldbedarf des Kindes haften. Beide Leistungsbereiche für das Kind werden im Bereich der Regel-Bedarfssätzeder Düsseldorfer Tabelle als gleichwertig betrachtet, was auch § 1606 Abs.3 S.2 BGB zum Ausdruck bringt. Doch das Haftungsprivileg zugunsten des kinderbetreuenden Elternteils gilt nach dem Wortlaut des § 1606 Abs.3 S.2 BGB „in der Regel“. Somit stellt sich die Frage, wann die Grenze zum Ausnahmefall überschritten wird.
Hier geht es nun im Problemfelder beim Unterhalts für minderjährige Kinder, wo der auch der kinderbetreuende Elternteil für den Barunterhalt des Kindes mithaftet oder sogar alleine die Haftung übernehmen muss. Es geht um Ausnahmen vom > Haftungsprivilegdes kinderbetreuenden Elternteils und der Reichweite des § 1606 Abs.3 S.2 BGB.
Kein > ausgedehnter Umgang (= unechtes Wechselmodell), sondern ein Umgang im üblichen Rahmen, ist bei Umgangskontakten von etwa fünf bis sechs Tagen monatlich gegeben. Die in dieser Zeit gewährten Kosten für Verpflegung und Umgangskontakt sind in den Tabellensätzen der > Düsseldorfer Tabelle einkalkuliert und rechtfertigen nicht eine Anrechung von Naturalleistungen für das Kind auf den Barunterhalt. Übernimmt auch der barunterhaltspflichtige Elternteil Betreuungsleistungen, die über das Maß eines üblichen Umgangsrechts hinausgehen, sucht die Rechtsprechung die Lösung über die Beibehaltung der einseitigen Barunterhaltspflicht nach § 1603 Abs.3 S.2 BGB), aber mit der Möglichkeit, den Barunterhaltsanspruch wegen zusätzlich (überobligatorisch) erbrachter Naturalunterhaltsleistung zu kürzen. Es bleibt bei der üblichen Berechnung des Barunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle (BGH, Beschluss vom 12.03.2014 – XII ZB 234/13, Rn 28) und nach Maßgabe des § 1606 Abs.3 S.2 BGB. Der mitbetreuende Elternteil muss dabei beweisen können, dass er einen unüblichen Mehraufwand für das Kind bestreitet. Ob diese Kosten letztendlich zur Reduzierung des Barunterhalts führen, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Am Ende des Beitrags wird die Rechtsprechung des BGH zum > ausgedehnten Umgangsrecht und dem dabei geschuldeten Barunterhalt erwähnt. Angesprochen ist die im Jahr 2014 ergangene Entscheidung des BGH,Beschluss vom 12.03.2014 – XII ZB 234/13. Wer also mit seinem Kind über das normale Maß (ca. 4-5-Tage/Monat) hinaus Umgang hat und Barunterhalt leistet, kann womöglich eine Absenkung seiner Barunterhaltsverpflichtung erreichen.
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Wird allerdings die Kinderbetreuung zwischen den Eltern nahezu paritätisch (50/50)geteilt, nimmt der BGH einen Ausnahmefall von § 1606 Abs.3 S.2 BGB an. Diese Folge kann den potenziellen Unterhaltsschuldner dazu veranlassen, die zwangsweise > Durchsetzung eines Wechselmodells oder eines ausgedehnten Umgangs anzustreben.
Es ist selbstverständlich, dass ein Elternteil sich auf § 1606 Abs.3 S.2 BGB nur dann berufen kann, wenn er tatsächlich Betreuungsleistungen für das Kind erbringt. Ist das Kind auswärtig untergebracht und werden die Betreuungsleistungen von Dritten (z.B. > Internat) erbracht, stellen sich folgende Fragen: Wer bezahlt die Kosten der Fremdbetreuung? Werden bei Fremdbetreuung beide Elternteile barunterhaltspflicht? Antworten dazu finden Sie
> hier
Die Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Naturalunterhalt wird nicht dadurch aufgehoben, dass der betreuende Elternteil neben der Kinderbetreung ebenfalls Einkommen bezieht. Auch in solchen Fällen ist das Einkommen des kinderbetreuenden Elternteils nicht unterhaltsrelevant. Solange das Kind seinen Schwerpunkt-Aufenthalt bei einem Elternteil hat und von diesem die Betreuungsleistungen überwiegend erbracht werden, bleibt es bei der Haftungsverteilung nach § 1603 Abs.3 S.2 BGB (vgl. BGH, Beschluss vom 12.03.2014 – XII ZB 234/13 , Rn 27). Das Haftungsprivileg nach § 1606 Abs.3 S.2 BGB gilt zu Gunsten des betreuenden Elternteils selbst bei Leistungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen nicht, wenn ein besonders deutliches Missverhältnis zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beider Eltern besteht. Dies ist im Regelfall gegeben und führt zur alleinigen Unterhaltsplicht im Hinblick auf Natural- und Barunterhalt des betreuenden Elternteils, wenn der betreuende Elternteil über das Dreifache unterhaltsrelevante Einkommen des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils verfügt. Bei einer geringeren – jedoch erheblichen- Einkommensdifferenz muss das wirtschaftliche Ungleichgewicht im Rahmen einer Billigkeitsabwägung näher analysiert werden (BGH, Urteil vom 10.07.2013 – XII ZB 297/12, 27 ff). Es kommt eine teilweise Enthaftung von der Barunterhaltspflicht des geringer verdienen Elternteils in Betracht. Hinweise für die durchzuführende Interessenabwägung werden vom BGH, Urteil vom 10.07.2013 – XII ZB 297/12 unter Rn 30 gegeben. Dabei ist grundsätzlich eine Quotenberechnug nach dem Verhältnis der Einkommen nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts als Sockelbetrag durchzuführen. Um der Gleichwertigkeitsregel des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB Geltung zu verschaffen kann dem betreuenden Elternteil bereits bei der Bestimmung des vergleichbaren Einkommens im Rahmen der Quotenberechnung ein höherer Sockelbetrag als der angemessene Selbstbehalt gewährt werden (vgl. etwa Gutdeutsch, in: FamRZ 2006, 1724, 1727; Scholz, in: FamRZ 2006, 1728, 1730).
BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 – XII ZB 297/12
Barunterhaltspflicht des betreuenden Elternteils – Bestimmung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts
Leitsätze:
a) Auch der betreuende Elternteil kann ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB sein, wenn der Kindesunterhalt von ihm unter Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts gezahlt werden kann und ohne seine Beteiligung an der Barunterhaltspflicht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewichtzwischen den Eltern entstünde.
b) Kann auch der an sich barunterhaltspflichtige Elternteil bei Zahlung des vollen Kindesunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt verteidigen, wird eine vollständige oder anteilige Haftung des betreuenden Elternteils für die Aufbringung des Barunterhalts nur in wenigen, besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen (im Anschluss an Senatsurteil vom 20. März 2002 – XII ZR 216/00 – FamRZ 2002, 742).
Anmerkung: Im Grundsatz ist und bleibt der nicht kinderbetreuende Elternteil allein barunterhaltspflichtig, wenn er dazu leistungsfähig (§ 1603 Abs.1 BGB) ist. Das ist der Fall, wenn ihm bei Kindesunterhaltszahlung vom Einkommen noch der angemessene Selbstbehalt verbleibt. Der BGH erklärt in seiner Entscheidung, wann trotz Verbleib des angemessenen Selbstbehalts eine Beteiligung des kinderbetereunden Elternteils an der Barunterhaltspflicht in Betracht kommt (sog. besonderer Ausnahmefall der anteiligen Barunterhaltshaftung ). Die Frage, wann ein solcher Ausnahmefall angenommen werden kann, ist nicht in jedem Einzelfall schematisch durch die Gegenüberstellung der beiderseitigen, auf Seiten des barunterhaltspflichtigen Elternteils gegebenenfalls auch fiktiven Nettoeinkünfte zu beurteilen, sondern es hat eine umfassende Billigkeitsabwägung stattzufinden.
Billigkeitsabwägung:
Nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien – dargelegt in der Entscheidung BGH NJW 2013, 2897 Rn. 28 – ist für die Abwägung zunächst maßgeblich:
Um ein wirtschaftliches Ungleichgewicht feststellen zu können, müssen die Einkommensverhältnisse beider Eltern bekannt sein. Oft wird in der Praxis übersehen, dass der grundsätzlich barunterhaltspflichtige Elternteil auch einen Anspruch gegen den kinderbetreuenden Elternteil auf Auskunft zu dessen Einkommen hat (§ 1605 BGB). Dieser Auskunftsanspruch findet seine gesetzliche Grundlage in § 242 BGB. Denn der Barunterhaltspflichtige muss sich vergewissern können, ob kinderbetreuende Elternteil wegen eines höheren Einkommens ebenfalls barunterhaltspflichtig ist (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.04.2018 – 2 UF 135/17) .
Ein Vater macht Mindestunterhalt für ein bei ihm im Haushalt lebendes minderjähriges Kind (15 Jahre alt) gegen die Mutter geltend. Zwei weitere minderjährige Kinder (10 und 13 Jahre alt), die ebenfalls aus der bereits geschiedenen Ehe hervorgegangen sind, leben bei der Mutter. Die Mutter kümmert sich persönlich um die Kinderbetreuung, der bei ihr lebenden Kinder. Sie erzielt ein reales Nettoeinkommen in Höhe von 450,00 €/Monat. Wegen Verstoß gegen Ihre > Erwerbsobliegenheit muss sich die Mutter ein fiktives unterhaltsrelevantes Einkommen in Höhe von 1.000,00 € zurechnen lassen. Die Mutter ist in zweiter Ehe wieder verheiratet. Durch das Einkommen ihres neuen Ehemannes erscheint der Eigenbedarf der Mutter gesichert. Der > angemessene Selbstbehaltssatzder Mutter nach Düsseldorfer Tabelle gegenüber Kindern in Höhe von 1.300,00 € kann wegen des ihr zustehenden > Familienunterhalts nach §§ 1360, 1360a BGB bis auf „Null“ herabgesetzt werden. Wegen > Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts gilt die Mutter im Sinne des § 1603 Abs.1 BGB als leistungsfähig, da über den > Familienunterhalt ihr angemessener Unterhalt ohne des ihr fiktiv zurechenbaren Einkommens als gesichert erscheint.
Nach Rechtsprechung des BGH zum wirtschaftlichen Ungleichgewicht und der Tatsache, dass hier das unterhaltsrelevante Einkommen des Vaters (9.000,00 €) weit über dem Dreifachen des Der Vater erzielt unbestritten ein Einkommen in Höhe von 200.000,00 € brutto ohne Berücksichtigung jährlicher Tantieme. Unter Berücksichtigung des Gesamtbruttoeinkommens, bereinigt um gesetzliche Abzüge und Abzug der Kindesunterhaltslast für die bei der Mutter lebenden Kinder nach 10. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle verbleibt einem monatliches unterhaltsrelevantes Netto-Einkommen von weit über 9.000,00 €/Monat unterhaltsrelevanten Einkommens der Mutter (1.000,00 €) liegt, kann sich der Vater nicht auf das Haftungsprivileg des § 1606 Abs.3 S.2 BGB berufen: Er ist für das bei ihm im Haushalt lebende Kind zweifelsfrei sowohl natural- als auch voll barunterhaltspflichtig. Der Anspruch auf Leistung von Mindestunterhalt gegenüber der Mutter besteht trotz ihrer Leistungsfähigkeit nicht.
OLG Dresden, Beschluss vom 04.12.2015 – 20 UF 875/15
Kinderbetreuender Elternteil verdient das Dreifache
(Zitat, Rn 36) “Auch der betreuende Elternteil kommt als anderer unterhaltpflichtiger Verwandter in Betracht, wenn er in der Lage ist, unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen neben der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Selbstbehaltes aufzubringen. Um die > Regel der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB) dabei nicht ins Leere laufen zu lassen, setzt die anteilige oder vollständige Haftung des betreuenden Elternteils für den Barunterhalt des minderjährigen Kindes nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zusätzlich voraus, dass ohne die Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ein erhebliches finanzielles Ungleichgewichtzwischen den Eltern entstehen würde. Kann der barunterhaltspflichtige Elternteil auch bei Zahlung des vollen Kinderunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt noch verteidigen, wird eine vollständige Haftung des betreuenden Elternteils für die Aufbringung des Barunterhalts nur in wenigen, besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen (> BGH, Urteil vom 10.07.2013 – XII ZB 297/12 , juris, Rdn. 26 f.). Wenn der betreuende Elternteil etwa über das Dreifache der unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils verfügt, nähert sich die Einkommensdifferenz einer Grenze, an der es unter gewöhnlichen Umständen der Billigkeit entsprechen kann, den betreuenden Elternteil auch den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe aufbringen zu lassen. Unterhalb dieser Schwelle wird auch bei einer erheblichen Einkommensdifferenz eine vollständige Enthaftung des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils häufig ausscheiden (BGH a. a. O. Rn 29 f.).
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 17.01.2006 – 10 UF 91/05
Wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen den Eltern
(Zitat) “Für den Beklagten besteht gegenüber seiner im gesamten streitigen Anspruchszeit noch minderjährigen Tochter grundsätzlich eine erweiterte Unterhaltspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB . Er muss danach alle verfügbaren Mittel bis zur Grenze seines notwendigen Selbstbehaltes mit ihr teilen. Diese Verpflichtung, zum Unterhalt minderjähriger und verheirateter Kindern auch Mittel einzusetzen, die der Elternteil an sich für den eigenen angemessenen Unterhalt benötigen würde, tritt allerdings nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Das kann auch der andere Elternteilsein, der das minderjährige Kind betreut, sofern dieser gemäß § 1603 Abs. 1 BGB ohne Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen in der Lage ist, den Barunterhalt des Kindes ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhaltes zu leisten (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1998, 286/288). In einem solchen Fall entfällt die verschärfte Unterhaltspflicht. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der das Kind betreuende Elternteil ausnahmsweise selbst dann, wenn bei Inanspruchnahme des anderen Elternteils dessen angemessener Selbstbehalt nicht gefährdet würde, dazu verpflichtet sein, zusätzlich zu seiner Betreuungsleistung zum Barunterhalt des Kindes beizutragen.Das ist dann anzunehmen, wenn anderenfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern aufträte (vgl. hierzu etwa BGH, FamRZ 1991, 182/183; FamRZ 2002, 742; FamRZ 2004, 24/25). Hiervon ausgehend kann für den Betreuenden je nach den Umständen die Verpflichtung bestehen, den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe oder zumindest teilweise zu übernehmen, wodurch sich auf der anderen Seite die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils ermäßigen oder sogar ganz entfallen kann (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, FamRZ 1992, 92/94). (…) Für die Frage, ob und inwieweit die so genannte Subsidiaritätsregelung des § 1603 Abs. 2 Satz 3BGB zu Gunsten des Beklagten eingreift, ist es deshalb erforderlich, Feststellungen zum unterhaltsrelevanten Einkommen der (kinderbetreuenden) Mutter der Klägerin zu treffen. (…) Die Frage, wann ein “erhebliches finanzielles Ungleichgewicht” vorliegt und ob und gegebenenfalls wie der Barunterhalt dann zwischen den Eltern aufzuteilen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Von einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB wird jedenfalls dann auszugehen sein, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils mindestens doppelt so hoch ist, wie das des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1606, Rn. 18; Büttner, FamRZ 2002, 743 – Anmerkung zu BGH, FamRZ 2002, 742 ff.). Dann entfällt dessen Barunterhaltspflicht vollständig, selbst wenn bei dem nicht betreuenden Elternteil (über die Grenze des angemessenen Selbstbehalts hinaus) noch eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit besteht. Hiervon ausgehend ist für den in 2001 und 2003 liegenden Unterhaltszeitraum nach den vorstehend gegenübergestellten Einkünften der Eltern der Klägerin von einem erheblich geringeren Einkommen des Beklagten auszugehen. Er ist daher nicht zum Barunterhalt in dieser Zeit, auch nicht anteilig, heranzuziehen. Denn eine Mithaftung würde angesichts des mehr als doppelt so hohen verfügbaren Einkommens der Kindesmutter zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Elternführen. (…) Die so genannte Subsidiaritätsregelung des § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB soll das unterhaltsberechtigte Kind nicht besser stellen, sondern unbillige Ergebnisse im Rahmen der Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung vermeiden. Deshalb richtet sich der Unterhaltsbedarf des minderjährigen Kindes auch in diesem Fall allein nach dem Einkommen des nach der gesetzlichen Grundregel an sich barunterhaltspflichtigen nicht betreuenden Elternteils und nicht nach den zusammengerechneten Einkünften der Eltern.