Konkreten Bedarf
darstellen
Muster – Formular
Darstellung des konkreten Bedarfs
Das Formular zeigt, mit welchen Bedarfspositionen der konkrete Bedarf darzustellen ist. Konkrete Bedarfsermittlung ist die Erfassung des monatlichen Aufwands zur Finanzierung der Lebensverhältnisse einer mehr oder weniger standardisierten Liste der Bedarfspositionen. Es müssen alle Einzelpositionen aufgeschlüsselt werden, aus denen sich dann in der Addition der konkrete Gesamtbedarf ergibt. Hilfreich ist, wenn über mehrere Monate eine Art „Haushaltsbuch“ über die tatsächlich anfallenden Ausgaben mit Rechnungsbelegen und Kontoauszügen geführt wird. Erst wenn dies nicht zumutbar erscheint, kommt eine Schätzung in Betracht.
Konkreten Bedarf
beweisen
Darlegungs- und Beweislast
des Unterhaltsberechtigten
Der Unterhaltsberechtigte trägt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, in welchem Umfang das hohe Einkommen des Antragsgegners zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs zur Verfügung stand und nicht Vermögensbildung bzw. anderen Zwecken diente (OLG Zweibrücken, FamRZ 2012, 643).
Bestreitet der Unterhaltspflichtige einzelne Bedarfspositionen, hat der Berechtigte zu beweisen, dass entsprechende Positionen den Lebensverhältnissen und auch objektiven Maßstäben entsprechen. Der Unterhaltsberechtigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er seine Bedürfnisse im Detail angibt und daraus den gesamten Unterhalt ableitet. Nur dann ist auch eine gerichtliche Schätzung möglich.
KG, Beschluss v. 26.06.2019 – 13 UF 89/17 (in: NZFam 2019, 718)
Zur Zeitidentität von Beweismitteln (Belege) – konkrete Bedarfsermittlung beim > Kindesunterhalt
(Zitat) die Antragstellerin mit der Antragsänderung durch Schriftsatz vom 24. Mai 2019 (II/89) ein neues Konvolut von Belegen vorgelegt hat, ohne zu erklären, ob diese Belegsammlung an die Stelle ihrer bisherigen Ausführungen treten oder diese lediglich ergänzen soll: Die neue Darstellung krankt bereits in grundsätzlicher Hinsicht daran, dass damit mehr oder weniger durchweg Belege aus Zeiträumen nach Mitte 2018, vielfach sogar aus dem Jahr 2019, vorgelegt werden, in der Absicht, damit einen im Jahr 2017 behaupteten kindlichen Bedarf darlegen zu wollen. Das muss scheitern, weil einer der ganz wesentlichen Grundsätze des Unterhaltsrechts das Prinzip der Zeitidentität ist: Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit müssen zwingend jeweils zeitgleich in dem Zeitraum vorhanden sein, für den Unterhalt verlangt wird (vgl. beispielsweise Strohal UnterhaltsR Rn. 7). Hinzukommt, dass die Antragstellerin ausweislich der Belege Positionen geltend macht, bei denen alles andere als klar ist, ob damit tatsächlich der Bedarf eines Kindes gedeckt wird, das im Jahr 2017 – es wird Unterhalt ab Januar 2017 gefordert – gerade einmal neun bzw. zehn Jahre alt war. Beispiele hierfür sind etwa…”
Schätzungen
zur Höhe der Bedarfsposition (§ 287 ZPO)
Um die Anforderungen an die > Beweislast des Unterhaltsberechtigten nicht zu überspannen, kann auf Grundlage einer ausreichend exemplarischen Darstellung der Bedarfspositionen das Gericht den konkreten Bedarf nach > objektiven Kriterien schätzen (§ > 287 ZPO). Dabei ist jede Bedarfsposition einzeln zu betrachten (> Beispiel). Wenn üblicherweise keine Rechnungen aufgehoben werden (also Belegvorlage nicht zumutbar erscheint), sind Bedarfsangaben einer Schätzung zugänglich. Umgekehrt: Wenn die Aufbewahrung von Belegen erwartet werden kann, dann wird das Gericht nicht schätzen und nach Beweislastgrundsätzen entscheiden. Eine Schätzung gemäß § 287 ZPO kommt dabei umso eher in Betracht, als die Bedarfsposition als existenziell notwendig anzusehen ist; je weiter die Höhe einer behaupteten Bedarfsposition in den Luxusbereich hineinreicht, umso weniger wird das Gericht die Behauptung mit einer Schätzung stützen (zur Schätzung einzelner Bedarfspositionen: OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2016 – 4 UF 14/14, Rn 66; BGH, Urteil vom 9. Juni 2004 – XII ZR 277/02).
Auskunft
zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen
Kann sich der Unterhaltspflichtige durch die Erklärung, er sei > unbeschränkt leistungsfähig, der Pflicht, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen, entziehen? Der > Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 15.11.2017 die > Grenzen des Auskunftsanspruchs deutlich verschoben. Dieser entfällt nur, wenn die Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann (> mehr). Doch auch bei der konkreten Bedarfsermittlung ist die Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen ein Gesichtspunkt zur Bestimmung der Höhe des Unterhalts, denn
- die > Schätzung der Bedarfspositionen wird von der Höhe des Einkommens mit beeinflusst.
- der Auskunftsanspruch dient auch dazu, den Unterhaltsberechtigten in die Lage zu versetzen, sich ein Bild von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu machen und das Prozess- bzw. Verfahrensrisiko verlässlich einschätzen zu können (BGH, Beschluss vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16, Rn 13).
KG, Beschluss v. 26.06.2019 – 13 UF 89/17 (in: NZFam 2019, 718)
Zur konkreten Bedarfsermittlung beim > Kindesunterhalt
Leitsätze: (5) Die Erklärung des Antragsgegners, unbegrenzt leistungsfähig zu sein, führt nicht dazu, dass die Darlegung, inwieweit sich die aktuellen Verhältnisse gegenüber den Verhältnissen bei Errichtung der Unterhaltsurkunde verändert haben, entbehrlich wäre. Auch führt eine solche Erklärung nicht dazu, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens oder des Vermögens des unterhaltspflichtigen Elternteils ermittelt werden könnte. Fazit: Im Ergebnis wird in der Praxis immer ein Auskunftsanspruch bestehen, egal ob letztendlich der Unterhaltsbedarf konkret nach den Bedarfsverhältnissen des Unterhaltsberechtigten oder nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen ermittelt wird.
Verteidigungsstrategie
Einwendungen des Unterhaltspflichtigen
Der Unterhaltspflichtige muss sich konkret und substantiiert zu den einzelnen Bedarfspositionen äußern. Hierbei ist nicht ausreichend, dass die vom Berechtigten vorgetragenen Bedarfspositionen nicht in geeigneter Form dargelegt wurden und diese (pauschal) als überhöht angesehen werden (OLG Bamberg, FamRZ 1999, 513).
Bleiben aufgrund der Einwendungen des Unterhaltspflichtigen Zweifel an der Darstellung des konkreten Bedarfs durch den Unterhaltsberechtigten, gehen diese dann zu Lasten des Berechtigten. BGH, Urteil vom 9. Juni 2004 – XII ZR 277/02, Zitat: „ Die konkrete Bedarfsbemessung darf nicht dazu führen, einen Bedarf anzunehmen, der in den tatsächlichen Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen keinen Niederschlag gefunden hat.”
Kann der Beweis zu den konkreten Bedarfspositionen nicht geführt werden, ist der Bedarf bis zur > Luxusschwelle maßgebend (Thema: Bedarf ohne konkreter Bedarfsermittlung). Beim Kindesunterhalt ist die Luxusschwelle beim höchsten Einkommen nach der > 10. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle erreicht.