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Kindesunterhalt – Leistungsfähigkeit der Eltern, wenn sie Vermögen besitzen



Das Wichtigste in Kürze  

  1. Vermögen:
    Bei der Berechnung von Unterhaltszahlungen wird das  häufig als nebensächlich oder irrelevant betrachtet. Dies führt jedoch zu Unsicherheit und Streit bei der korrekten Kindesunterhaltsermittlung, insbesondere bei Kindern mit vermögenden Eltern.
  2. Unterhaltsrelevantes Vermögen:
    Die Berechnung des Kindesunterhalts Erfahren wird vom unterhaltsrelevante Vermögen der Eltern mitbestimmt. Das kann auf den Prüfungsebenen der Bedarfsermittlung für das Kind und der Leistungsfähigkeit der Eltern der Fall sein.
  3. Auskunft:
    Ohne eine vollständige Kenntnis der Bemessungsgrundlagen ist eine präzise Unterhaltsberechnung nicht möglich. Anwälte und Betroffene sind auf  genaue umfassende Auskünfte angewiesen. Wer Auskunft zum Vermögen erreichen will, hat die Relevanz für den Unterhalt konkret zu begründen
  4. Formulare:
    Unsere langjährige Erfahrung hat uns dabei geholfen, Formulare mit Checklisten zu entwickeln, die eine rechtssichere Erfassung des für den Unterhalt relevanten Vermögens ermöglichen. 

Rechtlicher Leitfaden 
zur Leistungsfähigkeit der Elten mit Vermögen

Bei der Bedarfsermittlung spielt das Vermögen der Eltern meistens keine Rolle. Auf der Prüfungsebene zur Leistungsfähigkeit sieht es ganz anders aus. 

Wegweiser zum Kindesunterhalt, wenn Eltern Vermögen besitzen

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Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Kindesunterhalt von Eltern mit Vermögen 1
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Bedarf des Kindes
bei Eltern mit Vermögen

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Kindesunterhalt von Eltern mit Vermögen 2

AG München, Beschluss vom 30.04.2014 – 527 F 2587/14 
(unser Az.: 456/13) 
Vermögender Vater mit geringem Einkommen | Privatier
 


Anmerkung: Kinder, die bei einem Elternteil leben, leiten in der Regel ihre Lebensstellungvon den Eltern ab. Im Regelfall bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes nach der Düsseldorfer Tabelle und den  Einkommensverhältnissen der Eltern. Der Vermögensstamm der Eltern scheint für Unterhaltsermittlung mit Düsseldorfer Tabelle irrelevant zu sein. Es wird auf 15. Einkommensgruppen abgestellt. 

Die Düsseldorfer versagt ihre Dienste, wenn Eltern kein oder nur geringes Einkommen beziehen, dafür aber ihren eigenen Lebensstandard mittels Verbrauch ihrer Vermögenssubstanz finanzieren. Wie bestimmt sich in diesem Fall der Bedarf des Kindes oder die Leistungsfähigkeit der Eltern? Im Fall des AG München hatte der Vater erhebliches Vermögen, jedoch nur ein geringes Einkommen. Es wurde darum gestritten, ob die Bedarfsermittlung für das Kind nach Düsseldorfer Tabelle sich bei einem Vater ohne Einkommen lediglich zum Mindestunterhalt für das Kind führt oder sich am realen Vermögensverbrauch des Vaters zum Bestreiten seines gehobenen Lebensstandards bemisst. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass sich der Bedarf des Kindes nach der konkreten Lebensstellung des Vaters zu orientieren hat und fragte deshalb nach dem jährlichen durchschnittlichen Vermögensverbrauch, der zum Bestreiten des eigenen Lebensunterhalts des Vaters erfolgte. Zu diesem Zweck wurde der Vater verpflichtet, Auskunft zu seinem Vermögensbestand zu erteilen. Dazu kam es nicht. Das Verfahren endete mit einem Vergleich (Unterhaltsvereinbarung). 

Leistungsfähigkeit der Eltern 
mit Vermögen

Vermögen 
Maßstab der Leistungsfähigkeit


Wer kein Einkommen erzielt, das den maßgeblichen Selbstbehaltssatz gegenüber unterhaltsberechtigten Kindern übersteigt, ist nicht leistungsfähig. Diese Aussage ist in Reinform nicht richtig, da sie das mögliche unterhaltsrelevante Vermögen außer Acht lässt. 

Inwieweit das vorhandene Vermögen des Unterhaltsschuldners Schonvermögen darstellt und deshalb für die Frage der Leistungsfähigkeit keine Rolle spielt, hängt von der familiären Beziehung der Beteiligten ab. Geht es um die Leistungsfähigkeit der Eltern, muss danach differenziert werden, ob für ein

Kind Barunterhalt geschuldet wird.


Grundsätze
zur Vermögensverwertung


  • Es gibt beim Kindesunterhalt kein gesetzliches Verbot, die Leistungsfähigkeit der Eltern nach dem Vermögensstamm und dessen Verwertungsmöglichkeit zu beurteilen. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus § 1603 Abs.1 BGB (vgl. BGH vom 21.04.2004 – XII ZR 326/01).
  • Vermögensverwertung zumutbar?
    Weiter verkennt die höchstrichterliche Rechtsprechung ( siehe BGH) nicht, dass zur Leistungsfähigkeit  der Vermögensstamm nur herangezogen werden darf, so weit die Verwertung dem Unterhaltspflichtigen zugemutet werden kann. Es kann keine Vermögensverwertung verlangt werden, die den Unterhaltspflichtigen von weiteren existenzsichernden fortlaufenden Einkünften abschneidet.
    • Dies wird häufig bei betriebsnotwendigem Vermögen des Unternehmers sein.
    • Auch die Verwertung der selbstgenutzten Immobilie wird nicht verlangt werden können.
    • Gefährdung der eigenen Altersvorsorge kann ebenfalls nicht verlangt werden. Danach wird Vermögen, das zum Aufbau einer angemessenen eigenen privaten Altersvorsorge erforderlich ist, einem Verwertungsverbot unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2006 – XII ZR 98/04). Geht es um Unterhaltspflichten gegenüber minderjährigen Kindern oder diesen nach § 1603 Abs.2 S.2 BGB gleichgestellten privilegiert volljährigen Kindern und um deren existenznotwendigen Mindestbedarf, wird wohl ein Altersvorsorgevermögen nicht geschont werden können. Denn in diesem Fall besteht nur eine eingeschränkte Möglichkeit zur Einkommensbereinigung und führt dazu, dass monatliche Beiträge zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge kein Abzugsposten sind.  


Rechtsprechung
Verwertbares Vermögen


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht - Kindesunterhalt von Eltern mit Vermögen 2

BGH, Urteil vom 21.04.2004 – XII ZR 326/01,
Verwertung Vermögensstamm beim Verwandtenunterhalt


https://www.familienrecht-ratgeber.com/anwalt-scheidung-muenchen/(Zitat, S.8) “Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat ein Unterhaltspflichtigergrundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einzusetzen. Eine allgemeine Billigkeitsgrenze, wie sie insoweit etwa für den Unterhalt geschiedener Ehegatten gilt, sieht das Gesetz im Bereich des Verwandtenunterhalts nicht vor. Deshalb ist allein auf § 1603 Abs. 1 BGB abzustellen. Danach ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewährleisten. Außerstande zur Unterhaltsgewährung ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt (Senatsurteile vom 23. Oktober 1985 – IVb ZR 52/84 – FamRZ 1986, 58, 50; vom 2. November 1988 – IVb ZR 7/88 – FamRZ 1989, 170, 171; vom5. November 1997 – XII ZR 20/96 – FamRZ 1998, 367, 369 und BGHZ 75, 272, 278)”.

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BGH, Urteil vom 30.09.2006 – XII ZR 98/04 
Verwertbares Vermögen 


(Zitat, Rn 26, Rn 27) “Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss ein Unterhaltspflichtiger zwar grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen (vgl. Wendl/Dose aaO § 1 Rdn. 410 ff.). Eine allgemeine Billigkeitsgrenze, wie sie § 1577 Abs.3 BGB und § 1581 Satz 2 BGB für den > nachehelichen Ehegattenunterhalt vorsehen, enthält das Gesetz im Bereich des Verwandtenunterhalts nicht. Deshalb ist auch hinsichtlich des einsetzbaren Vermögens allein auf § 1603 Abs. 1 BGB abzustellen, wonach nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Hierzu außerstande ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt (Senatsurteil vom 5. November 1997 – XII ZR 20/96 – FamRZ 1998, 367, 369). Einschränkungen der Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstammes ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Daraus folgt, dass eine Verwertung des Vermögensstammes nicht verlangtwerden kann, wenn sie den Unterhaltsschuldner von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde, die er zur Erfüllung weiterer Unterhaltsansprüche oder anderer berücksichtigungswürdiger Verbindlichkeiten oder zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts benötigt (Senatsurteil vom 2. November 1988 – IVb ZR 7/88 – FamRZ 1989, 170, 171; vgl. auch Büttner/Niepmann NJW 2003, 2492, 2498). Auch die Verwertung eines angemessenen selbst genutzten Immobilienbesitzes kann regelmäßig nicht gefordert werden (Brudermüller NJW 2004, 633, 637 m.w.N.). Allgemein braucht der Unterhaltsschuldner den Stamm seines Vermögens auch dann nicht zu verwerten, wenn dies für ihn mit einem wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Nachteil verbunden wäre(vgl. zum nachehelichen Unterhalt § 1577 Abs. 3 BGB); denn auch das wäre mit der nach dem Gesetz gebotenen Berücksichtigung der ansonsten zu erfüllenden Verbindlichkeiten nicht zu vereinbaren und müsste letztlich den eigenen angemessenen Unterhaltsbedarf des Verpflichteten in Mitleidenschaft ziehen (Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 – IVb ZR 52/84 – FamRZ 1986, 48, 50).”


Rechtsprechung
Geschütztes Vermögen | Schonvermögen


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OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.05.2021 – 4 UF 41/21 
Verwertbares Vermögen – Schonbetrag 


Grundsätze:

1. Bei ansonsten eingeschränkter Leistungsfähigkeit für den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder hat der Unterhaltspflichtige den Stamm seines Vermögens bis auf einen Schonbetrag in Höhe von rund 2.000,- bis 3.000,- EUR für den Unterhalt zu verwerten.

2. Steht Vermögen nicht sofort in bar zur Verfügung, ist es zumutbar, für einen überschaubaren Zeitraum den Unterhalt fremd zu finanzieren.

3. Schulden sind nur zu berücksichtigen, wenn sich der Unterhaltspflichtige zuvor vergeblich um eine Verringerung der Raten bemüht hat.

Anmerkung: Vorhandenes Vermögen wird im Unterhaltsrecht mit unterschiedlicher Intensität zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Dabei ist die Pflicht zur Vermögensverwertung abhängig vom familiären Verhältnis der Beteiligten. Zusätzlich spielt für die Pflicht zum Vermögenseinsatz eine Rolle, ob es sich bei dem Vermögen um Altersvorsorgevermögen handelt. Soweit der Vorrang des Aufbaus einer privaten Altersvorsorge vor Unterhalt greift, ist vorhandenes Vermögen ist kein unterhaltsrelevantes Vermögen.

Vermögensverwertung 
für minderjährige Kinder

Gesteigerte Erwerbsobliegenheit und Obliegenheit zur Vermögensverwertung

  • Wenn das erzielbare (fiktive) Einkommen der Eltern nicht ausreicht, um den vollen Kindesunterhalt zu bezahlen, führt dies noch nicht zum Mangelfall und Wegfall der Unterhaltspflicht wegen fehlender Leistungsfähigkeit. Gerade beim Kindesunterhalt für minderjährige Kinder kommt es verstärkt zur Zurechnung fiktiver Einkünfte, weil hier die Eltern eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit trifft (§ 1603 Abs.2 BGB).
  • Wegen § 1603 Abs.2 BGB trifft die Eltern eine gesteigerte Obliegenheit zur Vermögensverwertung. Denn § 1603 Abs.2 BGB erklärt ausdrücklich, dass „alle verfügbaren Mittel“ für den Unterhalt an minderjährige Kinder einzusetzen sind. Dies führt letztendlich dazu, dass es für Eltern kein Schonvermögen in Form von  Altersvorsorgevermögen gibt, das Einkommen der Eltern nicht um Beiträge zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge bereinigt werden kann, wenn die Eltern für die Sicherung des Mindestunterhalts für das Kind zu sorgen haben. 

Ausnahme
Von diesen Grundsätzen gibt es erst dann eine Ausnahme, wenn das unterhaltsbedürftige Kind selbst Vermögen besitzt (§ 1603 Abs.2 S.3 BGB). 

Vermögensverwertung 
für minderjährige Kinder

Was mit privilegiert volljährigen Kindern gemeint ist, beschreibt § 1603 Abs.2 S.2 BGB. Wenn das volljährige Kind, die in dieser Vorschrift beschriebenen Kriterien erfüllt, gilt für die Leistungsfähigkeit barunterhaltspflichtiger Eltern nichts anderes, wie zu Zeiten der Minderjährigkeit des Kindes

Ist das volljährige Kind kein sog. privilegiert volljähriges Kind, ändert sich für die Eltern die Obliegenheit zum Vermögenseinsatz. Hinzu kommt der Einsatz der anteiligen Barunterhaltspflicht beider Elternteile.

Vermögensverwertung 
für minderjährige Kinder

Erfüllen volljährige Kinder nicht die Eigenschaften des § 1603 Abs.2 S.2 BGB (privilegiert volljähriges Kind), stellt sich die Frage, ob Eltern immer noch ihr vorhandenes Vermögen für Unterhaltsleistungen an das Kind verwerten müssen. Die Antwort richtet sich jetzt allein nach dem Maßstab des §  1603 Abs.1 BGB. Diese Vorschrift enthält nicht mehr die Pflicht, „alle zur Verfügung stehenden Mittel“ gleichmäßig zur Erfüllung von Unterhaltspflichten einzusetzen. Jetzt gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Zumutbarkeit der Verwertung des Vermögensstamms für Unterhalt. Hat das volljähriges Kind selbst Vermögen, ist dieses vorrangig zur Bedarfsdeckung zu verwenden.

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