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Jede gelebte Lebensgemeinschaft ist mit der Zeit geprägt von einer wirtschaftlichen Verflechtung und gegenseitigen Zuwendungen, auch materieller Art. Wenn sie scheitert, wird der Ruf nach Rückabwicklung von materiellen Zuwendungen und Geschenken laut. Besondere Regelungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kennt das Familienrecht nicht. Die Partner haben sich schließlich bewusst dazu entscheiden, frei von ehelichen Regeln und den damit verbundenem Familienrecht das familiäre Leben zu strukturieren. Besondere gesetzliche Ausgleichsmechanismen, die Rückforderungen von Vermögenszuwendungen nach gescheiterter Beziehung ermöglichen, gibt es nicht. Nur Ehegatten begründen einen besonderen > Güterstand. Für andere Formen einer Lebensgemeinschaft existieren keine besonderen > güterrechtlichen Ausgleichsmechanismen. Fehlen entsprechende Verträge und Vereinbarungen zum Scheitern der Beziehung, kann allenfalls eine Vermögensauseinandersetzung nach Maßgabe allgemeiner Ausgleichsmechanismen (sog. > Nebengüterrecht) stattfinden. Ob und wann die Rechtsprechung solche Auseinandersetzungsansprüche bei gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaft feststellt, ist hier das Thema.
Bei bestehender nichtehelicher Lebensgemeinschaft besteht der Grundsatz dass – wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt haben – persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Insofern werden etwa Beiträge geleistet, sofern Bedürfnisse auftreten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage ist. Nach bisher ständiger herrschender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 27.01.2021- XII ZR 21/20,; BGH, Urteil vom 08.05.2013 – XII ZR 132/12; BGH, Urteil vom 03.02.2010 – XII ZR 53/08; BGH, Urteil vom 09.07.2008 – XII ZR 39/06; BGH, Urteil vom 31.10.2007 – XII ZR 261/04) und der Instanzgerichte (KG Berlin, Beschluss vom 20.07.2020 – 17 UF 11/19; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 26.08.2002, – 32 C 279/01) werden gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner einer derartigen „nichteheliche Lebensgemeinschaft“ aber grundsätzlich nicht ausgeglichen. Insofern unterscheidet sich die nichteheliche Lebensgemeinschaften zweier Partner auch wesentlich von einem Verlöbnis (OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.03.2009 – 11 W 1/09) oder gar einer Ehe. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund stünden, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensbezogene Handeln der Partner bestimmten und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft bestehe.
Wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt hätten, würden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet. Beiträge würden geleistet, sofern Bedürfnisse aufträten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage sei. Gemeinschaften dieser Art sei nämlich – ähnlich wie in einer Ehe – die Vorstellung grundsätzlich fremd, für Leistungen im gemeinsamen Interesse könnten ohne besondere Vereinbarung “Gegenleistung”, “Wertersatz”, “Ausgleich” oder “Entschädigung” verlangt werden (BGH, Urteil vom 08.05.2013 – XII ZR 132/12; BGH, Urteil vom 03.02.2010 – XII ZR 53/08; BGH, Urteil vom 09.07.2008 – XII ZR 39/06).
Nach Beendigung einer solchen Lebensgemeinschaft kommen ausnahmsweise wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, Ausgleichsansprüche nach Gesellschaftsrecht, ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs.1 Satz 2 Alt. 2 BGB) oder nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht. Ausgleichsansprüche scheiden jedoch grundsätzlich hinsichtlich solcher Leistungen aus, die das Zusammenleben in der gewollten Art erst ermöglicht haben, die also auf das gerichtet sind, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt (BGH, Urteil vom 11. Juli 2018 – XII ZR 108/17, Rn 20) . Folglich kann zB für Mietzahlungen, Leasingraten oder laufende Zinszahlungen auf Darlehen nachträglich kein Ausgleich verlangt werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.03.2020 – 9 UF 217/19).
Wie Eheleute haben die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwar während des Bestehens der Lebensgemeinschaft insofern Mitbesitz an allen Gegenständen, die zu dem im gemeinsamen Gebrauch stehenden Haushalt gehören (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.06.1998 – 11 U 80/97; OLG Köln, Urteil vom 09.08.1995 – 19 U 227/94; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.1992 – 11 U 47/92), sodass der § 1006 Abs. 2 BGB dann auch eine Vermutung für Miteigentum hinsichtlich der Sachen/Gegenstände hätte begründen können.
BGH, Urteil vom 9. 7. 2008 – XII ZR 179/05
Vermögensausgleich nach gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaft | Wertsteigerung einer Immobilie des Partners
Leitsätze:
1. Nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung (hier: Wohnhaus) geschaffen wurde, dessen Alleineigentümer der andere Partner ist, nicht nur gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche, sondern auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB) sowie nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, vgl. etwa BGH Urteile vom 6. Oktober 2003 – II ZR 63/02 – FamRZ 2004, 94 und vom 8. Juli 1996 – II ZR 193/95 – NJW-RR 1996, 1473 2.
2. Zur Abgrenzung von gemeinschaftsbezogener Zuwendung und > Schenkung unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Anmerkung: Die BGH-Entscheidung vom 09.07.2008 – XII ZR 179/05 ist sehr lehrreich. Zum einen vollzieht der BGH eine Rechtsprechungsänderung, weil er erstmalig mögliche Ausgleichsansprüche nach Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anerkennt. Zum Anderen wird auf alle möglichen Ausgleichsansprüche im Fall einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausführlich eingegangen. Seit der BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2008 haben die Instanzgerichte die BGH-Entscheidung weitgehend umgesetzt, vgl. nur
OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.03.2020 – 9 UF 217/19
Ausgleichszahlung für Leistungen auf Immobilienkredit abweichend von Beteiligungsquote an Immobilie im Miteigentum?
Sachverhalt: Die Antragstellerin hat ein Immobiliendarlehen für eine gemeinsame Immobilie aus eigenem Einkommen und Vermögen zurückgeführt und beansprucht nun vom ehemaligen Lebensgefährten und Miteigentümer davon einen Anteil nach dinglicher Beteiligungsquote (Miteigentumsquote). Das OLG Brandenburg hat einen solchen Ausgleichsanspruch verneint.
Aus den Entscheidungsgründen (Zitat, Rn 70 ff): “Soweit die Antragstellerin nach eigenem Vortrag bis 2006 insgesamt die Darlehen über 100.000 DM bzw. über 60.000 DM durch Zahlungen von (Zins und Tilgung) insgesamt 101.713,51 € (sei es aus eigenem, sei es aus Einkommen/Vermögen des Vaters) zurückgeführt hat, steht ihr kein Anspruch gegen den Antragsgegner auf Zahlung seines Anteils (1/6) im Umfange von insgesamt 16.952,25 € zu. Das Amtsgericht hat zutreffend dazu ausgeführt, dass Ausgleichsansprüche angesichts der zum Zahlungszeitpunkt bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft regelmäßig entfallen, so auch hier. Eine Ausgleichspflicht nach Kopfteilen (§ 426 Absatz 1 BGB) wird den tatsächlichen Verhältnissen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht gerecht; durch deren Eigenart ist vielmehr „ein anderes“ dahin „bestimmt“, dass die Leistung, die ein Partner im gemeinsamen Interesse erbracht hat, jedenfalls dann, wenn darüber nichts vereinbart worden ist, von dem anderen Teil nicht auszugleichen ist (BGH FamRZ 2013, 1295). Dies gilt auch bei einem außergewöhnlichen Geschäft wie der Tilgung eines gemeinschaftlichen Hausdarlehens (BGH, Versäumnisurteil vom 25.11.2009 – XII ZR 92/06). Erst mit der Trennung der nichtehelichen Lebensgefährten entfallen die Umstände, denen man einen besonderen, von der gesetzlich vorgesehenen Halbteilung abweichenden Verteilungsmaßstab entnehmen kann, so dass erst für ab diesem Zeitpunkt erbrachte Leistungen eine Ausgleichspflicht ausscheidet (OLG Bremen NJW 2016, 1248).
Ob bzw. wie die Einkommensverhältnisse zwischen den Beteiligten ausgestaltet waren, ist ohne Belang (vgl. auch BGH, Urteil vom 08.05.2013 – XII ZR 132/12 ). Ebenso wenig kommt es darauf an, wer welche Anteile für die Lebensgemeinschaft erbracht hat. Denn es soll gerade eine solche vermögensrechtliche Rückabwicklung der intakten Lebensgemeinschaft vermieden werden. Selbst wenn daher ein Partner der Gemeinschaft den weitaus überwiegenden Anteil erbracht hat, scheiden Ausgleichsansprüche aus. Solche kommen nur bei einer anderweitig getroffenen (mindestens konkludenten) Vereinbarung zwischen den nichtehelichen Lebensgefährten in Betracht, die hier nicht erkennbar ist.
Vorsorglich wird noch darauf hingewiesen: Selbst bei einem hier nicht gegebenen Ausgleichsanspruch wäre zu beachten, dass in der Rückforderung der Darlehensraten sowohl Tilgungs- als auch Zinsanteile enthalten sind. Bei den entsprechenden Zinsanteilen ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich de facto um Aufwendungen betreffend des notwendigen Lebensbedarfs der Lebensgemeinschaft handelte. Nach dem Grundsatz, dass innerhalb der Lebensgemeinschaft erbrachte Leistungen grundsätzlich nicht rückabgewickelt werden sollen, können insbesondere innerhalb der Lebensgemeinschaft quasi als Mietzinszahlung fungierenden Zinszahlungen in keinem Falle zurückverlangt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26.11.2014 – XII ZB 666/13 für Schwiegerelternzuwendungen). Insoweit müsste die Antragsstellerin zur Bezifferung ihres Anspruchs zunächst zwischen Zins- und Tilgungsraten im Einzelnen differenzieren, um dann überhaupt einen rückzahlungsfähigen Tilgungsanteil bestimmen zu können.”
BGH, Beschluss vom 12.05.2021 – XII ZR 152/19
Ausgleichsanspruch wegen Wertseigerung der Immobilie durch von erbrachte Arbeitsleistungen
Anmerkung: Dem Grunde nach besteht ein Anspruch nach § 313 Abs.1 BGB (> Wegfall der Geschäftsgrundlage ), wenn die Immobilie eines des anderen Ex-Partners eine Wertsteigerung durch umfangreiche Renovierungsarbeiten ( Arbeistleistungen) des anderen Ex-Partners erfährt. Für den Ausgleichsanspruch muss der andere Ex-Partner die konkret erbrachten Arbeitsleistungen und die Wertsteigerung substantiiert darlegen und beweisen. Für den Beweisantritt können Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachten benannt werden. Welche Anforderungen für einen zulässigen Beweisantritt gelten, hat hier der BGH näher ausgeführt.