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Wir geben klare Hinweise zur Klagebefugnis, zum Vertretungsrecht und zu anderen Fragen im Zusammenhang mit Unterhaltsverfahren von verheirateten Eltern und Alleinerziehende für minderjährige Kinder.
| Wegweiser zum Unterhaltsverfahren für minderjährige Kinder
Beim Kindesunterhalt für volljährige Kinder stellt sich die Frage nach der Klagebefugnis der Eltern nicht. Volljährige Kinder machen ihre Ansprüche stets im eigenen Namen geltend. Spezielle Problemfelder bei der Durchsetzung des Unterhalts zeigen in anderen Bereichen.
| Wegweiser zum Unterhaltsverfahren mit volljährigen Kindern
Staatliche Hilfen
zur Durchsetzung des Kindesunterhalts
Vereinfachtes Verfahren
für minderjährige Kinder
Unterhaltsregress-Verfahren
gegen leiblichen Vater wegen Kuckuckskind
Österreichisches Verfahren
Wenn das deutsche Kind in Österreich lebt
(1) …
(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.
(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.
(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange
1. die Eltern getrennt leben oder
2. eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.
Falls beide Elternteile das Sorgerecht tragen, ist § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB anwendbar. Hier wird für die Klagebefugnis zur Geltendmachung des Kindesunterhalts grundsätzlich auf das Obhutsverhältnis abgestellt. Das kann bei Kinderbetreuung im Wechselmodell zu Schwierigkeiten führen.
Bei Alleinsorge ist nur der Sorgerechtsinhaber berechtigt, Unterhaltsansprüche geltend zu machen. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ist in diesem Fall nicht anwendbar (BT-Drucks 13/4899, S. 96).
Ob nun nach § 1629 Abs.2 S.2 BGB allein vertretungsbefugte Elternteil den Kindesunterhalt im Namen des Kindes oder im eigenen Namen geltend zu machen hat, entscheidet sich weiter danach, in welchem Trennungsstadium sich die Eltern befinden (Zum Sinn dieser Vorschrift siehe BGH, Beschluss vom 12.03.2014 – XII ZB 234/13, Rn 23 ).
Im außergerichtlichen Bereich der Auseinandersetzung gibt es eine Grauzone, in der § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht eingreift. Ansprüche auf Kindesunterhalt können daher hier niemals im eigenen Namen des Elternteils verfolgt werden (BeckOGK/Amend-Traut, Stand 1.12.2022, BGB, § 1629 Rn 94; Johannsen/Henrich/Lack, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 1629 Rn 17). In der Praxis wird teilweise die Vertretung der Mutter angezeigt und nicht des Kindes. Dies kann im Einzelfall problematisch sein und zu Rechtsnachteilen des Kindes führen. Außergerichtliche Vereinbarungen wirken nur gegen das Kind, wenn es Vertragspartei ist (Werden dem Kind Ansprüche nach § 328 BGB eingeräumt, würde es trotzdem nicht gebunden sein). Es ist notwendig, dass der handelnde Elternteil zum Zeitpunkt der Handlung nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB vertretungsberechtigt ist, ebenso wie bei rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen wie Mahnungen oder der „Inverzugsetzung“ nach § 1613 BGB. Wenn die Voraussetzungen des § 1629 Abs. 3 BGB in einem laufenden Verfahren bestehen und eine Beistandschaft endet, muss anstelle des Kindes, welches vom Beistand vertreten wurde, der Elternteil in das Verfahren einrücken. Das Kind kann seinen Unterhaltsanspruch neben dem Elternteil, der nach § 1629 Abs. 3 BGB vorgehen muss, auch selbst durch einen Beistand nach den §§ 1712 ff. BGB verfolgen (BGH FamRZ 2015, 130).
Außergereichtliche Angelegenheiten können kompliziert sein, besonders wenn es um eine ungeklärte Vertretungsbefugnis geht. Wenn ein Elternteil das Kind nicht nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB vertreten kann, ist jede Handlung nach § 1613 BGB für das Kind ungültig (OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 442). Eine wirksame Vertretung darf nur durch eine Entscheidung nach § 1628 BGB oder die Bestellung eines Ergänzungspflegers erfolgen.
Der Begriff “Obhut” bezieht sich auf die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse und umfasst die Deckung der elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes. Im Falle eines Residenzmodells wird die Obhut durch den Hauptbetreuenden Elternteil ausgeübt. Daher kann die Obhut eines Elternteils auch bestehen, wenn das Kind bei einem Verwandten oder Internat, während eines längeren Ferienaufenthalts oder im Ausland ist, solange ein Elternteil diese Funktionen vornehmlich allein erfüllt (OLG Hamm FamRZ 2018, 1685: Kind lebte überwiegend bei seinem Partner; OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1228: längerer USA Auslandsaufenthalt des Kindes; OLG Düsseldorf FamRZ 2020, 343: eigene Wohnung des Kindes. Anders OLG Brandenburg NZFam 2015, 1175, wo beide Elternteile diese Funktionen beim Internataufenthalt fast gleichmäßig erfüllt haben. Hier ist die Lage dann wie beim paritätischen Wechselmodell). Regelmäßige Kontakte durch einen Elternteil können zusätzlich zur Obhut beitragen, müssen jedoch nicht zwingend persönlich sein und dienen hauptsächlich dazu, nachzuweisen, dass der Elternteil die Betreuung aufrechterhält und dem Kind emotionale Zuwendung gibt (OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1228). Wenn die Eltern trotz der Trennung noch in einer Wohnung leben, sind die Betreuungs- und Arbeitszeiten anzugeben, um festzustellen wer die Obhut hat. Die Beweislast für die Obhut trägt derjenige, der sie geltend macht. § 1626 Abs.2 Satz 2 BGB und § 1629 Abs.3 BGB gelten in Bezug auf die Passivseite ebenfalls und sind bei Änderungsverfahren relevant.
BGH, Beschluss vom 18.03.2020 – XII ZB 213/19
Zum Umfang der Vertretungsmacht eines Elternteils nach § 1629 Abs.2 BGB
Anmerkung von Martin Benner, in: NZFam 2020, 618
Anmerkung: Besteht gemeinsames Sorgerecht, vertreten die Eltern das Kind in Belangen von erheblicher Bedeutung gemeinsam (§ 1628 BGB). Ohne Frage gehört dazu die Geltendmachung von Kindesunterhalt für das minderjährige Kind. Danach müssten die Eltern sich einvernehmlich (§ 1627 BGB) darauf verständigen, ob und gegen wen ein Kindesunterhaltsverfahren stattfinden soll und müssten bei unüberwindbarer Meinungsverschiedenheit eine gerichtliche Entscheidungsübertragung (§ 1628 BGB) herbeiführen.
Damit zur Lösung einer möglichen Blockade-Situation kein Verfahren nach § 1628 BGB stattfinden muss, ordnet das Gesetz mit § 1629 Abs.2 S.2 BGB und § 1629 Abs.3 BGB an, dass ausnahmsweise der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, allein darüber entscheidet, ob und gegen wen ein Kindesunterhaltsverfahren eingeleitet und betrieben wird. § 1629 Abs.2 BGB hat nicht nur Bedeutung für die Vertretungsbefugnis im Unterhaltsverfahren, sondern gilt weiter als Argument für das nach Trennung alleinige Unterhaltsbestimmungsrecht des Elternteils, in dessen Obhut sich das minderjährige Kind befindet. Dies hat zur Folge, dass der andere Elternteil die Geltendmachung von Barunterhalt gegen sich nicht dadurch verhindern kann, dass er statt Barunterhalt einen Naturalunterhalt anbietet und sich hierbei auf sein Unterhaltsbestimmungsrecht nach § 1612 Abs.2 S.1 BGB beruft (vgl. dazu OLG Stuttgart, Urteil vom 23.10.1990).
Fazit: Eine Zustimmung des anderen Elternteils zur Geltendmachung von Barunterhalt oder ein Verfahren nach § 1628 BGB ist also wegen der Sondervorschrift des § 1629 Abs.2 S.2 BGB obsolet.
OLG Nürnberg, Beschluss vom 21.08.2018 – 7 UF 872/18
Elterliche Vertretungsbefugnis – Alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht vs. Obhut
Anmerkung: Nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht eines Elternteils, sondern die Tatsache, in wessen Obhut sich das Kind befindet, bestimmt, werde die Vertretungsbefugnis zur Geltendmachung des Kindesunterhalts innehat. Das stellt das OLG Nürnberg klar. Dem lag der Sachverhalt zu Grunde, dass das Kind sich in Obhut der Mutter befand. Der Vater hatte dagegen das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht und wollte aus diesem Grund keinen Unterhalt mehr bezahlen.
Folgen der Obhutsbeendigung für die Vertretung: Was ist zu bedenken?
Eine Änderung der Obhutslage kann für die Vertretung des Kindes problematisch sein. Die Vertretungsbefugnis des Elternteils endet sofort (OLG Koblenz FamRZ 2007, 412). Unterhaltsansprüche sowie aufgelaufene Rückstände sind davon betroffen (OLG Hamburg FamRZ 2019, 797; OLG Koblenz FamRZ 2018, 918; OLG Koblenz MDR 2015, 836; OLG Bamberg FamRZ 2014, 2014; OLG Köln JAmt 2013, 165; OLG Rostock FamRZ 2012, 890; OLG Hamm FamRZ 1990, 890). Wenn ein Elternteil die Obhut zurückerlangt, hat er das Recht, Rückstände aus der Zeit vor der Obhutsänderung geltend zu machen (OLG Frankfurt NZFam 2014,31). Im gerichtlichen Verfahren wird ein Antrag unzulässig, wenn die Obhut beendet wird und das Kind nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Eine Beistandschaft endet ebenfalls (OLG Koblenz FamRZ 2018, 918; OLG Bamberg FamRZ 2014). Wenn ein anderer Elternteil zur Vertretung nicht bereit ist, kann ein Ergänzungspfleger bestellt werden (OLG Karlsruhe FamRZ 2021, 360: Kind lebt in Jugendhilfeeinrichtung; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 1852: Kind lebt bei Onkel). Im Falle des Verlusts der Vertretungsbefugnis kann der betroffene Elternteil den Antrag erledigen lassen (BGH FamRZ 2013, 1378; OLG Hamburg FamRZ 2019, 797; OLG Hamm FuR 2016, 536; OLG Koblenz FamRZ 2015, 1902; OLG Köln FamRZ 2005, 1999). Eine schnelle Anzeige des Obhutswechsels ist im eigenen Interesse des bisher betreuenden Elternteils ratsam.
Um unerwünschten finanziellen Härten zu entgegnen, wenn der bisher betreuende Elternteil die Kosten des gemeinsamen Kindes übernommen hat, besteht die Möglichkeit eines Wechsels der Klageart. Die Kombination einer subjektiven Klageänderung (Beteiligtenwechsel) und einer objektiven Klageänderung (Auswechselung des Unterhaltsanspruchs hin zum familienrechtlichen Ausgleichsanspruch für die Rückstände) könnte hier eine Lösung darstellen. Die subjektive Klageänderung nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 263 ZPO erfordert die Zustimmung von Kind und Elternteil, wobei im Falle der Sachdienlichkeit die Zustimmung des Kindes ersetzt werden kann. Der persönliche und sachliche Wechsel vom Unterhaltsanspruch zum familienrechtlichen Ausgleichsanspruch bedarf auch der Zustimmung des Antragsgegners, sofern bereits eine mündliche Verhandlung stattfand und dieser sich nicht nach § 267 ZPO rügelos eingelassen hat. Wenn Zustimmung verweigert wird, kann das entweder rechtsmissbräuchlich oder wegen Sachdienlichkeit nach § 263 ZPO unerheblich sein. Laut OLG Hamburg ist dieses Verfahren auch in der zweiten Instanz möglich. Unter Verweis auf BGH (BGH FamRZ 1989, 850) kann der familienrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 1613 BGB geltend gemacht werden.
Die Möglichkeit der Umstellung von Anträgen ist umstritten. Die Literatur beschäftigt sich eher zurückhaltend mit dieser Problematik, bejaht jedoch überwiegend die Sachdienlichkeit der Antragsänderungen (zur Prblemlage und Lösung: Osthold, FF 2023, 233-246).
OLG Hamm, Beschluss vom 14.04.2016 – 6 UF 54/15
Auswirkungen eines Obhutswechsels auf das Kindesunterhaltsverfahren
(Zitat, Rn 19, 20) “Der Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Kindesunterhalt ist unzulässig, weil eine Vertretungsbefugnis durch den Kindesvater nicht mehr besteht. Grundsätzlich kann nach § 1629 Abs.2 S.2 BGB in den Fällen der gemeinsamen Sorge ein Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche gegen den anderen Elternteil geltend machen. Der Begriff der Obhut stellt auf die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse ab. Ein Kind befindet sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, der sich also vorrangig um die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse des Kindes kümmert. Leben die Eltern in verschiedenen Wohnungen und regeln sie den gewöhnlichen Aufenthalt eines Kindes in der Weise, dass es vorwiegend in der Wohnung eines Elternteils – unterbrochen durch regelmäßige Besuche in der Wohnung des anderen Elternteils – lebt, so ist die Obhut im Sinne des § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB deshalb dem erstgenannten Elternteil zuzuordnen (BGH FamRZ 2007, 707; Johannsen/Henrich-Jaeger, FamFG, 6. Auflage 2015, § 1629 Rn. 6). Im vorliegenden Fall unterhalten beide Elternteile getrennte Wohnungen. Da die Antragstellerin jetzt im Haushalt der Antragsgegnerin lebt, besteht in Bezug auf den Kindesvater kein Obhutsverhältnis mehr. Damit ist eine Vertretung durch den Kindesvater nicht mehr zulässig, und zwar insgesamt und ohne zeitliche Einschränkung (vgl. Wendl/Dose-Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 10 Rn. 46; Johannsen/Henrich-Jaeger, FamFG, 6. Auflage 2015, § 1629 Rn. 8; Götz FF 2013, 225, 227).”
Eine Obhut ist bei keinem Elternteil feststellbar
Wegen des Erfordernisses der “Obhut” des Kindes beim klagebefugten Elternteil (§ 1629 Abs.2 BGB) ist in diesem Fall der andere mitsorgeberechtigte Elternteil nicht von der Klagegebefugnis gesetzlich ausgeschlossen, doch kein Elternteil ist jetzt zur Geltendmachung des Kindesunterhalts allein befugt.
Lebt das minderjährige Kind im eigenen Haushalt oder bei Dritten, und werden von den Eltern keine Betreuungsleistungen erbracht, sind beide Eltern anteilig barunterhaltspflichtig. Es besteht die Gefahr einer Interessenkollision zwischen den Eltern zulasten des Kindes. Will das minderjährige Kind in dieser Lage gegen die Eltern seinen Unterhalt geltend machen, muss jetzt ein Ergänzungspfleger bestellt werden (§ 1909 BGB). Die Eltern haben das Erfordernis nach einer Ergänzungspflegschaft dem Familiengericht anzuzeigen (§ 1909 Abs.2 BGB).
Im außergerichtlichen Bereich der Auseinandersetzung gibt es eine Grauzone, in der § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht eingreift. Ansprüche auf Kindesunterhalt können daher hier niemals im eigenen Namen des Elternteils verfolgt werden (BeckOGK/Amend-Traut, Stand 1.12.2022, BGB, § 1629 Rn 94; Johannsen/Henrich/Lack, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 1629 Rn 17). In der Praxis wird teilweise die Vertretung der Mutter angezeigt und nicht des Kindes. Dies kann im Einzelfall problematisch sein und zu Rechtsnachteilen des Kindes führen. Außergerichtliche Vereinbarungen wirken nur gegen das Kind, wenn es Vertragspartei ist (Werden dem Kind Ansprüche nach § 328 BGB eingeräumt, würde es trotzdem nicht gebunden sein). Es ist notwendig, dass der handelnde Elternteil zum Zeitpunkt der Handlung nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB vertretungsberechtigt ist, ebenso wie bei rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen wie Mahnungen oder der „Inverzugsetzung“ nach § 1613 BGB. Wenn die Voraussetzungen des § 1629 Abs. 3 BGB in einem laufenden Verfahren bestehen und eine Beistandschaft endet, muss anstelle des Kindes, welches vom Beistand vertreten wurde, der Elternteil in das Verfahren einrücken. Das Kind kann seinen Unterhaltsanspruch neben dem Elternteil, der nach § 1629 Abs. 3 BGB vorgehen muss, auch selbst durch einen Beistand nach den §§ 1712 ff. BGB verfolgen (BGH FamRZ 2015, 130).
Außergereichtliche Angelegenheiten können kompliziert sein, besonders wenn es um eine ungeklärte Vertretungsbefugnis geht. Wenn ein Elternteil das Kind nicht nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB vertreten kann, ist jede Handlung nach § 1613 BGB für das Kind ungültig (OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 442). Eine wirksame Vertretung darf nur durch eine Entscheidung nach § 1628 BGB oder die Bestellung eines Ergänzungspflegers erfolgen.
Wegen des Erfordernisses der “Obhut” des Kindes bei einem Elternteil kann die Klagebefugnis im Fall eines echten Wechselmodells schwierig zu beantworten sein. Falls ein Betreuungsschwerpunkt im Sinne des Kindeswohls bei einem paritätischen Wechselmodell nicht ermittelt werden kann, gilt § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht.
Wird das minderjährige Kind im Wechselmodell betreut, sind beide (nicht miteinander verheirateten) Elternteile hinsichtlich des jeweils gegen den anderen gerichteten Unterhaltsteilanspruchs vertretungsbefugt (BGH, Beschluss vom 10.04.2024 – ZB 459/23).
OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.09.2018 – 13 WF 164/18
Zum Einfluss staatlicher Unterhaltsleistungen auf die Erfolgsaussichten eines Unterhaltsverfahrens
Anmerkungen: Erbringt der Staat an Stelle des Unterhaltsschuldners Unterhaltsleistungen für das Kind, so geht in Höhe der erbrachten Leistungen der Unterhaltsanspruch auf den Staat über (§ 7 Abs.1 UVG). Dieser Forderungsübergang hat Auswirkungen auf die Befugnisse der Mutter, die Rechte des minderjährigen Kindes in einem Unterhaltsverfahren zu vertreten. Mit diesen Problemlagen beschäftigt sich die Entscheidung des OLG Brandenburg (Praxishinweise dazu, in: NZFam 2018, 1093).
Ab dem Moment, ab dem das Kind volljährig wird, ist es voll geschäftsfähig und hat deshalb auch seine rechtlichen Interessen selbständig zu verfolgen. Die Klagebefugnis der Eltern für das Kind entfällt.
Das Jugendamt ist zuständig für Fragen des Kindesunterhalts, wenn es als Beistand tätig wird (§ 1712 Abs.1 Ziff.2 BGB). Der wirtschaftliche Vorteil einer Beistandschaft liegt auf der Hand: die Vertretung des minderjährigen Kindes im Kindesunterhaltsverfahren durch das Jugendamt als Beistand ist eine in § 114 Abs. 4 S.2 FamFG geregelte Ausnahme vom Anwaltszwang in Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) und das Jugendamt wird gebührenfrei tätig.
Zusammenfassend gilt: § 234 FamFG regelt die Klagebefugnis im Kindesunterhaltsverfahren, nicht die außergerichtliche Vertretungsbefugnis der Eltern. Diese endet trotz Einsetzung einer Beistandschaft nicht (§ 1716 BGB). § 234 FamFG gilt nur für das gerichtliche Verfahren. Demnach können außergerichtlich zwei Vertreter des Kindes nebeneinander existieren. Handlungen von Verfahrensbevollmächtigten, die trotz Wirkung des § 234 FamFG im Prozess agierten, können Eltern rückwirkend nach Beendigung der Beistandschaft genehmigen (BGH FamRZ 2021, 447).
BGH, Beschluss vom 02.12.2020 – XII ZB 303
Beendigung der Beistandschaft des Jugendamtes
Fortführung des Kindesunterhaltsverfahrens mit Anwalt
Anmerkungen: Die Beistandschaft kann jeder Elternteil beantragen, dem die elterliche Sorge für das Kind allein zusteht oder „in dessen Obhut sich das Kind befindet“, das heißt, bei dem das Kind lebt bzw. der das Kind überwiegend betreut. Es kann also der Elternteil, bei dem das Kind lebt bzw. der das Kind überwiegend betreut, auch dann eine Beistandschaft beantragen, wenn die Eltern nach Trennung und Scheidung die gemeinsame Sorge fortführen. Voraussetzung ist allerdings, dass das Kind minderjährig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Die Beistandschaft ist beim zuständigen Jugendamt zu beantragen. Zuständig ist das Jugendamt am Wohnort des antragstellenden Elternteils. Durch die Beistandschaft wird die elterliche Sorge nicht eingeschränkt. Innerhalb seines Aufgabenkreises vertritt der Beistand das Kind und kann im Namen des Kindes außergerichtlich und vor Gericht tätig werden. Neben ihm bleibt auch der antragstellende Elternteil in vollem Umfang zur Vertretung des Kindes befugt (§ 1716 BGB). Nur im gerichtlichen Verfahren gilt eine Ausnahme: Um zu verhindern, dass in einem Prozess durch den Elternteil einerseits und durch den Beistand andererseits widersprüchliche Erklärungen abgegeben werden, hat in einem von dem Beistand geführten Rechtsstreit über die Vaterschaftsfeststellung oder den Kindesunterhalt der Beistand den Vorrang. Der vertretungsbefugte Elternteil kann jederzeit die Beistandschaft des Jugendamtes wieder beenden. Das gilt auch während eines laufenden Kindesunterhaltsverfahrens. Der BGH beschäftigte sich in der oben genannten Entscheidung mit Rechtsfragen zur Vertretungsbefugnis bei Beendigung (Kündigung) der Beistandschaft. Diese Konstellation kommt in der Praxis vor, wenn der vertretungsbefugte Elternteil mit der Verfahrensführung des Jugendamtes unzufrieden ist und das Verfahren nun mit einem Anwalt fortgeführt werden soll.
Das Recht des Unterhaltspflichtigen auf Akteneinsicht richtet sich nach dem Zivilrecht (§ 810 BGB) und ermöglicht in der Regel nur die Einsichtnahme in einzelne Unterlagen, nicht jedoch einen umfassenden Überblick (vgl. VG München, Beschluss vom 14.02.2024 – M 18 E 23.23.5867).
Ein Anspruch des Unterhaltsschuldners auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X besteht nicht, da für das Beistandschaft kein Sozialverwaltungsverfahren nach § 8 SGB X ist. Dabei handelt es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, sondern um ein privatrechtliches Unterhaltsverhältnis zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Anspruchsberechtigten.
Die Entscheidung über die Weitergabe der Daten liegt im Ermessen des Beistandes, je nach Notwendigkeit. Dabei ist zu beachten, dass eine außergerichtliche Einigung über Unterhaltsansprüche in der Regel im Interesse aller liegt. In einem gerichtlichen Verfahren müsste der Unterhaltsanspruch des Kindes ohnehin glaubhaft gemacht werden.
Daher ist es nach § 68 Abs.1 SGB VIII zulässig und erforderlich, dass bestimmte das Kind betreffende Daten an den Unterhaltspflichtigen weitergegeben werden, von denen dieser im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Kenntnis erlangt. Eine Akteneinsicht, die über das für den Nachweis des Unterhaltsanspruchs des Kindes erforderliche Maß hinausgeht, wird nach § 68 Abs. 1 SGB VIII grundsätzlich nicht als erforderlich angesehen, sofern nicht die Einwilligung der Beteiligten als Träger der Schweigepflicht eingeholt wird.
BGH, Urteil vom 04.12.2013 – XII ZR 157/12
Zur Haftung des Jugendamtes auf Schadensersatz bei Ausübung einer unterhaltsrechtlichen Beistandschaft
Einen Überblick zu den Angeboten des Jugendamts bietet z.B. das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Augsburg > hier
Staatliche Hilfen
für Alleinerziehende
In der Regel hat das Kind kein Geld, um ein Gerichtsverfahren gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil zu führen. Es kommt ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss des Kindes gegen seine Eltern in Betracht. Welche staatliche Hilfe Kinder und Alleinerziehende erwarten können?
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Jugendamtsurkunde
& Verfahrenskostenhilfe
Wenn der kinderbetreuende Elternteil ein Unterhaltsverfahren beabsichtigt und dafür Verfahrenskostenhilfe erreichen möchte, ist er im ersten Schritt gezwungen, den zahlungspflichtigen Elternteil zur Abgabe einer Jugendamtsurkunde aufzufordern. Andernfalls droht Versagung der Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit.
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