Kindesunterhalt ab 18
Was ändert sich?


Das Wichtigste in Kürze 

  1. Die Unterhaltspflicht der Eltern bleibt auch nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes bestehen. Unterhalt ist grundsätzlich zu leisten, bis das Kind den Abschluss einer ersten Berufsausbildung bzw. eines Studiums erreicht hat.
  2. Höhe des Kindesunterhalts und die Unterhaltspflicht der Eltern ändern sich ab 18 erheblich (Prüfungsschema).
  3. Die Verantwortung für die Geltendmachung des Unterhalts trifft jetzt das volljährige Kind. Die bisherige Klagebefugnis der Eltern existiert nicht mehr.
  4. Als Experten auf diesem Gebiet haben wir unzählige Fälle außergerichtlich und gerichtlich erfolgreich bearbeitet. Lassen Sie sich von uns fachkompetent beraten und nehmen Sie jetzt Kontakt mit uns auf. 

  • Unterhalt ab 18
    ermitteln

    Es ändert sich so gut wie alles: sowohl die Bemessungsgrundlagen, die Höhe des Unterhaltsanspruchs als auch die Haftungsanteile der Eltern. Erfahren Sie mehr über die rechtlichen Grundsätze zur Unterhaltsermittlung für volljährige Kinder mit dem 

    > Wegweiser zum Kindesunterhalt ab Vollährigkeit


  • Alt-Titel an Unterhalt ab 18
    anpassen

    Wegen veränderter Elternhaftung stimmen Unterhaltstitel aus Zeiten der Minderjährigkeit meist nicht mehr. Doch ohne Abänderung bleiben Alt-Titel vollstreckbar. Für ein erfolgreiches Abänderungsverfahren benötigen Sie einen erfahrenen Anwalt, der mit solchen Verfahren vertraut ist.

    > Wegweiser zur Unterhaltsabänderung wegen Volljährigkeit


  • Unterhalt ab 18
    durchsetzen

    Volljährige Kinder müssen ihren Unterhaltsanspruch gegen beide Elternteile selbständig und eigenverantwortlich geltend machen. 

    > Unterhalt des volljährigen Kindes durchsetzen


Unterhaltsanspruch
ab Volljährigkeit

Ende
mit Volljährigkeit?


Kindesunterhalt endet nicht mit Erreichen der Volljährigkeit des Kindes. Grundlage für Kindesunterhalt ist das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinen Eltern (Abstammung: § 1589 Abs.1 S.1 BGB). Das folgt aus der  Anspruchsgrundlage zum Kindesunterhalt.

§ 1601 BGB stellt allein auf Verwandtschaftsverhältnis ab und nicht auf das Alter. Somit können in Extremfällen Eltern lebenslänglich zum Unterhalt für ihre volljährigen Kinder verpflichtet sein.


Nur noch Barunterhalt (Geldrente)
ab dem Tag der Volljährigkeit


Ab 18 ist das Kind voll geschäftsfähig. Die gesetzliche Vertretung des Kindes durch die Eltern sowie der Anspruch auf Betreuungsleistungen oder Naturalunterhalt findet mit Wegfall des Sorgerechts der Eltern sein Ende. Der Unterhaltsanspruch gem. § 1601 BGB besteht nur noch in Form einer Geldrente (Barunterhalt), welche die Eltern jetzt anteilig dem Kind zu leisten haben.

Diese Veränderungen im Unterhaltsanspruch des Kindes treten mit dem Tag der Volljährigkeit ein; nicht erst Ende des Monats, in dem das Kind 18 Jahre alt wird. Der Volljährigenunterhalt beginnt also mit dem 18. Geburtstag des Kindes und nicht erst am Ersten des Monats, in den der Geburtstag fällt oder gar erst am Ersten des folgenden Monats. Der Unterhalt bis zum Tage der Volljährigkeit ist in der Weise zu berechnen, dass die monatliche Unterhaltsrente mit dem Kalendertag multipliziert und durch die Anzahl der Tage im Monat dividiert wird (BGH, Urteil v. 24.02.1988 - IVb ZR 3/87 ; Erdrich, Praxishandbuch FamR, Nov. 2017, Teil I, Rn 173).

Wohnrecht
des volljährigen Kindes bei den Eltern?


Manchmal kann es Wunsch der Eltern sein, dass die Kinder mit Volljährigkeit das „heimische Nest“ verlassen, etwa wenn der Nachwuchs ständig Partys feiern will oder sich Sohn oder Tochter partout nicht an der Haushaltsführung beteiligen wollen. Eltern können dann ihr volljähriges Kind auffordern, sich eine eigene Bleibe zu suchen. Denn mit 18 verlieren Kinder das Wohnrecht im elterlichen Haushalt.

Räumungsklage?
Nach § 1626 Abs. 1 S. 1 BGB haben Eltern für minderjährige Kinder im Rahmen der elterlichen Sorge bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Dem volljährigen Kind steht dabei kein Recht mehr zu, in der elterlichen Wohnung zu leben. In der von den Eltern bewohnten Wohnung steht den Eltern das Hausrecht zu. Danach können sie auch von ihrem volljährigen Kind verlangen, dass dieses auszieht. Allerdings dürfen sie ihr Kind nicht einfach mit gepackten Koffern vor die Tür setzen. Zeigt sich das Kind unwillig auszuziehen, müssen die Eltern eine Räumungsklage gegen das volljährige Kind anstreben. 

Wenn das volljährige Kind im Haus der Eltern wohnen bleibt:
Nach § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB können die Eltern nun die Art der Unterhaltsgewährung bestimmen. Dabei können die Eltern zwischen Natural- oder Barunterhalt wählen. Die Eltern können folglich entweder ihr volljähriges Kind weiterhin bei sich wohnen lassen und damit den Unterhalt in Form des Naturalunterhalts bestimmen. Oder umgekehrt: den bisherigen Naturalunterhalt in einen Barunterhalt (Geldrente) „umwidmen“ (Unterhaltsbestimmungsrecht: vgl. Harald Oelkers/Gabriele Kreutzfeld, Prozessuale und materiell-rechtliche Gesichtspunkte bei der Geltendmachung von Volljährigenunterhalt, FamRZ 1995, 136). Kommt das volljährige Kind der jeweils berechtigten Unterhaltsbestimmung des unterhaltspflichtigen Elternteils nicht nach, kann eine Verwirkung des weiteren Unterhaltsanspruchs wegen schwerer grober Verletzung des Unterhaltsbestimmungsrechts der Eltern (§ 1611 Abs.1 BGB) in Betracht kommen.


Wachsende Eigenverantwortung
ab 18 bis 21

§ 1603 Abs.2 S.2 BGB
Gesetzestext


Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden.

Anmerkung


Für die Gruppe volljähriger Kinder, nicht älter als 21 Jahre sein dürfen, gelten besondere Regeln: Nach Erreichen der Volljährigkeit leben viele Kinder noch bei ihren Eltern oder bei einem Elternteil. Sie befinden sich noch in  allgemeiner Schulausbildung. Abgesehen von der Tatsache, dass sie nun als voll geschäftsfähig gelten, hat sich noch keine Eigenverantwortung beim Kind entwickelt. Der Gesetzgeber reagiert auf diese Gegebenheit und stellt solche Kinder in wesentlichen Bereichen den minderjährigen Kindern gleich: Man spricht von privilegiert volljährigen Kindern, für die Sondervorschrift des § 1603 Abs.2 S.2 gilt BGB.


Rechtlicher Rahmen
für privilegiert volljährige Kinder



Nicht privilegiert volljährige Kinder
Rechtlicher Rahmen


  • Die gesteigerte Leistungsfähigkeit der Eltern entfällt. Diese gilt nur für minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder. Damit gilt für die Eltern nicht mehr der notwendige Selbstbehalt. An dessen Stelle tritt der sog. angemessene Selbstbehalt.
  • Das Vermögen der Eltern muss nicht mehr für Unterhaltsleistungen an das Kind verbraucht werden (grundsätzlich keine Obliegenheiten zur Vermögensverwertung)
  • Für Eltern, die mit Unterhaltsansprüchen weiterer Unterhaltsgläubiger (weitere Kinder & Ehegatten) konfrontiert sind, ist der Rangabfall des volljährigen Kindes von Rangstufe I (§ 1609 Ziff.1 BGB) auf Rangstufe IV (§ 1609 Ziff.4 BGB) von erheblicher Bedeutung für die Frage, ob das volljährige Kind wegen fehlender Leistungsfähigkeit der Eltern noch unterhaltsberechtigt ist.
  • Zur Elternhaftung für nicht privilegiert volljährige Kinder neben vorrangigen Kindern.


Prüfungsschema
zum Unterhalt für volljährige Kinder

Familienrecht-Ratgeber.com

Allgemeines Prüfungsschema 
zum Kindesunterhalt



Prüfungsschema
in der Praxis


Wenn Sie den Anspruch des volljährigen Kindes auf Unterhalt korrekt ermitteln und verstehen wollen, benötigen Sie dafür das richtige Prüfungsraster. Es ist grundsätzlich das gleiche Prüfungsschema wie beim Unterhalt für minderjährige Kinder anzuwenden. Welche Besonderheiten hierbei auf den jeweiligen Prüfungsebenen für volljährige Kinder zu beachten sind, zeigen wir nachfolgend:


Anspruchsgrundlage
Erste Prüfungsebene


Die Anspruchsgrundlage für jede Art von Kindesunterhalt ist § 1601 BGB. Auf das Alter des Kindes kommt es nach dieser Vorschrift nicht an.

Was mit Vollendung des 18. Lebensjahres beginnt, ist die volle Geschäftsfähigkeit (§ 106 BGB). Das hat Auswirkungen auf den Unterhalt. Es endet das Sorgerecht der Eltern (Personensorge und Vermögenssorge für das Kind: § 1626 Abs.1 S.2 BGB) und damit zugleich der Anspruch des Kindes auf Naturalunterhalt. Die volle Geschäftsfähigkeit des Kindes bewirkt, dass es beim Kindesunterhalt ab Volljährigkeit nur noch um Höhe und Anteil beider Eltern am Barunterhalt geht. Die gravierendste Änderung beim Volljährigenunterhalt ist also die neue anteilige Haftung der Eltern für den Barunterhalt des volljährigen Kindes (= 6. Prüfungsebene).

Anspruchskonkurrenzen


Gerade bei volljährigen Kindern können sich alternative Unterhaltsansprüche einstellen, die der Elternhaftung für den Kindesunterhalt vorgehen. Wenn das volljährige Kind heiratet oder ein eigenes Kind zu versorgen hat, tritt der Volljährigenunterhalt in ein Konkurrenzverhältnis zum Anspruch auf Ehegattenunterhalt oder Betreuungsunterhalt (z. B. Studentin wird schwanger). Wie das Gesetz diese Konkurrenzen löst und wann alternative Unterhaltsansprüche dem Volljährigenunterhalt vorgehen, klicken Sie > hier

  • weiterführende Links:
    » Vorrang staatlicher Hilfeleistungen für behinderte volljährige Kinder

Bedarf
Zweite Prüfungsebene


Bei der Bedarfsermittlungwenn es also um die grundsätzliche Höhe des Unterhaltsanspruchs geht – zeigen sich gravierende Veränderung gegenüber dem Unterhalt für minderjährige Kinder. Auch hier liegt der Grund dafür in der  anteiligen Barunterhaltspflicht beider Eltern für das volljährige Kind. Je nachdem welche Lebensstellung das Kind aufweist ist, d. h. ob das volljährige Kind noch bei einem Elternteil lebt, ausgezogen ist und einen eigenen Haushalt unterhält, kommen unterschiedliche Bedarfsermittlungsmethoden zur Anwendung:


Bedürftigkeit
Dritte Prüfungsebene


Unterhaltsbedürftig ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 BGB). Das gilt auch für volljährige Kinder.


  • Ausbildungsanspruch:
    Der Ausbildungsanspruch gem. ist Hauptgrund dafür, warum volljährige Kinder von einer Erwerbsobliegenheit befreit sind, bis sie eine Berufsqualifikation erreicht haben. Die Eltern schulden ihren Kindern nicht nur die Finanzierung der  allgemeinen Schulausbildung, sondern auch eine „angemessene Vorbildung zu einem Beruf" (§ 1610 Abs.2 BGB). Der Ausbildungsbedarf des Kindes und damit die Pflicht der Eltern zur Ausbildungsfinanzierung endet erst mit Abschluss einer berufsqualifizierenden Ausbildung.

    Der Ausbildungsanspruch besteht nicht grenzenlos, wie Beispiele aus der Rechtsprechung zum Bummelstudium oder Ausbildungsabbruch zeigen. Für mehr Informationen klicken Sie > hier.

  • Kind mit eigenem Einkommen:
    Erzielt das volljährige Kind eigenes Einkommen, ist dieses grundsätzlich auf den Bedarf anzurechnen, soweit es nicht als überobligatorisches Einkommen zu bewerten ist. Das ist in der Regel bei Erwerbseinkommen aus einem Nebenjob neben der Ausbildung der Fall.

    Kindergeld für volljährige Kinder gilt als Einkommen des Kindes. Damit wird es auf den Bedarf voll angerechnet.
  • Kind mit eigenem Vermögen:
    Solange ein Kind minderjährig ist, muss es sein vorhandenes Vermögen grundsätzlich nicht zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs verbrauchen (Schonvermögen des minderjährigen Kindes).

    Ab Volljährigkeit ändert sich das. Für mehr Informationen klicken Sie > hier.

Anspruchsbegrenzung
Vierte Prüfungsebene



Verhaltensbedingte Verwirkung des Unterhaltsanspruchs (§ 1611 Abs.1 BGB):
Solange das Kind minderjährig war, wurde es gesetzlich gegen mögliche Verwirkung des Unterhaltsanspruchs geschützt (§ 1611 Abs.2 BGB). Ab Volljährigkeit haben Kinder wegen § 1611 Abs.1 BGB darauf zu achten, dass Ihnen nicht der Entzug des Unterhaltsanspruchs wegen illoyalem Verhalten gegenüber den unterhaltspflichtigen Eltern droht.


Zeitbedingte Verwirkung des Unterhaltsanspruchs:

Unterhaltsrückstände verjähren in drei Jahren (§ 195 BGB). Handelt es sich um titulierte künftige Unterhaltsansprüche, verjähren diese ebenfalls grundsätzlich in drei Jahren (§ 197 Abs.2 BGB). Titulierte Unterhaltsrückstände verjähren dagegen erst in dreißig Jahren (§ 197 Abs.1 Nr. 3 bis 5 BGB).

Anders als beim Kindesunterhalt für Minderjährige müssen volljährige Kinder nun beachten, dass die Verjährung ihrer offenen und rückständigen Unterhaltsansprüche ab Vollendung des 21. Lebensjahres nicht mehr gehemmt ist (§ 207 Abs.1 Nr.2 b BGB).


Leistungsfähigkeit der Eltern und anteilige Barunterhaltspflicht
Fünfte Prüfungsebene 


Ab Volljährigkeit haften beide Elternteile ausschließlich für den Barunterhalt des Kindes und anteilig 1606 Abs.3 S.1 BGB). Für den zur Zeit der Minderjährigkeit des Kindes allein barunterhaltspflichtigen Elternteil bedeutet das Erreichen der Volljährigkeit meist eine Verringerung der künftigen Unterhaltsverpflichtung und gibt Anlass, an die Abänderung des Unterhaltstitels aus Zeiten der Minderjährigkeit zu denken.


Unterhalt des volljährigen Kindes
durchsetzen

Familienrecht-Ratgeber.com

Abänderungsverfahren 
wegen Erreichen der Volljährigkeit



Gesetzliches Vertretungsrecht
der Eltern entfällt


Die Zeiten, in denen sich ein Elternteil um die Realisierung des Unterhaltsanspruchs des Kindes gekümmert hat bzw. kümmern musste (Klagebefugnis der Eltern), sind vorbei. Für ein Unterhaltsverfahren gegen die Eltern benötigt das volljährige Kind einen eigenen Anwalt (Anwaltszwang). Dieser darf nicht mit dem Anwalt des bisher klagebefugten Elternteils identisch sein (latente Interessenkollision).

Alle Beteiligten müssen realisieren, dass nun beide Elternteile auf Barunterhalt haften. Die veränderte Rechtslage führt zu neuen verfahrensrechtlichen Herausforderungen auf allen Seiten.


Gewillkürtes Vertretungsrecht
per Vollmacht des volljährigen Kindes?


Gesetzliche Vertretungsmacht:
Die gesetzliche Verfahrensstandschaft eines Elternteils für minderjährige Kinder gem. § 1629 Abs.3 BGB endet mit Volljährigkeit des Kindes. Es ist für Kinder ab 18 eine nicht zu unterschätzende emotionale Anspannung, den weiteren Unterhalt gegen seine Eltern persönlich und eigenverantwortlich durchzusetzen. Allerdings ist die Befugnis zur Durchsetzung des Kindesunterhalts ab Volljährigkeit des Kindes keinem Dritten per Gesetz zugewiesen: d. h. eine gesetzliche Vertretungsmacht Dritter für das volljährige Kind gibt es nicht (Thema: verfahrensrechtliche Stellung des volljährigen Kindes).

Gewillkürte Vertretungsmacht:
Eine wirksame Vertretung (z. B. durch Jugendamt, Elternteil, Anwalt) könnte über eine Vollmacht (= gewillkürte Vertretungsmacht: § 167 BGB) erreicht werden. Auf diesem Weg könnte das volljährige Kind allenfalls einen Vertreter zur außergerichtlichen Geltendmachung seiner Auskunftsansprüche gegen einen Elternteil bevollmächtigen. Allerdings kann das volljährige Kind nicht einen Elternteil oder einen sonstigen Dritten dazu bevollmächtigen, ein gerichtliches Unterhaltsverfahren in seinem Namen zu führen. Eine sog. gewillkürte – per Vollmacht des volljährigen Kindes errichtete – Verfahrensstandschaft ist nicht zulässig (BGH, Beschluss vom 19.06.2013 - XII ZB 39/11).

Laufende Unterhaltsverfahren
nach Erreichen der Volljährigkeit


Ein, zu Zeiten der Minderjährigkeit durch gesetzliche Verfahrensstandschaft eines Elternteils begonnenes, Unterhaltsverfahren kann das Kind ab Eintritt seiner Volljährigkeit nur im Wege des gewillkürten Beteiligtenwechsels als (neuer) Antragsteller übernehmen.

Wird das Kind während eines laufenden Kindesunterhaltsverfahrens volljährig, muss der bisher klagebefugte Elternteil an die Erledigungserklärung des bisherigen Kindesunterhaltsverfahrens und an den jetzt möglichen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch für aufgelaufene Unterhaltsrückstände denken. In Unterhaltsverfahren herrscht Anwaltszwang. Somit kann nur ein Anwalt im Auftrag und im Namen des Kindes den Unterhaltsprozess fortführen.


Beistandschaft
des Jugendamts endet


OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2013 - 10 WF 76/13
Ende der Beistandschaft wegen Volljährigkeit

Anmerkung: Nach Erreichen der Volljährigkeit hatte das Jugendamt den barunterhaltspflichtigen Elternteil zur > Auskunft über sein Einkommen aufgefordert, um ab diesem Zeitpunkt Unterhalt geltend zu machen. Allerdings war dazu das Jugendamt nicht mehr befugt (§§ 1715, 1713 BGB).

Anschreiben des Jugendamtes, das nach eigener Angabe von einem volljährigen Kind „um Berechnung seines Unterhaltsanspruches gebeten“ wurde, unter der Bezeichnung „Jugendamt/Beistandschaft“ an den unterhaltspflichtigen Elternteil wegen Auskunftserteilung bzw. Unterhaltsbezifferung schaffen nicht die Voraussetzungen für eine Geltendmachung des Kindesunterhaltes für die Vergangenheit (§ 1613 BGB). Ist das Jugendamt vom volljährigen Kind lediglich um Berechnung seines Unterhaltsanspruches gebeten worden, so beinhaltet dies jedenfalls keine rechtsgeschäftliche Vollmacht (= gewillkürte Vertretungsmacht: § 166 Abs.2 BGB) zur Geltendmachung von Ansprüchen des volljährigen Kindes gegenüber dem Unterhaltspflichtigen. Eine Beistandschaft des Jugendamts findet mit Volljährigkeit ihr Ende. Vgl. OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2013 - 10 WF 76/13 (Zitat, Rn 14) „Die Beistandschaft des Jugendamtes endet gemäß § 1715 Abs. 2 BGB, sobald der Antragsteller der Beistandschaft die Voraussetzungen gemäß § 1713 BGB nicht mehr erfüllt. Nach § 1713 BGB kann die Beistandschaft abgesehen von einem – im Streitfall offenkundig nicht vorhandenen – Vormund nur von einem sorgeberechtigten Elternteil beantragt werden. Mit Erreichen der Volljährigkeit des Kindes entfällt jedoch zugleich auch die Ausübung der Sorge durch die Eltern, so daß mit Eintritt der Volljährigkeit eine Antragsmöglichkeit der Eltern auf eine Beistandschaft wegfällt und zugleich auch eine etwa bestehende Beistandschaft endet (vgl. i.E. auch OLG Karlsruhe, Beschluß vom 8. August 2000 - 2 WF 99/00 - JAmt 2001, 320 f. = OLGR Karlsruhe 2011, 150 = juris; OLG Brandenburg, Beschluß vom 28. Juni 2006 - 10 WF 107/06 - FamRZ 2006, 1782 f. = JAmt 2006, 519 f. = NJW-RR 2007, 75 f. = juris)."

Anmerkung: Mit Erreichen der Volljährigkeit kann das Jugendamt nicht mehr als „Anwalt des Kindes“ den Unterhalt gegenüber den Eltern durchsetzen. Allerdings haben Volljährige bis Beendigung ihres 21. Lebensjahres die Möglichkeit, sich vom Jugendamt in Unterhaltsfragen kostenfrei beraten zu lassen (§ 18 Abs.4 SGB VIII).

Weitere Konsequenzen
für das Kind und seine Eltern



Unterhaltszahlung

an das volljährige Kind

Häufig wird gefragt, ob der Barunterhalt für das inzwischen volljährige Kind immer noch zu Händen des bisherigen Elternteils zu bezahlen ist.

Antwort: grundsätzlich nein; Eine gesetzliche Vertretung des Kindes mit (automatischer) Geldempfangsvollmacht eines Elternteils gibt es nicht mehr. Beide Elternteile haben entsprechend Ihrer Haftungsquoten den Unterhalt mit schuldbefreiender Wirkung (per Banküberweisung oder Barzahlung gegen Quittung) direkt an das Kind zu bezahlen. An einen Elternteil kann nur dann schuldbefreiend zugunsten des volljährigen Kindes gezahlt werden, wenn der Elternteil eine vom volljährigen Kind ausdrücklich bestätigte Geldempfangsvollmacht vorweisen kann. 

Örtliche Zuständigkeit
des Familiengerichts

Die örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts  (§ 232 FamFG) ist für Unterhaltsanträge volljähriger Kinder nicht automatisch am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes gegeben (§ 232 Abs.1 Ziff.2 FamFG). Handelt es sich nicht um ein privilegiert volljähriges Kind, muss nach § 232 Abs.3 FamFG die Zuständigkeit weiter geprüft werden.

Unterhaltstitel
aus Zeiten der Minderjährigkeit

Wegen der jetzt anteiligen Barunterhaltspflicht beider Elternteile müssen bisher allein barunterhaltspflichtige Eltern an eine Korrektur bestehender „falscher“ Alt-Titeln im Wege eines Abänderungsverfahrens denken.

Lautet der Alt-Titel auf den Namen eines Elternteils, ist der Alt-Titel ohne Titelumschreibung (gem. § 120 Abs.1 FamFG i. V.m. § 727 ZPO) auf den Namen des volljährigen Kindes nicht vollstreckbar.

Auskunft
zum Elterneinkommen

Ein Antrag zur Durchsetzung des Volljährigenunterhalts ist nur schlüssig vorgetragen, wenn das volljährige Kind zu den Haftungsquoten, d. h. zum jeweiligen Einkommen beider Eltern ausreichend vorträgt. Ohne Auskunft und Belege zum Einkommen beider Eltern kann das volljährige Kind keinen Anspruch gegen einen Elternteil geltend machen. Die Auskunft zum Einkommen beider Eltern ist in der Praxis häufig ein großes Thema.


FAQ
zum Volljährigenunterhalt

Typische Fragen
zum Unterhalt für volljährige Kinder



Beispiel
Fragen aus unserer Praxis


  • Unterhaltstitel aus Zeit der Minderjährigkeit: Darf und ab wann genau darf der Kindsvater den Unterhalt einstellen? Bereits in dem Monat des „Volljährigwerden"? Oder erst im Folgemonat? Muss er dazu den Titel beim Jugendamt abändern lassen?

    Antwort: Der bestehende Unterhaltstitel bleibt über die Volljährigkeit hinaus vollstreckbar, wenn dieser nicht ausdrücklich auf die Zeit des Erreichens der Volljährigkeit begrenzt wurde. Wie mit solchen sog. Alt-Titeln zu verfahren ist, erfahren Sie > hier
  • Unterhaltsberechnung und Aufenthalt des Kindes: Ist meine Tochter nicht so lange „in meinem Haushalt“, bis sie sich schlussendlich mit „Mietvertrag“ beim Einwohnermeldeamt ummeldet? Oder erhält sie automatisch bei Volljährigkeit „ihren“ Kindesunterhalt – unabhängig vom Wohnsitz?

    Antwort: Unterhaltsrechtlich maßgebend ist nicht eine Meldebescheinigung, sondern vielmehr der tatsächliche gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in einem Haushalt. Die Bedarfsrechnung des Kindesunterhalts ändert sich, je nachdem, ob das Kind im eigenen Haushalt wohnt oder noch mit im Haushalt eines Elternteils wohnt: > mehr
  • Ausbildungsabschnitte – Barunterhaltspflicht der Eltern: Berechnet sich der Kindesunterhalt in den „Überbrückungsjahr/en“ zwischen Abitur und Studium-Antritt nach Stufe 10 Düsseldorfer Tabelle oder müssen jetzt beide Elternteile ihr Einkommen nachweisen?

    Antwort: Für den Kindesunterhalt ab Volljährigkeit sind grundsätzliche beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Zur Anteilsberechnung > hier. Beide Elternteile müssen Ihr Einkommen nachweisen. Doch beachten Sie, dass volljährige Kinder außerhalb eines Ausbildungsabschnitts eine Erwerbsobliegenheit trifft. Befindet sich das Kind also nicht in einer Ausbildung, trifft es die Obliegenheit, seinen Lebensunterhalt selbst zu finanzieren. Eine Ausnahme gilt nur in der sog. Erholungsphase im Rahmen eines bestehenden Ausbildungsabschnitts.


Rechtsprechung

Natürlich gibt es eine Flut von Rechtsprechung zum Volljährigenunterhalt. Auf Beispiele aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit grundsätzlicher Bedeutung möchten wir hier hinweisen. Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung finden Sie an passender Stelle auf unseren Internetseiten:


Links & Literatur



Links



Literatur


  • DIJuF-Themengutachten, Geltendmachung von Kindesunterhalt nach Trennung der verheirateten Eltern (§ 1629 Abs.3 BGB),
  • Uta Ehinger, Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Eltern beim Volljährigenunterhalt, FPR 2012, 142
  • Jürgen Soyka, So ermitteln Sie die Haftungsanteile beim Volljährigenunterhalt richtig, FK 2004, 67
  • Harald Oelkers/Gabriele Kreutzfeld, Prozessuale und materiell-rechtliche Gesichtspunkte bei der Geltendmachung von Volljährigenunterhalt, FamRZ 1995, 136


In eigener Sache


  • AG München - 529 F 12659/21, Unterhalt für volljähriges Kind nach Abbruch der Wehrpflicht und neuer Ausbildungsstelle, unser Az.: 126/21
  • Was haben zahlungspflichtige Eltern bis zur Klärung der neuen Unterhaltspflichten gegenüber dem volljährigen Kind zu tun?, unser Az.: 12/ 17 (D3/450-18); Az.: 93/16 (D3/736-16); Az.: 49/ 16 (D3/782-16)
  • Verfahren des Kindes: Unterhalt wegen Volljährigkeit, Haftungsanteil der Eltern wegen fiktiven Einkünften etc., unser Az.: 179/14
  • Abänderungsverfahren eines Elternteils: wegen Erreichen der Volljährigkeit, unser Az.: 247/13; Verwirkung nach § 1611 Abs.1 BGB, unser Az.: 188/15
  • Internationales Unterhaltsrecht: Unterhalt für volljähriges Kind in der Schweiz, unser Az.: 185/15
  • Anteilige Elternhaftung: Haftungsanteil der Eltern bei weiteren minderjährigen Kindern, unser Az.: 26/16; 93/16 (D3/725-16)
  • Fragenkatalog zum Volljährigenunterhalt, unser Az.: 185/15 (D3/391-16)
  • AG Duisburg - 57 F 220/15, Unterhalt für volljähriges Kind bei Auslandsstudium, unser Az.: 214/15 (D3/865-16)