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Sinn und Zweck einer Jugendamtsurkunde ist die kostenlose Erfüllung des Interesses des Kindes an einem Unterhaltstitel (> Titulierungsinteresse). Die Jugendämter benutzen dafür > Formulare. Wird die gewünschte Jugendamtsurkunde verweigert, kann es für den Unterhaltsschuldner zu einem sinnlosen > kostspieligen Gerichtsverfahren kommen. Die vollstreckbare Jugendamtsurkunde hilft, ein solches Gerichtsverfahren zu vermeiden und entzieht einem gerichtlichen > Kindesunterhaltsverfahren das Rechtsschutzbedürfnis. Gleiches kann über ein > notarielles Schuldanerkenntnis erreicht werden, wenn man nicht zum Jugendamt möchte. Doch der Weg zum Notar löst Notarkosten aus. Dagegen ist die Errichtung der Jugendamtsurkunde ein > kostenloser Services der Jugendämter.
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Oft sind die Vorstellungen des Jugendamtes zulasten des unterhaltspflichtigen Elternteils überzogen. Dies gilt insbesondere bei Mangelfällen, die von den Jugendämtern gerne, mit Annahme von > fiktiven Einkünften regelmäßig geleugnet werden und unzulässig unterstellt werden. Die Jugendämter werden so weit wie möglich vermeiden wollen, dass sie auf Zahlung nach dem > Unterhaltsvorschussgesetz in Anspruch genommen werden.
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Das Jugendamt als Beistand des Kindes steht nicht auf der Seite des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Es vertritt allein die Interessen des Kindes. Erwarten Sie nicht, dass das Jugendamt Sie auf Ihre Rechte (z.B. wie Sie das unterhaltsrelevante Elterneinkommen > bereinigen können) hinweist.
Im Fall des Teilanerkenntnisses mittels Jugendamtsurkunde berechnen sich die Verfahrenskosten des Unterhaltsverfahrens nur nach strittigen Teil des Kindesunterhaltsbetrages.
Die > Jugendamtsurkunde-Formulare sehen keinen Freiraum für Modifikationen vor, obwohl solche gesetzlich zulässig sind. Bedenken Sie!: Es darf nur das protokolliert werden, was Sie wollen. Sie müssen sich nicht an den vorformulierten Text halten. Das Prozedere ist freiwillig. Es ist Ihr > persönliches Schuldanerkenntnis mit > Bindungswirkung, dass Sie in Form einer Jugendamtsurkunde abgeben. Lassen Sie sich nicht von Kommentaren beeindrucken, wie "das geht nicht, so etwas haben wir noch nie gemacht". Welche Modifikationen können sich anbieten?
Ob ein solcher Anspruch besteht, hat der BGH, Urteil vom 04.12.2013 - XII ZR 157/12, Rn 22 - nach wie vor - offen gelassen. Die Textvorlagen der Jugendämter beinhalten jedenfalls den Text für die Errichtung eines > dynamischen Titels. In Zeitintervallen von jeweils 6 Jahren wird in der > Düsseldorfer Tabelle nach Maßgabe des Alters des Kindes (> Altersstufen) ein neuer > Tabellenbedarf (= Grundbedarf) vorgesehen. Alle zwei Jahre wird der > Mindestunterhalt neu festgelegt. Ohne dass sich das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ändert, erfährt der Kindesunterhalt damit mehrfach Veränderungen, bis das Kind nicht mehr auf Unterhalt angewiesen ist. Um nicht immer wieder > Abänderungsverfahren an die jeweils aktuelle Situation zu provozieren, sind in der Regel > dynamisch titulierte Jugendamtsurkunden sinnvoll, weshalb in der Regel darauf ein > Titulierungsanspruch besteht.
Ein volljähriges Kind kann für sich keinen dynamisierten Kindesunterhalt wie für ein minderjähriges Kind fordern. § > 1612a BGB erklärt eindeutig, dass ein dynamischer Kindesunterhalt (mit Bezugnahme auf einen "Prozentsatz vom jeweiligen Mindestunterhalt" nur für ein minderjähriges Kind beantragt werden kann. Auch für > privilegiert volljährige Kinder (i.S.d. § > 1603 Abs.2 S.2 BGB) gilt insoweit keine Ausnahme (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 14.08.2003 - 7 WF 396/03: FamRZ 2004, 829-830).
Wenn das > Kind volljährig wird, verändern sich die Bemessungsgrundlagen des Kindesunterhalts gravierend. Wir empfehlen barunterhaltspflichtigen Eltern, die Laufzeit der Jugendamtsurkunde bis zum Erreichen der Volljährigkeit zu begrenzen, wenn eine künftige Veränderung von Bemessungsgrundlagen absehbar ist (> MUSTER intern vorhanden). Die zeitlich begrenzte Jugendamtsurkunde läuft dann einfach aus. Die > Jugendamtsformulare sehen so etwas nicht vor. Ohne Befristung auf den Zeitpunkt der Volljährigkeit des Kindes sind Sie gezwungen, ein > Abänderungsverfahren gegen die Jugendamtsurkunde, mit dem volljährigen Kind, als Verfahrensgegner zu führen, wenn nicht ein > Titelverzicht erklärt wird. Laufzeitbegrenzungen sind sinnvoll, weil sie > Abänderungsverfahren vermeiden helfen und der Kindesunterhalt ohne risiko- und kosten erhöhendes Abänderungsverfahren an mögliche veränderte Einkommensverhältnisse angepasst werden kann. Der BGH hat zur Laufzeitbegrenzung noch keine allgemeingültige Entscheidung getroffen. Mehrere > OLG`s lehnen dies jedoch ab. Das unterhaltsberechtigte Kind muss also eine Jugendamtsurkunde mit Laufzeitbegrenzung nicht akzeptieren und auf einen zeitlich unbegrenzten > Unterhaltstitel bestehen und den Klageweg beschreiten.
Leitsatz: "Hat der Unterhaltspflichtige ohne eine entsprechende Übereinkunft einen auf die Zeit der Minderjährigkeit befristeten Titel geschaffen, so hat der Minderjährige daher einen Anspruch auf unbefristete Festsetzung seines Unterhaltsanspruchs in Form eines > dynamisierten Titels über einen bestimmten Prozentsatz des Mindestunterhalts."
Anmerkung: Das > Familiengericht München vertritt ebenfalls die Ansicht eines > Titulierungsanspruchs ohne Laufzeitbegrenzung. Ob der BGH die Ansicht des OLG Hamm teilt, bleibt abzuwarten. Bislang hat der BGH, Urteil vom 04.12.2013 - XII ZR 157/12, Rn 22 dazu nicht Stellung bezogen.