Unterhalt für volljährige Kinder – Welcher Elternteil bezahlt welchen Anteil? 



Das Wichtigste in Kürze

  1. Klarstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit: In Deutschland haben beide Elternteile die gleichen Rechte und Pflichten, sich um ihre Kinder zu kümmern. Ab dem 18. Lebensjahr des Kindes müssen die Eltern je nach ihrer finanziellen Situation an den Unterhaltskosten beteiligt sein.
  2. Alt-Titel bleiben gültig: Viele Unterhaltstitel aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes (Alt-Titel) sind jetzt nicht mehr korrekt, da sich die anteilige Haftung der Eltern für den Barunterhalt ändert, sobald das Kind volljährig wird. Das Dilemma besteht darin, dass auch falsche Alt-Titel weiterhin gültig sind, bis sie wirksam geändert werden. Der bisher allein barunterhaltspflichtige Elternteil wird daher eine Anpassung des Alt-Titels anstreben, wenn die anteilige Barunterhaltspflicht sich verringert.
  3. Unterhaltsverfahren mit erwachsenen Kindern: Es kommt häufig zu Streitigkeiten über den genauen Anteil, den jeder Elternteil leisten muss. Dies hängt von ihrem Einkommen ab, wobei es Probleme geben kann, wenn mindestens ein Elternteil keine genauen Angaben zu seinem Einkommen machen möchte. Die korrekte Ermittlung des Einkommens stellt selbst für Fachanwälte eine Herausforderung dar und kann zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen. Dagegen ist mit der richtigen Strategie vorzugehen.
  4. Praxisleitfaden zur Einkommensermittlung: Wir haben spezielle Formulare mit Checklisten entwickelt, die von Fachanwälten geprüft und empfohlen werden. Mit diesen Formularen können Sie effizient und rechtssicher Auskunft über das unterhaltsrelevante Einkommen erhalten. Diese nützlichen Formulare sind in keinem anderen Formularbuch enthalten.
  5. Rechtsanwaltliche Vertretung: Lassen Sie erfahrene Familienrechtsanwälte Ihre Unterhaltszahlungen schnell und effizient anpassen. Wir sind auf gerichtliche Änderungsverfahren spezialisiert. Kontaktieren Sie uns noch heute, um mehr über unsere Dienstleistungen zu erfahren!

  • Rechtlicher Leitfaden 
    zur anteiligen Unterhaltspflicht der Eltern für erwachsene Kinder

    Das Sorgerecht der Eltern und damit die Haftungsfreistellung des bisher kinderbetreuenden Elternteils entfällt. Volljährige Kinder haben keinen Betreuungsbedarf mehr. Für den Barunterhalt des volljährigen Kindes haften die Eltern nun anteilig (§ 1603 Abs.3 S.1 BGB).  Erfahren Sie, wie die Haftung der Eltern bei der Unterhaltszahlung für erwachsene Kinder bestimmt wird.

    > Wegweiser zur anteiligen Haftung


Unterhaltsbedarf
des volljährigen Kindes

Bedarfsermittlungsmethoden
Mit oder ohne Düsseldorfer Tabelle?



Bei der zweiten Stufe der Prüfung des Kindesunterhalts findet die Bestimmung des Bedarfs statt. Um die richtige Methode zur Bedarfsermittlung festzulegen, wird zwischen Kindern mit abgeleiteter oder eigener Lebensstellung unterschieden. Diese Unterscheidung ist entscheidend dafür, ob der Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes mit oder ohne Verwendung der Düsseldorfer Tabelle ermittelt wird. Wenn die Düsseldorfer Tabelle verwendet wird, bestimmt das Einkommen der Eltern den Bedarf. Wenn das Kind eine eigene Lebensstellung erreicht hat, sind die Werte der Düsseldorfer Tabelle nicht relevant.

Wenn bei einem Kind mit abgeleiteter Lebensstellung das Gesamteinkommen der Eltern den Betrag der 15. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (11.000 €) übersteigt, ist eine konkrete Bedarfsermittlung für den Volljährigenunterhalt erforderlich.


Mehrbedarf - Sonderbedarf
Volljähriges Kind



Naturalunterhalt
Dafür gibt es keinen Bedarf


Ab dem Zeitpunkt, an dem ein Kind volljährig wird, verlieren die Eltern das Sorgerecht und das Kind wird voll geschäftsfähig. Mit dem Sorgerecht ist auch der Anspruch auf Naturalunterhalt verbunden. Das bedeutet, dass volljährige Kinder keinen Anspruch mehr auf Naturalunterhalt haben. Nur minderjährige Kinder haben Anspruch auf Naturalunterhalt. Eltern müssen nun freiwillig für Unterbringung und Verpflegung ihres volljährigen Kindes sorgen. Der Anspruch auf Kindesunterhalt besteht jetzt nur noch in Form von Geldunterhalt. Beide Elternteile haften gemeinsam für den Geldunterhalt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Naturalleistungen wie Unterkunft und Verpflegung den Haftungsanteil des betreuenden Elternteils für den Geldunterhalt nicht reduzieren oder beeinflussen dürfen. Es spielt keine Rolle, ob das volljährige Kind noch bei einem Elternteil lebt, wenn es um den Haftungsanteil geht.

BGH, Urteil vom 26. Oktober 2005 - XII ZR 34/03

(Zitat, Rn 18) „Seit der Volljährigkeit der Beklagten [Kind] schuldet die Mutter ihr auch keinen Betreuungsunterhalt mehr. Soweit sie [hier die Mutter] ihr [dem volljährigen Kind] gleichwohl Betreuungsleistungen erbringt, stellen diese sich als freiwillige Leistungen dar, die unterhaltsrechtlich unberücksichtigt bleiben müssen.

Achtung! Wer als Elternteil zur Barunterhaltsleistung an das volljährige Kind verpflichtet ist, muss aber den Unterhaltsanspruch nicht in "bar" erfüllen. Naturalunterhalt kann durchaus als Surrogat zur Erfüllung des Haftungsanteils in Betracht kommen


Anteilige
Elternhaftung


§ 1606 Abs.3 S.1 BGB
Gesetzestext


Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen.


Anteilige Haftung
nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit


Fragen zur anteiligen Elternhaftung bilden die > sechste Prüfungsebene zum Kindesunterhaltsanspruch. Beim Unterhalt für volljährige Kinder führt der > Wegfall des Naturalunterhaltsanspruchs zum Grundsatz der anteiligen Barunterhaltshaftung nach § > 1606 Abs.3 S.1 BGB. Beide Elternteile stehen in gleich nahem Verwandtschaftsverhältnis zu ihrem Kind. Die Anteilsquote am Barunterhalt richtet sich nach der anteiligen individuellen > Leistungsfähigkeit ("Erwerbs- und Vermögensverhältnissen") des Elternteils.

  • Ist ein Elternteil nicht leistungsfähig, kommt es nicht zur anteiligen Elternhaftung. Nur der leistungsfähige Elternteil muss für den Kindesunterhalt aufkommen. Wie im solchen Fall der Unterhalt für das volljährige Kinder mit > abgeleiteter Lebensstellung ermittelt wird (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06, Rn 31) , erfahren Sie
    > hier
  • Ein Beispiel zum Volljährigenunterhalt, wenn beide Elternteile leistungsfähig sind, finden Sie
    > hier


Selbstbehalt
der Eltern


Loewe

OLG Celle, Beschluss vom 21.12.2022 - 21 UF 129/22
Anteilige Haftung der Eltern für den Volljährigenunterhalt


Leitsatz: Die Haftungsquoten der Eltern eines > privilegiert volljährigen Kindes können nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts auch dann bestimmt werden, wenn nur ein Elternteil über Einkünfte oberhalb dieses Betrags verfügt, jedoch dieser nach seinen Einkünften insgesamt den Kindesunterhalt erbringen kann.

Das Problem: Die Eltern einer zwischenzeitlich volljährig gewordenen Tochter sind geschiedene Eheleute. Die Tochter wohnt bei der Mutter und besucht als Schülerin eine allgemeinbildende Schule. Neben dem Kindergeld hat sie keine Einkünfte. Die Mutter war teilweise geringfügig beschäftigt und erhält zwischenzeitlich Krankengeld. Sie erzielt allerdings > Mieteinnahmen aus mehreren Immobilien. Der Vater befindet sich in Altersteilzeit und begehrt die > Abänderung einer notariellen Unterhaltsvereinbarung über Kindesunterhalt.

Anmerkung: Ein unterhaltspflichtiger Elternteil ist leistungsfähig, wenn er unterhaltsrelevantes > Vermögen besitzt oder sein Einkommen den für ihn maßgeblichen > Selbstbehalt übersteigt.

Stehen mehrere Unterhaltsschuldner - wie hier beim > Volljährigenunterhalt - beide Elternteile zur Wahl, ist § > 1603 Abs.2 S.3 BGB zu beachten: d.h. in der Regel gilt für den jeweiligen unterhaltspflichtigen Elternteil die > gesteigerte Leistungsfähigkeit nicht. Dies hat beim Volljährigenunterhalt zur Folge, dass zur Bestimmung der anteiligen Leistungsfähigkeit der Eltern nicht der > notwendige Selbstbehalt, sondern generell der individuell > angemessene Selbstbehalt zu berücksichtigen ist. Mehr dazu erfahren Sie
> hier

Übersteigt das Einkommen des bislang betreuenden Elternteils die Schwelle des angemessenen Selbstbehalts nicht, so hat die eigene Existenzsicherung des Elternteils Vorrang vor der Beteiligung am Barunterhalt für das volljährige Kind. Nur soweit das unterhaltsrelevante Einkommen eines Elternteils den > angemessenen Selbstbehalt übersteigt, kommt dessen Beteiligung am Aufkommen für den > Barunterhaltsbedarf des volljährigen Kindes in Betracht. (OLG Celle, Zitat) "Verfügt der Antragsteller mithin über ein Einkommen, das den angemessenen Selbstbehalt gegenüber Volljährigen in Höhe von 1.400 € unterschreitet, scheidet seine Haftung auf den Unterhalt für die Antragsgegnerin aus. Im Rahmen der Bemessung der beiderseitigen Haftungsanteile ist grundsätzlich der angemessene Selbstbehalt zur Bestimmung der Einsatzbeträge in Abzug zu bringen. Dies gilt auch im Verhältnis zu privilegiert volljährigen Kindern, auch wenn diese nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind. Denn eine verschärfte bzw. gesteigerte Unterhaltspflicht mit dem dadurch gerechtfertigten Ansatz des herabgesetzten notwendigen Selbstbehalts besteht nur dann, wenn der Unterhaltsbedarf des Kindes durch beide Eltern nicht oder nicht vollständig gewährleistet werden kann. Verfügen jedoch beide Elternteile über Einkünfte oberhalb angemessenen Selbstbehalt oder ist ein Elternteil allein in der Lage, den ungedeckten Bedarf des volljährigen Kindes ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehalts aufzubringen, bestimmt sich die beiderseitige Haftung und die daraus folgende Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts (vgl. hierzu Der Unterhaltsprozess/Schwonberg, 7. Auflage 2021, Kap. 2 Rn. 891, 942; Wendl/ Dose/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 594 ff., 597; BGH FamRZ 2011, 454-460 Rn. 36). Diese Grundsätze gelten auch für den Fall, dass nur ein Elternteil über Einkünfte oberhalb des angemessenen Selbstbehalts verfügt und unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung für das volljährige Kind aufgrund seines höheren Einkommens ohne Gefährdung des angemessenen Bedarfs zur Zahlung des ungedeckten Bedarfs des Kindes in der Lage ist."


Fiktiv leistungsfähiger Elternteil
wegen fiktiv zurechenbarem Einkommen?


Achtung! Ob ein Unterhaltsschuldner > leistungsfähig ist, bestimmt sich nicht nur nach dessen > realem Einkommen, sondern auch nach dem sog. > fiktiven Einkommen. (> mehr).Ob bei der > Berechnung der anteiligen Haftung auch > fiktives Einkommen eines Elternteils zu berücksichtigen ist, ist umstritten für den Fall, dass das volljährige Kind nicht (mehr) bei einem Elternteil lebt:


CONTRA
-Ansicht


(Klinkhammer, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, > § 2 Rn 567 , Zitat): "Fiktives Einkommen des Elternteils, bei dem das Kind lebt, kann in den Einkommensvergleich einbezogen werden, wenn sein Bedarf (teilweise) durch Naturalunterhalt gedeckt ist. Im Übrigen braucht sich das volljährige Kind, insbesondere wenn es bereits das Elternhaus verlassen hat, auf fiktive Einkünfte eines Elternteils nicht verweisen zu lassen. Eine etwaige Verletzung der Erwerbsobliegenheit hat allein der betreffende Elternteil, nicht aber das Kind zu verantworten. Daher kann es den leistungsfähigen Elternteil entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1607 II BGB in Anspruch nehmen. Dasselbe gilt, wenn der Aufenthalt des anderen Elternteils unbekannt ist. Auch in einem solchen Fall ist die Rechtsverfolgung gegen den anderen Elternteil erheblich erschwert (§ 1607 II 1 BGB). Dem leistungsfähigen Elternteil bleibt es unbenommen, gegen den anderen Unterhaltspflichtigen Regress zu nehmen." (vgl. dazu > OLG Frankfurt, Urteil vom 11.08.1992 - 3 UF 51/92).


PRO
-Ansicht
(selbst wenn das vollj. Kind keinen Naruralunterhalt bezieht)


Die Leistungsfähigkeit wird im Gegensatz zum Bedarf auch durch fiktives Einkommen indiziert (> Leistungsfähigkeit & fiktives Einkommen). Die Zurechnung fiktiver Einkünfte bei einem Elternteil hat Auswirkung auf die Beteiligungsquote am Barunterhalt des volljährigen Kindes (§ > 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Anderenfalls hätte der Elternteil mit einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit die Möglichkeit, den Wegfall bzw. Kürzung seiner Haftungsquote und somit seiner Unterhaltspflicht herbeizuführen (BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06, Rn 32). Mit anderen Worten: Wenn ein Elternteil mögliche Erwerbschancen nicht ergreift, um einen angemessen Elternbeitrag nach Maßgabe des § > 1606 Abs.3 Satz 1 BGB zu leisten, darf sich das nicht nachteilig auf die Haftungsquote des anderen Elternteils auswirken. Insofern besteht eine Erwerbsobliegenheit zur Erfüllung eines angemessenen Beitrags am Gesamtunterhalt für das volljährige Kind. Selbst für Hausfrauen, die noch einer Berufstätigkeit nachgehen können, besteht eine generelle > Erwerbsobliegenheit , um den > Ausbildungsunterhalt Volljähriger mit zu finanzieren (Seiler, in: Hdb des Fachanwalts für Familienrecht, 9. Auflage, Kap. 6, Rn 340 m.w.N.).


Ansicht des BGH


BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15
Anteilige Haftung der Eltern nach fiktivem Einkommen


Anmerkung: Anders als > beim Ehegattenunterhalt geht der BGH > beim Kindesunterhalt davon aus, dass bereits der > Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes nach > fiktiven Einkommen-Elementen der Eltern bestimmt wird (Rn 27). Der BGH erklärt unter Rn 28 seiner Entscheidung aus dem Jahr 2017 weiter, dass ein Abstellen auf ein fiktives Einkommen eines Elternteils bei der Haftungsquotenbestimmung i.d.R. nur unterbleibt, wenn das Kind nicht (mehr) bei einem Elternteil wohnt. Denn solange das Kind bei einem Elternteil lebt, und dort tatsächlich Naturalunterhalt bezieht, besteht für das volljährige Kind wegen Haftungsquoten der Eltern nach fiktivem Eltern-Einkommen nicht die Gefahr nur einen teilweise realisierbaren (Gesamt-)Unterhalt zu erhalten. Diese Gefahr besteht nur für die volljährigen Kinder, die nicht mehr bei einem Elternteil leben und deshalb auch keinen Naturalunterhalt mehr beziehen. Wenn das volljährige Kind in diesem Fall seinen Unterhaltsbedarf nur mit Barunterhalt seiner Eltern decken muss, läuft es Gefahr, diesen mangels realer Geldmittel der Eltern voll decken zu können, weil die Haftungs-Anteile der Eltern am Barunterhalt fiktiv ermittelt wurden. Um das volljährigen Kind mit eigenem Haushalt von diesem Zahlungs-Ausfallrisiko zu entlasten, erfolgt eine Risikoverschiebung auf den real zahlungsfähigen Elternteil, indem die Haftungsquoten der Eltern nach deren realen Einkommensverhältnissen festgelegt werden. Der damit (im Ergebnis) zu hoch in Anspruch genommene Elternteil wird dafür auf einen Regeressanspruch gegen den anderen Elternteil verwiesen (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2015, 1505; KG NJW-RR 2010, 879, 880; OLG Köln FamRZ 2010, 382; OLG Frankfurt FamRZ 1993, 231; Palandt/Brudermüller BGB 76. Aufl. § 1606 Rn. 17; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 8. Dezember 2016] § 1606 Rn. 87 ff.; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 567).

BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06
Anteilige Haftung & f
iktives Einkommen
beim Volljährigenunterhalt

(Zitat, Rn 31) "Allein aufgrund des Umstands, dass es sich um fiktives Einkommen handelt, folgt auch im Rahmen der anteiligen Unterhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB noch nicht, dass eine Mithaftung entfällt. Anderenfalls hätte der Elternteil die Möglichkeit, durch seine Pflichtverletzung den Wegfall seiner Unterhaltspflicht herbeizuführen. (...) Die Zurechnung fiktiven Einkommens ist für jedes Unterhaltsverhältnis gesondert zu beurteilen und setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige im jeweiligen Unterhaltsverhältnis gegen seine > unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit verstoßen hat. Die Erwerbsobliegenheiten beim Ehegattenunterhalt und beim Kindesunterhalt sind unterschiedlich ausgestaltet. Sie unterscheiden sich nicht zuletzt auch danach, ob sie den Unterhaltsberechtigten oder den Unterhaltspflichtigen betreffen, wie der vorliegende Fall deutlich macht. Während die Beklagte im Rahmen des Ehegattenunterhalts schon seit 1998 unterhaltsrechtlich zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war, erfüllte sie ihre Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern, solange diese noch minderjährig waren, allein durch deren Pflege und Erziehung (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) . Da der Barunterhalt der Kinder gesichert war (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) und auch ansonsten > kein Ausnahmefall von der Regel des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB in Betracht kommt, war die Beklagte gegenüber ihren Kindern somit erst seit deren im Mai 2005 eingetretener Volljährigkeit zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet."


Leistungsfähiger Elternteil

bei Patchwork


OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.03.1992 - 1 WF 107/91 ( FamRZ 1992, 1099)
Volljährigenunterhalt bei Eltern mit neuem Lebenspartner - Patchwork


Anmerkung : Wenn ein anteilig haftender Elternteil mit einem neuen Partner (> Pachtwork) zusammen lebt, hat das Einfluss auf Haftungsverteilung. Denn beim Elternteil mit neuem Lebenspartner kommt es entweder wegen des Zusammenlebensin neuer Haushaltsgemeinschaft zur Zurechnung von weiterem Einkommen und/oder zur Korrektur der Selbstbehaltsätze.

  • Weiterführende Links:
    Unterhaltspflicht bei Patchwork > hier

Unterhaltsbegrenzung
Wenn ein Elternteil nicht leistungsfähig ist


BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06
Abgekürzte Bedarfsermittlung mit Düsseldorfer Tabelle: Wenn ein Elternteil nicht leistungsfähig ist


(Zitat, Rn 31 ) "Nach ständiger Rechtsprechung schuldet ein Elternteil allerdings höchstens den Unterhalt, der sich allein auf der Grundlage seines Einkommens aus der vierten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle ergibt (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 378 = FamRZ 2006, 99, 100). Die Berechnung kann abgekürzt werden, wenn nur ein Elternteil Einkommen oberhalb des > eigenen angemessenen Unterhalts im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB (...) erzielt und der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist. In diesem Fall kann der Kindesunterhalt zur Vereinfachung sogleich allein nach dem Einkommen des allein leistungsfähigen Elternteils bestimmt werden. (...)"

Anmerkung: Eine Ausnahme vom bedarfsprägenden > Gesamteinkommen der Eltern gilt, wenn ein Elternteil nicht leistungsfähig erscheint, also das Einkommen eines Elternteils unterhalb des > Selbstbehaltsatzes liegt. Ist nur ein Elternteil leistungsfähig, schuldet nur dieser Barunterhalt, jedoch höchstens den Betrag, der sich auf der Grundlage seines alleinigen Einkommens aus der 4. Altersstufe und danach maßgeblichen Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle ergibt:


Beweislast des Kindes

für Haftungsquote der Eltern


Ist das volljährige Kind unterhaltsbedürftig, hat es wie jeder Unterhaltsgläubiger die > Beweislast für den Bedarf und seine Bedürftigkeit zu tragen. Dies hat Konsequenzen für die Darlegungs- und Beweislast zu den Haftungsquoten der Eltern. Mehr dazu erfahren Sie
> hier  


Beispiel

OLG Koblenz, Beschluss vom 10.06.2016 - 13 WF 565/16
Grundsätze zur anteiligen Elternhaftung beim Volljährigenunterhalt

Leitsätze:

Bei der > Ermittlung der Haftungsanteile beider kindesbarunterhaltspflichtiger Elternteile ist vorab vom > Einkommen jedes Elternteils ein sog. Sockelbetrag in Abzug zu bringen.

Dieser Sockelbetrag entspricht grundsätzlich dem angemessenen > Selbstbehalt. Das gilt auch dann, wenn dies die alleinige Barunterhaltspflicht eines der beiden Elternteile zur Folge hat. Auf den notwendigen Selbstbehalt ist erst im Mangelfall zurückzugreifen. Ein solcher liegt indes erst vor, wenn auch der angemessene Selbstbehalt des anderen Elternteils nicht mehr gewahrt ist.

In den Durchschnittsfällen richtet sich die anteilige Barunterhaltspflicht beider auf Kindesbarunterhalt haftender Elternteile allein nach deren Einkommens - und nicht zusätzlich auch nach deren > Vermögensverhältnissen.


Sachverhalt


Das unterhaltsrelevante Einkommen des Vaters beträgt 3.000,00 €; das der Mutter 1.500,00 €. Das volljährige Kind lebt im Haushalt der Mutter. Es leitet damit seine > Lebensstellung von seinen Eltern ab. Für die Ermittlung des Geldbedarfs gilt in diesem Fall die > Düsseldorfer Tabelle. Maßgebend ist die 4. Altersstufe und für die Einkommensgruppe das unterhaltsrelevante Gesamteinkommen der Eltern. Das > Kindergeld für das volljährige Kind ist auf den Geldbedarf voll anzurechnen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 31.10.2007 – XII ZR 112/05, Rn 18 m.w.N.). Der angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern beträgt 1.300,-- € (hier lt. Düsseldorfer Tabelle 2020, Anmerkung A. Ziff.5).


Haftungsanteil


Die Unterhaltsberechnung mit anteiliger Haftung der Eltern stellt sich wie folgt dar:

  • Das unterhaltsrelevante Gesamteinkommen der Eltern: 4.500,00 € = 3.000,00 € (Vater) + 1.500,00 € (Mutter)
  • Regelbedarf des Kindes nach 4. Altersstufe und 8. Einkommensgruppe der > DT (2020) abzgl. Anrechnung des Kindergeldes = 560,00 €
  • Anteilige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters: 1.600 € = 3.000,00 € abzgl. 1.400,00 (> angemessener Selbstbehalt)
  • Anteilige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mutter: 100,00 € = 1.500,00 abzgl. 1.400,00 (angemessener Selbstbehalt)
  • Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern insgesamt: 100,00 € + 1.600,00 € = 1.700,00 = 100 %
  • Haftungsanteil der Mutter: 100./. 1.700 x 100 % = 6 %
  • Haftungsanteil des Vaters: 1.600./. 1.700 x 100 % = 94 %

Die Mutter hat den (Bar-)Bedarf des Kindes (insgesamt 560,00 €) mit einem Anteil von 6 %, d.h. in Höhe von 33,6 € zu decken. Der Vater hat Barunterhalt in Höhe von 94 %, d.h. in Höhe von 526,40 € an das Kind zu leisten.


Erfüllung
des Haftungsanteils


Erfüllung
durch Naturalleistungen der Eltern
(Kost & Logis)


Erhält ein volljähriges Kind von einem Elternteil nach wie vor "Kost & Logis" (Naturalunterhalt), so ist dies grundsätzlich eine > freiwillige Leistung, weil ein Anspruch auf Naturalunterhalt nicht existiert. 

Ausnahme: Dem volljährigen Kind wird ein Aufenthalt im Haushalt des Elternteils angeboten und wobei der Verbleib im Haushalt des Elternteils zumutbar und erreichbar sein muss: mehr zum Unterhaltsbestimmungsrecht nach Trennung der Eltern
>
hier

Dennoch kann die Naturalleistung des Unterhalts für das volljährige Kind im Rahmen des § > 1612 Abs.2 S.1 BGB (> Unterhaltsbestimmungsrecht) als Erfüllung der Unterhaltsleistung zu beachten sein: Lebt ein volljähriges Kind bei einem Elternteil und erhält dort "Kost & Logis", ist dafür das Kind seinem Elternteil ersatzpflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2005 - XII ZR 34/03, Rn 18; zum Wohnrecht bei den Eltern > mehr). Dem gegenüber steht die anteilige Haftung des Elternteils für den Barunterhalt des Kindes. Der Elternteil, bei dem das volljährige Kind lebt, kann bestimmen, in welcher Form dieser seiner Barunterhaltsverpflichtung nachkommt. Leben die Eltern voneinander getrennt, kann der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind aufgenommen ist, im Rahmen des Unterhaltsbestimmungsrechts den Ersatzanspruch für "Kost & Logis" mit dem anteiligen Barunterhaltsanspruch des Kindes "verrechnen". Insofern ist die Leistung von Kost & Logis ein Surrogat zur Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs. Ob mit der Naturalleistung der anteilige Barunterhaltsanspruch vollständig erfüllt wird, wirft in der Praxis Fragen und Probleme bei der Bewertung der Naturalleistung auf. Für den Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, kommt eine Erfüllung des Barunterhaltsanspruchs per Naturalleistungen nur in seltenen Ausnahmefällen nicht in Betracht.

    Beispiel:
    Anrechnung von Naturalleistungen


    Loewe

    OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.08.2014 - 11 UF 538/14
    (nicht veröffentlicht)


    Anmerkung: Die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 19.08.2014 bietet u.a. ein Beispiel für die unterhaltsrechtliche Behandlung von Naturalunterhaltsleistungen für ein volljähriges Kind, welches seine Lebensstellung noch von den Eltern ableitet (> Bedarfsermittlungsmethode bei abgeleiteter Lebensstellung):

    (Zitat) „ Grundsätzlich schulden der Antragsteller und die Antragsgegnerin dem Sohn (...) Unterhalt, dessen Höhe anhand der Einkommensverhältnisse beider Eltern nach der Düsseldorfer Tabelle zu bemessen ist (Nr. 13.1.1 SüdL). Beim Antragsteller sind 1.968,45 € (durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen abzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag), bei der Antragsgegnerin 1.254,02 € bzw. 1.273,23 € maßgeblich, sodass das zusammengerechnete Einkommen zwischen 3.101 € und 3.500 € beträgt, was zur Folge hat, dass der Kindesunterhaltsbetrag sich nach der sechsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle richtet. Dieser beträgt bei einem volljährigen Kind nach Abzug des Kindergeldes, 441 €. Wegen der anteiligen Haftung entfallen auf die Antragsgegnerin gerundet 40 %, also 176 €. In dieser Höhe ist der als Naturalunterhalt geleistete Unterhalt abzuziehen, da davon ausgegangen werden kann, dass der Wert von Kost und Logis mindestens diesem Betrag entspricht. Wegen des jedem Elternteil zu verbleibenden angemessenen Selbstbehalts von 1.200 € würde die Antragsgegnerin zwar - würde M. von ihr Barunterhalt verlangen - nur in Höhe des diesen Betrag übersteigenden Einkommens haften. Da die Antragsgegnerin aber tatsächlich Unterhalt (in Form von Naturalunterhalt) leistet, kann ihr Selbstbehalt unberücksichtigt zu bleiben. Damit sind bei der Antragsgegnerin 176 € vom Einkommen abzuziehen, sodass bei ihr ein bereinigtes Einkommen von Höhe von 1.078,02 € bzw. 1.097,23 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist.“


    Haftungsquote
    bei w
    eiteren Unterhaltsberechtigten


    Ermittlung der Haftungsquote
    bei weiteren Unterhaltspflichten eines Elternteils?


    Die anteilige Haftung der Eltern für den > Volljährigenunterhalt ermittelt sich nach dem Verhältnis der anteiligen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (§ > 1606 Abs.3 S.1 BGB), d.h. in erster Linie ist das jeweilige > unterhaltsrelevante Einkommen der Elternteile zu ermitteln. Sind bei einem Elternteil nicht nur das volljährige Kind, sondern daneben weitere Unterhaltsberechtigte (Kinder, Ehegatte etc.) zu berücksichtigen, stellt sich die Frage, wie sich dies auf die Haftungsquotenbestimmung beim Volljährigenunterhalt auswirkt:

    • Frage: Mindern weitere Unterhaltsbelastungen eines Elternteils gegenüber anderen Kindern die Leistungsfähigkeit für den Volljährigenunterhalt?

    Wenn das der Fall ist, dann hat dies entsprechende Auswirkung auf die > Haftungsquote des barunterhaltspflichtigen Elternteils: Die Haftungsquote verringert sich. Ob dies der Fall ist, entscheidet sich u.a. danach, ob das volljährige Kind sich mit den weiteren Kindern die gleiche Rangstufe (§ > 1609 Ziff.1 BGB) teilt oder nachrangig (§ > 1609 Ziff.4 BGB) zu berücksichtigen ist. Die > Ermittlung der Haftungsquote eines Elternteils ist von der Ermittlung des > Unterhaltsbedarfs zu unterscheiden.:


    Fallvarianten
    zur Haftungsquotenermittlung


    Zur Haftungsquote und Leistungsfähigkeit eines Elternteils beim Volljährigenunterhalt, wenn

    • weitere minderjährige und > privilegiert volljährige Kinder den gleichen Rang (= Rangstufe 1 gem. § 1609 Ziff.1 BGB) belegen
      > hier
    • wenn das volljährige Kind neben minderjährigen Kindern nur den vierten Rang (§ 1609 Ziff.4 BGB) belegt
      > hier
    • wenn das volljährige Kind neben vorrangigen Ehegatten, Müttern (§ 1609 Ziff.2 BGB) den vierten Rang belegt
      > hier


    Unterhalt für volljähriges Kind
    neben weiteren minderjährigen Kindern


    Wird das Elterneinkommen zur Bestimmung der Haftungsquote für den Unterhalt eines volljährigen Kindes bestimmt, das sich neben weiteren minderjährigen Kindern auf gleicher Rangstufe 1 (§ 1609 Ziff.1 BGB) befindet, erscheint es nicht angemessen, die Unterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Kindern als Abzugsposten zu behandeln (anders OLG Celle, Urteil vom 05.06.2008 - 17 UF 11/08, und einige OLG-Leitlinien, wenn dadurch kein Mangelfall eintritt).

    Hinsichtlich der Berücksichtigung gleichrangiger Unterhaltsschulden besteht keine Einigkeit. Dennoch belastet die Unterhaltslast gegenüber dem minderjährigen Kind die Leistungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteils und ist lt. BGH, Urteil vom 09.01.2002 - XII ZR 34/00 in
    der Anteilsberechnung angemessen zu berücksichtigen.

    BGH, Urteil vom 09.01.2002 – XII ZR 34/00
    zur Haftungsanteilsbestimmung beim Gleichrang von minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern


    (Zitat, Seite 15) "Zu einer angemessenen Bestimmung der Haftungsanteile dürfte es […] führen, wenn von dem nach Abzug des Selbstbehalts verbleibenden Einkommen des Beklagten der Betrag ermittelt wird, der dem Anteil des auf die Klägerin entfallenden Bedarfs am Gesamtunterhaltsbedarf aller gleichrangigen Unterhaltsberechtigten entspricht, und sodann dieser Betrag mit dem verfügbaren Einkommen des anderen Elternteils ins Verhältnis gesetzt wird (vgl. FamRefK/Häußermann § 1606 BGB Rdn. 4; Schwab/Borth aaO Kap. V Rdn. 168 ff.; Göppinger/Kodal Unterhaltsrecht 7. Aufl. Rdn. 1655 ff.). Hierdurch könnte sowohl dem Gleichrang der Unterhaltsberechtigten als auch der (eingeschränkten) Leistungsfähigkeit des Beklagten Rechnung getragen werden."

    Anmerkung: Die Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgt derart, dass aufseiten des unterhaltspflichtigen Elternteils in die Anteilsberechnung nur der prozentuale Anteil seines (nach Abzug des Selbstbehalts verbleibenden) Einkommens eingestellt wird, der dem Anteil des auf das volljährige Kind entfallenden Bedarfs am Gesamtunterhaltsbedarf aller gleichrangiger Kinder entspräche, wenn der Bedarf des volljährigen Kindes allein am Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils zu bemessen wäre (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 14.08.2003 - 7 WF 396/03, in: FamRZ 2004, 829).

    Beispiel für Anteilsberechnung nach BGH:
    Dies führt hier zu folgender Anteilsberechnung [Beispiel nachgebildet aus unserer Praxis, Az.: 111/ 15 (D3/912-15)]: Das unterhaltsrelevante Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters (2.695,76 €) ist der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfe
    r Tabelle (2023) zuzuordnen. Hiernach beträgt der Bedarf der Kinder

    • für das privilegiert volljährige Kind (4. Altersstufe der DT): 691,00 € und
    • für das minderjährige Kind (3. Altersstufe der DT): 647,00 €
    • Gesamtbedarf der Kinder mithin: 1.338,00 €

    Der Anteil an der Gesamtunterhaltslast für das privilegiert volljährige Kindes beläuft sich auf 51,64 % (691 ./. 1.338). Daher ist ein Betrag von rund 540,03 € = [2.695,76 € (Einkommen) – 1.650,00 € (angemessener SB)] x 51,64 % zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Vaters in die Anteilsberechnung einzustellen.

    Angenommen, die Mutter ist nach Bereinigung ihres Einkommens um den angemessenen Selbstbehalt ein verfügbares  Einkommen in Höhe von 1.200 € [= Leistungsfähigkeit], so ist eine Gesamtleistungsfähigkeit der Eltern in Höhe von 1.740,03 € [= 1.200 € + 540,03 €] festzustellen. Für das privilegiert volljährige Kind beträgt dann der Haftungsanteil des Vaters 31,04 % [= (540,03 ./. 1.740,03) x 100 %].


    Unterhalt für volljähriges Kind
    neben weiteren vorrangigen Kindern


    Wird das Elterneinkommen zur Bestimmung der Haftungsquote für den Unterhalt eines volljährigen Kindes der Rangstufe 4 (§ > 1609 Ziff.4 BGB) ermittelt, gelten die Unterhaltspflichten gegenüber Kindern der Rangstufe 1 (§ > 1609 Ziff.1 BGB) als > Abzugsposition und führen somit zur Einkommensbereinigung und Verringerung der Haftungsquote (zum Abzug des Zahlbetrags des Unterhalts für vorrangige Kinder: vgl. Gerhardt, in: Hdb. des Fachanwalts Familienrecht, 9. Auflage, 6. Kap. Rn. 210; Klinkhammer, in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, § 2, 2. Abschnitt, Rn 573). Konsequenz: Das um vorrangige Unterhaltspflichten bereinigte Einkommen des Elternteils ist für die Haftungsanteilsrechnung maßgebend.


    Unterhalt für volljähriges Kind
    neben vorrangigem Ehegatten bzw. Mutter i.S.v. § 1609 Ziff. 4 BGB


    Das Problem des Konkurrenzverhältnisses zwischen Volljährigenunterhalt, Familienunterhalt und Ehegattenunterhalt oder Kinderbetreuungsunterhalt taucht auf, wenn Unterhalt für ein nicht privilegiert volljähriges Kind geschuldet wird. Denn Unterhalt für solche volljährigen Kinder sind wegen § 1609 Ziff.4 BGB gegenüber Unterhaltsansprüchen i.S.d. § 1609 Ziff.3 BGB nachrangig. Wie wirkt sich das auf der Bedarfs- und Leistungsfähigkeitsebene aus?


    Fragen
    zur Bedarfs- und Haftungsquotenermittlung


    • Frage zum Bedarf des Kindes:
      Sind für die Bedarfsermittlung des volljährigen Kindes nach dem Elterneinkommen Unterhaltsansprüche i.S.v. § 1609 Ziff.3 BGB vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils abzuziehen?

      Antwort:
      "NEIN": Auf das Rangverhältnis des Volljährigenunterhalts gem. § 1609 BGB wird für die Bedarfsermittlung des Volljährigenunterhalts nicht abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 11.11.2015 - XII ZB 7/15).

    • Frage zur Haftungsquote des jeweiligen Elternteils:
      Sind für die Haftungsquotenermittlung die Unterhaltsansprüche i.S.v. § 1609 Ziff.3 BGB vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils abzuziehen?

      Antwort:
      JA“: vgl. Brudermüller, in: Palandt, BGB, 80. Aufl., 2021, Rn 13 zu § 1606 BGB; Klinkhammer, in: Wendl/Dose, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, § 2, Rn 556). 
      Konsequenz: Es kommt zu einer erheblichen Verringerung der Haftungsquote oder sogar zum absoluten Mangelfall für das volljährige Kind. Das ist der Fall, wenn bei Berücksichtigung aller Unterhaltspflichten festzustellen ist, dass der Mindestbedarfssatz (zu den Eigenbedarfssätzen siehe Anmerkung B.VI der Düsseldorfer Tabelle) des Ehegatten bzw. der kinderbetreuenden Mutter nicht gewahrt ist; dann gehen nicht privilegiert volljährige Kinder leer aus.

    Praxishinweis


    In der Praxis kommt es dabei häufig zu einer erheblichen Verringerung der Haftungsquote oder zum Mangelfall für den Unterhalt von nicht privilegiert volljährigen Kindern, wenn der barunterhaltspflichtige Vater erneut geheiratet hat und die einkommenslose Ehefrau weitere minderjährige Kinder zu betreuen hat (Fall aus unserer Praxis, unser Az.: 93/16; Az.: 43/23).


    Links & Literatur



    Links



    Literatur


    • Uta Ehinger, Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Eltern beim Volljährigenunterhalt, FPR 2012, 142
    • Jürgen Soyka, So ermitteln Sie die Haftungsanteile beim Volljährigenunterhalt richtig, FK 2004, 67
    • Harald Oelkers/Gabriele Kreutzfeld, Prozessuale und materiell-rechtliche Gesichtspunkte bei der Geltendmachung von Volljährigenunterhalt, FamRZ 1995, 136

    In eigener Sache


    • Situationsanalyse: Unterhalt für Student von freiberuflich tätigen Eltern, unser Az.: 44/ 20 (D3/283- 20)
    • Verfahren des Kindes: Unterhalt wegen Volljährigkeit, Haftungsanteil der Eltern wegen fiktiven Einkünften etc., unser Az.: 179/ 14
    • Abänderungsverfahren eines Elternteils: wegen Erreichen der Volljährigkeit, unser Az: 247/13 ; Verwirkung nach § 1611 Abs.1 BGB, unser Az: 188/15;
    • Unterhalt für volljähriges Kind: Haftungsanteil der Eltern bei weiteren minderjährigen Kindern, unser Az.: 26/ 16
    • AG Dessau-Roßlau - 3 F 258/16 UK, Beweislast für Korrektur des Selbstbehalts und Haftungsanteile der Eltern für den Volljährigenunterhalt, unser Az.: 40/16 (D3/564-16)
    • Unterhaltspflicht gegenüber einem volljährigen Kind bei Patchwork-Situation des wieder verheiraten Vaters mit weiteren minderjährigen Kindern, unser Az.: 93/16 (D3/725-16)