Von der Auskunft zum Unternehmergewinn bis zum Unterhaltsverfahren



Das Wichtigste in Kürze

  1. Auskunftspflichten zum Einkommen des Unternehmers: Wegen der Besonderheiten der Ermittlung des Unternehmereinkommens sind besondere Anforderungen an die Auskunft- und Belegpflichten des Unternehmers zu beachten.
  2. Formular und Checklisten zum Unternehmergewinn: Wir haben spezielle Formulare für das unterhaltsrelevante Unternehmer-Einkommen entwickelt. Sie wurden von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen. Wir stellen Ihnen gerne unsere exklusiven Formulare zur Verfügung.
  3. Unterhaltsrelevanten Gewinn des Unternehmers ermitteln: Der Gewinn, der in Steuerbescheiden angegeben ist, ist nicht relevant für Unterhaltszahlungen, sondern wird für steuerliche Zwecke ermittelt. Um das Einkommen eines Unternehmers für Unterhaltszahlungen umfassend zu bestimmen, ist eine Analyse der Gewinnermittlungsunterlagen und eine entsprechende Umrechnung für unterhaltsrechtliche erforderlich. Die Erfahrung zeigt: Ohne Korrektur des steuerlichen Einkommens des Unternehmers wird es i.d.R. um 20 % zu niedrig berücksichtigt wird.
  4. Unterhaltsverfahren mit Unternehmer: Die Erfassung des Einkommens von Unternehmern stellt eine einzigartige Herausforderung dar, wenn es um die Verteidigung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen geht.

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    zum Unterhalt bei Unternehmer-Einkommen


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Auskunft
zum Unternehmergewinn


Nirgendwo sonst, kann das unterhaltsrelevante Einkommen mehr verschleiert, verzerrt oder verschwiegen werden als bei den Gewinneinkünften eines Unternehmers. Ein Selbständiger oder Unternehmer ist weitaus weniger gläsern als ein Angestellter. Das Einkommen des Angestellten lässt sich einfach anhand der monatlichen Gehaltsnachweise belegen. Werden diese nicht freiwillig vorgelegt, können im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens über das Gericht die Gehaltsnachweise vom Arbeitgeber angefordert werden (verfahrensrechtliche Auskunft). Diese Möglichkeit gibt es bei Selbständigen nicht. Mit welchen Belegen ermittelt man den tatsächlichen betrieblichen Brutto-Gewinn? Das Brutto - Unternehmer-Einkommen kann nicht - wie beim Angestellten - mit Gehaltsnachweisen oder der Lohnsteuer-Jahresbescheinigung belegt werden. Nicht einmal der Unternehmer selbst kennt in der Regel sein durchschnittliches Netto einkommen. Wie auch, wenn es ständigen Schwankungen unterliegt.  

Grundlagen
zum Auskunftsverlangen und Auskunftspflicht des Unternehmers



Auskunftszeitraum:
Auskunft zum Einkommen und Vermögen des Unternehmers ist zu erteilen, soweit dies für die Unterhaltsermittlung erforderlich ist. Und welches Einkommen aus welchen Wirtschaftsjahren soll bei erheblichen > Gewinn -Schwankungen relevant sein? Bei Unternehmergewinnen wird zur Unterhaltsermittlung auf das bezogenen Einkommen in einem Mehrjahreszeitraum abgestellt.

  • Geht es um die Ermittlung eines rückständigen Unterhalts, dann ist der im Rückstands-Zeitraum tatsächlich erzielte Gewinn unterhaltsrelevant. Für außerhalb dieses Zeitfensters liegende Wirtschaftsjahre wird keine Auskunft geschuldet. Einkommensprognose-Rechnungen zum Unternehmensgewinn sind nicht anzustellen.
  • Geht es dagegen um die Festlegung des künftig geschuldeten Unterhalts, wird für die Ermittlung des unterhaltsrelevanten > Einkommens Selbständiger grundsätzlich ein Durchschnittsgewinn aus einem  Drei-Jahres-Zeitraum zu Grunde gelegt. Es sind nicht die steuerrechtlichen, sondern die unterhaltsrelevanten Einkünfte dazulegen.
  • Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte besteht dabei kein Auskunftsanspruch auf Vorlage von Jahresabschlüssen zu Geschäftsjahren, die noch keine 6 Monate abgelaufen sind (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 591, 592; Wendl/ Kemper, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 8. Aufl., § 1 Rn 427; vgl. auch BGH, Urteil vom 04.12.2013 - XII ZR 157/12, Rn 18).
  • Praxistipp: Es kann es aus taktischen Gründen im sinnvoll sein, unerledigten Steuererklärungen aus den Vorjahren möglichst rasch zum Abschluss zu bringen, wenn dann ein Unterhaltszeitraum maßgebend wird, der ein geringeres Durchschnittseinkommen darstellen lässt.

Steuerbescheide:
Machen Sie sich bewusst, dass die unterhaltsrelevanten Gewinneinkünfte sich nicht allein aus vorgelegten Steuerbescheiden ermitteln lassen. Diese Auskunftsquelle ist viel zu wenig aussagekräftig. Sie zeigt nicht, welche Steuersparmodelle sich hinter den unternehmerischen Gewinneinkünften verbergen können. Bei Selbständigen dient die Vorlage des Steuerbescheides und der Steuererklärung der Prüfung, welche Einkommensteile steuerrechtlich unberücksichtigt geblieben sind und inwieweit steuerrechtlich anerkannte Absetzungen von einem erzielten Einkommen vorliegen, die unterhaltsrechtlich möglicherweise nicht als einkommensmindernd hinzunehmen sind, weil ihnen kein entsprechender tatsächlicher Geldabfluss oder tatsächlicher Werteverzehr zu Grunde liegt.
  • Welches Einkommen zu versteuern ist, mag den Steuerbescheiden zu entnehmen sein. Der Steuerbescheid soll in aller Regel dazu dienen, wenigstens das Mindesteinkommen festzulegen, auf dessen Höhe eine Unterhaltsbemessung vorgenommen werden kann: Mehr nicht.
  • Bei selbsständig Tätigen dient die Vorlage des Steuerbescheides und der Steuererklärung der Prüfung, welche Einkommensteile steuerrechtlich unberücksichtigt geblieben sind und inwieweit steuerrechtlich anerkannte Absetzungen von einem erzielten Einkommen vorliegen, die unterhaltsrechtlich möglicherweise nicht als einkommensmindernd hinzunehmen sind. 
  • Die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb können deshalb nicht einfach aus den Steuerbescheiden entnommen werden. Vorzulegen und evtl. > unterhaltsrechtliche Korrekturen (z.B. bei der > Abschreibung) durchzuführen. 

Gewinnermittlungsunterlagen:
Die richtige - vor allem vollständige - Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Unternehmens ist meist ein Kunststück ganz eigener Art. Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, um effektiven Druck zur Auskunftserteilung auf den Selbständigen auszuüben. Gewinnermittlungsunterlagen müssen herausverlangt, richtig gelesen und dann unterhaltsrechtlich ausgewertet werden.  

Dazu gehört nach std. Rspr. des BGH die Vorlage der

  • Einkommensteuererklärungen,
  • Einkommensteuerbescheide
  • Jahresabschlüsse und die
  • Einnahmen-Überschuss-Rechnungen samt
  • Anlagenspiegel


Die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb können deshalb nicht einfach aus den Steuerbescheiden entnommen werden. Vorzulegen und evtl. > unterhaltsrechtliche Korrekturen (z.B. bei der > Abschreibung) durchzuführen. 

Einen Anspruch auf Vorlage von Geschäftsbüchern oder Kontoauszüge gibt es nicht (Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl. 2014, § 1605 Rz. 12). Die grundsätzliche Verpflichtung zur Vorlage von Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheiden bei selbständig Tätigen ist auf nichtselbständige Unterhaltspflichtige nicht übertragbar.


Leistungsklage ohne Auskunft?

Was ist, wenn
Unternehmens-Bilanzen, Steuerbescheide etc. für die letzten Jahre (noch) nicht vorliegen oder nicht herausgegeben werden? Ein weiteres Problem sind die oft ausstehenden Steuererklärungen der letzten Wirtschaftsjahre. Wer sich nicht mit langwierigen Unterhaltsverfahren und kostspieligen Gutachten zum unterhaltsrelevanten Unternehmergewinn herumschlagen will, sollte für den Fall der Trennung und Scheidung möglichst aktuelle Gewinnermittlungsunterlagen (Bilanzen, GuV-Rechnungen, Einkommenssteuererklärungen samt Anlagen, etc.) aus den letzten drei Wirtschaftsjahren vollständig parat zu haben. Die beste Methode ist natürlich, sich vor der Trennung die notwendigen Belege zur Ermittlung des Einkommens zu sichern. Oder man denkt an die > Leistungsklage ohne Auskunft.


Private Kapitalerträge
sind nicht in Einkommensteuer-Erklärung enthalten


AG München, Beschluss vom 27.03.2023  – 551 F 13831/15 UHE
Auskunft und Belege zu Kapitalerträgen - Auskunft zum Vermögen


Aus dem Einkommensteuer-Bescheid und der zugehörigen Einkommensteuer-Erklärung werden Sie oftmals nicht erkennen, ob Einkünfte aus Kapitalerträge dem unterhaltsrechtlichen Einkommen hinzuzurechnen sind. Denn dort werden die Kapitalerträge in der Regel nicht aufgeführt. Bei Auskunftsaufforderung sind zusätzliche und anderweitige Belege zu den geflossenen Kapiatlerträgen konkret anzufordern. Im Fall des AG München wurden als Beleg für Kapitaleinkünfte die Erträgnisaufstellung der Banken für drei Jahre gefordert. .
> Auskunftsverlangen

Systematisches Verzeichnis
zum Einkommen und Abzugsposten


OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2019 – 20 WF 728/19
Unternehmer-Auskunft mit systematischem Verzeichnis

Anmerkung: Das OLG Dresden stellt die die > Auskunfts- und Belegpflichten des Unternehmers zum Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit sehr gut und ausführlich dar. 

Aus den Gründen: Der Antragsgegner hat seine Angaben zu seinen Einnahmen und Ausgaben bislang nicht in einem > systematischen Verzeichnis zusammengestellt.

aa) Zwar wird das in > § 260 Abs. 1 BGB aufgestellte Erfordernis, die Auskunft in der Form eines Verzeichnisses zu erteilen, nicht nur durch die Vorlage eines einzigen lückenlosen Gesamtverzeichnisses erfüllt; vielmehr genügt auch eine Mehrheit von > Teilauskünften, vorausgesetzt, dass sie nicht zusammenhanglos nebeneinander stehen, sondern nach dem erklärten Willen des Auskunftsschuldners in ihrer Summierung die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen (BGH Urteile vom 06.06.1962 - V ZR 45/61 - LM Nr. 14 zu § 260 BGB und vom 18.10.1961 - V ZR 192/60 - FamRZ 1962, 21, 23 f.). Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist überdies die Erklärung, dass > weitere als alle von den Einzelauskünften erfassten Einkünfte nicht bestehen. Erst mit dieser abschließenden Erklärung liegt das nach § 260 Abs. 1 BGB geschuldete Verzeichnis vor (BGH FamRZ 2015, 127, zit. n. juris Rdn. 17).

bb) Hieran gemessen liegt kein systematisches Verzeichnis vor:

(1) Nach dem rechtskräftigen Beschluss des Familiengerichts vom 30.08.2018 ist der Antragsteller verpflichtet, > aus allen Einkommensarten i.S.d. §§ 2, 22 EStG für die Kalenderjahre 2015 bis 2017 über alle Einnahmen und Ausgaben Auskunft zu erteilen. Zusätzlich ist er verpflichtet, bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die steuerliche Gebäudeabschreibung gesondert auszuweisen. Bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit, Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft und sonstigen Einkünften i.S.d. §§ 2, 22 EStG ist Auskunft über den ermittelten Gewinn sowie die Privateinlagen und Privateinnahmen zu erteilen.

(2) Das Schreiben vom 31.05.2018 enthält keine Angaben hierzu. Es verweist lediglich auf Anlagen zu den Sonderbetriebsausgaben 2016 bis 2017 und eine Einkommensauskunft. Der Inhalt der als Anlage bezeichneten Einkommensauskunft kann nicht abschließend beurteilt werden, weil diese dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 27.06.2018 nicht beigefügt war. In dem Schreiben vom 06.11.2018 wird lediglich ausgeführt, dass in den beigefügten Leitzordnern Auskünfte über Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Jahre 2015 bis 2017 sowie Auskünfte über Unternehmensbeteiligungen für die Kalenderjahre 2015 bis 2017 sowie eine Übersicht über die Beteiligung mit Partnerschaftsverträgen und notariellen Verträgen enthalten sei. Auch dies stellt kein systematisches Verzeichnis dar. Die Schreiben vom 27.05.2019 und 12.06.2019 enthalten nur einen Hinweis zu der "bereits erteilten Einkommensauskunft". Auch die mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Übersichten erfüllen die formellen Anforderungen nicht.

(3) Die Verteilung der relevanten Angaben auf mehrere Schriftsätze oder verschiedene Leitzordner verfehlt hier die einem einzigen Verzeichnis innewohnende Übersichtlichkeit (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2019, 291). Außerdem befinden sich in den vorgelegten Übersichten - mit Ausnahme der Einkünfte aus Selbständigkeit bzw. Gewerbe oder aus den Kapitalgesellschaften - keine Angaben zu den übrigen Einkommensarten nach §§ 2, 22 EStG. Soweit die mit der Beschwerde vorgelegten Übersichten in mehreren Ordnern nach Jahren getrennt eingeheftet waren, handelt es sich lediglich um Teilauskünfte, die zusammenhanglos nebeneinander stehen. Die Erklärung, dass andere als die von den Einzelauskünften erfassten Einkünfte nicht bestehen, fehlt. Dies gilt auch für die mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Übersichten.

b) Ungeachtet dessen sind die Auskünfte zu den einzelnen Jahren auch unvollständig. Für die Vollständigkeit der Auskunft gelten insbesondere folgende Anforderungen:

aa) Eine Auskunft ist nur vollständig erteilt, wenn nicht nur die gesamten Einnahmen, sondern auch die damit zusammenhängenden Ausgaben (getrennt nach der jeweiligen Einkommensart) niedergeschrieben werden.

Dabei ist bei den Einkunftsarten nach § 2 EStG zu unterscheiden zwischen den sog. Gewinneinkünften des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG (Selbstständige, Gewerbetreibende, Land- und Forstwirtschaft), bei denen sich das Einkommen aus der Differenz der Einnahmen und Ausgaben errechnet, und den sog. Überschusseinkünften nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG (Nichtselbstständige, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, Sonstiges), bei denen sich das Einkommen aus den Bruttoeinnahmen abzüglich der Werbungskosten ergibt (Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rdn. 159; OLG München FamRZ 1996, 738 f., zit. n. juris Rdn. 8).

bb) Neben der Darstellung der Werbungskosten bzw. bei den Gewinneinkünften der Ausgaben erfordert die hier geschuldete Auskunft ferner die Darstellung aller weiteren für die Unterhaltsberechnung erforderlichen Verbindlichkeiten wie Steuern, Krankenversicherung, Vorsorgeaufwendungen (OLG München, FamRZ 1996, 738 ff., zitiert nach juris Rdn. 9). Soweit Einnahmen aus bestimmten Einkunftsarten nichterzielt werden, ist dies in der Auskunft mit anzugeben.

cc) Selbständige und Gewerbetreibende sind gehalten, Einnahmen und Ausgaben - gegebenenfalls getrennt nach den einzelnen Unternehmen - geordnet zusammenzustellen und die Gewinneinkünfte auszuweisen. Eine > unterhaltsrechtliche Einkommensermittlung (d.h. eine Differenzierung nach steuerrechtlich und unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Ausgaben) kann demgegenüber nicht verlangt werden (Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rdn. 160).

Bei der Darstellung von Ausgaben bei einer Gewinnermittlung können Sachgesamtheiten zusammengefasst werden, wenn insoweit der Verzicht auf eine detaillierte Aufschlüsselung im Verkehr üblich ist und dies eine ausreichende Orientierung des Auskunftsberechtigten nicht verhindert. In der Regel ist als ausreichend anzusehen, in der Auskunft den Gewinn nur pauschal anzugeben, die (nach Gruppen geordneten) Umsatzerlöse und Ausgaben anzuführen und hinsichtlich der Einzelposten auf eine beigefügte Anlage Bezug zu nehmen (OLG München FamRZ 1996, 738 f., zit. n. juris Rdn. 8; OLG Bamberg FamRZ 2006, 344, zit. n. juris Rdn. 7; Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rdn. 160).

Auskunft von Gesellschaftern
von Personen- und Kapitalgesellschaften


AG Starnberg, Hinweis-Beschluss vom 20.08.2021 - 1 F 808/20
Auskunftspflicht eines geschäftsführenden Kapitalgesellschaftsers

Anmerkung: Das AG Starnberg bezieht sich auf OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2019 – 20 WF 728/19,

Aus den Gründen: Die für die Auskunftserteilung von Selbständigen entwickelten Grundsätze sind unter folgenden Voraussetzungen auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(1) Grundsätzlich können zwar von GmbH-Gesellschaftern nur Angaben über die Höhe der Ausschüttung verlangt werden, da diese allein eine unterhaltsrechtliche Einnahme darstellt (Dose in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rdn. 605).

(2) Anders liegt die Sachlage allerdings, wenn es sich bei dem Gesellschafter um einen sog. beherrschenden Gesellschafter handelt. Bei Gesellschaftern, die zwar nicht alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sind, aber aufgrund der Quote ihrer Beteiligung oder ihrer Position die Geschäfte der Gesellschaft oder die > Gewinnausschüttung steuern oder in ihrem Interesse maßgeblich beeinflussen können, sind die Grundsätze der Einkommensermittlung für Selbständige auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 1982, 680 ff.; OLG Schleswig, SchlHA 1999, 214; Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1395 f.). Entsprechendes gilt auch für Gesellschafter einer Personengesellschaft (vgl. Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1393)."


Minderheitsgesellschafter
Auskunftspflicht zum Unternehmen


Gesellschafter, die keine Einflussmöglichkeit auf die > Ausschüttungspolitik des Unternehmens haben, werden hier als Minderheitsgesellschafter bezeichnet. Weil Sie keine Obliegenheit zur Gewinnausschüttung von Unternehmensgewinnen trifft, sind grundsätzlich Auskünfte zum Gewinn und Verlust des Unternehmens > nicht erforderlich. Dies entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur: vgl. BGH FamRZ 1982, 680 ff.; OLG Dresden, Beschluss vom 29.08.2019 – 20 WF 728/19, FamRZ 2020, 249; Dose in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 1 Rdn. 605; Fischer-Winkelmann/Maier, Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft aus unterhaltsrechtlicher Perspektive, FamRZ 1996, 1391, 1395 f.). Dennoch besteht Auskunfts- und Belegpflicht so weit, um die Nichterforderlichkeit (fehlende Unterhaltsrelevanz) überprüfen zu können. Dafür sind folgen Auskünfte und Belege zu erteilen:
  • Alle Gesellschaftsverträge und deren Abänderungen sind zu verlangen und vorzulegen. Nur so kann die Höhe der Beteiligung nachvollzogen werden. Eine Gewinnbeteiligung und die Höhe der Beteiligung am Unternehmen müssen nicht identisch sein. Insbesondere kann es Minderheitsgesellschafter mit zusätzlichen Stimmrechten für Gewinnverteilung und Investitionstätigkeit geben; Rechte, die oft Altgesellschafter in Familienunternehmen sich ausbedingen.
  • Bei Beteiligung an Kapitalgesellschaften: Der Auskunftsanspruch muss sich konsequenterweise auf die Ergebnisverwendungsbeschlüsse gem. § 29 GmbHG beziehen, die bei der GmbH gem. § 46 Nr. 1 GmbHG obligatorisch sind. 
  • Bei Beteiligung an einer Personengesellschaft: Erklärungen und die Bescheide der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung des Unternehmens. Sonder- und Ergänzungsbilanzen, sofern ein Mitunternehmer einer Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut (Gebäude, Maschine, Lizenz,etc.) der Mitunternehmerschaft zur Verfügung, ohne dass diese Gesamthandsvermögen werden.
  • Eine Veröffentlichung des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses erfolgt im Rahmen der für die
    GmbH geltenden Regelungen im elektronischen Bundesanzeiger unter www.unternehmensregister.de

Minderheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft
Fiktive Zurechnung von Unternehmensgewinnen
wegen Obliegenheit zur Anfechtung von Gewinnverwendungsbeschlüssen


Beim Minderheitsgesellschafter (Gesellschafter hat keine Einflussmöglichkeit auf die > Ausschüttungspolitik des Unternehmens) soll fiktiv geprüft werden können, ob eine Anfechtungsklage (§ 254 AktG - gilt für GmbH analog) gegen einen Nichtausschüttungsbeschluss der Mehrheit der Gesellschafter zum Erfolg geführt hätte. Die berechtigten Interessen der einzelnen Gesellschafter an einer hohen Gewinnausschüttung sind ferner gegenüber dem Interesse der Gesellschaft abzuwägen. Für diese gesellschaftsrechtlich nur eingeschränkt nachprüfbare Abwägung und in Betracht kommenden prognostischen Erwägungen wie z.B. bei einem Investitionsbedarf der Gesellschaft, ist dabei der Erkenntnisstand der Gesellschafter zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgebend. Manche versuchen hieraus einen Anspruch auf Auskunft und Vorlage des Lageberichts (§ 289 HGB) abzuleiten (AG München - 551 F 13831/15, unser Az.: 84/22).  Der Lagebericht ist im im elektronischen Bundesanzeiger unter www.unternehmensregister.de. zu veröffentlichen. Zu beachten ist, dass kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) von der Erstellungspflicht ausgenommen sind (§ 264 Abs.1, S. 4 1. Hs HGB). In der Praxis wird dieser Weg zur Zurechnung von nicht ausgeschütteten Unternehmensgewinnen ein sehr steiniger werden. Bei einem handfesten Verdacht  unnötiger Nichtausschüttungsbeschlüssen, weil die Gesellschaft ausschließlich aus engen Familienmitgliedern besteht, die den unterhaltspflichtigen Minderheitsgesellschafter zu schützen versucht, mag das ein Ansatz sein, um eine Obliegenheit zur Anfechtungsklage zu begründen. 

Keine vollständige Auskunft
ohne Negativerklärung


BGH, Beschluss vom 22.10.2014 – XII ZB 385/13
Teilauskünfte zum Einkommen

Leitsatz: Teilauskünfte eines Ehegatten über seine unterhaltsrechtlich relevanten Einünfte führen nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus § 1605 BGB, solange nicht auch die übrigen Teilauskünfte nebst einer Erklärung des Auskunftsschuldners vorliegen, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen.

Anmerkung: Über die systematische Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben hinaus muss der Auskunftspflichtige mithin auch erklären , dass er weitere Einnahmen nicht habe (Negativerklärung). Eine vollständige Auskunft liegt damit immer erst dann vor, wenn diese eine Art von Negativerklärung enthält.

Auskunftsergänzung


Es ist Sache des Unterhaltsschuldners, seine Einnahmen und Ausgaben so darzustellen, dass die steuerlich beachtlichen Aufwendungen von den unterhaltsrechtlich relevanten abgegrenzt werden können (BGH, FamRZ 1998, 357, 359; BGH FamRZ 1993, 789, 792; OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 1020, 1021; OLG Celle, FamRZ 2003, 177). Es kann erforderlich sein, zu einzelnen konkret bezeichneten Posten der Gewinnermittlung ergänzende Auskunft zu verlangen.

OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2019 – 20 WF 728/19
Vollstreckung eines Auskunftstitels zur ergänzenden Auskunft eines Unternehmers

Anmerkung: Nach der Entscheidung des OLG Dresden muss das Familiengericht im Vollstreckungsverfahren eindeutig klarstellen, welcher Auskunftsteil konkret fehlt. Der Auskunfts gläubiger muss schon in seinem Vollstreckungsantrag im Einzelnen angeben, welche ergänzenden Angaben und Belege er verlangt, weil das Vollstreckungsgericht nur mit Hilfe dieser Angaben einen Zwangsgeldbeschluss erlassen kann, der den Anforderungen entspricht (> mehr).



Darstellung
der Unterhaltsberechnung?


BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06
Darstellung des Rechenwegs

(Zitat, Rn 28) "Die Angabe des vollständigen Rechenweges, wie (das Berufungsgericht) zu dem Nettoeinkommen gelangt ist, ist nicht erforderlich, wenn die einzelnen Berechnungsgrößen nachvollziehbar dargestellt sind. Das ist hier der Fall, denn das Berufungsgericht hat sowohl die Werbungskosten als auch die Sonderausgaben angegeben. Die weiteren Rechenschritte ergeben sich aus den gesetzlichen Steuerabzügen."


Bereinigung
des Unternehmergewinns

Allgemeine Regeln
Besonderheiten beim Unternehmer


Wurde das > maßgebliche Brutto-Unternehmereinkommen ermittelt, ist dieses unterhaltsrechtlich zu bereinigen. Wie für jeden anderen gelten die > allgemeinen Regeln zur Einkommensbereinigung auch für den Unternehmer. Im Folgenden wird auf Besonderheiten bei diversen Abzugsposten eingegangen.


Abzugsposten
Einkommenssteuer


Die > Bereinigung des Einkommens von den steuerlichen Abgaben (Einkommenssteuer, Soli, Kirchensteuer) bereitet beim Angestellten weitaus weniger Schwierigkeiten als beim Unternehmer. Beim Angestellten ist grundsätzlich die aktuelle Steuerlast aus dem Gehaltsnachweis oder der Jahres-Lohnsteuerbescheinigung abzulesen. Beim Unternehmer ergibt sich die aktuelle Steuerlast aus den jeweils aktuellen Steuerbescheiden zur Steuervorauszahlung. Bemessungsgrundlage dieser Bescheide sind oft Gewinneinkünfte aus Veranlagungsjahren, die mehrere Jahre zurückliegen. Die aktuelle Steuerlast hat damit in der Regel keinen Bezug zum aktuellen Einkommen. Erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das aktuelle Veranlagungsjahr, wird die tatsächliche Steuerlast festgelegt und darauf die erfolgten Vorauszahlungen angerechnet. Im Ergebnis kommt es zu Steuernachzahlungen, Steuererstattungen und Neu-Festsetzung der künftigen Steuervorauszahlungen. Die Unterschiede in der Abgaben-Technik zwischen Angestellten und Unternehmer führen zu unterschiedlicher Berücksichtigung der steuerlichen Abgaben im Unterhaltsrecht. Man unterscheidet zwischen dem "In-Prinzip" und "Für-Prinzip" (> mehr)

Achtung: Nach dem > In-Prinzip kann nur die tatsächliche > Steuerbelastung berücksichtigt werden. Auch insoweit muss ein Vortrag erfolgen, der zu belegen ist. Erfolgt dies nicht, wird in einem > Unterhaltsverfahren der Vortrag zum > unterhaltsrelevanten Einkommen als unschlüssig zurückgewiesen.


Gewerbesteuer


Während die Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit nur mit Einkommenssteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer belastet werden, belastet der Staat das Einkommen von Unternehmern u.U. zusätzlich mit Gewerbesteuer. Nach § 4 Vb EStG ist die Gewerbesteuer eine steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgabe. Sie mindert daher den betrieblichen, nicht aber den steuerlichen Gewinn. Im Unterhaltsverfahren ist vom betrieblichen Gewinn auszugehen, da die Gewerbesteuer berufsbedingter Aufwand ist. Betrieblicher Gewinn und steuerlicher Gewinn werden am Ende der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. der Einnahmen-Überschuss-Rechnung getrennt ausgewiesen. Im Einkommensteuerbescheid ist bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der um die Gewerbesteuer erhöhte Gewinn angegeben (Spieker, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Auflage, § 1, Rz. 854).


Verlustausgleich
Verlustvorträge


Verlustausgleich bzw. Verlustvorträge führen zu einer Minderung der zu versteuernden Einkommen der vorangegangenen und/oder der nachfolgenden Veranlagungszeiträume, mit der Folge, dass deswegen ein den vorangegangenen Veranlagungszeitraum betreffender Steuerbescheid abgeändert werden muss (§ 10 d Abs. 1 S. 2 EStG). Diese Beträge sind bei Ermittlung des real verfügbaren (unterhaltsrelevanten) Einkommen hinzuzurechnen.
  • Weiterführende Links:
    Die privat verfügbare Liquidität des Unternehmers > hier


Schulden


Beginnen wir mit der Unterscheidung zwischen betrieblichen und privaten Schulden des Unternehmers. Im Einkommensteuerrecht werden betriebliche Einkünfte entweder als > Gewinneinkünfte (§ 2 Abs.2 S.1 EStG) oder als > Überschusseinkünfte (§ 2 Abs.2 Nr.2 EStG) ermittelt. In beiden Fällen werden die betrieblich veranlassten Schulden (automatisch) über die Einkommensermittlungstechnik ("Einnahmen minus Ausgaben") erfasst: Zahlungen auf Schulden (Zinsverbindlichkeiten) zählen zu den Ausgaben und mindern so den Gewinn/Überschuss. Für Tilgungen gilt das nicht ohne weiteres. Sie können zum schuldenreduzierenden > Vermögensaufbau führen.


Unternehmenskredite


Zins- und Tilgungsleistungen für Unternehmenskredite werden unterschiedlich in der GuV-Rechnung eines Unternehmens steuerlich berücksichtigt. Die Zinsleistungen sind steuerlich anerkannter betrieblicher Aufwand, der keiner unterhaltsrechtlichen Korrektur bedarf. Tilgungsleistungen werden ebenfalls steuerlich als Betriebsausgabe berücksichtigt, soweit dafür eine steuerliche Abschreibung erfolgen kann. Doch wie ist mit > Betriebsmittelkrediten unterhaltsrechtlich umzugehen, wenn die steuerlichen Abschreibungen nicht mehr möglich sind, obwohl die Tilgungslasten fortbestehen?


Privatkredite


Das Problem ("Was ist berücksichtigungswürdig?") stellt sich somit hauptsächlich im Zusammenhang mit privat veranlassten Schulden. Vor allem diese sind kritisch unter die Lupe zu nehmen (> hier). Natürlich gibt es auch kritische Fragen bei betrieblich veranlassten Aufwendungen. So kennt das Steuerrecht z.B. den Abzug von gewinnmindernden > Abschreibungen, der nicht ohne weiteres im Unterhaltsrecht akzeptiert wird.
> mehr


Beiträge
zur Altersvorsorge


Vielen Unternehmern ist nicht bekannt, dass Beiträge zur Altersvorsorge bis zu > 24 % des Bruttoeinkommens (vgl. BGH, Beschluss vom 15.12.2021 - XII ZB 557/20) eine angemessene Altersvorsorge darstellen und in dieser Höhe eine Bereinigung des > unterhaltsrelevanten Einkommens möglich ist. Wer nicht gesetzlich rentenversichert ist, kann natürlich den Rahmen des Gesamtprozentsatzes vollständig über den Aufbau einer privaten Altersvorsorge ausschöpfen.


Unterhalt
bei gehobenem Lebensstandard

Unternehmer sind selbständig tätig, weil Sie hierbei höhere Gewinnchancen erwarten und realisieren können, als bei einer Tätigkeit als Angestellter für ein anderes Unternehmen. Bezieht der unterhaltspflichtige Unternehmer Einkünfte, welche allein oder mit dem Einkommen des Ehegatten zusammen > Schwelle zur Vermögensbildung übersteigen, ist eine einkommensunabhängige Bedarfsermittlung angezeigt. Jetzt kann unabhängig von konkret ermittelten Einkommen der konkrete Bedarf der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt werden. Dies kommt bei Unternehmerehen nicht selten vor.


Unterhalt
und Unternehmenswert

Jedenfalls beim Einzelunternehmer ist das Unternehmen meist die einzige Existenzgrundlage (> Unternehmen im Familienrecht). Wenn solche Unternehmer Unterhalt bezahlen sollen und zusätzlich den > Wert des Unternehmens im Wege des Zugewinnausgleichs berücksichtigt sehen, ist die Grenze des Machbaren schnell erreicht. Hier kommt das Verbot der Doppelbewertung zu Hilfe.
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Unterhaltsverfahren
mit Unternehmer

Mit Unternehmer
im Hauptverfahren


Wegen der praktischen Schwierigkeiten, über ein Auskunftsverlangen an umfassende Daten zum Unternehmergewinn zu kommen, können sich Unterhaltsverfahren mit Beteiligung eines Unternehmers extrem in die Länge ziehen.

Zur Vermeidung von Verzögerungen durch ein vorangestelltes Auskunftsverfahren (z.B. > Stufenantrag; Literatur: Daniel Wache, Der Stufenantrag im Unterhaltsrecht: Verzögerungs- und Beschleunigungsstrategien, in: NZFam 2019, 372) geht die Verfahrenspraxis häufig folgenden Weg:
  • Der Unterhaltsberechtigte > behauptet unter Darlegung bisherigen Konsumverhaltens, gestützt auf ältere Einkommensunterlagen oder nach den Entnahmen ein > Unternehmereinkommen in bestimmter Höhe. Ein ohne diese Substantiierung gegebener Vortrag kann als ins Blaue hinein aufgestellt unbeachtlich bleiben. Sind keine > Einkommensunterlagen bekannt, ist dieses Vorgehen nicht zu empfehlen. Ein Stufenverfahren ist dann nicht zu vermeiden.
  • Substantiiertem Vorbringen des Unterhaltsberechtigten muss der unterhaltspflichtige Unternehmer zur Vermeidung der > Geständnisfiktion, mit positiven Angaben entgegentreten. Er kann sich nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken (BGH, NJW 1987, 1201).
  • Der Selbständige hat zur Darstellung seines Einkommens die Einnahmen und Ausgaben so darzustellen, dass die steuerlich beachtlichen Aufwendungen von den unterhaltsrechtlich relevanten abgegrenzt werden können (BGH, NJW 1980, 2083). Dem wird i. d. R. durch > Vorlage der GuV-Rechnungen, der Einkommensteuererklärungen und der Steuerbescheide Genüge getan (BGH, NJW-RR 1993, 898). Zu den Auskunfts- und Belegpflichten des Unternehmers zum Einkommen
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  • Der Tatrichter hat das > Einkommen im Rahmen einer umfassenden freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO zu ermitteln. Die Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der darauf aufbauenden steuerrechtlichen Unterlagen zur Gewinnermittlung streiten zunächst für den Vortrag des selbständig Erwerbstätigen. Es bedarf daher nun konkreter Angriffe des Verfahrensgegners, um diese Vermutung zu erschüttern. Zur Abgrenzung, welche Positionen für die Unterhaltsberechnung ganz oder teilweise ausscheiden, hat der Tatrichter notfalls einen Sachverständigen hinzuzuziehen (§§ 402 ff. ZPO).
  • Kann gleichwohl anhand der Unterlagen die Abgrenzung nicht getroffen werden oder ergeben sich wegen unvollständiger Aufzeichnungen und widersprüchlicher Angaben konkrete Zweifel an dem dargelegten Einkommen, kann der Tatrichter einzelne Positionen nach § 286 ZPO als unwahr zurückweisen oder diese unter Zuhilfenahme von Erfahrungswerten aus vergleichbaren Fällen nach § 287 Abs. 2 ZPO schätzen. Die Schätzung setzt voraus, dass die Aufklärung und Beweisaufnahme unverhältnismäßig schwierig ist und zu dem Umfang der Unterhaltsforderung in keinem Verhältnis steht (BGH, FamRZ 1993, 789).

Unterhaltssache
im einstweiligen Anordnungsverfahren


AG Koblenz, Beschluss vom 07.02.2020 - 208 F 236/19
Trennungsunterhalt vom GmbH-Geschäftsführer im eA-Verfahren

Anmerkung: Die Ermittlung eines Unterhaltsanspruchs auf Grundlage des Unternehmereinkommens ist im Eilverfahren (§§ 49 ff FamFG) nur eingeschränkt möglich. Ohne Vollbeweis und ohne Gutachten zum > Unternehmerlohn wird das Unternehmereinkommen mit Glaubhaftmachung (§ 51 Abs.1 S.2 FamFG, § 294 ZPO) vorläufig geschätzt (§ 287 ZPO). Grundlage der Schätzung werden i.d.R. das belegbare steuerliche Einkommen nach Steuerbescheid und Einkommensteuererklärung sein. Im Rahmen des Eilverfahrens findet keine weitere Sachaufklärung (z.B. zu Thesaurierung von Gewinnen in der GmbH etc.) zur unterhaltsrechtlichen Korrektur des steuerlichen Einkommens des Unternehmers statt.


Links & Literatur



Links



Literatur



In eigener Sache


  • Auskunftsverlangen zum Unternehmereinkommen vom geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH, unser Az.: 1101/19 (D3/355-20)
  • AG Starnberg - 1 F 1040/ 21, Auskunft zum Einkommen eines gesellschaftsbeherrschenden Unternehmers, unser Az.: 95/21
  • AG Erfurt - 36 F 480/19, Reduzierung des Unternehmereinkommens durch Bilanzierungsvorschriften und Unternehmensumstrukturierung, unser Az.: 1/20
  • AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Beschluss vom 27.05.2019 - 1 F 951/17, Ermittlung des Unternehmereinkommen im Fall von Unterhaltsrückständen, unser Az.: 443/17
  • Die Auskunft zum Einkommen eines Unternehmers - Die Anforderungen an eine strukturierte und belegte Auskunft, unser Az.: 443/17 (D3/495-17)
  • AG Tostedt - NSZ 14 F 263/14 UE, Korrekturen der steuerlichen Gewinnermittlung - SV-Gutachten zum Einkommen des Unternehmers, unser Az.: 6/17 (D3/460-17)
  • AG Besigheim - 4 F 310/17 eA, bilanzierte Rückstellungen und unterhaltsrelevantes Einkommen eines Unternehmers, unser Az.: 124/16 (D3/304-17)
  • AG Gelnhausen - 61 F 1226/16 EAUE, Einwendungen gegen die Anerkennung von Thesaurierungen des Unternehmergewinns, unser Az.: 177/15 (D3/925-16)
  • AG Dachau - 2 F 717/16, Abschreibung und unterhaltsrelevantes Einkommen eines Freiberuflers, unser Az.: 507/16 (D3/327-17)
  • AG Straubing - 3 F 299/16, Betriebsmitteldarlehen zum Praxiserwerb und Afa, unser Az.: 426/17 (D3/443-17)
  • Zum Abzug von betrieblichen Darlehen vom Einkommen (Zins und Tilgung), unser Az.: 137/15 (D3/1053-15)
  • Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines Apothekers mit Betriebsmittelkredit, unser Az.: 109/16 (D3/1240-16)