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Jugendamtsurkunden (> Muster) verschaffen minderjährigen und volljährigen Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (§ > 59 Abs.1 Ziff. 3 SGB VIII) einen vollstreckbaren > Unterhaltstitel (§ 86 FamFG). Hinweis: Die Möglichkeit für Kinder bis 21 einen kostenlosen (Jugendamts-)Titel errichten zu lassen, darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass Jugendamtsurkunden ab Erreichen der Volljährigkeit des Kindes oder Vollendung des 21. Lebensjahres nicht mehr vollstreckbar sind. Mehr zur Laufzeit von Jugendamtsurkunden erfahren Sie
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EXKURS
Der Weg zum außergerichtlichen Exekutionstitel in Österreich
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Nicht nur der > Regelbedarf nach Düsseldorfer Tabelle, sondern auch ein möglicher > Mehrbedarf an Kindesunterhalt kann mittels Jugendamtsurkunde vollstreckungsfähig festgesetzt werden.
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MUSTER - JUGENDAMTSURKUNDEDer wesentliche Vorteil der Jugendamtsurkunde liegt im kostenlosen > Titulierungsverfahren zum > Kindesunterhalt. In der Praxis weitgehend unbekannt ist die Möglichkeit für unverheiratete Mütter den > Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB ebenfalls kostenlos über das Jugendamt vollstreckungsfähig protokollieren zu lassen. Geht es um andere Unterhaltsansprüche (z.B. > Ehegattenunterhalt), kann der Titulierungsanspruch außergerichtlich nur in Form einer vollstreckbaren notarielle Urkunde (z.B. > notarielles Schuldanerkenntnis; notarielle > Scheidungsfolgevereinbarung); in Form eines > Anwaltsvergleichs) erreicht werden.
Wenn die Aufforderung zur Abgabe einer Jugendamtsurkunde ins Haus flattert, sollte fachkompetenter Rat zum weiteren Vorgehen eingeholt werden. Selbst wenn > Kindesunterhalt bisher freiwillig, regelmäßig und ohne > Unterhaltstitel bezahlen, sollten Sie wegen des > Titulierungsinteresses die Abgabe einer > kostenlosen Jugendamtsurkunde in Betracht ziehen. Weil gerichtliche > Unterhaltsverfahren weitaus mehr > Kosten verursachen, als der > Gang zum Jugendamt, sollte schlicht aus Kostengründen stets den Kindesunterhalt freiwillig per Jugendamtsurkunde titulieren lassen, soweit er als > berechtigt erscheint.
Wenn Sie die Abgabe einer Jugendamtsurkunde verweigern, weil nach Ihrer Einschätzung der Unterhaltsanspruch nicht oder nicht in der geforderten Höhe besteht (> Prüfung & Praxistipps), riskieren Sie die Einleitung eines > gerichtlichen Verfahrens, entweder durch das Jugendamt als > Beistand des unterhaltsbedürftigen Kindes (meist im > vereinfachten Verfahren) oder durch den Anwalt der Gegenseite. In Unterhaltsverfahren besteht in der Regel > Anwaltszwang. Um ein unnötiges Kostenrisiko solcher Verfahren zu vermeiden, sollten Sie spätestens jetzt fachanwaltlichen Rat einholen. Achtung! Auch wenn die Eltern sich außergerichtlich auf einen bestimmten Barunterhalt für das Kind verständigt haben (> Unterhaltsvereinbarungen) und die vereinbarten monatlichen Zahlbeträge pünktlich und zuverlässig bezahlt werden, besteht ein > Titulierungsinteresse. Verweigert der Unterhaltspflichtige die Erstellung einer Jugendamtsurkunde, gibt er Anlass für ein gerichtliches Verfahren. Die Kosten eines solchen Verfahrens sind vollständig vom Unterhaltsschuldner zu tragen, es sei denn er hat im Verfahren noch die Möglichkeit ein > sofortiges Anerkenntnis zu erklären. Wurde der Unterhaltsschuldner aber bereits außergerichtlich zur Abgabe einer Jugendamtsurkunde innerhalb einer angemessenen Frist aufgefordert, ist ein sofortiges Anerkenntnis im Verfahren nicht mehr möglich (Mehr dazu > HIER).
AG Kaufbeuren, Beschluss vom 14.02.2014 - 2 F 8/14Anmerkung: In diesem Fall ist der unterhaltspflichtige Vater der außergerichtlichen Aufforderung eine Jugendamtsurkunde zu erstellen nicht nachgekommen. Um dennoch einen Unterhaltstitel zu erreichen, wurde ein > Unterhaltsverfahren gegen den Vater eingeleitet. Im laufenden Verfahren hat der Vater noch vor der mündlichen Verhandlung den geforderten Unterhalt über seinen Rechtsanwalt anerkannt. Das Gericht erließ einen Anerkenntnisbeschluss. Das Anerkenntnis konnte den Vater nicht davor bewahren, die gesamten Verfahrenskosten (u.a. Anwaltskosten der Gegenseite inklusive (!) > Terminsgebühr für eine nicht stattgefundene mündliche Verhandlung) zu bezahlen. Hätte er außergerichtlich ein Anerkenntnis in Form der Jugendamtsurkunde abgegeben, so hätte es keinen Anlass für ein Gerichtsverfahren gegeben. Das zögerliche Verhalten kostete dem unterhaltspflichtigen Vater unnötige > Verfahrensgebühren.
Niemand kann Sie zur Abgabe einer Jugendamtsurkunde zwingen. Es handelt sich um ein Unterhaltstitulierungsverfahren, das zu einem freiwilligen > Schuldanerkenntnis (§ > 781 BGB) führt. Sie können die Jugendamtsurkunde vor jedem Jugendamt Ihrer Wahl abgeben (> Zuständigkeit). Das Jugendamt protokolliert Ihr freiwilliges Schuldanerkenntnis. Die Jugendamtsurkunde wird von der Beurkundungsperson des Jugendamtes und vom Unterhaltspflichtigen unterzeichnet. Dabei erledigen die zur Beurkundung befugten Mitarbeiter des Jugendamts die Titulierung ähnlich einem Notar. Sie haben entsprechende Prüfungs- und Belehrungspflichten (OLG Köln FamRZ 2000, 905). Insbesondere haben sie auf die Bedeutung der Erklärung hinzuweisen und Neutralität zu wahren. Eine > Beratung, ob der geforderte Kindesunterhalt gerechtfertigt ist, können und sollten Sie vom Jugendamt nicht erwarten. Dazu verweisen wir auf unsere > Praxistipps. Mit Unterwerfung unter die > Zwangsvollstreckung (§ 60 SGB VIII) wird die Jugendamtsurkunde zu einer vollstreckbaren Urkunde (> Unterhaltstitel). Die vollstreckbare Ausfertigung wird dem Kind zu Händen des > vertretungsbefugten Elternteils übermittelt. Information des Beurkundungsverfahrens erteilt jedes Jugendamt. Sie müssen in der Jugendamtsurkunde keine Erklärung abgeben, die Sie nicht wollen. Prüfen Sie erst, ob der geforderte Unterhalt berechtigt ist und überlegen dann, mit welchem > Inhalt die Jugendamtsurkunde zu errichten ist.
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PRAXISTIPPS
zum Errichten der Jugendamtsurkunde
Hat das Jugendamt die > Beistandschaft für das unterhaltsbedürftige Kind übernommen, können Sie davon auszugehen, dass es ausschließlich die Interessen des Kindes vertritt. Bevor eine Jugendamtsurkunde > freiwillig erstellt wird, ist zunächst zu prüfen, ob von der Gegenseite der Kindesunterhalt richtig ermittelt wurde. Die Erfahrung zeigt, dass barunterhaltspflichtige Eltern oft den Berechnungen des Jugendamtes "blind" vertrauen und damit Geld verschenken. Jugendämter kennen nicht unbedingt die Feinheiten der Ermittlung Ihres > unterhaltsrelevanten Einkommens und kümmern sich nicht darum, ob und wie Ihr Einkommen > bereinigt werden kann. Darum müssen Sie sich selbst kümmern. Erhalten Sie Hinweise, wie in der Praxis bei der Unterhaltsermittlung vorgegangen wird, erhalten Sie > HIER. Achtung bei leichtfertiger (ungeprüfter) Abgabe einer Jugendamtsurkunde! Ursprüngliche Fehler können > nicht uneingeschränkt korrigiert werden! Hat der Unterhaltspflichtige bereits bei der ersten Errichtung der Jugendamtsurkunde ein zu hohes Einkommen gegen sich gelten lassen, weil er z.B. nichts von berücksichtigungsfähigen > Abzügen wusste, können solche Fehler in der Jugendamtsurkunde nachträglich nicht mehr frei korrigiert werden. Ursprüngliche Fehler, die bei Abgabe der Jugendamtsurkunde gemacht wurden, können nicht frei korrigiert werden. Die Jugendamtsurkunde ist ein Schuldanerkenntnis mit > Bindungswirkung. Diese kann nur beseitigt werden, wenn dafür ein anerkannter > Abänderungsgrund gegeben ist.
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» Welches Kostenrisiko besteht, wenn die Jugendamtsurkunde verweigert wird?
» In welcher Höhe soll der Unterhaltsanspruch tituliert werden?
» In welcher Form soll die Jugendamtsurkunde errichtet werden?
Wie jeder andere Unterhaltstitel bleibt eine Jugendamtsurkunde - auch über die Volljährigkeit oder das 21. Lebensjahr eines Kindes hinaus - vollstreckbar, wenn nicht
Wenn die Jugendamtsurkunde zugunsten des volljährigen Kindes aus Zeiten der Minderjährigkeit stammt, muss der Vollstreckungstitel an die neue Rechtslage angepasst werden. > Mehr