Können Eltern über die Art und Form des Kindesunterhalts
frei bestimmen?

Das Bestimmungsrecht der Eltern, d.h. wie sie ihren minderjährigen den Kindern Unterhalt gewähren, ist Teil des > Personensorgerechts. Vor > Trennung können die Eltern frei - jedoch gemeinsam - entscheiden, ob das Kind > Barunterhalt erhält oder stattdessen der > Kindesunterhalt in Form von Kost, Logis, Pflege, Taschengeld oder als sonstiger Naturalunterhalt gewährt wird (§ > 1612 Abs.2 S.1 BGB). Ab Trennung gilt dieser Grundsatz nicht mehr. Sowohl die Art, wie der > Kindesunterhalt zu erfüllen ist, als auch die Aufteilung der Kindesunterhaltslast zwischen den Eltern, ändert sich.
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Unterhalt bestimmen
vor der Trennung

§ 1612 Abs.2 BGB
Gesetzestext


(...)

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

Anmerkung


Die Art der Unterhaltsleistung können > Eltern gemeinsam bestimmen, solange sie > sorgeberechtigt sind und > nicht getrennt leben: § > 1612 Abs.2 S.1 BGB. Der Barunterhaltsanspruch des Kindes beschränkt sich in diesem Fall auf ein Taschengeld. Bei Streit über die Unterhaltsbestimmung zwischen den > gemeinsam sorgeberechtigten Eltern müssen sich die Eltern nach § > 1627 S.2 BGB einigen. Gelingt dies nicht, muss eine gerichtliche Entscheidung nach § > 1628 BGB herbeigeführt werden.

Steht einem Elternteil das Sorgerecht nicht zu, hat dieser dennoch ein Bestimmungsrecht nach § > 1612 Abs.2 S.2 BGB, solange das Kind in seinem Haushalt aufgenommen ist.


Unterhalt bestimmen
nach Trennung

§ > 1612 Abs.2 BGB regelt das Unterhaltsbestimmungsrecht. Das Unterhaltsbestimmungsrecht ändert sich gravierend, wenn die Eltern sich > trennen. Ob die Eltern verheiratet sind oder waren, spielt keine Rolle. Grundsätzlich splitten sich mit der Trennung die Unterhaltsleistungen der Eltern auf in Naturalunterhalt einerseits und > Barunterhalt andererseits (> anteilige Haftung der Eltern). Leben die Eltern getrennt, scheidet ein Bestimmungsrecht des Elternteils aus, bei dem das Kind nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Angebot des Elternteils auf Leistung von Naturalunterhalt ist durchführbar und das Kind ist in der Lage, der Unterhaltsbestimmung Folge zu leisten (OLG Stuttgart). Ab Trennung der Eltern leistet der kinderbetreuende Elternteil Naturalunterhalt. Dieser Elternteil bestimmt auch über die Erfüllung des Barunterhalts (> Geldrente: § 1612 Abs.1 S.1 BGB) des anderen Elternteils, wenn sich das Kind in seiner Obhut befindet (§ 1629 Abs.2 und 3 BGB > Klagebefugnis & Kindesunterhalt). Weiter stellt sich die Frage, welche Art Unterhalt dem Kind (Barunterhalt oder Naturalunterhalt?) geschuldet wird, wenn sich das (volljährige) Kind oder der andere Elternteil über das Naturalunterhalt-Angebot des anderen Elternteils hinweg setzt. Kann der Elternteil gegen seine Willen verpflichtet werden > Barunterhalt zu leisten?

Loewe

BGH, Urteil vom 01.06.1983 - IV b ZR 365/81 (NJW 1983, 2200)
Sorgerecht & Unterhaltsbestimmung


(Zitat) "Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, so können sie bestimmen, in welcher Art der Unterhalt gewährt werden soll (§ 1612 Absatz II 1 BGB). Der Senat hat bereits entschieden, daß das auch für die Unterhaltsgewährung nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes gilt (Urt., NJW 1981, Seite 574 = LM § 1612 BGB Nr. 1 = FamRZ 1981, FAMRZ 1981, 250, 251). Wie die Bestimmung zu treffen ist, wenn die Eltern des Kindes getrennt leben oder geschieden sind, regelt das Gesetz nur für minderjährige Kinder: Als Teil des Personensorgerechts steht sie dem Inhaber dieses Rechts zu (§ 1631 Absatz I BGB); der Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, kann eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinem Haushalt aufgenommen ist (§ 1612 Absatz II 3 BGB). Solange beide Eltern das Sorgerecht noch gemeinsam besitzen, müssen sie versuchen, sich zu einigen (§ 1627 S. 2 BGB), und wenn dies mißlingt, können sie eine Regelung mit Hilfe des VormG anstreben.

Anmerkung:

  • Das Wahlrecht in Bezug auf die Art der Unterhaltsleistung für > minderjährige Kinder mit getrennten Eltern knüpft § > 1612 Abs.2 BGB an bestimmte Voraussetzungen:
  • Beide (> mitsorgeberechtigte) Elternteile müssen mit einer von der Geldrente abweichenden Unterhaltsleistung einverstanden sein. Andernfalls kann nicht von einer "Bestimmung der Eltern" gesprochen werden. Nach Trennung der Eltern wird dies meist nicht der Fall sein. So gibt es auch keinen Anspruch auf Kinderbetreuung im > Wechselmodell, womit die Barunterhaltsleistung an den anderen Elternteil entfallen soll (mehr dazu > hier). Zu den > Motiven für ein Wechselmodell > HIER
  • In der Regel wird der alleinerziehende Elternteil auf Zahlung einer Geldrente für das Kind bestehen. Oftmals wird vom barunterhaltspflichtigen Elternteil die Zahlung auf ein eigenes Konto des minderjährigen Kindes gefordert. Auch das ist nicht ohne Einverständnis des anderen Elternteils möglich. Geldempfangsbefugnis für das minderjährige Kind ist Teil des > Sorgerechts. Steht beiden Eltern das Sorgerecht gemeinsam zu, so ist der Elternteil geldempfangsbevollmächtigt, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies folgt aus dem Recht der > Klagebefugnis des Elternteils, in dessen Obhut sich das Kind befindet (mehr dazu > hier).

Fazit: Nur in seltenen Ausnahmefällen wird es zu einvernehmlichen Abweichungen von der Zahlung einer monatlichen Geldrente kommen. Ein Anspruch darauf gibt es nicht. Die > Geldrente muss zu Händen des sorgeberechtigen und kindererziehenden Elternteil bezahlt werden.

OLG Stuttgart, Urteil v. 23.10.1990 - 17 UF 229/90 (FamRZ 1991, 595)
Bestimmungsrecht nach Trennung der Eltern


(Zitat) "Mit der Berufung ist zwar davon auszugehen, daß die Eltern, solange sie gemeinsam lebten, stillschweigend eine Bestimmung gemäß § 1612 II BGB getroffen hatten. Den Umständen entsprechend hatte diese Bestimmung den Inhalt, daß die Kinder den Unterhalt von beiden Eltern im gemeinsamen Haushalt in Natur entgegennehmen sollten. Diese damals vorgesehene Art der Unterhaltsgewährung ist durch die Trennung der Eltern im Februar 1989 unter Beendigung des gemeinsamen Haushalts unmöglich geworden; die frühere Unterhaltsbestimmung der Eltern verlor mit dem Eintritt ihrer tatsächlichen Undurchführbarkeit ihre Wirksamkeit (BGH, FamRZ 1985, 584, m. w. N.). Die nach der Trennung der Eltern vom Vater allein erklärte Bestimmung gemäß § 1612 II BGB hindert die Kl. nach der Auffassung des AmtsG schon deshalb nicht, den Unterhalt für die Kinder als Geldunterhalt zu verlangen, weil sich dies aus § 1629 II S. 2 BGB ergebe. Für diese Auffassung spricht, daß der Wortlaut der Vorschrift sich - anders als der übrige Inhalt des § 1629 BGB - nicht auf eine Vertretungsregelung beschränkt, sondern dem Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, schlechthin die Geltendmachung des Unterhalts. gegen den anderen Elternteil überträgt. Dies entspricht dem Zweck der Vorschrift, beim Getrenntleben der Eltern eine schnelle Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes möglich zu machen (BGH, LM 2 zu § 1629 BGB), was anderenfalls durch eine Unterhaltsbestimmung desjenigen Elternteils durchkreuzt werden könnte, in dessen Obhut die Kinder sich nicht befinden. Der BGH geht ebenfalls davon aus, für die minderjährigen Kinder sei ausdrücklich geregelt, wer die Unterhaltsbestimmung treffen kann, wenn die Eltern getrennt leben (BGHZ 104, 224, 225 = FamRZ 1988, 831 unter Hinweis auf § 1612 II S. 3 BGB, der sinngemäß ebenfalls auf die tatsächliche Obhut für das Kind abstellt; vgl. ferner OLG Hamm, FamRZ 1982, 837). Jedenfalls aber hat die Rechtsprechung zum Schutz des Kindes den Grundsatz entwickelt, daß die Verweisung auf ausschließlichen Naturalunterhalt nur dann wirksam ist und bleiben kann, wenn diese Art der Unterhaltsgewährung für das unterhaltsberechtigte Kind tatsächlich erreichbar ist und es nicht ohne eigenes Verschulden außer Stande ist, der entsprechenden Unterhaltsbestimmung Folge zu leisten. Die tatsächliche Undurchführbarkeit, die einer elterlichen Unterhaltsbestimmung die Wirksamkeit nimmt, ist gerade für Fälle angenommen worden, in denen Streitigkeiten zwischen den Eltern aufgekommen waren (BGH, FamRZ 1985, 584, m. w. N.). So verhält es sich auch hier. Die Kinder befinden sich bei der Kl. Sie sind tatsächlich nicht in der Lage, den vom Vater angebotenen Naturalunterhalt anzunehmen. Der Streit zwischen den Eltern darf jedoch nicht zu Lasten der Kinder gehen. Deshalb ist die Unterhaltsbestimmung des Bekl., Naturalunterhalt zu leisten, unwirksam, und die Kinder können den Unterhalt in Form einer Geldrente fordern.


Anteilige Elternhaftung
nach Trennung

Fragen der Elternhaftung für den Kindesunterhalt betreffen die > sechste Prüfungsebene zum Kindesunterhaltsanspruch. Entscheidend für die anteilige Haftung nach § 1606 Abs.3 BGB ist der Anteil der Eltern am Natural- und Barunterhalt.
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