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Wer sich den späteren "Hickhack" um den nachehelichen Unterhalt vor den Familiengerichten mit mehr als ungewissem Ausgang ersparen will, sollte die Unterhaltsansprüche - am besten vor Eheschließung - in einem notariellen Ehevertrag außergerichtlich und einvernehmlich regeln. Die Vermeidung eines Rosenkriegs bedeutet einen Gewinn an Lebensqualität und umgekehrt einen exorbitanten Verlust an Nerven und Geld. Im Gegensatz zum > Trennungsunterhalt kann im Wege einer Vereinbarung auf nachehelichen Unterhalt verzichtet werden oder von gesetzlichen Vorgaben abgewichen werden (§§ 1361 Abs.4 S.4 i.V.m. 1360a Abs.3, 1614 Abs.1 BGB). Allerdings müssen für Vereinbarungen vor > Rechtskraft der Scheidung notariell beurkundet werden (§ 1585c BGB). Mehr dazu beim Thema > Scheidungsfolgenvereinbarung. Damit niemand übervorteilt wird oder in juristische Fall-Stricke tappt, die er nicht überblicken kann, sollte sich vor Abschluss einer notariellen Unterhaltsvereinbarung
Um > Bindungswirkung entfalten zu können, müssen Unterhaltsvereinbarungen grundsätzlich keine bestimmte Form aufweisen. Daher kann es schriftllich, konkludent oder nur mündlich abgeschlossene Unterhaltsvereinbarungen geben.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.01.2021 - 9 UF 132/20
Zur konkludenten Unterhaltsvereinbarung
(Zitat): "Ehegatten können grundsätzlich Unterhaltsvereinbarungen abschließen, die im Hinblick auf den > Getrenntlebensunterhalt (§ 1361 BGB) formlos möglich sind (vgl. Wendl/ Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, Rn. 601). Hierbei handelt es sich um Verträge, die nach allgemeinen Grundsätzen des Angebots und der Annahme bedürfen (§§ 145 ff. BGB), wobei insbesondere auch durch konkludentes Verhalten ein Unterhaltsvertrag zustande kommen kann, etwa wenn ein Ehegatte dem anderen längere Zeit regelmäßig Zahlungen zukommen lässt (Hoffmann in: Göppinger/ Wax, Unterhaltsrecht, 9. Auflage, Rn. 1378 m. w. N.)."
Anmerkung: Das OLG beschäftigt sich in seiner Entscheidung mit Abschluss und Abänderung von außergerichtlich und wirksam konkludent abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarungen. Eine konkludente Unterhaltsvereinbarung kann dadurch zustandekommen, dass Unterhalt über einen längeren Zeitraum regelmäßig gezahlt und von Unterhaltsberechtigten angenommen wird. Die Abänderbarkeit einer solchen Vereinbarung richtet sich nach ihrem Inhalt und ggfs. nach den > Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage.
Weiterführende Links & Literatur:
» Abänderung von Unterhaltsvereinbarungen
» Formzwang und Verzicht auf nachehelichen Unterhalt
» Winfried Born, Vereinbarungen über den Trennungsunterhalt - immer unzulässig?, in: NZFam 2020, 665
Unterhaltsvereinbarungen entfalten - auch ohne Titulierung > vertragliche Bindungswirkung. Sie können eine von gesetzlichen Vorschriften abweichende Unterhaltsverpflichtung begründen und nicht ohne Weiteres einseitig > abgeändert werden. Da freiwillig vereinbarte Unterhaltszahlungen - ohne unmittelbare Konsequenzen - jederzeit eingestellt werden können, besteht für Unterhaltsgläubiger ein herausragendes Interesse an einer vollstreckungsfähigen Unterhaltsvereinbarung (> Titulierungsinteresse). Vollstreckbare Unterhaltsvereinbarungen treten entweder in Form einer notariell beurkundeten Scheidungsfolgevereinbarung (§ > 794 Abs.1 Nr.5 ZPO) oder in Form gerichtlich protokollierter Vereinbarungen (§ > 1585c S.3 BGB) in Erscheinung. Zu den alternativen (kostenlosen) außergerichtlichen Vollstreckungstiteln
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In der Praxis wird von Unterhaltsgläubigern häufig der Wunsch geäußert, zu den Unterhaltsverpflichtungen eine vertragliche Regelung zu fixieren. Motiv dafür ist meist, den Unterhalt zu begrenzen, sodass der Unterhaltsberechtigte einen (Teil-)Verzicht auf seine Ansprüche erklärt. Hervorzuheben ist hier das Verbot des Verzichts auf gesetzlichen Unterhalt für die Zukunft gem. § 1614 Abs.1 BGB (> Unterhaltsverzicht).
Vom gesetzlichen Verbot des Unterhaltsverzichts sind nacheheliche Unterhaltsansprüche ausgeklammert (> hier). Jetzt müssen die Hürden der > Wirksamkeitskontrolle beachtet werden. Danach kann z.B. der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts wegen Kinderbetreuung unzulässig sein. Zu den möglichen Nichtigkeitsgründen einer familienrechtlichen Vereinbarung
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Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.
Das gesetzliche Verbot des > 1614 Abs.1 BGB gilt wegen seiner systematischen Stellung im BGB
§ > 1614 Abs.1 BGB verbietet es dem Unterhaltsgläubiger per Gesetz, für die Zukunft auf Unterhaltsansprüche zu verzichten. Zum einen soll damit der Unterhaltsbedürftige vor einer Übervorteilung, zum anderen der Staat für Inanspruchnahme von Sozialleistungen ohne > Regressmöglichkeit gegen den Unterhaltsschuldner geschützt werden.
Damit § 1614 Abs.1 BGB greift, ist es nicht erforderlich, dass in der Vereinbarung das Wort "Verzicht" vorkommt. Es genügt wenn eine Vertragsklausel gewählt wird, die nach ihrem Sinn und Zweck einem Unterhaltsverzicht gleichkommt (BGH, Beschluss vom 29.01.2014 - XII ZB 303/13: keine Umgehung durch ein "pactum de non petendo"). Für das Verbot genügt die wesentliche Erschwerung, künftig eine Erhöhung des Unterhalts geltend machen zu können. Der Unterhaltsberechtigte darf seine Rechte sogar dann nicht aufgeben, wenn ihm hierfür eine gleichwertige Gegenleistung gewährt wird (BGH NJW 2015, 3715). Damit ist jegliche Abgeltungsvereinbarung für die genannten Unterhaltsansprüche, wenn sie die Zukunft betrifft, unwirksam (kritisch zur Rspr. Born NZFam 2020, 665).
Zulässig bleibt lediglich eine vertragliche Ausgestaltung des Unterhaltsanspruchs innerhalb bestimmter Spielräume (BGH NJW 2015, 3715): Die Frage der Nichtigkeit stellt sich lt. Rspr. erst dann, wenn der gesetzlich geschuldete Unterhalt um mehr als 20 % unterschritten wird (vgl. Palandt - Brudermüller, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1614 BGB Rn.1 m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.09.2017 - 3 UF 247/16 - intern vorhanden, unser Az.: 15/19).
Prüft man eine Vereinbarung, die einen teilweisen Verzicht beinhaltet, muss also zunächst zwingend der gesetzlich geschuldete Unterhalt berechnet und mit dem vereinbarten Unterhalt verglichen werden. Ist eine zwischen den Eltern getroffene Vereinbarung zum Kindesunterhalt als Verzicht nach den §§ 1614 I, 134 BGB unwirksam, könnte diese aber evtl. noch als Freistellungsvereinbarung ausgelegt werden
OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2021 - 13 UF 64/18
Unwirksamkeit eines Abgeltungsvereinbarung zum Kindesunterhalt
Orientierungssätze:
Ein Verzicht auf zukünftigen Kindesunterhalt ist gemäß §§ 134, 1614 BGB unwirksam und zwar auch dann, wenn er durch eine Abfindungszahlung kompensiert wird.
In einer Abfindungsvereinbarung kann die Freistellung des Antragstellers von Kindesunterhaltsansprüchen der Antragsgegnerin durch die Kindesmutter gesehen werden. Derartige Vereinbarungen sind zulässig, das Kind ist hieran aber nicht gebunden und kann trotzdem den Kindesunterhalt einklagen.
AG Königstein, Beschluss vom 16.03.2020 - 14 F 204/16 UEUK (unser Az.: 15/19)
Zur konkludenten - unabänderlichen - Freistellungsvereinbarung vs. unzulässiger Unterhaltsverzicht
Anmerkung: Hier hat das Familiengericht eine > Scheidungsfolgenvereinbarung ausgelegt und in Bezug auf vereinbarten > Kindesunterhalt eine wirksame konkludente Freistellungsvereinbarung zwischen den Eltern erkannt. Die Mutter wollte als Vertreterin des bei ihr lebenden minderjährigen Sohnes einen höheren Kindesunterhalt gegen den barunterhaltspflichtigen Vater, als nach Scheidungsfolgevereinbarung vorgesehen, durchsetzen. Dafür hat sie sich auf Unwirksamkeit der Unterhaltsvereinbarung zum Kindesunterhalt wegen § > 1614 Abs.1 BGB berufen und die > Abänderung der Unterhaltsvereinbarung beantragt. Das Familiengericht wies den Abänderungsantrag zurück, weil die Freistellungsvereinbarung zum Kindesunterhalt > unabänderlich verereinbart sei. Das ergäbe sich aus dem Kontext der Scheidungsfolgenvereinarung und dem daraus zu folgernden konkludenten Willen der Eltern. Mehr zum vertraglichen Ausschluss der Abänderung von Unterhaltsvereinbarungen
> hier.
BGH, Urteil vom 04.03.2009 - XII ZR 18/08
Kriterien für wirksame Freistellungsvereinbarung vs. unzulässiger Unterhaltsverzicht
Anmerkung: Einen geringeren als den gesetzlich geschuldeten Barunterhalt für Kinder können die Eltern nicht vereinbaren. Doch eröffnet § 1612 Abs.2 BGB Möglichkeiten zur > Bestimmung der Art, wie der Kindesunterhalt erfüllt werden soll (zum Unterhaltbestimmungsrecht > hier). Da Freistellungsvereinbarungen formfrei und konkludent abgeschlossen werden können, kann eine Abgrenzung zum unwirksamen Unterhaltsverzicht schwierig sein und ist über Auslegungsregeln zu meistern. In seiner Entscheidung vom 4. März 2009 hat der BGH die zu prüfenden Kriterien für die Auslegung einer Freistellungsvereinbarung zwischen Eltern zum Kindesunterhalt anschaulich dargelegt:
AG Tostedt, gerichtlicher Hinweis vom 21.01.2021- 14 F 117/19
(intern vorhanden; unser Az.: 13/20)
Rechtsnatur der Freistellungsvereinbarung - Erfüllungsübernahme oder Vertrag zu Gunsten des Kindes?
(Zitat) "Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich Eltern im Verhältnis zueinander über die von ihnen zu leistenden Unterhaltsbeträge verständigen und insoweit auch einen Unterhaltspflichtigen von Unterhaltszahlungen freistellen können (Freistellungsabrede als Erfüllungsübernahme im Sinne des § 329 BGB). Eine solche Freistellung von Unterhaltsansprüchen berührt den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes grundsätzlich nicht. Die Kinder können sich nach wie vor an den an sich barunterhaltspflichtigen Elternteil wenden. Gleichwohl kann die Freistellungsvereinbarung zwischen den Kindeseltern auch als Vertrag zugunsten des volljährigen Kindes angesehen werden, soweit dadurch ein unmittelbarer Anspruch des Kindes gegen den freistellenden Elternteil begründet werden soll (vgl. dazu Wendl/Dose, 10. Aufl., § 2, Rn. 762; > BGH, Urteil vom 16.01.1980 - IV ZR 115/78)."
Anmerkung: Eine Freistellungsvereinbarung zwischen den Eltern zum Kindesunterhalt hat keinen Einfluss auf das Recht des Kindes, vom > gesetzlich verpflichteten Elternteil Kindesunterhalt zu verlangen. Eine Freistellungsvereinbarung bewirkt eine Erfüllungsübernahme im Sinne von § 329 BGB durch denjenigen, der freistellt. Damit kann im Gegenzug der Unterhaltsschuldner entsprechend § 670 BGB den freistellungsverpflichteten Elternteil auf Erstattung der Unterhaltszahlungen in Anspruch nehmen. Dieser Erstattungsanspruch kann im Kindesunterhaltsverfahren im Wege des Widerklage mit Festellungsantrag geltend gemacht werden (in eigener Sache, unser Az.: 15/19).
Praxistipp: Mit Blick auf die restriktive Auslegung einer konkludenten Freistellungsvereinbarung empfiehlt es sich, schriftlich und ausdrücklich den Willen für eine Freistellung aufzunehmen. Ferner ist es ebenso wie bei dem Abschluss von notariellen > Eheverträgen vor einer Eheschließung angezeigt, die korrekte Höhe des Kindesunterhalts sowie die Motive der Parteien für eine solche Vereinbarung darzustellen, ferner die für den jeweiligen Elternteil hiermit verbundenen Vorteile.
OLG Celle, Beschluss vom 20.12.2013 - 12 UF 157/13
Verbotener Unterhaltsverzicht beim Kinderbetrauungsunterhalt nach § 1615l BGB
Leitsätze:
1. Der Verzicht auf den Betreuungsunterhalt der Mutter, die mit dem Vater ihres Kindes nicht verheiratet ist (§ 1615l I , II BGB), ist gemäß § 1615l III S. 1 BGB i. V. mit § 1614 I BGB unwirksam. Die Vorschrift des § 1615l III S. 1 BGB enthält insoweit eine eindeutige Rechtsgrundverweisung (BGH, FamRZ 2013, 1958). Eine im Hinblick auf § 1585c S. 1 BGB i. V. mit § 1570 BGB den Gleichheitssatz (Art. 3 I GG ) verletzende und damit verfassungswidrige Vorschrift liegt nicht vor.
2. Zudem unterliegt eine den Betreuungsunterhalt ausschließende Vereinbarung einer Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle, die bei einem völligen Ausschluss des Betreuungsunterhalts in der Regel zur Korrektur des Ausschlusses des Unterhaltsanspruchs führt.
Anmerkung: Im Ergebnis unterliegt der Kinderbetreuungsunterhalt nach § 1615l BGB bei ausschließenden Unterhaltsvereinbarungen den gleichen Beschränkungen wie der Kinderbetreuungsunterhalt bei miteinander verheirateten Eltern (§ 1570 BGB).
BGH, Beschluss vom 30.09.2015 - XII ZB 1/15
Kriterien für wirksame Vereinbarungen über künftigen Trennungsunterhalt
Leitsätze:
Anmerkung: Ein Verzicht auf > rückständigen Unterhalt verbietet § 1614 Abs.1 BGB für keinen der Unterhaltsansprüche. Die Eheleute können > nacheheliche Unterhaltsansprüche vertraglich regeln (§ > 1585 c BGB). Auch ein Verzicht auf nachehelichen Unterhalt für die Zukunft ist möglich; vor Scheidung aber nur in notarieller Form oder mit gerichtlicher Protokollierung (> Mehr).
Dem Verzicht auf > Ehegattenunterhalt nach Scheidung steht zwar nicht das > gesetzliche Verbot des § 1361 Abs.1 BGB entgegen, aber jetzt sind die Hürden der > Kernbereichslehre maßgebend.
Um die Anlässe für eine Abänderung einzudämmen, können Unterhaltsansprüche (vor allem der nacheheliche Unterhalt) mit einem Pauschalbetrag, fester Laufzeit und unter Ausschluss einer Abänderung vereinbart werden. Oder Unterhaltsansprüche werden mit einer > Wertsicherungsklausel versehen. Im Bereich des > Kindesunterhalts wird mit > dynamischen Unterhaltstiteln einer möglichen Abänderung entgegen gewirkt.
Notarielle Unterhaltsvereinbarungen zum Ehegattenunterhalt werden zur > Inflationsbereinigung üblicherweise mit > Wertsicherungsklauseln versehen. Ob und wie Wertsicherungsklauseln vollstreckbar sind
> Mehr.
Kindesunterhalt wird in der Regel mit Hilfe der Düsseldorfer Tabelle berechnet (> Bedarfsermittlung mit Düsseldorfer Tabelle). Die Tabellenwerte verändern sich zum einen mit dem Alter des Kindes. Zum anderen erscheint alle zwei Jahre eine neue Düsseldorfer Tabelle mit Anpassung der Tabellenwerte an den aktuellen Existenzminimumbericht der Bundesregierung (> Kalkulationsgrundlageder Düsseldorfer Tabelle). Daran anknüpfend erlaubt § 1612a BGB die Errichtung > dynamischer Kindesunterhaltstitel.
Kaum ein rechtlicher Gegenstand unterliegt solchen Veränderungen wie ein Unterhaltsanspruch. Bemessungsgrundlagen, die einer Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt wurden, verändern sich im Laufe der Zeit. Dementsprechend kurz ist die Haltbarkeit von Unterhaltsvereinbarungen.
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