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Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind in das Anfangs- bzw. Endvermögen zu den maßgeblichen > Stichtagen wird das gesamte Vermögen der Ehegatten, gleich welcher Art (ob positives oder negatives Vermögen) in die > Vermögensbilanzen aufgenommen, d.h. alle dem Ehegatten am Stichtag zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit objektiv bewertbaren Wert. Dazu zählen alle > Vermögensgegenstände in Form von Sachen, Forderungen, Verbindlichkeiten etc.
Leitsatz: Bei einer von einem Ehegatten als selbständigem Handelsvertreter am Bewertungsstichtag noch betriebenen Versicherungsagentur sind grundsätzlich weder ein über den Substanzwert hinausgehender Goodwill der Agentur noch ein künftiger Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in den Zugewinnausgleich einzubeziehen (Fortführung von BGHZ 68, 163 = FamRZ 1977, 386).
Folgende Grundsätze gelten für Forderungen & Verbindlichkeiten in der Zugewinnausgleichsbilanz:
Bei > Immobilienbesitz (eines Ehegatten) und > Zugewinnausgleich ist in der Praxis das Hauptproblem, dass die Beteiligten meist nicht wissen, welchen Wert die Immobilie hat oder es wird - wegen unterschiedlicher Vorstellungen dazu - heftig gestritten. Unstrittig ist, dass der Wert der Immobilie mit ihrem realen Verkehrswert zum maßgeblichen > Stichtag zu bewerten ist. Für das > Anfangsvermögen bestimmt § 1377 Abs.2 S.3 BGB, dass jeder Ehegatte auf eigene Kosten den Wert von Vermögensgegenständen durch Sachverständige feststellen lassen kann. Für das Endvermögen fehlt eine solche Vorschrift. Doch wird nach der Rechtsprechung ein solcher Anspruch in Form der > Duldung einer gutachterlichen Wertermittlung für das Endvermögens anerkannt.
Die Wertermittlung und das Herankommen an die dazu erforderlichen Informationen (wertbildende Faktoren) von der Gegenseite ist oftmals schwierig. Weder die Ehegatten noch ihre Anwälte sind Immobiliengutachter und können nicht abschließend beurteilen, mit welchem (realen) Wert eine Immobilie in der > Zugewinnbilanz anzusetzen ist. Es gibt drei Schritte aus diesem Dilemma:
Die Zuständigkeitsbereiche der Gutachterausschüsse werden von den Landesregierungen festgelegt. Diese entsprechen im Regelfall den Landkreisen und den kreisfreien Städten. Mehr Informationen zu den Gutachterausschüssen finden Sie
> hier
Wenn ein Gutachten, das im Rahmen der ersten Instanz an einem wesentlichen Mangel leidet, führt dies in der Beschwerdeinstanz zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht (§ 69 Abs.1 S.2 FamFG; für Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) gilt §§ 117 Abs.2 FamFG i.V.m 538 Abs.2 ZPO). Einem Sachverständigengutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung (> WertV) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein. Auch das angewandte Wertermittlungsverfahren muss für das zu bewertende Grundstück geeignet sein. Nach § 7 Abs.1 WertV sind zur Ermittlung des Verkehrswerts das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen. Das dabei gewonnene Ergebnis ist gemäß S. 2 der Vorschrift unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu überprüfen und gegebenenfalls an diese anzupassen. So wurde in der Rechtsprechung für das Ertragswertverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die Renditeerwartungen potenzieller Kaufinteressenten nicht das allein Bestimmende für den Wert eines Grundstücks sind. Kriterien, die ein Verkehrswertgutachten erfüllen muss:
Gutachten sind oftmals mit erheblichen Mängeln behaftet. Teilweise werden:
In der Praxis wird ein Anwalt nicht ausreichend in der Lage sein, sämtliche Fehler und Mängel eines Gutachtens zu erkennen und in einer beschwerdefähigen Form vorzutragen. Anwälte sind schließlich keine Gutachter, ebenso wenig Richter, die dann oftmals den Aussagen eines Gutachters blindlings folgen. Die beste Vorgehensweise wird sein, einen auf dem jeweils betroffenem Fachgebiet erfahrenen Gutachter mit der Prüfung auf Fehler des Gutachtens erster Instanz überprüfen zu lassen. Anschließend kann der Anwalt qualifiziert mit Hinweis auf die Fehlerfeststellungen des Gutachters die Beschwerdebegründung formulieren.
Gem. § 53 Abs. 1 ImmoWertV ist die neue VO unabhängig von dem Wertermittlungsstichtag auf alle Verkehrswertgutachten anzuwenden, die ab dem 1.1.22 erstellt werden.
Wie der BGH bereits entscheiden hat, sind Vermögensgegenstände in der Zugewinnbilanz um die mit einer Veräußerung verbundenen steuerlichen Belastungen zu bereinigen. Dies gilt für alle Bewertungen von Vermögensgegenständen, bei denen die Bewertungsmethode auf den am Markt erzielbaren Preis abstellt (fiktiv gedachter Veräußerungsfall; Senatsurteil BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367 Rn. 50 = NJW 2011, 2572). Zur > latenten Steuerlast bei Immobilien und anderen steuerbehafteten Gegenständen> hier.
BGH, Beschluss vom 08.12.2021 - XII ZB 402/20
Keine Wertbereinigung um künftige Vorfälligkeitsentschädigung
(Zitat, Rn 17) "Im Rahmen einer gebotenen Ausweitung der > Rechtsprechung zur latenten Ertragssteuer sei auch an die Vorfälligkeitsentschädigung zu denken. Wolle man die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konsequent auf diese Positionen übertragen, könne es nicht darauf ankommen, ob der Zugewinn durch eine Belastung der Immobilie oder durch Zahlungen aus einem Bargeldvermögen beglichen werden könne. Entsprechend der Berücksichtigung bei einem Unternehmen sei auch dann die Wahrscheinlichkeit einer Veräußerung nicht entscheidend (vgl. auch Perleberg-Kölbel FuR 2021, 294)."
(Zitat, Rn 24) "Auf eine Vorfälligkeitsentschädigung lässt sich dieser Gedanke aber nicht übertragen, weil es sich dabei um ein Surrogat der erst nach dem Stichtag anfallenden Zinsbelastungen handelt. Zum Stichtag ist der Grundstückswert der Immobilie im Zugewinn als Aktivposten und die noch offene Darlehensvaluta als Passivposten auszuweisen (Senatsbeschluss BGHZ 223, 374 = FamRZ 2020, 231 Rn. 17 mwN = NZFam 2020, 75 mAnm Kohlenberg). Dabei wird lediglich die Restschuld, nicht aber der nach dem Stichtag noch zu zahlende Zins bilanziert. Denn weil die Vorfälligkeitsentschädigung die Funktion hat, den der finanzierenden Bank durch die vorfällige Tilgung entstehenden Nachteil auszugleichen, ist sie als Surrogat für die nicht erfolgende Zinszahlung anzusehen (vgl. OLG München FamRZ 2005, 459 = FPR 2004, 505 ; Bergschneider FamRZ 2021, 509 (510); Clausius AnwZert FamR 9/2021 Anm. 2 B II.). Weil die Vorfälligkeitsentschädigung im Ergebnis also nichts Anderes ist, als eine Kompensation, wäre es ein Widerspruch im System, sie zu berücksichtigen."
Anmerkung: Im Fall des BGH wurde die Immobilie nach Scheidungsantrag verkauft. Damit wurde die Vorfälligkeitsentschädigung wegen vorzeitiger Ablöse des Immobilienkredits nach dem > Endvermögensstichtag fällig. Nicht nur, weil die Vorfälligkeitsentschädigung als > Verbindlichkeit zum maßgeblichen Stichtag noch nicht entstanden war, sondern auch, weil der BGH die Übertragung der Grundsätze der Rechtsprechung zur latenten Steuerlast mit überzeugender Begründung abgelehnt hat. Zum Stichtag ist der Grundstückswert der Immobilie im Zugewinn als Aktivposten - bereinigt um eine mögliche latente Steuerlast - und die noch offene Darlehensvaluta als Passivposten auszuweisen (BGHZ 223, 374 = FamRZ 2020, 231 Rn. 17 mwN = NZFam 2020, 75 mAnm Kohlenberg).
Als Leibrente bezeichnet man eine in der Regel lebenslange (meist) monatlich und zukünftig zu bezahlende Leistungsverpflichtung (§ 759ff BGB). Seit der Entscheidung des BGH, Urteil v. 07.09.2005 - XII ZR 209/02 werden in Abkehr der bisherigen Rechtsprechung Leibrenten güterrechtlich bewertet und sind in die Vermögensbilanzen einzustellen (mehr dazu Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., 2015, > Rn 310 ff). Für die Bewertung der Leibrente ist es ohne Bedeutung, ob die vereinbarten Beträge später tatsächlich bezahlt wurden oder ob die Leibrente (z.B. als Gegenwert für eine Immobilienübertragung) durch Eintrag im Grundbuch dinglich gesichert ist (vgl. BGH, Urteil v. 07.09.2005 - XII ZR 209/02). Wenn allerdings der Leibrenten-Gläubiger tatsächlich auf die Rentenzahlungen verzichtet wird, ist dies eine Schenkung, die womöglich als Zuwendung im Sinne des § 1374 Abs.2 BGB mit dem Wert zum Zeitpunkt des Verzichtserklärung wieder im Anfangsvermögen berücksichtigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2006 - XII ZR 8/05, Rn 25). Somit ist bei Leibrenten und deren güterrechtliche Auswirkung stets auch darauf abzustellen, ob Leibrentenzahlungen tatsächlich stattfinden. Bei Übertragung von Immobilienbesitz von Eltern auf einen Ehegatten gegen Vereinbarung einer Leibrente kommt dies in der Praxis häufig vor. Die Berücksichtigung von Leibrenten und > Nießbrauch im Zugewinnausgleich erfolgen nach den gleichen Rechtsprechungsgrundsätzen. Es handelt sich um künftige Leistungen, die an bestimmten Stichtagen zu bewerten, d.h. zu kapitalisieren sind. Die Bewertung ist von komplizierter Wahrscheinlichkeitsrechnung geprägt.
BGH, Urteil vom 15.10.2003 - XII ZR 23/01
Zur Bewertung (Kapitalisierung) künftiger Leistungsverpflichtungen
(Zitat) „Bei der Bemessung des Rechnungszinses für die Bewertung künftiger Leistungen ist, wie der Senat in anderem Zusammenhang dargelegt hat, nicht von einer punktuellen und auf die aktuellen Verhältnisse bezogenen Betrachtung auszugehen; vielmehr erscheint es sachgerecht, den Zeitwert künftiger Leistungen mittels eines Zinssatzes zu bestimmen, der aus einer langfristigen Beobachtung der maßgebenden volkswirtschaftlichen Orientierungsgrößen gewonnen ist (Senat, NJW Jahr 2003, 3556)".
Die Bewertung von > Immobilien mit Wohnrechte- bzw. Nießbrauch-Belastungen (Nutzungsrechte für Dritte) in der > Zugewinnbilanz war seit der BGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2007 (FamRZ 2007, 978) zu einem hoch komplizierten Thema geworden (Mehr dazu > hier). Dies hat sich mit der Entscheidung des BGH vom 05.06.2015 wieder erheblich entschärft; Die vollkommen praxisuntaugliche Vorgabe, beim Wohnrecht/Nießbrauch einen wachsenden Wertzuwachs rechnerisch zu ermitteln, hat der BGH im Jahr 2015 aufgegeben:
BGH, Beschluss vom 06.05.2015 - XII ZB 306/14
Nießbrauch beim Immobilienvermögen in der Zugewinnbilanz
Leitsätze:
Anmerkung: In der Praxis wird der zweite Leitsatz nur selten greifen, denn in der Praxis steigen die Immobilienpreise. Also ist in der Praxis meist die Rechenvorgabe lt. dem dritten Leitsatz zu beachten. Zu derzeit gültigen Rechtslage mit Berechnungsbeispielen > Werner Schulz, Nießbrauch und Wohnrecht als Grundstücksbelastung, in: FF 2018, 99
Die Ausführungen betreffen das Wohnrecht als Grundstücksbelastung der Immobilie eines Ehegatten. Weitere Frage ist, wie ein Wohnrecht eines Ehegatten an einer (Fremd-)Immobilie in der Zugewinnbilanz berücksichtigt wird. Das Wohnrecht ist ein Aktivwert, der sowohl im Anfangs- und im Endvermögen zu bewerten ist (vgl. Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Auflage, 2015, S. 77). Der Wert einer mit Wohnrecht belasteten Immobilie kann mit kaufmännischer Methode ermittelt werden, in dem der aktuelle Barwert des aktuellen Werts der Immobilie für die Dauer bis zum Wegfall der Wohnrechtsbelastung (Dauer in Jahren nach Sterbetafel) ermittelt wird (Barwert-Rechner > hier). Diesem Wert wird der Barwert des Mietertrags der Immobilie aus möglicher Fremdvermietung des vermietbaren Anteils der Immobilie hinzugerechnet (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., Rn 373).
BGH, Beschluss vom 08.12.2021 - XII ZB 402/20
Steuererstattungsanspruch - Stichtagsprinzip
Leitsatz: Ist ein Steuererstattungsanspruch beim Eintritt des Güterstandes noch nicht > entstanden, ist er auch nicht im > Anfangsvermögen zu berücksichtigen.
(Zitat, Rn 19) "Sowohl die Verpflichtung zur Einkommensteuernachzahlung als auch ein Anspruch aus Steuererstattung entstehen erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Gleichwohl kann die > Rechtsprechung für die latente Steuerlast nicht hierauf übertragen werden."
Anmerkung: Der BGH erteilt einer in der Literatur verbreiteten Ansicht, nach dem Stichtag anfallende Einkommenssteuer könne zum Stichtag (quasi als fiktive - künftige - Steuerlast) berücksichtigt werden (Piltz, NJW 2012, 1111), eine Absage. Entscheidend und zwingend ist, dass die Steuerschuld bzw. der Steuererstattungsanspruch an den Stichtagen für den Zugewinn bereits > entstanden ist. Häufig ergeben sich die Schulden und Ansprüche erst aus Steuerbescheiden, die nach dem Stichtag ergehen. In diesen Fällen muss geprüft werden, ob und wie diese Posten in die Vermögensbilanzen aufzunehmen sind. Maßgeblich für Steuerschulden ist beim Zugewinnausgleich – wie bei allen Verbindlichkeiten – nicht die Fälligkeit, sondern der > Zeitpunkt der Entstehung. Die Einkommenssteuer entsteht zeitlich nicht schon dann, sobald die Einkünfte erzielt sind, sondern „auf einen Schlag“ mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (= 1. Januar um 0:00 Uhr des Folgejahres), für welche die Steuer zu bezahlen oder zu erstatten ist: also erst an Silvester um Mitternacht des jeweiligen Wirtschaftsjahres (§§ 25 Abs.1, 36 Abs.1 EStG). Kogel, Zugewinnausgleich, 6. Auflage 2019, Rn 1128 (Zitat) „Findige“ Zugewinnausgleichsschuldner zahlen, obwohl sie dies überhaupt nicht müssen, die Einkommenssteuer für die Zukunft in dem betreffenden Jahr in Form von Vorauszahlungen. Dies gilt insbesondere bei Selbständigen. Sie spekulieren darauf, dass der andere Ehepartner nicht merkt, dass ein Steuerrückerstattungsanspruch besteht. Solche Erstattungsansprüche des Steuerpflichtigen werden dann in der Zugewinnausgleichsbilanz „vergessen“.
Die private Lebensversicherung wird nicht beim > Versorgungsausgleich berücksichtigt, es sei denn es handelt sich um eine Lebensversicherung, bei der nach Ablauf der Ansparphase eine monatliche Rente als Versicherungsleistung bezogen wird und keine Kapitalabfindung geleistet wird.
(Leitsatz) "Private Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht unterfallen nach Ausübung des Kapitalwahlrechts nicht mehr dem Versorgungsausgleich, selbst wenn das Kapitalwahlrecht nach Ende der Ehezeit vor der letzten tatrichterlichen Entscheidung ausgeübt wurde. Es kommt lediglich ein > güterrechtlicher Ausgleich in Betracht."
Es ist inzwischen höchstrichterlich anerkannt, dass auch die zur Sicherheit abgetretenen privaten Rentenversicherung bis zur tatsächlichen Ausübung des Kapitalwahlrechts, was bis zur letzten tatrichterlichen Tätigkeit des erkennenden Gerichts möglich ist, in den > Versorgungsausgleich fällt (vgl. BGH FamRZ 2013, 1715 und FamRZ 2014 279; BGH, Beschluss vom 06.04.2011 - XII ZB 89/08). Die Entscheidung des > OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2016 - 9 UF 83/15 hält sich dabei strikt an die Vorgaben des BGH (siehe dazu Anm. Burschel, in: NZFam 2016, 664). In der Praxis wird darauf zu achten sein, dass in diesen Fällen einer abgetretenen Rentenversicherung der Tenor zum Versorgungsausgleich den Ausspruch auf die Rückgewähr des Bezugsrechts nach Freigabe der Sicherheit an beide Eheleute als Gesamtgläubiger enthält. Vorsorglich sollte ein entsprechender Antrag gestellt werden; Muster: „Zugleich wird der Anspruch des Ast. gegen die Bank S auf Rückgewähr des dieser zur Sicherung der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag Nr. … eingeräumten Bezugsrechts an der bei der weiteren Bet. (Rentenversicherungsträger) abgeschlossenen Rentenversicherung Nr. … auf beide Ehegatten als Mitgläubiger übertragen.“
Was mit dem Versorgungsausgleich geschieht, wenn die > LV nach Scheidung gekündigt wird, war Gegenstand der Entscheidung des > OLG Bremen, Beschluss vom 29.10.2015 – 4 UF 102/15: Anmerkung dazu von Margarethe Bergmann, in > NZFam 2016, 79; BGH, Beschluss vom 01.04.2015 - XII ZB 701/13.
Wird das mit der Lebensversicherung gebildete Kapital später zu dem vertraglich vereinbarten Termin ausgezahlt, so handelt es sich grundsätzlich um Vermögen, dass beim > Zugewinnausgleich berücksichtigt wird. Der Wert der Kapitallebensversicherung wird entweder mit dem Rückkaufwert oder dem Fortführungswert in die > Vermögensbilanz angesetzt. Die Rechtsprechung hat früher nur auf den Rückkaufwert abgestellt (BGH FamRZ 1992, 411, 413). Der Rückkaufwert ist wegen der Stornoabzüge niedriger als der wahre, wirkliche Wert. Nach neuerer Rechtsprechung (BGH, 1995, 1270) ist entscheidend, ob mit der Fortführung des Versicherungsverhältnisses zu rechnen ist oder mit deren Auflösung (z.B. weil mit dem Guthaben der Zugewinnausgleichanspruch erfüllt wird). Ist eine Auflösung der Kapitallebensversicherung nicht zu erwarten, entspricht der einzustellende Wert grundsätzlich dem sogenannten Fortführungswert, also dem Rückkaufswert zuzüglich dem bis zum > Stichtag angesammelten Überschussguthaben. Die h.M. berücksichtigt für den Fortführungswert das rechnungsmäßige Deckungskapital
= gutgeschriebene Versicherungsleistungen ohne Stornoabschläge
= zzgl. gutgeschriebene Gewinnanteile
= zzgl. Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile
Der Rückkaufwert und der Fortführungswert wird meistens über eine Auskunft der Versicherungsgesellschaft ermittelt werden können.
> hier
Dem > Versorgungsausgleich, und nicht dem Zugewinnausgleich, unterliegen Anrechte der betrieblichen Altersversorgung, die aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Gleichgültig ist der Weg, den der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtung wählt. Er kann die Versorgung unmittelbar zusagen, indem er die Versorgungsleistungen selbst - in der Regel mit Hilfe von Pensionsrückstellungen - erbringt. Möglich sind aber auch mittelbare Versorgungszusagen, in denen er sich einer zwischengeschalteten Versorgungseinrichtung, nämlich einer privaten Versicherung, einer Pensions- oder Unterstützungskasse bedient (§§ 1 Abs.2 bis Abs.4 BetrAVG). Auch bei einer solchen mittelbaren Versorgungszusage liegt eine vom Arbeitgeber erteilte betriebliche Altersversorgungszusage vor (Höfer-Reiners-Wüst, BetrAVG, 3. Aufl., Bd. 1, Allg. Rechtlicher Teil, Rdnr. 93 f., 94, 96 f.; Heubeck-Höhne-Paulsdorff-Rau-Weinert - BetrAVG, 2. Aufl., Bd. 1, § 1 Rdnrn. 1, 67).
Ist in dem Versicherungsvertrag ein > Kapitalwahlrecht vorgesehen, unterliegt die Direktversicherung dann dem Versorgungsausgleich, wenn das Kapitalwahlrecht nicht bis zum maßgebenden Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt wurde und die Versicherung dadurch in eine Kapitallebensversicherung umgewandelt worden ist. Andernfalls kann es dem Zugewinnausgleich unterliegen. Wird die betriebliche Altersversorgungszusage in Form einer sog. Direktversicherung erteilt, bei der der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers eine Versicherung bei einem Versicherungsunternehmen abschließt, so bereitet die Frage, ob diese Versorgung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, in der Regel keine Schwierigkeiten, weil sich die vom Arbeitgeber zugesagte Versorgung und die zur Erfüllung dieser Zusage abgeschlossene Versicherung ihrer Art nach im allgemeinen decken, also entweder auf Renten- oder auf Kapitalzahlung gerichtet sind.Bei Direktversicherungen – im Unterscheid zu privaten Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht – liegt das Kapitalwahlrecht beim Arbeitgeber (Versicherungsnehmer) und nicht beim versicherten Arbeitnehmer. An der Ausgestaltung von Direktversicherungen des Arbeitsgebers zu Gunsten des Arbeitnehmers zeigt sich, dass zwischen dem arbeits- bzw. versorgungsrechtlichen Valutaverhältnis und dem versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis zu trennen ist.
Im Versicherungsvertrag haben der Arbeitnehmer und seine Hinterbliebenen lediglich die Stellung von Versicherten, die ein Recht auf die Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalles haben. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Anwartschaft in Form eines entweder widerruflich oder unwiderruflich ausgestalteten Bezugsrechts (Blomeyer-Otto, Einl. Rdnr. 443; Heubeck, u. a., § 1 Rdnr. 311; Blomeyer, BetrAV 1979, 111). Dieses ist ihnen aufgrund des arbeitsvertraglichen Versorgungsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zugesagt. Allein dieses Valutaverhältnis bildet den Rechtsgrund für das Versorgungsversprechen des Arbeitgebers und entscheidet darüber, ob der Arbeitnehmer die Leistung behalten darf (vgl. Palandt-Heinrichs, Einf. § 328 Rdnr. 4).
Im versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis ist der Arbeitgeber gegenüber dem Versicherer Inhaber aller Rechte und Pflichten aus dem Vertrag, insbesondere aller Verfügungs- und Gestaltungsrechte. Er kann - im Falle eines widerruflichen Bezugsrechts - die vereinbarte Begünstigung des Arbeitnehmers vor Eintritt des Versicherungsfalles versicherungsrechtlich widerrufen, abändern oder auf einen anderen Arbeitnehmer übertragen und die Wahlrechte aus dem Versicherungsverhältnis ausüben (§ 166 I VVG). Hier kann also die versicherte Person nicht wie bei einer persönlich finanzierten privaten Lebensversicherung das Kapitalwahlrecht ausüben und Über die Ausübung des Kapitalwahlrechts steuern, ob das Deckungskapital dem Versorgungsausgleich unterfällt oder nicht.
Für die Frage der Einbeziehung der Direktversicherung in den Versorgungsausgleich bedeutet das, dass es in erster Linie auf die Ausgestaltung des Versorgungsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ankommt. Der Inhalt der arbeitsvertraglich ausgestalteten Zusage des Arbeitgebers entscheidet darüber, ob die betriebliche Altersvorsorgezusage dem Versorgungsausgleich oder dem Zugewinnausgleich unterfällt.
- Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Rente zu, so unterfällt die Direktversicherung dem Versorgungsausgleich
- Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche einmalige Kapitalzahlung im Rentenfall oder im Todesfall für die Hinterbliebenen zu (= Zusage ähnelt einer arbeitgeberfinanzierten Kapitallebensversicherung), so unterfällt die Anwartschaft aus der betrieblichen Zusage nicht dem Versorgungsausgleich (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.1993 – XII ZB 80/88).
Lassen Sie sich von Ihrem Arbeitgeber, der die Direktversicherung für Sie abgeschlossen hat, schriftlich bestätigen, ob es sich um eine betriebliche Rentenzusage oder aber um eine betriebliche Kapitalzahlungszusage im Rentenalter handelt. Im Regelfall handelt es sich um betriebliche Rentenzusagen.
BGH, Urteil vom 02.02.2011 - XII ZR 185/08
Zur latenten Steuerlast auf Vermögensgegenständen im Zugewinn
(Zitat) "Aus Gründen der Gleichbehandlung dürfte es allerdings geboten sein, eine latente Steuerlast auch bei der Bewertung > anderer Vermögensgegenstände (etwa bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen) dann zu berücksichtigen, wenn deren Veräußerung - bezogen auf die Verhältnisse am Stichtag und ungeachtet einer bestehenden Veräußerungsabsicht - eine Steuerpflicht auslösen würde. Denn eine Bewertung, die auf den am Markt erzielbaren Preis abstellt, hat die mit einer Veräußerung zwangsläufig verbundene steuerliche Belastung wertmindernd einzubeziehen."
Anmerkung: Praxistipp:
Wegen der möglichen Anrechnung von latenten Steuern bei der Vermögensberwertung im Zugewinn müssen strategische Überlegungenen stattfinden, ob und wann ggfs. der > Scheidungsantrag einzureichen ist: Vor oder nach der Ablauf von steuerrechtlichen Fristen, in denen eine Vermögensveräußerung der Besteuerung unterliegt? (Beispiel: Spekulationsfrist für den Verkauf von selbst genutzten Immobilien von 10 Jahren: §§ 23 EStG i.V. mit § 22 EStG).
Nach der Rspr. des BGH ist zur Ermittlung des Ausgleichsanspruchs in Fällen des Zugewinnausgleichs eine fiktive Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten zum jeweiligen Stichtag zu unterstellen. Aus diesem Grund wird eine fiktive Einkommensteuer (latente Steuerlast) des Ausgleichsverpflichteten auf den ermittelten Unternehmenswert berechnet und anschließend vom Unternehmenswert abgezogen.
> Mehr
Unabhängig davon, ob die Lebensversicherung tatsächlich aufgelöst (Rückkaufwert) oder fortgeführt (Fortführungswert) wird, wird immer die latente Steuer in Abzug gebracht. Im Fall der erwarteten Fortführung des Versicherungsverhältnisses ist dies eine überraschende Ansicht des BGH (vgl. dazu Schulz FamRZ 2014, 1684 ff). Stets sind bei der Bewertung von Lebensversicherungen im Zugewinnausgleich die latenten Ertragsteuern wertmindernd zu berücksichtigen, wenn sie nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden (§ 20 Abs1 Nr. 6 EStG). Zinsleistungen sind zur Hälfte zu versteuern, wenn die Laufzeit mindestens 12 Jahre beträgt und die Auszahlung nach dem 60. Lebensjahr erfolgt. Bei Lebensversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, sind die daraus erzielten Erträge nach 12 Jahren steuerfrei. Ist die Frist von 12 Jahren am Stichtag (= Zustellung des Scheidungsantrags) noch nicht abgelaufen, ist eine fiktive Steuer in voller Höhe wertmindernd in der Vermögensbilanz anzusetzen. Zu Berechnung der latenten Ertragsteuer ist auf einen sich zum Stichtag ergebenden fiktiven Gewinn (Differenz zwischen den geleisteten Beiträgen und dem Auszahlungsbetrag) abzustellen. Die Höhe der Steuer entspricht der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer; vgl. Schulz FamRZ 2014, 1684 ff.; Dieter Büte, Die Last mit der latenten Steuerlast, in FK 2012, 139).
Bei Grundstücken die Haltefrist von 10 Jahren für die Auslösung einer Spekulationssteuer zu beachten () 1 Nr.1 EStG, wenn nach der Nettowertmethode für die Immobilie ein fiktives Veräußerungsgeschäft zum realen Marktpreis vorzustellen ist. In einem vor Gericht ausgetragen Zugewinnausgleichsverfahren spielt die Spekulationssteuer dann keine Rolle, wenn das Gericht auf Antrag des Gläubigers gemäß § 1383 BGB und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen anordnet, dass einzelne Gegenstände unter Anrechnung auf die Zugewinnausgleichsforderung zu übertragen sind. Da die Übertragung auf einer richterlichen Anordnung beruht und ihr keine privatautonom von den Ehepartnern getroffene Absprache zugrunde liegt, handelt es sich nicht um ein privates Veräußerungsgeschäft iSd § 23 EStG, die sog. Spekulationssteuer fällt also nicht an (MüKoBGB/Koch § 1383 Rn 5).
Wurde die Immobilie zwischen der Anschaffung bzw. Fertigstellung und der Veräußerung als Privatwohnung genutzt, bleibt der Verkaufserlös steuerfrei. Gleiches gilt, wenn die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den vorangegangenen zwei Jahren privat genutzt wurde. Wird eine Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet, ist dies unschädlich, da die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben muss (BFH, Urteil v. 3.9.2019 - IX R 10/19). Damit reicht eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen aus.
Werden innerhalb von fünf Jahren von Privatpersonen mehr als drei Objekte angeschafft und veräußert, liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Unter Objekten sind Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen aber auch Mehrfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien zu verstehen. Bei Ehepartnern gilt die Drei-Objekt-Grenze für jeden Ehepartner. Daher können beide Ehepartner nach diesem Grundsatz drei Objekte innerhalb der Fünfjahresfrist erwerben und ohne steuerliche Folgen (im Hinblick auf den Grundstückshandel) veräußern. Der gewerbliche Grundstückshandel führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Der Gewinn aus dem Verkauf von Grundstücken innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren ist – von Ausnahmen abgesehen – als sonstige Einkünfte zu erfassen.be
Bei sonstigen Vermögensgegenständen (z.B. Edelmetalle, Devisen, Bitcoins, Schmuck, Kunstgegenstände, Antiquitäten, Oldtimer sowie Briefmarken- und Münzsammlungen) ist die einjährige Haltefrist (§ 23 Abs.1 Nr. 2 EStG) zu beachten.
Der Wertansatz eines jeden einzelnen Vermögensgegenstands ist darauf zu überprüfen, ob bei einer möglichen Veräußerung zum Stichtag für den erzielten Ertrag latente Ertragsteuern anfallen. Bei der Vielzahl von möglichen Anlagemodellen und der dazu unterschiedlichen ertragsteuerlichen Situation ist ein Familienrechtsanwalt regelmäßig überfordert. Deshalb sollte jede Zugewinnbilanz steuerlich durch einen Steuerberater überprüft werden. Der Steuerberater des Mandanten sollte im Einzelnen klären, welche latente Steuern oder Rückzahlungen den jeweiligen Vermögenswert mindern. Darauf hat der Familienrechtsanwalt aus haftungsrechtlichen Gründen den Mandanten hinzuweisen (vgl. > BGH, Urteil vom 09.01.2020 - IX ZR 61/19).