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Steuererstattungen oder Steuernachzahlungen sind nichts anderes als nachträgliche Korrekturen zur endgültigen Steuerfestsetzung für ein steuerliches Veranlagungsjahr. Ausgangspunkt für die Ermittlung des > unterhaltsrelevanten Einkommens ist das > steuerrelevante Einkommen. Damit nehmen steuerliche Korrekturen grundsätzlich Einfluss auf das unterhaltsrelevante Netto-Einkommen. Bei der Frage, ob dies gleichermaßen für Steuererstattungen und Steuernachzahlungen gilt, steht man vor der Problematik, dass Unterhalt auf die Zukunft gerichtet ist und künftiges Einkommen realitätsgerecht > prognostiziert werden soll. Dagegen betreffen Steuererstattungen & Steuernachzahlungen Korrekturen von Einkommensperioden aus der Vergangenheit. Also spitzt sich das das Thema auf die Frage zu:
Um welche Steuern wird das Einkommen > bereinigt oder das reale Einkommen unterhaltsrechtlich erhöht? Kommt es zur Steuererstattung, so ist dies ein Indiz dafür, dass in der Vergangenheit, das Nettoeinkommen zu niedrig angesetzt wurde. Kann davon ausgegangen werden, dass die Gründe, die zur Steuererstattung geführt haben, auch in Zukunft fortbestehen, ist es für die beim unterhaltsrelevanten Einkommen > anzustellende Zukunftsprognose sachgerecht, die Steuererstattung als unterhaltsrelevantes Einkommen zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem sie angefallen ist (In-Prinzip: vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.05.2015 - 10 UF 210/14, Rn 34ff.). Einige > OLG-Richtlinien enhalten Aussagen zum In-Prinzip: Sie stellen dieses Prinzip als Grundsatz auf und betrachten das Für-Prinzip als Ausnahme. Viele Literaturmeinungen sind dagegen anderer Ansicht und bevorzugen das Für-Prinzip als Grundsatz. Oberster Maßstab für die Prinzip-Anwendung ist es, die Einkommensbereinigung auf Basis einer möglichst realitätsgerechten > Zukunftsprognose durchzuführen. Unterliegt das zu versteuernde Einkommen > keinen starken Schwankungen, wir die richtige Prinzipien-Wahl meist zu einem Problem: Ergo bei Bereinigung der Einkünften aus > unternehmerischer Tätigkeit. Hier greifen nicht immer die Argumente, die bei gleichmäßigem Einkommen für das In-Prinzip sprechen.
Steuererstattungen & Steuernachzahlungen sind in der Regel in dem Jahr, in dem sie anfallen, zu berücksichtigen (In-Prinzip). Das In-Prinzip wird grundsätzlich auf > Einkünfte des selbständigen Unternehmers angewendet. Beim In-Prinzip werden Steuern grundsätzlich in der Höhe angerechnet, in der sie im Prüfzeitraum (drei Jahre) entrichtet wurden (BGH FamRZ 1980, 984; 1985, 911; 1988, 486; 1990, 981): Vorauszahlungen für das laufende Jahr (einschließlich der durch Steuerabzug erhobenen Einkommens- und der anzurechnenden Körperschaftssteuer bei Einkommen aus Kapitalvermögen) zuzüglich Zahlungen und abzüglich Erstattungen für die Vorjahre.
Es kann laut BGH im Einzelfall zulässig und geboten sein, die abzuziehende Einkommensteuer nicht nach dem In-Prinzip, sondern nach dem Für-Prinzip zu ermitteln.
(Zitat) "Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist es, daß das Berufungsgericht die von dem Beklagten zu leistende Steuernachzahlung für die Zeit ab 1998 nicht berücksichtigt, sondern das Für-Prinzip angewendet und von dem zugrunde gelegten Gewinn aus dem Jahre 2007 nur die hierfür in 2008 festgesetzte Einkommensteuer abgezogen hat. Der Senat hat bereits aus anderem Anlaß betont, daß die geläufigen > Methoden zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens und zum Steuerabzug bei der > Einkommensermittlung für Selbständige nicht als Dogma mißverstanden werden dürfen (Senatsurteil vom 2. Juni 2004 - XII ZR 217/01 - FamRZ 2004, 1177, 1178 = FuR 2004, 507); es ist vielmehr Aufgabe der Tatsacheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine > geeignete Methode zur möglichst realitätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens als Grundlage der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu finden.Da im vorliegenden Fall die Steuernachzahlung aus einem längeren Zeitraum (seit 1998) erwachsen ist, konnte mangels gegenteiliger Darlegung des Beklagten als Unterhaltsschuldner, daß etwa die zusätzliche Liquidität der Klägerin als Unterhaltsberechtigter anderweitig zugute gekommen ist, von einer Berücksichtigung der Steuernachzahlung in zulässiger Weise abgesehen werden. Ebenso wenig ist zu beanstanden, daß das Berufungsgericht hinsichtlich der Gewinnermittlung nur auf das Jahr 2007 abgestellt hat, da es sich um das einzige abgeschlossene Geschäftsjahr handelt."
Leitsätze:
Die > Steuerklassen haben Bedeutung für die Frage, welche Steuerlast ist für unterhaltsrelevante Zwecke vom Einkommen in Abzug zu bringen. Die Steuerklasse III führt zu weniger Steuerabzug als die Steuerklasse IV. Je weniger Steuer der Unterhaltsschuldner in Abzug bringen kann, desto höher ist sein unterhaltsrelevantes Einkommen und kommt dem Unterhaltsschuldner zugute. Ob dieser Effekt zugunsten des Unterhaltsgläubiger gerechtfertigt ist oder gar verlangt werden kann, ist der Kern des Problems und kann zu unterhaltsrechtlichen Korrekturen des realen Steuerabzugs führen:
Sind Splittingvorteile und Steuerklassen unterhaltsrechtlich zu korrigieren, wird stets eine fiktive Einzelveranlagung mit der entsprechend unterhaltsrechtlich gerechtfertigten Steuerklasse durchgeführt.
> Mehr.
Wählten die Ehegatten für die Zeit ihrer intakten Ehe eine > gemeinsame Veranlagung für ihre Einkommensbesteuerung, so haftet gegenüber dem Finanzamt der eine Ehegatte auch für die Steuerschulden des anderen Ehepartners (Haftung im Außenverhältnis). Dies gilt ebenfalls für Steuernachzahlungen. Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner nach § 44 Abs. 2 AO wirkt auch für den anderen Ehegatten. Ab der Trennung stellt sich die Frage, ob und wie > gemeinsame Schulden im Innenverhältnis der Ehegatten aufgeteilt werden und sich daraus ein > Erstattungsanspruch für den zahlenden Ehegatten ergibt? (> Haftung der Ehegatten im Innenverhältnis). Ist ein > Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 23.Mai 2007 - XII ZR 250/04, Rn 14) festzustellen, stellt sich weiter die Frage nach dem Aufteilungsmaßstab für den Ehegattenanteil an der Steuererstattung oder Steuernachzahlung. Hierfür bieten sich mehrere Aufteilungsmethoden an:
Die Methode der fiktiv getrennten Veranlagung nimmt zurück, was die Ehegatten in intakter Ehe gewollt haben: meist eine Steuerentlastung des Einkommens besser verdienenden Ehegatten durch > Wahl der Steuerklassenkombination III/V, womit insgesamtder Familie ein höheres (GEsam-)Einkommen zur Verfügung steht. Wird nach der Trennung der Ehegattenunterhalt unter Berücksichtigung dieser Lohnsteuerklassenwahl das unterhaltsrelevante Einkommen bestimmt, so kann es nicht richtig sein, wenn es bei der Frage der Steuerlastverteilung/Erstattungsverteilung (fiktiv) so getan wird, als ob die Steuer nach der Steuerklassenkombination IV/IV bei getrennter Veranlagung bezahlt wird. Gleiches gilt für Steuererstattungen und Nachzahlungen die aus Veranlagungsjahren oder Zeiträumen der intakten Ehe stammen. Das bedeutet: Solange die Ehegatten mit den beiderseitigen Einkünften die ehelichen Lebensverhältnisse finanziert haben - was in der Regel bis zur Trennung und nach der Trennung bei Unterhaltsleistungen nach der Steuerklassenkombination III/V der Fall ist - ist ein Aufteilungsmaßstab für die Verteilung von Steuererstattungen und Steuernachzahlungen, die die geleitsteten Steuerzahlungen komplett einbezieht und fiktiv neu berechnet, nicht gerechtfertigt. Hier kommt ein > Aufteilungsmaßstab im Verhältnisses der real bezahlten Steueranteile zu einem angemessenerem Ergebnis (vgl. dazu Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., 2015, Rn 2019).
Der Aufteilungsmaßstab nach dem Anteil am Steueraufkommen auf der Basis einer fiktiv getrennten Veranlagung kommt zwar der Steuergerechtigkeit und Verteilung zwischen den Ehegatten am nächsten (zur Steuerverteilungsgerechtigkeit und Steuerklassenkombination > hier). Haben aber die Ehegatten bis zur Trennung sich nicht für eine getrennte Veranlagung, sondern für ein möglichst steuersparende Variante entschieden und das höhre (Netto-)Familieneinkommen gemeinsam verbraucht, hat die Verteilung der Steuererstattung im Verhältnis der gezahlten Steueranteile zu erfolgen (vgl. Berechnungsbeispiel in: Wever, Vermögensauseinandersetzung, 5. Aufl., 2009, Rn 770; LG Göttingen vom 18.04.2008 - 6 S 64/07).
Steuererstattungen bzw. Steuernachzahlungen sind grundsätzlich bei der Bestimmung des unterhaltsrelevanten Einkommens und somit bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen. Dies entspricht dem > Totalitätsprinzip der Einkommenserfassung. Die Frage ist nur in welchem Zeitraum die Steuererstattungen oder Steuernachnahlungen relevant werden: mehr dazu > hier. Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis der Ehegatten bei gemeinsamen (Steuer-)Schulden oder (Steuer-)Erstattungsansprüche sind in der Regel nicht gegeben, wenn eine > anderweitige Bestimmung getroffen ist. Dies kann in der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung wurzeln. Somit gilt die Faustformel: Ist eine Steuererstattung bzw. Steuernachforderung bei der Unterhaltsberechnung (durch > Korrektur des Einkommens) bereits berücksichtigt worden, scheidet ein isolierter Ausgleich im Innenverhältnis der Ehegatten aus.