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Kindesunterhalt
bei Kinderbetreuung im Wechselmodell
Kindesunterhalt
bei paritätischer KinderbetreuungGrundsätzlich erfolgt eine Berechnung des > Kindesunterhalts anhand der Düsseldorfer Tabelle. Die > Düsseldorfer Tabelle sieht jedoch das > Residenzmodell als Standard an, sodass es keine klare Regelung im Hinblick auf den Unterhalt beim > Wechselmodell gibt. Beim Wechselmodell weichen die Eltern vom > Regelfall der üblichen Aufteilung von Natural- und Barunterhalt (vgl. § 1606 Abs.3 S.2 BGB) vollständig ab. Im Prinzip deckt jeder Elternteil seinen Part des Unterhalts für das Kind gemäß der Düsseldorfer Tabelle ab, sodass eigentlich keinerlei Unterhaltszahlung erforderlich wären.
Aufgrund unterschiedlicher Einkommensverhältnisse erfolgt jedoch eine Differenzberechnung, sodass derjenige, der mehr verdient, dennoch Unterhalt zu zahlen hat. Die Berechnung kann im Einzelfall kompliziert werden, hier sollte > Rat vom Anwalt eingeholt werden. Es haben sich dazu verschiedene Meinungen gebildet, die sich letztendlich nur an Vorgaben der Rechtsprechung des BGH zu orientieren haben. Hinweise zur Barunterhaltsermittlung und Aufteilung der Unterhaltslast zwischen den Eltern beim echten Wechselmodell finden Sie
> Wegweiser zum Kindesunterhalt bei Wechselmodell
Kindesunterhalt
bei ausgedehntem Umgangsrechtwegen unterschiedlicher Unterhaltsermittlung wird generell zwischen unechtem und echtem Wechselmodell unterschieden. Beim > echten Wechselmodell vereinbaren die Eltern, dass grundsätzlich beide Elternteile zu gleichen Teilen für den Naturalunterhalt des Kindes aufkommen (vgl. > Mustervereinbarung zum Wechselmodell). Beim unechten Wechselmodell gibt es trotz ausgedehntem Umgang mit dem Kind einen Schwerpunkt der Kinderbetreuung bei einem Elternteil, jedoch geht der Kinderbetreuungsanteil des anderen Elternteils über die Betreuung im > Residenzmodell hinaus. Diese Unterscheidung ist für die Ermittlung des > Barunterhalts für das Kind relevant, weil die jeweilige Berechnung nach unterschiedlichen Ermittlungsgrundsätzen erfolgt. Der Elternteil, der das Kind weniger als der andere Elternteil betreut, ist und bleibt grundsätzlich allein barunterhaltspflichtig, wobei die "ausgedehnte" Kinderbetreuung (Anteil aber weniger als 50 %) zu berücksichtigen ist.
> Kindesunterhalt bei ausgedehnter Mitbetreuung (unechtes Wechselmodell)
Wegweiser
zum Unterhalt bei Wechselmodell
Barunterhalt für das Kind
Ausgleichspflicht zwischen den Eltern
Beispiel
Beim > echten Wechselmodell haften beide Elternteile > anteilig für den zu erbringenden > Barunterhalt nach § > 1606 Abs.3 S.1 BGB, wobei zur Bedarfsermittlung nach der > Düsseldorfer Tabelle zur Bestimmung der Einkommensgruppe ausnahmsweise das unterhaltsrelevante > Gesamteinkommen von Mutter & Vater herangezogen wird. Es soll nicht verschwiegen werden, dass die hier im Beispiel vorgestellte Bedarfsermittlungsmethode nicht die einzige ist, die vertreten und von den Gerichten angewendet wird (zur Vielzahl der vertretenen Berechnungsvarianten vgl. Bosch, in FF 2015, 92, 95).
Sachverhalt
Die Eltern haben für den Umgang mit ihrem gemeinsamen 12-jährigen Kind ein echtes Wechselmodell vereinbart und führen dieses durch. An unterhaltsrechtlich bereinigten Einkommen bezieht der Vater 3.000,- €/Monat, die Mutter 1.600,- €/Monat. Das Kindergeld bezieht die Mutter. Beim echten Wechselmodell fallen regelmäßig höhere Betreuungskosten als beim > Residenzmodell an. Es müssen mehr Fahrten für den Wechsel des Kindes zwischen den Haushalten der Eltern durchgeführt werden; jeder Elternteil unterhält für das Kind ein eigenes Kinderzimmer, etc.). Dies führt zu einem > Mehrbedarf des Kindes (hier geschätzt mit 100,- €).
Unterhaltsberechnung beim Wechselmodell
nach Maßgabe des BGH
BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15
Barunterhalt beim echten Wechselmodell
Leitsätze:
- Im Fall des > Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den > Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der > Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen (Achtung (!) > fiktiv erzielbarem: BGH, Rn 27-29) Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236).
- Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete > Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen.
- Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem nur zwischen den Eltern bestehenden > familienrechtlichen Ausgleichsanspruch.
- Das > Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 45/15, FamRZ 2016, 1053).
Bedarfsermittlung:
Bedarf des Kindes an Barunterhalt
BGH, Urteil vom 21.12.2005 - XII ZR 126/03
Bedarf an Barunterhalt beim echten Wechselmodell
(Zitat) "Ein solcherart von den Eltern praktiziertes [> echtes] Wechselmodell bleibt allerdings auch auf die Bedarfsbemessung nicht ohne Einfluss. Wenn beide Elternteile über Einkommen verfügen, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes an den beiderseitigen - zusammengerechneten - Einkünften auszurichten. Hinzuzurechnen sind die Mehrkosten (z.B. Wohn- und Fahrtkosten), die dadurch entstehen, dass das Kind nicht nur in einer Wohnung, sondern in getrennten Haushalten versorgt wird. Für den so ermittelten Bedarf haben die Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen und unter Berücksichtigung der erbrachten Naturalunterhaltsleistungen aufzukommen (vgl. zur Berechnung etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. 2. 1999 - 3 UF 102/98, in: NJW-RR 2000, 74 ff. und NJW 2001, 3344 ff.)".
Anmerkung: Beim echten Wechselmodell richtet sich der > Bedarfs des Kindes nach dem > gemeinsamen Einkommen und Vermögen beider Elternteile. Das > unterhalts relevante Einkommen der Eltern beträgt 4.600,- € (= 3.000,- € + 1.600,- €). 1. Nach der > Düsseldorfer Tabelle bestimmt sich der Bedarf also nach der 8. > Einkommensgruppe. Das ergibt in der dritten Altersstufe (12 - 17 Jahre) einen Tabellenbetrag in Höhe von 761,- € (2021). Mit dem > Mehrbedarf beträgt der Gesamtbedarf an Barunterhalt insgesamt (861,- €).
Haftungsanteile der Eltern
am Barunterhalt für das Kind
Der Bedarf an Barunterhalt des Kindes ist von den Eltern > anteilig entsprechend Ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit (§ 1606 Abs.3 S.1 BGB) zu tragen. Um die jeweilige Quote für die anteilige Haftung der Eltern zu bestimmen, wir von dem unterhaltsrelevanten Gesamt-Einkommen der Eltern jeweils zunächst der > angemessene Selbstbehalt in Abzug gebracht (> DT 2021 : 1.400,- €). Damit sind folgende Beträge für Vater und Mutter in Ansatz zu bringen:
- Vater: 3.000,- € abzgl. 1.400,- € = 1.600,- € - Mutter: 1.600,- € abzgl. 1.400,- € = 200,- € = Gesamtleistungsfähigkeit: 1.800,- €
» Die Haftungsquote des Vaters entspricht 89 % (= 1.600 : 1.800 x 100%).
» Die Haftungsquote der Mutter entspricht 11 % (= 200 : 1.800 x 100%)
Auch beim Wechselmodell, bei dem die Betreuungsleistung für das Kind zwischen den Eltern paritätisch aufgeteilt ist, führt der Grundsatz der anteiligen Haftung nach den wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 1606 Abs.3 S.1 BGB) zu einem Ausgleichsanspruch zwischen den Eltern. Weil die Eltern jeweils paritätisch Naturalunterhalt leisten, hat, wegen der > Gleichwertigkeit von Naturalunterhalt und > Regelbedarf nach Düsseldorfer Tabelle, jeder Elternteil die Hälfte des Regelbedarfs (761 x ½ = 380,50 €) zu decken. Dies erfolgt grundsätzlich dadurch, dass die Kosten zur Deckung des Regelbedarfs des Kindes, die während des Aufenthalts bei einem Elternteil entstehen, von diesem Elternteil allein getragen werden. Eine Ausgleichszahlung zwischen den Eltern erfolgt nicht, wenn beide Elternteile gleich leistungsfähig sind. Ist nach Maßgabe des § 1606 Abs.3 S.1 BGB jedoch eine unterschiedliche Leistungsfähigkeit festzustellen, kommt es zu einem Ausgleichsanspruch zwischen den Eltern. Derjenige Elternteil mit höherer Leistungsfähigkeit hat einen Ausgleich an den Elternteil mit niedrigerer Leistungsfähigkeit zu leisten. Die Ausgleichsberechnung findet wie folgt statt:
Ausgleichspflicht des Vaters
bei Anrechnung der hälftigen Naturalunterhaltsleistung
Der Vater hat wegen > 1606 Abs.3 S.1 BGB zu 85 % für den Regelbedarf nach Düsseldorfer Tabelle aufzukommen: hier in Höhe von 677,29 € (= 89 % von 761,- €). Weil der Vater während der Hälfte der Gesamtbetreuungszeit des Kindes den Pflege- und Erziehungsaufwand für das Kind in seinem Haushalt erfüllt (hälftige Naturalunterhaltsleistung), darf der Vater bei Ermittlung seiner Ausgleichspflicht gegenüber der Mutter den Regel-Bedarfsbetrag um die Hälfte, d.h. in Höhe von 380,50 € (= 761,- € x 1/2) in Abzug bringen. Somit verbleibt ein ausgleichspflichtiger Betrag in Höhe von 296,79 € (= 677,29 € – 380,50 €). Bezieht die Mutter das komplette > Kindergeld (ab 2021 für 1. und 2. Kind: 219,- €) ist der Ausgleichsbetrag um den hälftigen Kindergeld-Anteil (109,50 €) zu bereinigen, d.h. es sind 109,50 € von der Ausgleichspflicht (296,79 €) in Abzug zu bringen. Damit ist im Ergebnis der Vater gegenüber der Mutter in Höhe von 187,29 € (= 296,79 € – 109,50 €) ausgleichspflichtig.
Ausgleichsanspruch der Mutter
bei Anrechnung der hälftigen Naturalunterhaltsleistung
Die Mutter hat zu 11 % für den Regelbedarf nach Düsseldorfer Tabelle aufzukommen: hier in Höhe von 83,71 € (= 11 % von 761,- €). Ebenso wie der Vater kann die Mutter wegen der Betreuungsleistungen des Kindes Wechselmodells die Hälfte des Regelbedarfs, d.h. in Höhe von 380,50 € in Abzug bringen. Sie kommt also in Höhe von 296,79 € (= 380,50 € - 83,71 €) mehr für den Regelbedarf des Kindes auf, als ihr nach Maßgabe ihrer anteiligen Haftung nach § 1606 Abs.3 S.1 BGB zuzumuten ist. Allerdings bezieht sie das volle Kindergeld (219,- €). Die Hälfte davon (109,50 €) hat sie sich auf ihren Ausgleichsanspruch gegenüber dem Vater anrechnen zu lassen. Ihr Ausgleichsanspruch besteht somit in Höhe von 296,79 - 109,50 € = 187,29 €
- Weiterführende Links:
» Rechenschritte zur Ausgleichszahlung
c) Ergebnis
Beachtet man bei der Quoten-Haftung der Eltern für den Regelbedarf den Grundsatz der anteiligen Haftung (§ 1606 Abs.3 S.1 BGB), so ist im Ergebnis festzustellen, dass die Mutter einen Ausgleichsanspruch gegen den Vater in Höhe von 187,29 € geltend machen kann (zur anteiligen Haftung für Mehr und Sonderbedarf > hier ). Es wird beim echten Wechselmodell somit eine spezielle Form des sog. familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs durchgeführt. Der sog. > „ familienrechtliche Ausgleichsanspruch “ wurde von der Rechtsprechung für den Ausgleich eines Ehegatten gegen den anderen entwickelt, wenn einer die Barunterhaltspflicht und die Naturalunterhaltspflicht > überobligatorisch für beide Elternteile erfüllt. Das ist beim vorliegenden Beispiel wegen der unterschiedlich hohen Leistungsfähigkeit der Eltern der Fall. Der Anspruch musste von der Rechtsprechung entwickelt werden, da Unterhaltsschulden „ Teil“- und nicht „ Gesamt“- Schulden sind und ein „Gesamt “-Schuldnerausgleich nach § 426 BGB zwischen den Eltern nicht infrage kommt.
Weitere Beispiele
aus der Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 28.02.2007 - XII ZR 161/04
Barunterhaltspflicht der Eltern bei abwechselnder Kinderbetreuung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. 12. 2005 - 2 UF 10/05
Barunterhalt beim echten Wechselmodell
OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. 2. 1999 - 3 UF 102/98
Barunterhalt beim echten Wechselmodell
AG Pankow/Weißensee, Beschluss vom 04.12.2015 – 202 F 5120/14
Barunterhalt beim echten Wechselmodell
Rechenschritte
zur Ausgleichszahlung beim echten Wechselmodell
Über die nachfolgenden Rechenschritte ist man sich in der Literatur grundsätzlich einig.
1. Ermittlung des Gesamtbedarfs
2. Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens beider Eltern, die addiert werden
3. Quotenberechnung mit angemessenem Selbstbehalt als Sockelbetrag (im Mangelfall Quotenberechnung mit notwendigem Selbstbehalt als Sockelbetrag)
4. Berechnung der Anteile jedes Elternteils am Gesamtbedarf
5. Anrechnung von einseitig erbrachten Leistungen, die zu teilen sind (besondere Anschaffungen) und Anrechnung des Kindergeldes, das nur an einen Elternteil ausgezahlt wird
6. Berechnung der Ausgleichszahlung von einem Elternteil an den anderen.
Bedarfsermittlung
Tabellenbedarf oder konkrete Bedarfsermittlung?
Bei der Frage, wie der Gesamtbedarf festzustellen ist (> Thema Bedarfsermittlungsmethode), scheiden sich die Geister:
- Folgende Verfasser/-innen stützen sich bei der Bedarfsermittlung jedoch auf die Tabellensätze: Ehinger/Rasch/Griesche, Handbuch des Unterhaltsrechts, 2008, Rn 96 ff.; Luthin/Koch, Handbuch des Unterhaltsrechts, 2010; Klinkhammer, in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 2011, § 2 Rn 450; Spangenberg, Wechselmodell und Unterhalt, FamFR 2010, 25; Seiler, in: Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, Rn 295; Wohlgemuth, Kindesunterhalt und familienrechtlicher Ausgleich beim Wechselmodell, FuR 2012, 401; Bausch/Gutdeutsch/Seiler, Die unterhaltsrechtliche Abrechnung des Wechselmodells, FamRZ 2012, 258.
- Diejenigen, die der Meinung sind, dass die Tabellenbeträge der Düsseldorfer Tabelle nicht passen (sie seien zu niedrig, um den Bedarf der Kinder beim Wechselmodell vollständig zu erfassen: vgl. Scheiwe, FF 2013, 280-289), bevorzugen eine konkrete Bedarfsermittlung (z.T. inklusive der Bewertung der jeweils erbrachten Naturalleistungen).
Ehegattenunterhalt
und Kinderbetreuung im Wechselmodell
Oftmals wird nicht bedacht, welche Auswirkung die Kinderbetreuung auf die Berechnung des Ehegattenunterhalts zeigt.
- Das Modell des gleichberechtigten Wechsels erfordert einen höheren Unterhalt von beiden Elternteilen und ist schwer von den Komponenten des Tabellenunterhalts zu unterscheiden.
- Die Erwerbstätigkeit des Elternteils, der das Kind allein betreut, nimmt zu, während die Erwerbstätigkeit des Elternteils, der früher allein für den Unterhalt aufkam, abnimmt.
- Beide Elternteile haben beim Wechselmodell Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung.
- Die Möglichkeit der Fremdbetreuung durch Angehörige verbessert sich, da mehr Personen zur Verfügung stehen.
- Die Berechnung des Ehegatten- und Kindesunterhalts, einschließlich der Abrechnung der Kinderzahlungen, ist im geltenden Recht, das auf das Residenzmodell zugeschnitten ist, schwierig.
- Weiterführende Literatur:
» Born, Ehegattenunterhalt beim Wechselmodell - eine selbstgewählte Schwächung des Unterhaltsanspruchs?, in NZFam 2023, 433
» Berechnung des Ehegattenunterhalts bei kinderbetreuendem Elternteil mit eigenem Einkommen
Welcher Elternteil ist beim Wechselmodell befugt, den Barunterhalt für das minderjährige Kind gegen den anderen Elternteil gerichtlich geltend zu machen (> Klagebefugnis)? Hier kann es zu Schwierigkeiten bei der Anwendung des § > 1629 Abs.2 S.2 BGB kommen. Nach dieser Vorschrift kann beim gemeinsamen Sorgerecht derjenige Elternteil den Barunterhaltsanspruch gerichtlich verfolgen, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Dies kann beim > echten Wechselmodell nicht mehr eindeutig festgestellt werden. Eine > Obhut des Kindes besteht sowohl bei dem einen wie dem anderen Elternteil. Zum Problem der > Klagebefugnis beim Wechselmodell hat nun der BGH mit Beschluss vom 12.03.2014 - XII ZB 234/13 ausführlich ab > Rn 16ff. Stellung bezogen. Knapp vier Monate später erging vom OLG Hamburg, Beschluss vom 27.10.2014 - 7 UF 124/14: Hier wird erklärt, wie im Fall eines echten Wechselmodells das Gericht bei gemeinsamem Sorgerecht die alleinige Klagebefugnis auf einen Elternteil überträgt. Eine Übertragung der Klagebefugnis nach § 1628 BGB kann auch im Wege einer einstweiligen Anordnung erreicht werden.
Antrag auf Barunterhalt bei Wechselmodell
Leitsätze:
1. Wenn die gemeinsam sorgeberechtigten Kindeseltern ein echtes Wechselmodell praktizieren und der eine Elternteil Ansprüche des Kindes auf Barunterhalt gegen den anderen Elternteil gerichtlich geltend zu machen beabsichtigt, hat er die Wahl, ob er entweder die Bestellung eines Pflegers für das Kind herbeiführt oder ob er nach § 1628 BGB bei dem Familiengericht beantragt, die Entscheidung über die Geltendmachung von Kindesunterhalt auf ihn allein zu übertragen. Das Wahlrecht zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist nicht durch besondere Kautelen eingeschränkt (BGH, Urt. v. 21.12.2005 – XII ZR 126/03, NJW 2006, 2258).
2. Die Übertragung der Entscheidung nach § 1628 BGB kann auch durch einstweilige Anordnung erfolgen.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom. 11.3.2021 – 2 UF 28/21
Klagebefugnis beim Kindesunterhalt und Wechselmodell
Leitsätze:
1. Wird ein Kind im Rahmen eines paritätischen Wechselmodells betreut, kann ein Elternteil das Kind zur Geltendmachung von Barunterhaltsansprüchen nicht nach § 1629 Abs.2 S.2 BGB vertreten, sondern muss entweder die Übertragung der Entscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB verlangen oder die Bestellung eines Ergänzungspflegers herbeiführen. Einschlägig ist hier das Recht zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen als Teilbereich der Personensorge, nicht aber die Vermögenssorge.
2. Das Jugendamt kann sich gegen die Bestellung als Ergänzungspfleger nicht mit dem Argument zur Wehr setzen, die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Berechnung des Kindesunterhaltsanspruches im Sonderfall des Wechselmodells seien bei ihm nicht vorhanden.
Anmerkung: Beim echten Wechselmodell ist entweder ein
- Ergänzungspfleger zu bestellen (OLG Hamm, Beschluss vom 07.06.2017 - 10 UF 68/17) oder
- ein Elternteil kann das Familiengericht nach § 1628 BGB anrufen, um sich die Alleinentscheidungsbefugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhalt übertragen zu lassen (BGH, Beschluss vom 1.2.2017 – XII ZB 601/15).
Alt-Titel
aus Zeiten vor dem Wechselmodell
Alt-Titel
aus Zeit vor Kinderbetreuung im Wechselmodell
Beispiel: Zwei minderjährige Kinder leben nach der Ehescheidung zunächst bei der Mutter. Diese erwirkt als gesetzliche Vertreterin einen Beschluss gegen Vater über Mindestunterhalt. Nun vereinbaren die Eltern das paritätische Wechselmodell. Nach umfangreicher Berechnung wird nun davon ausgegangen, dass der Vater einen Ausgleichsanspruch gegen die Mutter hat. Der Vater will den Alt-Titel gegen sich auf Null herabgesetzt und einen Titel gegen die Mutter erwirken. Wie löst man das verfahrensrechtlich? Ist für den Vater zunächst die Abänderung des Alt-Titels zu beantragen?
Vollstreckungsabwehrantrag
gegen Alt-Titel
Soll gegen einen sog. Alt-Titel vorgegangen werden, dem wegen veränderter Umstände die Vollstreckungsfähigkeit genommen werden soll, stellt sich immer die Frage nach dem richtigen Antrag; Vollstreckungsabwehrantrag oder Abänderungsantrag (> mehr ). Ab Kinderbetreuung im paritätischen Wechselmodell steht keinem Elternteil die alleinige Befugnis zu, den Kindesunterhalt für das Kind gelten zu machen (> mehr ). Sind die Voraussetzungen der Verfahrensstandschaft mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes oder aufgrund von Veränderungen in den Obhutsverhältnissen des Kindes (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB) entfallen, kann der Titelschuldner dies mit einem > Vollstreckungsabwehrantrag (§ 767 ZPO) gegenüber dem weiter die Zwangsvollstreckung betreibenden Elternteil einwenden. Keinen Unterschied macht es hierbei, ob der nicht mehr legitimierte Elternteil wegen eines laufenden Unterhalts oder auch noch wegen Unterhaltsrückständen aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes die Zwangsvollstreckung betreibt, da maßgebend für den Erfolg des Vollstreckungsabwehrantrags allein auf den Wegfall der Vollstreckungsbefugnis abzustellen ist (so OLG Hamm, Beschluss vom 23,12,2015 - 2 WF 198/15 , mwN).
Unechtes Wechselmodell
Barunterhalt für das Kind
Links & Literatur
Links
- Wegweiser zum Kindesunterhalt
- Wechselmodell: Motive & Anspruch
- Wechselmodell - Mustervereinbarung
- Professionelle Unterhaltsberechnung
Literatur
- Jochen Duderstadt, Kindesunterhalt beim Wechselmodell, in: NZFam 2020, 1097
- Frank Bruske, Ehegattenunterhalt und paritätisches Wechselmodell, in: NZFam 2020, 865
- Beatrix Ruetten, Das paritätische Wechselmodell und Streitfragen des Kindergeldes sowie anderer kindbezogener Leistungen, in: NZFam 2016, 337
- Martin Weber, Unterhalt beim Wechselmodel, in: NZFam 2016, 829
- Bosch, Wechselmodell und Unterhalt, in: FF 2015, 92ff.
- Scheiwe, Kindesunterhalt und Wechselmodell, in: FF 2013, 280 ff.
In eigener Sache
- Wechselmodell & Erwerbsobliegenheiten der Eltern, unser Az.: 61/15 (D3/315-15)