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Gibt es einen Unterhalt, der mindestens an den Unterhaltsbedürftigen zu leisten ist, und zwar unabhängig vom Einkommen der am Unterhaltsverhältnis beteiligten Personen? Diese Frage betrifft die ZWEITE PRÜFUNGSEBENE zum Unterhaltsanspruch. Die Frage, ob der Mindestunterhalt vom Unterhaltspflichtigen bezahlten werden kann, betrifft dagegen die VIERTE PRÜFUNGSEBENE zum Unterhaltsanspruch. Letztere ist hier nicht Gegenstand der Darstellung: siehe dazu Thema LEISTUNGSFÄHIGKEIT.
Im Regelfall wird der BEDARF des Unterhaltsbedürftigen nach Maßgabe der UNTERHALTSRELEVANTEN EINKOMMEN bestimmt: Beim KINDESUNTERHALT für ein Kind ohne eigener Lebensstellung nach dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils und beim EHEGATTENUNTERHALT nach den EHELICHEN LEBENSVERHÄLTNISSEN und somit nach dem Gesamteinkommen der Ehegatten.
Diese Berechnung in Abhängigkeit vom Einkommen der Beteiligten findet seine Grenze, wenn die Schwelle zum Existenzminimum unterschritten wird. Ein unter dem Existenzminimum liegender Bedarf kann niemals ein "angemesser" Bedarf sein (vgl. BGH vom 04.08.2010 - XII ZR 7/09). Losgelöst von den Einkommensverhältnissen ist der Bedarf eines Unterhaltsbedürtigen immer mindestens des Existenzminimum. Dafür muss keine Einkommesnermittlung durchgeführt werden.
BGH, Urteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09
Zum Existenzminimum
(Zitat, Rdn. 34) "(...) das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten, das nach der neueren Rechtsprechung des Senats dem notwendigen Selbstbehalt eines nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (...) entspricht, erreichen muss (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Tz. 31 ff. und vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Tz. 46)."
Da stets das sozialrechtliche Existenzminimum sich im notwendigen Selbstbehalt des nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen lt. Düsseldorfer Tabelle ausdrückt, sind für alle Unterhaltsberechtigte - außer für Kinder - diese Maßgröße relevant.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00
zum Existenzminimum der Eltern
(Zitat) "Als angemessener Unterhalt müssen aber auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum der Eltern sichergestellt werden kann und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sind (...). Insofern ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, wenn zur Ermittlung des so bemessenen Bedarfs auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen, am sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgerichteten Eigenbedarfssätze (...) zurückgegriffen (...) wird (...)."
18-jährige Schülerin wird schwanger und beansprucht vom Kindsvater Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB. Hier ist kein fiktives Einkommen der Schülerin ermittelbar, welches sie erzielt hätte, wenn sie nicht schwanger geworden wäre. Also ergibt sich der angemessene Lebensbedarf aus dem Existenzminimum für nicht Erwerbstätige: 800,- €. Der Unterhaltsanspruch gegen den Kindsvater ist vorrangig gegenüber dem möglichen Kindesunterhaltsanspruch gegenüber den Eltern der Kindsmutter. > Mehr zum Thema UNTERHALT OHNE TRAUSCHEIN
Wenn der Unterhaltspflichtige keine AUSKUNFT über sein UNTERHALTSRELEVANTES EINKOMMEN erteilt, stellt sich immer die Frage, ob ohne weitere Informationen mit Leistungsantrag ein Unterhaltsverfahren erfolgreich durchgeführt werden kann: siehe dazu Thema LEISTUNGSKLAGE auf ZAHLUNG des EXISTENZMINIMUMS.