Standort:
Startseite > Kanzlei für Familienrecht > Leitfaden Unterhalt > Unterhaltsberechtigte > System > Prüfungsschema > Bemessungsgrundlagen > Bemessungsgrundlage - Einkommen > Auskunft > Einkommen ermitteln > Unternehmer-Einkommen > realer Geldzufluss > erzielbares Einkommen > Einkommen korrigieren > Einkommen bereinigen > Katalog - Abzugspositionen > Formular zum Einkommen
Je weniger eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten in die Berechnung einfließt, desto höher stellt sich dessen > Unterhaltsbedürftigkeit und somit der Unterhaltsanspruch dar.
Je geringer das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist, desto geringer ist seine > Leistungsfähigkeit und somit seine Unterhaltsverpflichtung.
» Werbungskosten im steuerlichen Sinn sind nicht gleich > berufsbedingte Aufwendungen im unterhaltsrechtlichen Sinn: > Mehr
» Steuerrechtliche > Abschreibungen werden u.U. unterhaltsrechtlich korrigiert: > Mehr
» Negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden unterhaltsrechtlich nicht ohne weiteres anerkannt: > Mehr
» Unterhaltsrechtliche > Obliegenheit zur Steueroptimierung: > Mehr
FORMULAR
zur Einkommensbereinigung
Die meisten Abzugsposten, die über den > Abzug des Selbstbehalts hinausgehen, betreffen Ausgaben, die in unmittelbarer Verbindung zum Einkommenserwerb stehen. Es handelt sich im Regelfall um Kosten /Lasten, die ohne Erwerbstätigkeit nicht anfallen würden, dem Erhalt der Erwerbsfähigkeit oder der Altersvorsorge dienen. Eine Ausnahme davon bildet die Kategorie der sog. > berücksichtigungswürdigen Schulden.
Kategorien:
Au-Pair-Mädchens:
Kosten eines im Haushalt lebenden Au-Pair (vgl. OLG Koblenz v. 31.05.2007 - 7 UF 181/07 in FamRZ 2008, 434).
Betriebsrentenbeiträge: ja > private Altersvorsorge
Direktversicherungsbeiträge: ja
> private Altersvorsorge: Bei Direktversicherungen des Arbeitgebers (Pensionszusage) - handelt es sich um Beitragsleistungen vom Arbeitgeber an den Rentenversicherungsträger, die nicht an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird. Damit ist eine vom Arbeitgeber gezahlte Direktversicherung kein unterhaltsrechtlich relevanter Einkommensbestandteil, da sie dem Unterhaltspflichtigen zur Deckung seines persönlichen Bedarfs nicht zur Verfügung steht. (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 16.07.2004 - 10 UF 31/04; OLG Celle vom 04.08.2004 - 12 WF 228/04 = FamRZ 2005, 297).
Fortbildungskosten: ja,
im angemessenen Rahmen dienen in der Regel dazu, das Einkommen zu erhalten oder zu verbessern, und sind daher regelmäßig als > berufsbedingte Aufwendungen und damit als Abzugsposition anzuerkennen; im Einzelfall wird auf die Notwendigkeit der einzelnen Fortbildungsmaßnahme abzustellen sein. Die damit verbundene Einkommensminderung wird anerkannt, wenn sie für die am Unterhalt beteiligten Personen und deren Interessen als zumutbar und hinnehmbar zu qualifizieren sind (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 21. 7. 1999 - 2 WF 108/99)
> Mehr
Gewerbesteuer
bei der Einkommensermittlung von Unternehmern > hier
Gewerkschaftsbeitrag:
Im Rahmen der Geltendmachung > konkreter berufsbedingter Aufwendungen können Gewerkschaftsbeiträge neben den konkreten Fahrtkosten gesondert in Ansatz gebracht werden, sofern die OLG-Leitlinien keine Obergrenze von 50 € bzw. 150 € vorsehen (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der Familienrechtlichen Praxis, 10. Auflage 2019, § 1, > Rn 1046).
Kindergartenkosten (ohne Verpflegungskosten-Beitrag): nein. Kosten sind Mehrbedarf des Kindes > hier
Kinderkrippenkosten: ja. Kosten können berufsbedingter Aufwand sein > hier
Kindesunterhalt:
beim Ehegattenunterhalt: ja - Mehr dazu > hier
bei Kindesunterhaltsberechnung für ein anderes minderjähriges Kind: nein (> Mangelfall-Berechnung bei gleichrangigen Kindern)
bei Kindesunterhaltsberechnung für ein anderes volljähriges Kindes ab 21 Jahren, das sich nicht mehr in Schulausbildung befindet: ja (§ 1609 Ziff. 4 BGB) -> Mehr dazu > hier
Krankenhausaufenthalt, private Zuzahlungen: nein,
weil die eingesparten Lebenshaltungskosten im Privathaushalt gegenzurechnen sind und regelmäßig die Zuzahlungen aufwiegen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.02.2008 - 2 WF 5/08).
Krankenhaustagegeldversicherung: ja
(BGH, FamRZ 2009, 1207)
Medikamente und Praxisgebühr:
Private Zuzahlungen zu Medikamenten sind abzugsfähig, wenn im konkreten Einzelfall ein Mehrbedarf wegen Krankheit, Alter oder sonstige Gebrechen dargelegt werden kann, der von den Krankenversicherungen nicht übernommen wird (vgl. Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, § 1 Die Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens, Rn 1064 ff.)
Miete für die Privatwohnung: nein
(Näheres dazu siehe unter > Wohnung und Eigenheim und > Miete nach Trennung).
"Riesterrente": ja > private Altersvorsorge
Spenden: nein
Steuerberaterkosten: ja
(bei Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nur, soweit sie noch nicht in der Gewinnermittlung berücksichtigt sind).
Kosten für die Erstellung der Steuererklärung, die dem Erreichen von > Steuererstattungen dienen soll (BGH, Urteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08, Rn 27)
Umgangskosten: grundsätzlich nein.
In Ausnahmefällen, wenn überdurchschnittlich hohe Kosten für den Umgang anfallen, weil z.B. das Kind weit weggezogen ist. > Mehr
Es können die reinen belegbaren Mehrkosten in Abzug gebracht werden, also Kosten für die Fahrkarte, Kosten für Benzin. Abrechnung nach > Kilometerpauschalen ist nicht möglich.
Verfahrenskosten, Scheidungskosten
soweit diese als erforderlich anerkannt werden können (OLG Köln, Beschluss vom 30.01.2013).
Verfahrenskostenhilfe (VKH) mit Ratenzahlung: nein
Die Raten können nicht vom unterhaltsrelevanten Einkommen abgezogen werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.02.2008 - 2 WF 5/08; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.04.2018 - 2 UF 135/17). Mehr dazu > hier
Vermögenswirksame Leistungen (VWL):
Zusatzleistungen des Arbeitgebers für die vermögenswirksame Anlage sind dem Bezieher zu belassen (vgl. Ziff. 10.6. der Ergänzung der Düsseldorfer -> Leitlinien). Beiträge des Unterhaltsschuldners zu vermögenswirksamen Leistungen mindern das Einkommen nicht, sofern sie nicht als > Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden können (vgl. OLG Hamm, 09.06.2011 - 6 UF 47/11: Fall > Trennungsunterhalt).
Versicherungsbeiträge: ja,
soweit die Versicherung eine angemessene Vorsorge zur Absicherung des eigenen Lebensbedarfs darstellt (= Rücklagenbildung zur Absicherung des Lebensstandards). Versicherungsbeiträge zur Absicherung des Lebensbedarfs anderer Familienmitglieder können nur dann zum Abzug kommen, wenn es sich dabei um Unterhaltsleistungen für vorrangig (zum > Rang siehe § 1609 BGB) Unterhaltsberechtigte geht. Hinweis: zum Vorrang des Kindesunterhalts (= Abzugsposition) gegenüber Ehegattenunterhalt > hier; zum Nachrang der Beitragsleistungen zur Krankenversicherung der Ehefrau gegenüber Kindesunterhalt (BGH, Beschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, Rn 25).
Doch dazu nun folgende Hinweise:
Koch, Hdb Unterhaltsrecht, 13. Aufl. 2017, § 1 Rn 285 (Zitat):
„Die Prämien zur privaten Unfallversicherung sind in der Regel nicht notwendig: die Beiträge sind – auch wegen ihrer geringen Höhe – dem allgemeinen Lebensbedarf zuzurechnen. Ausnahmsweise kann die Unfallversicherung beim Selbstständigen anerkannt werden, der nicht über die Berufsgenossenschaft gegen die Risiken eines berufsbedingten Unfalls geschützt ist.“
OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.4.2016 – 13 UF 1/13:
(Zitat) „Die Beiträge zu ihrer freiwilligen Unfallversicherung bei der Gothaer von monatlich 29,44 Euro sind entgegen der Ansicht der Ast. nicht zur berücksichtigen. Beiträge für eine freiwillige Unfallversicherung sind in der Regel weder notwendig noch mit Rücksicht auf ihre geringe Prämienhöhe als besondere Belastung anzusehen und dem allgemeinen Lebensbedarf zuzurechnen (vgl. OLG Köln, FamRZ 1979, 134; Weinreich/Klein/Kleffmann, FA-Kommentar, FamR, 5. Aufl., Grundlagen der Einkommensermittlung Rn. 62).“
BGH, Beschluss vom 15.12.2021 - XII ZB 557/20
Zinsen und Tilgung kreditfinanzierter Immobilien
Leitsätze:
1. Steuerliche Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden berühren das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht (Bestätigung von BGH FamRZ 2005, 1159 = NJW 2005, 2077).
2. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die mittels kreditfinanzierter Immobilien erzielt werden, ist bis zur erzielten Miete nicht nur die – die Einkünfte bereits steuerrechtlich vermindernde – Zins-, sondern auch die Tilgungsleistung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (Fortführung von BGHZ 213, 288 = NZFam 2017, 303 mAnm Norpoth und BGH FamRZ 2018, 1506 = NZFam 2018, 885 mAnm Niepmann).
3. Selbständige können in der Summe > 24 % ihres Bruttoeinkommens des jeweiligen Jahres für die Altersvorsorge aufwenden und damit – soweit eine solche Vorsorge tatsächlich betrieben wird – von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen absetzen (im Anschluss an BGHZ 177, 272 = NJW 2008, 3125). Im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte Tilgungsleistungen sind auf diese Altersvorsorgequote nicht anzurechnen (Fortführung von BGHZ 213, 288 = NZFam 2017, 303 mAnm Norpoth)
Anmerkung: Ergeben sich aus dem Steuerbescheid und den Anlagen zur Ermittlung der Einkünfte für bestimmte Einkunftsarten negative Einkünfte, so hat dies den Effekt, dass die negativen Einkünfte die Summe aller Einkünfte (§ 2 Abs.3 EStG) mindert und damit die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer. Unterhaltsrechtlich wirken steuerliche negative Einkünfte wie eine > Einkommensbereinigung. Ob der Steuerspareffekt von negativen Einkünften unterhaltsrechtlich anerkannt wird, hängt davon ab, ob die unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Für die Anerkennung von privaten Kreditverbindlichkeiten als Abzugsposten vom Einkommen haben sich > Abwägungskriterien herausgebildet, die auch für die Anerkennung von negativen Gewinneinkünften Bedeutung haben. Ein Beispiel: häufig ergeben sich aus Steuerbescheiden negative Einkünfte aus > Vermietung und Verpachtung von Immobilienvermögen. Ursachen dafür können sein
Dienen die Aufwendungen (i.d.R Tilgungsleistungen bei Immobiliendarlehen), dem Aufbau eines Immobilienvermögens (> vermögensbildender Schuldenabbau) steht das Unterhaltsrecht dem Abzug solcher Aufwendungen vom Einkommen generell kritisch gegenüber. Es ist nämlich nicht einzusehen, warum die Belange des Unterhaltsberechtigten davon negativ betroffen sein sollen und dieser den Effekt indirekt mitfinanziert. Dies führt nach der Rechtsprechung des BGH dazu, dass negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unterhaltsrechtlich in der Regel abgeblendet werden. Es sei denn, die Aufwendungen (Tilgungsleistungen) stellen zugleich eine angemessene Form zum Aufbau einer > privaten Altersvorsorge dar.
Dem XII. Zivilsenat (Beschluss vom 15.12.2021 - XII ZB 557/20) zufolge sind bis zur erzielten Miete sowohl die Zinsen als auch die Tilgungsleistungen für das Gebäude auf das Einkommen aus Vermietung und Verpachtung anzurechnen. Bis zu den tatsächlichen Mieteinnahmen handele es sich nicht um eine Vermögensbildung "zu Lasten" des Unterhaltsberechtigten. Erst wenn Tilgungsbetrag und Schuldzinsen die Mieteinkünfte übersteigen, würde das den Unterhaltsbetrag mindern, so der BGH. Dabei sei jede Immobilie für sich zu betrachten. Ansonsten könnte eine unzulässige Querfinanzierung von Verlust machenden Objekten durch Mietgewinne aus anderen Projekten kommen.
BGH, Urteil v. 01.12.2004 - XII ZR 75/02
Ausblendung negativer Mieteinkünfte - Steuerliche Bereinigung - Gebäude-Afa
Anmerkung: Der BGH befasst sich in dieser Entscheidung mit der unterhaltsrechtlichen Anerkennung von Abschreibungen für die Abnutzung von Immobilien, Instandsetzungskosten und Zinslasten aus der Immobilienfinanzierung. Er kommt zu dem Ergebnis, dass bei unterhaltsrechtlicher Aberkennung dieser Abzugspositionen zugleich auch die tatsächlich erzielten Mieteinnahmen nicht anzuerkennen sind, in dem sämtliche Auswirkungen aus der negativen Einkunftsart ausgeblendet werden. Also muss auch die Einkommensteuer für unterhaltsrechtliche Zwecke fiktiv nur anhand der übrigen positiven Einkünfte ermittelt und berücksichtigt werden.
(Zitat) "Nach der Rechtsprechung des Senats berühren Abschreibungen für die Abnutzung von Gebäuden das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen nicht, weil ihnen ein Verschleiß von Gegenständen des Vermögens zu Grunde liegt und die zulässigen steuerlichen Pauschalen vielfach über das tatsächliche Ausmaß der Wertminderung hinausgehen. Darüber hinaus ist zu beachten, daß sie durch ein günstige Entwicklung des Immobilienmarkts ausgeglichen werden können. Instandsetzungskosten können unterhaltsrechtlich nur insoweit einkommensmindernd berücksichtigt werden, als es sich um notwendigen Erhaltungsaufwand handelt und nicht um solchen für Ausbauten und wertsteigernde Verbesserungen, die der Vermögensbildung dienen."
(Zitat) "Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß zwar zum einen die erzielten Verluste nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden können, daß aber zum anderen auch die dadurch erzielte Steuerersparnis außer Betracht zu bleiben hat, weil sie ohne die Übernahme des Grundbesitzes nicht eingetreten wäre. Bei einer solchen Fallgestaltung ist - in Abweichung von dem Grundsatz, daß zur Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens die tatsächlich entrichtete Steuer in Abzug zu bringen ist - eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen, nämlich zu ermitteln, in welcher Höhe Steuern auf das nicht durch die Verluste reduzierte übrige Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu entrichten wären (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987, 36, 37 zur Berücksichtigung von Steuerersparnissen durch die Beteiligung an einem Bauherrenmodell und vom 2. Juni 2004 - XII ZR 217/01 - FamRZ 2004, 1177, 1179 zur Berücksichtigung von Steuerersparnissen durch später aufgelöste Ansparabschreibungen)."
Blendet man die negativen Einkünfte aus Steuersparmodellen (z.B. aus kreditfinanziertem Immobilienvermögen) ab, kommt es zur Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage (> Summe aller Einkünfte). Mit Abblenden der negativen Einkünfte wird fiktiv für unterhaltsrechtliche Zwecke die Steuerbemessungsgrundlage erhöht. Dies löst wiederum eine fiktive Berechnung der Steuerlast aus und führt zu einem fiktiv erhöhten Steuerabzug (= Neutralisierung des Steuerspareffekts). Wenn man dagegen die negativen Einkünfte aus dem Steuersparmodell nicht abblendet, werden die aus dem Steuersparmodell folgenden Steuererstattungen dem unterhaltsrelevanten Einkommen zuzurechnen sein. Diese Steuerersparnis (Steuererstattungen) müssten wiederum um die tatsächlichen Verluste (nach Abzug der Abschreibungen) bereinigt werden.
Bei negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist im Einzelfall zu differenzieren: