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Unterhaltsanspruch
bei vorhandenem Vermögen
Bemessungsgrundlagen
zur UnterhaltsermittlungJede Unterhaltsermittlung basiert auf einem Grundschema von > fünf Prüfungsebenen. Das Ermittlungsergebnis zur jeweiligen Prüfungsebene basiert auf den dazu verwendeten > Bemessungsgrundlagen. Neben dem unterhaltsrelevanten > Einkommen ist das vorhandene Vermögen eine weitere Bemessungsgrundlage. Zum System der Unterhaltsermittlung
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Vermögen
als BemessungsgrundlageEs gibt Fallkonstellationen, in denen das Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage ungeeignet ist (> mehr). In diesen Fällen kann das Vermögen als sog. sekundäre Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sein. Fragen der Verwertung des Vermögensstamms bzw. des Vermögensverbrauchs führen im Unterhaltsrecht ein Schattendasein und werden in der Praxis häufig stiefmütterlich behandelt oder schlicht übersehen. Zu Unrecht: Denn Unterhaltspflichten orientieren sich auch danach, ob verwertbares Vermögen der Beteiligten vorhanden ist. Welche Bedeutung vorhandenes Vermögen als Bemessungsgrundlage für die Unterhaltsermittlung haben kann, erfahren Sie
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Mit Formularen zum Einkommen und Vermögen
Von Fachanwälten in der Praxis geprüft und empfohlen.
Grundschema
zur Unterhaltsermittlung
Prüfungsebene
Bedarf
Auf der > zweiten Prüfungsebene zum Unterhaltsanspruch wird der > Unterhaltsbedarf ermittelt. Hier wird ermittelt, wie hoch der Anspruch grundsätzlich sein kann. Der Unterhaltsbedarf orientiert sich an der sog. Lebensstellung bzw. den Lebensverhältnissen des Unterhaltsgläubigers (> Vorschriften zum Bedarf). Die Lebensverhältnisse spiegeln wider, welche Geldmittel zum Bestreiten des Lebensunterhalts benötigt werden. Hauptindikator dafür ist das Einkommen (> Indikatoren der Lebensstellung). Ein vorhandener Vermögensstamm eines der Unterhaltsbeteiligten indiziert dagegen die Lebensverhältnisse grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der allgemeine Lebensunterhalt über einen (kontinuierlichen) Verbrauch der vorhandenen Vermögenssubstanz finanziert wird. Dies ist in der Praxis selten der Fall (> Beispiel). Damit gilt die Faustformel: Ein vorhandener Vermögensstamm hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Bedarfsermittlung. Für Vermögenserträge aus dem Vermögensstamm gilt das nicht.
- Weiterführende Links:
» Vermögen als Indikator des Unterhaltsbedarfs
» Bedarf des Kindes bei vermögenden Eltern ohne Einkommen
» Vermögenserträge sind unterhaltsrelevantes Einkommen
» Totalitätsprinzip der Einkommensermittlung
Prüfungsebene
Bedürftigkeit
Kann eine vermögende Person > unterhaltsbedürftig sein? Für die meisten Unterhaltsschuldner ist es nicht einsichtig, warum sie einem Unterhaltsgläubiger, der erhebliches Vermögen besitzt, Unterhalt bezahlen sollen. Je nachdem, in welcher verwandtschaftlichen Beziehung Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner zueinander stehen, wird entweder der Pflicht zum Vermögensverbrauch zur Finanzierung des Lebensunterhalts oder der Pflicht zur Unterhaltsleistung der Vorrang eingeräumt. Besteht für den Unterhaltsgläubiger im Ergebnis keine Pflicht zum Verzehr des Vermögensstammes, bleibt zu prüfen, ob das vorhandene Vermögen optimal genutzt wird. Denn kommt er seiner > Obliegenheit zur Einkommensoptimierung nicht nach, weil keine Wertschöpfung aus dem Vermögensstamm stattfindet, werden ihm jedenfalls fiktive Vermögenserträge (> fiktives Einkommen) zugerechnet.
- Weiterführende Links:
» Unterhaltsbedürftige Familienmitglieder mit Vermögen
» Obliegenheit zur gewinnbringenden Vermögensanlage
Prüfungsebene
Leistungsfähigkeit
Auf der > vierten Prüfungsebene kann ein Unterhaltsanspruch an der fehlenden > Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners scheitern. Besitzt der Unterhaltspflichtige zwar erhebliches Vermögen, aber kein (ausreichendes) Einkommen, stellt sich die Frage, ob er sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen kann.
- Weiterführende Links:
» Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners mit Vermögen
Prüfungsebene
Begrenzung
Wurde vorhandenes Vermögen mutwillig beiseite geschafft, damit es nicht bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt wird, kann es zur > Begrenzung des Unterhaltsanspruchs kommen.
- Weiterführende Links:
» Verschwundenes Vermögen beim Ehegattenunterhalt
Obliegenheit zur Vermögensverwertung
Wann ist Vermögen für Unterhalt einzusetzen?
- Der Unterhaltsberechtigte ist dann nicht > unterhaltsbedürftig, wenn er eigenes Vermögen – nicht nur die zum Einkommen zählenden > Vermögenserträge – zur Deckung seines Bedarfs einsetzen kann. Eine Ausnahme sieht § 1602 Abs. 2 BGB bei Unterhaltsansprüchen > minderjähriger unverheirateter Kinder gegen ihre Eltern vor. In diesem Fall bleibt deren Vermögen unberührt.
- Dem Unterhaltspflichtigen oder Unterhaltsberechtigten gehörendes Vermögen ist bei der Bemessung des Verwandtschaftsunterhalts dann unberücksichtigt zu lassen, soweit dessen Verwertung, gemessen an der Treu-und-Glauben-Regel des § 242 BGB, als unbillig erscheint.
- Im nachehelichen Unterhalt bestimmen § 1577 Abs. 3 BGB für den Berechtigten, § 1581 S. 2 BGB für den Verpflichteten, dass der Stamm des jeweiligen eigenen Vermögens nicht zu verwerten ist, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
- Die Abwägung nach den Kriterien "unbillig" und "unwirtschaftlich" hat grundsätzlich unter besonderer Berücksichtigung eines > Schonvermögens zur Altersvorsorge zu erfolgen.
- Weiterführende Links:
» Wann ist Vermögen unterhaltsrelevant?
Doppelverwertungsverbot
Was unterhaltsrechtlich bereits berücksichtigt wurde, kann nicht noch einmal bei der Vermögensauseinandersetzung verwertet werden und umgekehrt.
> hier
Links & Literatur
Links
- Unterhaltsrelevantes Vermögen
- Einkommensoptimierung: die Obliegenheit zur Wertschöpfung aus dem Vermögen
- Altersvorsorgevermögen
- Abfindung im Unterhaltsrecht
Literatur
- Dose, Zur Verwertung des Vermögensstammes, in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, Rn 607 ff