Einkommen des Unternehmers
bereinigen

  • Unternehmerlohn

    Der sog. Unternehmerlohn ist die Bemessungsgrundlage zur Bestimmung der Höhe von Unterhaltsansprüchen. Wie dieser ermittelt wird, erfahren Sie
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  • Einkommensbereinigung

    Der Unternehmerlohn unterliegt den gleichen Grundsätzen zur Einkommensbereinigung wie das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit.
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    Allerdings sind beim Unternehmer weitere Besonderheiten anzutreffen. Dies gilt insbesondere für die Behandlung von steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten und Betriebsmittelkrediten.
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Formular II - Auskunft des Unternehmers
Mit Formularen und Checklisten vom Fachanwalt
den unterhaltsrelevanten Gewinn korrekt ermitteln und Auskunft verlangen bzw. erteilen.


Abschreibungen
im Unterhaltsrecht

Lt. steuerlicher > AfA-Vorschriften die Anschaffungskosten für betriebliche Wirtschaftsgütern (Anlagegüter) nicht vollständig im Jahr der Anschaffung als Aufwand gebucht werden. Anderes gilt nur für sog. geringwertige Wirtschaftsgüter. Die Anschaffungskosten werden bei der Gewinnermittlung auf die Folgejahre verteilt und werden ratierlich in Abzug gebracht (= Abschreibung = AfA). AfA-Vorschriften bezwecken, die Anschaffungskosten über die Gesamtzeit der (kalkulierten) Nutzungsdauer des Anlageguts zu verteilen. Die AfA ist nichts anderes als eine „zeitlich gestreckte“ Betriebsausgabe. Die Frage ist, ob diese Form der Behandlung von Anschaffungskosten auch unterhaltsrechtlich beachtlich ist; folgt hier das Unterhaltsrecht den steuerlichen Vorgaben. Diese Fragen werden nicht einheitlich und pauschal beantwortet. Zwar gilt der Grundsatz, dass sich das > unterhaltsrelevante Einkommen aus dem > steuerrelevanten Einkommen ableitet, doch sind beim > Unternehmergewinn unterhaltsrechtlich zahlreiche > Einkommenskorrekturen veranlasst. Auch steuerlich akzeptierte Abschreibungen können unterhaltsrechtliche Korrekturen erfahren. Viele Gerichte lassen bei der Feststellung des unterhaltsrelevanten Unternehmergewinns Abschreibungen generell unberücksichtigt. Das ist nicht korrekt. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hat sich aber eine differenzierende Betrachtung entwickelt.

  • Grundsatz zur Anerkennung der linearen Abschreibung:
    Die Abschreibungsrate von angeschafften Wirtschaftsgütern für Abnutzung (AfA) in der betrieblichen Gewinnermittlung sind in der Regel auch unterhaltsrechtlich abzugsfähig. Allerdings müssen die jährlichen AfA-Raten ein realistisches Bild der tatsächlichen Abnutzung des abgeschriebenen Wirtschaftsguts, d. h. den realen Wertverlust des Anlagevermögens wieder spiegeln.

  • Lineare Abschreibung von Gebäuden: So sind z.B. steuerlich zulässige lineare Abschreibungen von Gebäuden nicht maßgebend, wenn diese erheblich über das Maß der tatsächlichen Wertminderung hinausgehen. Bei Gebäuden mit Wertsteigerung tritt tatsächlich kein Wertverlust ein. Dann sind lineare Gebäude-Abschreibungen nicht zu berücksichtigen. Zur Gebäude-AfA im Unterhaltsrecht
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  • Lineare Abschreibung des Praxiswerts: Das gleiche Problem existiert z.B. bei der Afa wegen Praxisanschaffung eines Freiberuflers: Der Unternehmer kann wegen der Anschaffung einer Praxis die Anschaffungskosten steuerrechtlich linear abschreiben (zur > Abschreibung des entgeltlich erworbenen Praxiswerts). Ein käuflich erworbener Praxiswert stehen dem Unternehmen dauernd zur Verfügung. Sie sind ein unkörperlicher Wert und damit als immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens auszuweisen. Seit dem In-Kraft-Treten des Bilanzrichtliniengesetzes ist der Geschäftswert den abnutzbaren Wirtschaftsgütern zugeordnet. Nach § 255 Abs. 4 S. 2 HGB ist der entgeltlich erworbene Geschäftswert grundsätzlich innerhalb von vier Jahren aufzulösen. Steuerrechtlich wird aber nach § 7 Abs. 1 S. 3 EStG der Abschreibungszeitraum fiktiv auf 15 Jahre festgelegt. Wird eine Praxis übertragen, ist eine regelmäßige Abschreibung auf den Praxiswert vorzunehmen. Die Nutzungsdauer ist abhängig von der Verflüchtigungsdauer der Patienten/Klienten und zu schätzen. Sie beträgt bei der Einzelpraxis in der Regel drei bis fünf Jahre. Sind die Afa-Praxiswert unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen?

  • AG Pankow/Weißensee , Beschluss vom 04.12.2015 – 202 F 5120/14
    Lineare Abschreibung des Firmenfahrzeuges im Unterhaltsrecht

    (Zitat) „Die Einnahmen des Antragsgegners aus Selbständigkeit sind nicht aus lediglich steuerrechtlich, aber nicht unterhaltsrechtlich anzuerkennender Abschreibung in Bezug auf den > Pkw Audi zu erhöhen. Mit Ausnahme von Gebäuden wird die Zulässigkeit der linearen Abschreibung nach dem Steuerrecht (Afa) unterhaltsrechtlich im Grundsatz anerkannt (vgl. Spieker in 9. A Wendl/Dose, a.a.0., S. 136). Auch wenn – worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist - die Abschreibungszeit bei PKWs nach Afa mit 6 Jahren gemessen an dem Wertverzehr bei hochwertigen Pkws kurz er­scheint, ist sie vorliegend insofern gleichwohl sachgerecht und geboten, weil eine spätere Veräußerung nach Abschreibung sich wieder gewinnerhöhend auswirkt, die unternehmerische Ent­scheidung für den Kauf eines repräsentativen Autos für die Branche des Antragsgegners nicht untypisch ist und die Anschaffung des PKWs ohne erkennbaren Zusammenhang mit dem Unterhaltsverfahren erfolgte.

  • Degressive Abschreibungen sind für unterhaltsrechtliche Zwecke fiktiv in lineare Abschreibung umzurechnen und können in diesem Rahmen berücksichtigt werden.

  • Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) – Sofortabschreibung: Steuerpflichtige der Gewinneinkunftsarten können die Anschaffungs- oder Herstellkosten von Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) bis zur Höhe von 150 Euro (2017) sofort ohne Verzeichnis als Betriebsausgabe berücksichtigen (Sofortabzug). Für GWG im Wert zwischen 150 und 410 EUR müssen Steuerpflichtige der Gewinneinkunftsarten ein GWG-Verzeichnis anlegen, das sowohl den Tag der Anschaffung, Herstellung oder Einlage ins Betriebsvermögen als auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten ausweist.
    Hinweis: Sind die Angaben ohne Weiteres aus der Buchführung ersichtlich, z. B. auf einem Kontoblatt, kann auf das Verzeichnis verzichtet werden. Hier > folgt das Unterhaltsrecht dem Steuerrecht.

  • Anhebung der GWG-Grenze 2018: Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) können im Jahr der Anschaffung oder Herstel­lung sofort in voller Höhe gewinnmindernd geltend gemacht werden. Ein GWG ist ein bewegliches Anlage­gut, das selbständig nutzbar ist, mit Anschaffungs- und Herstellungskosten bis 410 € netto, z.B. ein PC. Dieser Höchstbetrag wird für alle Investitionen ab 2018 auf 800 € netto erhöht. Kostet das GWG mehr als 150 €, muss es einzeln aufgezeichnet werden auf einem besonderen Konto in der Buchführung. Auch diese Grenze wird ab 2018 auf 250 € angehoben. Beispiel: Anschaffung eines Tablet-PC im August 2017 für 599 € netto. Die Aufwendungen können nur auf die Nutzungsdauer von 3 Jahren verteilt abgesetzt werden. Bei Anschaffung 2018 ist der Tablet-PC ein geringwertiges Wirtschaftsgut. Die Anschaffungskosten von 599 € können 2018 in voller Höhe als Betriebs­ausgabe geltend gemacht werden. Durch den Abzug eines Investitionsabzugsbetrags (IAB) im Jahr 2017 für geplante Anschaffungen 2018 können auch Wirtschaftsgüter als GWG berücksichtigt werden, deren Anschaffungskosten 800 € netto übersteigen.

    Beispiel: Wird 2017 für den geplanten Kauf einer Videodrohne 2018 mit Anschaffungskosten von 1.200 € ein IAB mit 40 v.H. der Anschaffungskosten beansprucht = 480 €, mindern sich die Anschaffungskosten der Drohne 2018 um diesen Betrag. Die restlichen Anschaffungskosten von 720 € können 2018 in voller Höhe abgezogen werden. Im Ergebnis werden damit die gesamten Anschaffungskosten 1.200 € innerhalb von zwei Jahren abgesetzt.

  • Anspar-Abschreibungen / Investitionsabzugsbeträgen: siehe BGH, Urteil vom 2.6.2004 - XII ZR 217/01


Betriebsmittelkredit
und Aufwendungen für Unternehmenskauf

Loewe

AG Duderstadt, Beschluss vom 03.07.2017 – 8 F 18/14 UK (intern vorhanden)
lineare Abschreibung des Praxiswertes im Unterhaltsrecht – Betriebsmittelkredit


(Zitat) „Ähnlich wie bei Abschreibungen auf Gebäude oder andere immaterielle Werte, die keinem Werteverzehr unterliegen, erscheint es zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung Unterhaltsberechtigter einerseits sachgerecht, derartige Abzugsbeträge bei der Gewinnermittlung unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen.

Damit ist noch nichts darüber gesagt, ob ggf. der Tilgungsbetrag für den zur Gebäudefinanzierung aufgenommenen Kredit unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig und vom Nettoeinkommen abzuziehen ist (vgl. Wendl/Dose, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, § 1 Rn. 360). Dies ist vielmehr – wie auch in Bezug auf andere Verbindlichkeiten – im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Grundsätzlich sind Verbindlichkeiten im Rahmen eines angemessenen Tilgungsplans absetzbar, wenn nach einer umfassenden Gesamtabwägung ihre Berücksichtigung der Billigkeit entspricht (vgl. Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate des OLG Braunschweig, Ziff. 10.4)."


OLG Saarbrücken, Beschluss vom 14.11.2019 – 6 UF 78/19
Einkommensbereinigung des Unternehmers – Betriebsmittelkredit

Leitsatz: Bei darlehensfinanzierten Betriebsmitteln kommt – neben dem Abzug der Darlehenszinsen und der Abschreibung für Abnutzung – grundsätzlich kein Abzug der Darlehenstilgungsleistungen in Betracht, soweit die Abschreibungen dem Werteverzehr der Gegenstände Rechnung tragen und – wie Tilgungen – gewinnmindernd wirken.

Loewe

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2022 – II-1 UF 78/22
Abzugsposten zur Einkommensbereinigung – Tilgungsleistungen auf Betriebsmitteldarlehen


(Zitat) „Die Tilgungen sind nicht durch die für die Altersvorsorge geltende 24 %-Grenze limitiert, sondern trotz ihres vermögensbildenden Charakters voll abzugsfähig. Die Vermögensbildung geht nämlich nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, weil es ohne die Tilgung nicht die zu seinen Gunsten berücksichtigten Einkünfte des Antragsgegners aus der Anwaltskanzlei gäbe. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen auch beim Kindesunterhalt.“

Loewe

AG Straubing, Beschluss vom 23.01.2019 – 3 F 299/16 (intern vorhanden, unser Az.: 426/17)
Einkommensbereinigung des Unternehmergewinns um Tilgungsleistungen für Unternehmenskredit


Anmerkung: Zinsleistungen für Betriebsmittelkredite werden in der steuerlichen Gewinnermittlung als betrieblicher Aufwand berücksichtigt (vgl. Wendl/Dose, das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, § 1 Rn. 360). Die Tilgungsleistungen auf Praxisanschaffungskredite sind differenzierter zu betrachten. Denn Tilgungsleistungen werden in Form von steuerlichen > Abschreibungen des Anlagevermögens des entgeltlich erworbenen Praxiswertes bereits in der Gewinnermittlung berücksichtigt. Nach § 255 Abs. 4 S. 2 HGB ist der entgeltlich erworbene Geschäftswert grundsätzlich innerhalb von vier Jahren aufzulösen. Steuerrechtlich wird aber nach § 7 Abs. 1 S. 3 EStG der Abschreibungszeitraum fiktiv auf 15 Jahre festgelegt. Wird eine Praxis übertragen, ist eine regelmäßige Abschreibung auf den Praxiswert vorzunehmen. Die Nutzungsdauer ist abhängig von der Verflüchtigungsdauer der Patienten/Klienten und zu schätzen. Sie beträgt bei der Einzelpraxis in der Regel drei bis fünf Jahre. Im Fall des AG Straubing zeigte sich anhand des Anlagen-Abschreibungsverzeichnisses zur freiberuflichen Praxis und aus der Gewinnermittlung, dass der Praxiswert bereits abgeschrieben war. Somit wurden in der GuV-Rechnung die Tilgungsleistungen für den Betriebsmittelkredit nicht mehr steuerlich als betriebliche Ausgaben berücksichtigt. Doch bleiben die Tilgungsleistungen unterhaltsrechtlich als Abzugsposition zu berücksichtigen. Für die Abzugsfähigkeit spricht, dass der Praxisanschaffungskredit der Finanzierung der Einkunftsquelle, dient, aus der die begehrten Unterhaltsleistungen finanziert werden. Die Unterhaltsberechtigten partizipieren also am Erhalt der Einkunftsquelle und hat daran ein ureigenes Interesse. Es erschließt sich nicht, warum die Tilgungsleistungen auf den Praxiskredit, die tatsächlich das verfügbare Einkommen schmälern, keine Berücksichtigung bei der Einkommensbereinigung des unterhaltspflichtigen Unternehmers finden soll.

OLG Frankurt a.M., Beschluss vom 14.6.2019 – 8 UF 25/18
Zur Abzugsfähigkeit des Aufwandes für betriebliche Darlehen vom unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen

(Zitat) Abzugsfähig ist aus dem betrieblichen Darlehen von (noch) [...] EUR nur der Tilgungsanteil, nicht das gesamte betriebliche Darlehen mit Zins und Tilgung, weil die übrigen Anteile des Darlehens (Zins des Praxiserwerbs, Zins und Tilgung der Geräte über die AfA) bereits im steuerlichen Gewinn berücksichtigt wurden und eine doppelte Berücksichtigung sich verbietet."

OLG Hamm, Urteil vom 11. Mai 2010 - II-2 UF 64/08
Einkommensbereinigung des Unternehmereinkommens um Aufwendungen für Unternehmenserwerb (GmbH) durch Leibrentenzahlung

(Zitat, Rn 113) „Die Berücksichtigung der monatlichen Rentenzahlungen des Beklagten an seine Mutter rechtfertigt sich daraus, daß es sich dabei um eine eheprägende Schuld handelt, die aus der Übernahme der vom Beklagten geführten Firma (der »Zahntechnik N. GmbH«) resultiert, die die Grundlage für sein Einkommen als Geschäftsführer darstellt. Nach dem Inhalt des Notarvertrages vom 25. März 1992 beläuft sie sich nach dem Tode des Vaters des Beklagten der Höhe nach auf 80 % von 6.000 DM; das entspricht einer monatlichen Belastung in Höhe von 4.800 DM bzw. 2.454,20 €.“

Hinweis:

Links & Literatur



Links



Literatur


  • Hartmut Schumacher, Gewinnermittlungen lesen, aber richtig, Monographie, Deutscher Anwalt Verlag 2017
  • VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle: Richtige Einkunftsermittlung bei Selbständigen
  • Fischer-Winkelmann, Wolf F., Unterhalstrechtliche Einkommensberechnung bei Selbständigen: Informationspflichten "versus" Informationsbedarf?, in: FUR 1992, 14ff.

In eigener Sache


  • AG Tostedt - NSZ 14 F 263/14 UE, Korrekturen der steuerlichen Gewinnermittlung - SV-Gutachten zum Einkommen des Unternehmers, unser Az.: 6/17 (D3/460-17)
  • AG Dachau - 2 F 717/16, Abschreibung und unterhaltsrelevantes Einkommen eines Freiberuflers, unser Az.: 507/16 (D3/327- 17)
  • AG Straubing - 3 F 299/16, Betriebsmitteldarlehen zum Praxiserwerb und Afa, unser Az.: 426/17 (D3/443-17 und D3/193-18)
  • Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines Apothekers mit Betriebsmittelkredit, unser Az.: 109/16 (D3/1240-16)