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Scheidung > Kanzlei > Infothek > Vermögen auseinandersetzen > gemeinsame Schulden

Weit verbreitet ist die Meinung, dass ein Kredit, den ein Ehegatte mit in die Ehe einbringt, zu gemeinschaftlichen Schulden der Ehegatten werden. Weiter ist der Irrtum verbreitet, beide Eheleute müssten für die Kreditverbindlichkeiten haften, die nur ein Ehegatte allein während der Ehe gebildet habe. Weder das eine, noch das andere ist richtig.

Das Wichtigste in Kürze


  • Kein Ehegatte muss für die Schulden des anderen Ehegatten haften, nur weil er verheiratet ist. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung sieht das nicht vor.
  • Allerdings sind Trennung und Ehescheidung Anlass, um gemeinschaftliche Darlehen rechtlich aufzuteilen und neu zuzuordnen. Wer die Last der Schuld zu tragen hat, ist auch für die Unterhaltsberechnung von Bedeutung.
  • Die für die Praxis relevantesten Themen sind:

    Immobilienkredit
    nach Trennung und Scheidung

    Mietvertrag
    Mietverbindlichkeiten nach Trennung und Auszug

    Steuerverteilung
    bei gemeinsamer Veranlagung

Weitere Wegweiser zur Vermögensauseinandersetzung


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht | Vermögen auseinandersetzen - Gemeinsame Schulden 1

| Leitfaden: Vermögen auseinandersetzen
Sie erhalten einen strukturierten Überblick über die verschiedenen rechtlichen Modelle der Vermögensauseinandersetzung anlässlich von Trennung und Scheidung.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht | Vermögen auseinandersetzen - Gemeinsame Schulden 2

| Gemeinschaftliches Vermögen auseinandersetzen
Die Aufteilung gemeinschaftlichen Vermögens erfolgt nicht über den Zugewinnausgleich, sondern nach Ausgleichsmechanismen des Nebengüterechts.

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht | Vermögen auseinandersetzen - Gemeinsame Schulden 3
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Entstehung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten


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Entstehung durch Vertrag


Eine Schuldengemeinschaft der Ehegatten entstehen grundsätzlich erst dann, wenn beide Ehegatten

wirksam abgeschlossen und unterzeichnet haben und damit jeder Ehegatte per Vertragsschluss Mitschuldner (Gesamtschuldner: § 421 BGB) geworden ist. Wird einer der Ehegatten durch die Mithaftung finanziell überfordert, so kann sie evtl. als sittenwidrig qualifiziert werden und damit unwirksam sein. Dies kommt in der Praxis vor, wenn mittellose Ehefrauen auf Wunsch der Banken Kredite mitunterzeichnen sollen.

Rechtsprechung

BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 – XI ZR 539/07
Sittenwidrige Mithaftung


Leitsatz:
Eine anderweitige Sicherheit schließt die Sittenwidrigkeit von Bürgschaften oder Mithaftungsübernahmen finanziell krass überforderter Ehepartner bzw. Lebenspartner für eine Darlehensschuld des anderen Teils nur dann aus, wenn gewährleistet ist, dass den Betroffenen allenfalls eine seine Finanzkraft nicht übersteigende “Ausfallhaftung” trifft.”

Entstehung durch Gesetz


Geschäfte des alltäglichen Lebens zur Deckung des Familienbedarfs

Leben die Eheleute nicht getrennt und geht ein Ehegatte Verbindlichkeiten zur Deckung des angemessenen Familienbedarfs ein (z.B. Anschaffung von angemessener Kleidung, Auftrag für notwendige Reparaturen in der Wohnung, medizinisch gebotene Behandlung der Kinder, alles, was der durchschnittlichen Konsumgewohnheit einer Familie entspricht), werden grundsätzlich beide Ehegatten aus dem Geschäft berechtigt und verpflichtet (= Schuldner gem. § 1357 Abs.1 S.2 BGB).

Rechtsprechung

BGH, Urteil vom 28. Februar 2018 – XI ZR 94/17
Mithaftung – Abschluss einer Vollkaskoversicherung als Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs


Anmerkung:
Der Abschluss einer Vollkaskoversicherung für ein Familienfahrzeug der Ehegatten kann ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie i. S. v. § 1357 Abs.1 BGB sein. Gleiches gilt für die Kündigung eines solchen Vertrags. Fazit: Ein Ehegatte kann die auf seinen Partner laufende Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug auch ohne dessen Vollmacht kündigen.

Rechtsprechung

BGH, Beschluss vom 24. April 2013 – XII ZR 159/12
Bedarfsdeckungsgeschaft nach § 1357 Abs.1 BGB


Die im Rahmen eines Bedarfsdeckungsgeschäftes nach § 1357 Abs. 1 BGB wirksam begründete Mitverpflichtung eines Ehegatten aus einem von dem anderen Ehegatten vor der Trennung abgeschlossenen Energielieferungsvertrag für die Ehewohnung endet nicht ohne weiteres schon mit der Trennung oder mit dem Auszug des mitverpflichteten Ehegatten aus der Ehewohnung; dies gilt auch für die nach Trennung oder Auszug verbrauchte Energie.

Gütergemeinschaft

Der Güterstand der Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff BGB) ist sehr selten und meist nur noch im landwirtschaftlichen Bereich anzutreffen. Die Gütergemeinschaft ist ähnlich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB). Wie die GbR bildet auch die Gütergemeinschaft eine sog. Gesamthandsgemeinschaft (§ 1419 BGB). Hier werden Rechtsgeschäfte, die ein Ehegatte abschließt, grundsätzlich Gesamtgutsverbindlichkeit (§ 1437 BGB). Dies führt zu einer Gesamtschuldnerhaftung (§ 1437 Abs.2 BGB).

Haftungsverteilung im Innenverhältnis


Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht | Vermögen auseinandersetzen - Gemeinsame Schulden 1

| Haftungsverteilung
Grundätze

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht | Vermögen auseinandersetzen - Gemeinsame Schulden 1

| Das Innenverhältnis der Ehegatten
bei Darlehen

Dr. Schröck – Kanzlei für Familienrecht | Vermögen auseinandersetzen - Gemeinsame Schulden 6

| Steuerverteilung
bei gemeinsamer Veranlagung

Gemeinschaftlicher Kredit im Unterhaltsrecht


Einkommen bereinigen

Steht fest, dass Kredite vom Einkommen der Eheleute abzugsfähig sind, stellt sich die Frage, bei welchem Einkommen die Bereinigung durchzuführen ist. In der Praxis kommt es häufig vor, dass zwar beide Ehegatten den Kreditvertrag bei der Bank unterzeichnet haben, aber tatsächlich nur ein Ehegatte mit seinem Einkommen allein die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten gegenüber der Bank bedient.

Führt dies zum Abzug der Kreditleistungen in voller Höhe vom Einkommen des Ehegatten, der die Rückführung tatsächlich allein übernommen hat oder hat der zahlende Ehegatte gegen den anderen Ehegatten wegen des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB vielmehr einen Erstattungsanspruch in Höhe der mit übernommenen Zahlungsverpflichtung?

Rechtsprechung

BGH, Urteil vom 26. September 2007 – XII ZR 90/05
Schuldenhaftung der Ehegatten & Unterhalt


Aus den Entscheidungsgründen
(Zitat) “Wie der Senat bereits entschieden hat, liegt eine anderweitige Bestimmung, die die grundsätzliche Haftung von Gesamtschuldnern zu gleichen Teilen im Innenverhältnis verdrängt, dann nahe, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen zustehenden Unterhalts bereits berücksichtigt wurde. Denn dies führt zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zu einer mittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten am Schuldenabtrag.

Ist es zu einer Unterhaltsberechnung unter Berücksichtigung der Kreditraten gekommen, sei es einverständlich, sei es aber auch durch Urteil, so kann darin eine anderweitige Bestimmung gesehen werden, die Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließt (Senatsurteil vom 11. Mai 2005 – XII ZR 289/02 – FamRZ 2005, 1236, 1237; ; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 4. Aufl. Kap. 6 Rdn. 51; Schulz FPR 2006, 472, 474; Scholz/Stein/Uecker Praxishandbuch Familienrecht Teil C Rdn. 51; Bosch FamRZ 2002, 366, 369; Staudinger/Noack BGB 2005, § 426 Rdn. 224; Palandt/Grüneberg aaO § 426 Rdn. 9 b).”

Anmerkung
:
Die Verdrängung des direkten Ausgleichs über § 426 Abs.1 S.1 BGB kommt immer dann in Betracht, wenn berücksichtigungsfähige Schulden vom unterhaltsrelevanten Einkommen in Abzug gebracht werden können und dadurch das Ergebnis der hälftigen anteiligen Haftungen nach § 426 BGB bereits unterhaltsrechtlich erreicht wird. Soweit die Eheleute Kredite bereits vor der Trennung eingegangen sind, können Zins- und Tilgungsleistungen in der tatsächlich gezahlten Höhe vom Einkommen des Ehegatten abgezogen werden, der die Leistung erbringt (Thema “Schulden und unterhalstrelevantes Einkommen”). Der Abzug führt zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zu einer mittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten.

Haftungsverteilung nach § 426 BGB und Halbteilungsgrundsatz des Unterhaltsrechts

Wenn unterhaltsrechtlich die anteilige Haftung zu gleichen Anteilen nach § 426 BGB erreicht wird, so wird der Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB über die unterhaltsrechtliche Lösung verdrängt. Besteht jedoch im Innenverhältnis eine Haftung eines Ehegatten in Höhe von mehr oder weniger als die Hälfte an den Schulden, so besteht ein aus § 426 BGB folgender isolierter Ausgleichsanspruch zwischen den Ehegatten neben dem Unterhaltsrecht.

Beispiel I

Ein Ehegatte zieht aus der Ehewohnung aus. Er schuldet dem in der Mietwohnung verbleibenden Ehefrau 800,– € Trennungsunterhalt. Nach dem Auszug bezahlt der ausgezogene Ehegatte dem in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten weiterhin die (gemeinschaftlichen) Telefonkosten, Stromkosten und sonstigen Nebenkosten für die Wohnung (ca. 200,– €). Bei solchen Kosten (Schulden) handelt es sich um Kosten des laufenden Lebensunterhalts, die nicht vom unterhaltsrelevanten Einkommen des Ehegatten in Abzug gebracht werden können, der die Kostenlast trägt.

In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass im Innenverhältnis von einer 100 %-igen Kostentragungspflicht des Ehegatten auszugehen ist, der den Nutzen davon hat. In diesem Fall kann der ausgezogene Ehegatte die vollständige Erstattung der gezahlten Wohnnebenkosten (hier 200,- €) fordern. Da ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich nicht stattfindet, kann der Ausgleich nach § 426 BGB durch Kürzung des geschuldeten Trennungsunterhalts um 200,- € erfolgen. Zahlt der ausgezogene Ehegatte die Wohnnebenkosten weiter, so ist daneben die Zahlung von Trennungsunterhalt nur in Höhe von 600,– € gerechtfertigt.

Beispiel II

Die Eheleute haben einen Kredit in Höhe von monatlich 1.000,- €. Den Kredit bezahlt der Ehemann allein zurück. Von seiner Ehefrau kann er nach § 426 Abs.1 S.1 BGB Ersatz i.H.v. 500,- € monatlich verlangen. Zieht er bei seinem unterhaltsrelevanten Einkommen die 1.000,- € ab, kann er nicht zusätzlich um 500,- € die Unterhaltszahlung kürzen. Wenn der Ehemann auch Kindesunterhalt zu bezahlen hat, kann er für den Barunterhalt gegenüber dem Kind die 1.000,– € von seinem Unterhaltsrelevanten Einkommen in Abzug bringen (vgl. BGH, Urteil v. 26.09.2007 – XII ZR 90/05).

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