
Unterhaltsregress gegen
biologischen Vater
BGH zur Auskunft über die Identität des
Vaters
KUCKUCKSKIND
Biologischer Vater - Scheinvater...
VATERSCHAFTSVERFAHREN
Verfahren für gesetzliche & leibliche Väter
Bundesgerichtshof
Urteil vom 9. November 2011 –XII ZR
136/09 Mitteilung der Pressestelle Nr.
178/2011
Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter zur
Vorbereitung eines Unterhaltsregresses
Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass dem Scheinvater nach
erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung und zur Vorbereitung eines
Unterhaltsregresses ein Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über
die Person zusteht, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit
beigewohnt hat.
Die Parteien hatten bis zum Frühjahr 2006 für etwa zwei Jahre in
nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Im Frühsommer
2006 trennten sie sich endgültig. Am 18. Januar 2007 gebar die
Beklagte einen Sohn. Nachdem sie den Kläger zuvor aufgefordert
hatte, die Vaterschaft für "ihr gemeinsames Kind" anzuerkennen,
erkannte dieser bereits vor der Geburt mit Zustimmung der Beklagten
die Vaterschaft an. Er zahlte an die Beklagte insgesamt 4.575 €
Kindes- und Betreuungsunterhalt.
In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu verschiedenen
Rechtsstreitigkeiten. In einem Verfahren zur Regelung des
Umgangsrechts wurde ein psychologisches Gutachten eingeholt, dessen
Kosten der Kläger jedenfalls teilweise zahlen musste. In einem
Rechtsstreit über Betreuungs- und Kindesunterhalt verständigten
sich die Parteien auf Einholung eines Vaterschaftsgutachtens. Auf
der Grundlage dieses Gutachtens stellte das Familiengericht im
Anfechtungsverfahren fest, dass der Kläger nicht der Vater des 2007
geborenen Sohnes der Beklagten ist. Dementsprechend sind die
Unterhaltsansprüche gegen den leiblichen Vater nach § 1607 Abs. 3
Satz 2 BGB in Höhe des geleisteten Unterhalts auf den Kläger
übergegangen. Inzwischen erhält die Beklagte von dem mutmaßlichen
leiblichen Vater des Kindes monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von
202 €.
Dem Kläger ist der leibliche Vater des Kindes nicht bekannt. Er
möchte in Höhe der geleisteten Zahlungen Regress bei diesem nehmen.
Zu diesem Zweck hat er von der Beklagten Auskunft zur Person des
leiblichen Vaters verlangt. Das Amtsgericht hat die Beklagte
antragsgemäß zur Auskunft verurteilt, wer ihr in der gesetzlichen
Empfängniszeit beigewohnt habe. Die Berufung der Beklagten hatte
keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat auch die Revision der Beklagten
zurückgewiesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Treu und
Glauben (§ 242 BGB) Auskunft über die Person, die ihr während der
Empfängniszeit beigewohnt hat. Ein solcher Anspruch setzt nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass auf der
Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien
der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den
Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der andere Teil
unschwer in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit
erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen hat der
Bundesgerichtshof als erfüllt angesehen. Dem Kläger ist nicht
bekannt, gegen wen er seinen Anspruch auf Unterhaltsregress richten
kann; die Beklagte kann ihm unschwer die Person benennen, die ihr
während der Empfängniszeit beigewohnt hat und gegenwärtig sogar
Kindesunterhalt leistet. Die erforderliche besondere
Rechtsbeziehung zwischen den Auskunftsparteien ergibt sich aus dem
auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen
Vaterschaftsanerkenntnis.
Zwar berührt die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des
Vaters ihres Kindes das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2
Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der
Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch
geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Dieser
Schutz ist nach Art. 2 Abs. 1 GG aber seinerseits beschränkt durch
die Rechte anderer. Ein unzulässiger Eingriff in den unantastbaren
Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt nicht vor, weil
die Auskunftspflichtige bereits durch ihr früheres Verhalten
Tatsachen ihres geschlechtlichen Verkehrs während der
Empfängniszeit offenbart hatte, die sich als falsch herausgestellt
haben. Damit hatte sie zugleich erklärt, dass nur der Kläger als
Vater ihres Kindes in Betracht kam und diesen somit zum
Vaterschaftsanerkenntnis veranlasst. In einem solchen Fall wiegt
ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig nicht stärker als
der ebenfalls geschützte Anspruch des Mannes auf effektiven
Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur
Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher
Vaterschaftsanfechtung.
Urteil vom 9. November 2011 - XII ZR 136/09
AG Rendsburg –23 F 235/08 –Urteil vom 10. Dezember 2008
OLG Schleswig –8 UF 16/09 –Urteil vom 23. Juni 2009 –FamRZ 2009,
1924
Karlsruhe, den 9. November 2011
Links & Literatur
Links
Literatur
- RiLG Frank-Michael Goebel, Die Vollstreckung des Auskunftsurteils über den möglichen Erzeuger, in: Familienrecht kompakt - Ausgabe 09/2002, Seite 121
In eigener Sache ...
- FG Misbach: Verfahren zur Auskunft über den Erzeuger, unser Az.: 31/ 16