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(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf, einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
Da mit Absolvieren der allgemeinen Schulausbildung noch keine Vorbildung zu einem Beruf im Sinne des § 1610 Abs.2 BGB erreicht ist, befreit die allgemeine Schulausbildung von der Erwerbsobliegenheit.
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Wird ein > Ausbildungsabschnitt abgeschlossen und wird anschließend ein neuer Ausbildungsabschnitt begonnen, ist zu überlegen, ob dieser weitere Ausbildungsabschnitt noch in die Kategorie des § > 1610 Abs.2 BGB passt. Ist das nicht der Fall, kann die grundsätzliche Erwerbsobliegenheit greifen.
Semesterferien, Schulferien etc. führen immer wieder zu der Frage, ob in diesen Abschnitten eine Erwerbsobliegenheit auflebt.
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OLG Köln, Beschluss vom 08.06.2021 - 10 UF 24/21 - juris
Mindestunterhalt tritt bei Erstausbildung des unterhaltspflichtigen Elternteils zurück
Leitsatz:
1. Die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den er auch bei Verpflichtung zum Mindestunterhalt minderjähriger Kinder grundsätzlich vorrangig bedienen darf.
2. Dieses Interesse des unterhaltspflichtigen Elternteils an einer Erstausbildung tritt aber hinter dem Interesse des Kindes auf Zahlung des Mindestunterhalts zurück, wenn bereits mehrere Erstausbildungen abgebrochen wurden und der Unterhaltsschuldner in der Lage ist, eine berufliche Tätigkeit auszuüben, mit der er sowohl sein Einkommen als auch den Mindestunterhalt erwirtschaften kann (im Anschluss an OLG Hamm, FamRZ 2015, 1972 [LSe])
Anmerkung: Befindet sich ein barunterhaltspflichtiger Elternteil in Ausbildung (Studium) wird er in der Regel kein ausreichendes reales Einkommen beziehen, um den Mindestunterhalt seines unterhaltsbedürftigen Kindes bezahlen zu können. Meist trifft ihn die sog. gesteigerte Leistungspflicht, weil es sich um minderjährige > Kinder im Sinne von 1603 Abs.2 S.1 BGB handelt. Hier stellt sich die Frage, ob das Studium von der sog. gesteigerten Erwerbsobliegenheit befreit. Ist das nicht der Fall, kann es wegen Verletzung einer bestehenden Erwerbsobliegenheit zur > Zurechnung fiktiven Einkommens kommen, weil keiner Vollzeitbeschäftigung nachgegangen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet die > erweiterte Erwerbsobliegenheit zu Tätigkeiten auch unterhalb des Ausbildungsniveaus, Nebenbeschäftigungen und Überstunden. In zumutbaren Grenzen kann sowohl ein Orts- als auch ein Berufswechsel verlangt werden. Kann auch ein Studienabbruch zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verlangt werden? Ob dies der Fall ist, weil die > gesteigerte Erwerbsobliegenheit Platz greift, hängt davon ab, ob das Studium/die Ausbildung eine berufsqualifizierende Erstausbildung im Sinne des § 1610 Abs.2 BGB darstellt oder nicht. § 1610 Abs.2 BGB wird somit zum Maßstab und Weichenstellung dafür, ob dem Ausbildungsinteresse der Eltern oder dem Existenzsicherungsinteresse des Kindes Vorrang einzuräumen ist. Nur eine Ausbildung im > Sinne des § 1610 Abs.2 BGB geht einer ansonsten bestehenden Erwerbsobliegenheit vor.
Anmerkung: Diese Entscheidung bietet ein Beispiel dafür, dass Eltern, die zum Erreichen einer erstmaligen "Vorbildung zum Beruf" (> § 1610 Abs.2 BGB) ein Studium ausüben, nicht verpflichtet sind, das Studium zu unterbrechen, um ihrer > Erwerbsobliegenheit gegenüber ihrem minderjährigen Kind nachzukommen.
Anmerkung: Hier hat das Gericht dem studierenden Vater einen Studienabbruch zugemutet, um seiner > gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber seinem minderjährigen Kind nachzukommen. Der Vater hatte bereits vor dem Studium eine berufsqualifizierende Lehre abgeschlossen und somit eine Vorbildung zum Beruf erreicht. Somit wurde das Studium nicht als vorrangig im Sinne des > § 1610 Abs.2 BGB qualifiziert.