Kindergeld Wie werden Eltern beim Kindesunterhalt entlastet?

    Für das Unterhaltsrecht kann das Kindergeld zum hoch komplexen Thema werden, weil es mehrere Rechtsgebiete (Steuerrecht, Sozialrecht, Unterhaltsrecht, Europarecht) tangiert und dementsprechend in unterschiedlichen Gesetzen (EStG, BKGG, BGB) verortet ist. Hier nehmen wir das Kindergeld und seine Bedeutung für den > Kindesunterhalt und die Aufteilung unter den Eltern in den Fokus.

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Für welche Kinder
gibt es Kindergeld?

Für Kinder in Ausbildung
bis zum 25. Geburtstag


Höchstens bis zum 25. Geburtstag haben > volljährige Kinder Anspruch auf Kindergeld (BLOG > Kindergeld & Steuervereinfachungsgesetz 2011 . Es besteht vor allem dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn sich volljährige Kinder noch in Berufsausbildung befinden oder einen anerkannten > Freiwilligendienst ableisten. Befinden sich volljährige Kinder für eine Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei > Ausbildungsabschnitten, wird Kindergeld bezahlt. Wenn Kinder trotz ernsthafter Bemühungen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und deshalb ihre Ausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, erhalten sie ebenfalls Kindergeld.

Für Kinder
bei Unterbrechung der Ausbildung


Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.02.2018 - 2 K 2487/16
Kindergeld für über 18 Jahre altes Kind - Nach Ausbildungsunterbrechung wg. Krankheit


Anmerkung : Muss ein Kind seine Ausbildung wegen einer dauerhaften Erkrankung unterbrechen, ist aber weiterhin ausbildungswillig, besteht der Kindergeldanspruch weiter fort. Wenn nur eine Unterbrechung der Ausbildung vorliegt, ist das kein Grund für die Versagung des weiteren Anspruchs auf Kindergeld. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange die krankheitsbedingte Ausbildungsunterbrechung dauert.

Für Kinder
mit eigenem Einkommen?


Erwerbstätige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, sich in einer Übergangszeit befinden oder noch ohne Ausbildungsplatz sind und die bereits eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen haben, werden allerdings nur noch dann berücksichtigt, wenn sie höchstens 20 Stunden pro Woche jobben, ihr Geld in einem Ausbildungsdienstverhältnis verdienen oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen (vgl. > BFH , Urteil vom 04.02.2016 - III R 14/15 , Rn 10).

Für Kinder
mit Aufenthalt im EU-Ausland


Leben die Eltern des Kindes in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der EU, tauchen immer wieder Fallkonstellationen auf, in denen ein Elternteil nach deutschem und der andere Elternteil nach ausländischem Recht kindergeldbezugsberechtigt ist. Für das Kindergeldbezugsrecht in Deutschland knüpft § 62 EStG allein an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils in Deutschland an, wobei der andere Elternteil - mit gewöhnlichem Aufenthalt im EU-Ausland - nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaates ebenfalls kindergeldberechtigt sein kann. Damit es nicht zum doppelten Bezug von Kindergeld kommt, zahlt ein EU-Mitgliedstaat nur den Differnzbetrag zwischen den unterschiedlich hohen Kindergeldleistungen der Mitgliedstaaten. Näheres regeln die Europäischen Rechtsvorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme.

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Kinderbonus
300 € in 2020
150 € in 2021

Nach Corona-Steuerhilfegesetz wird als " Sonderkindergeld " für jedes Kind in 2020 eine einmalige Leistung in Höhe von 300,00 € gezahlt. Im Jahr 2021 wird im Mai 2021 eine Einmalzahlung von 150,00 € je Kind automatisch an den bezugsberechtigten Elternteil ausbezahlt. Die Auszahlung erfolgt nicht zusammen mit dem Kindergeld, sondern als eigene Zahlung. Dies hat Auswirkungen auf den > Kindesunterhalt. Er mindert den Barbedarf des Kindes und kommt damit beiden Elternteilen gleichmäßig zugute. Der Bonus wird wie das Kindergeld auf den Unterhaltsbedarf des Kindes angerechnet (OLG Koblenz, 13. Senat, FamRZ 2021, 1034).

  • Weiterführende Literatur :
    » Birgit Niepamm, Der Kinderbonus und seine unterhaltsrechtliche Bedeutung, in: NZFam 2020, 606


Wer bekommt Kindergeld?
Bezugsrecht

MERKBLATT - KINDERGELD
Informationen zum Kindergeld


Bezugsberechtigt
gegenüber Familienkasse


Kindergeld anspruchsberechtigt sind in der Regel die Eltern eines minderjährigen oder > volljährigen Kindes in Ausbildung. Diese müssen die weiteren Voraussetzungen der §§ > 62 ff. EStG erfüllen.

Seit 2012 kann der Anspruch auf Kindergeld nicht mehr daran scheitern, dass das Kind ein zu hohes Einkommen hat. Höchstens bis zum 25. Geburtstag haben > volljährige Kinder Anspruch auf Kindergeld (> Kindergeld & Steuervereinfachungsgesetz 2011 . Es besteht vor allem dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn sich volljährige Kinder noch in Berufsausbildung befinden oder einen anerkannten > Freiwilligendienst ableisten. Befinden sich volljährige Kinder für eine Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei > Ausbildungsabschnitten, wird Kindergeld bezahlt. Erwerbstätige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, sich in einer Übergangszeit befinden oder noch ohne Ausbildungsplatz sind und die bereits eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen haben, werden allerdings nur noch dann berücksichtigt, wenn sie höchstens 20 Stunden pro Woche jobben, ihr Geld in einem Ausbildungsdienstverhältnis verdienen oder einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen (vgl. > BFH, Urteil vom 04.02.2016 - III R 14/15 , Rn 10). Wenn Kinder trotz ernsthafter Bemühungen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und deshalb ihre Ausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, erhalten sie ebenfalls Kindergeld.

Auszahlung
an einen Elternteil


Das Kindergeld wird von den Familienkassen festgesetzt und ausgezahlt (§ 70 Abs.1 S.1 EStG). Aus § 64 EStG ergibt sich, an welchen bei mehreren Berechtigten das Kindergeld ausbezahlt wird. Gegenüber der Familienkasse sind nicht beide Eltern, sondern immer nur ein Elternteil zahlungsempfangsberechtigt. Grundvoraussetzung für die Auszahlungsberechtigung ist, dass das Kind im Haushalt des Berechtigten aufgenommen ist (§ 64 Abs.2 EStG). Lebt das Kind im gemeinsamen Haushalt der Eltern, so bestimmen die Eltern, welcher Elternteil kindergeldberechtigt ist (§ 64 Abs.2 S.3 EStG). Gezahlt wird entweder an die Mutter oder den Vater, niemals an beide oder gesplittet (§ 64 Abs.1 EStG). Wenn die Eltern sich über das Bezugsrecht nicht einigen können und gegenüber der Familienkasse keine Berechtigtenbestimmung treffen, muss eine Klärung letztendlich über das Familiengericht erfolgen (§ 64 Abs.3 S.2 EStG). Insbesondere bei Kinderbetreuung im > Wechselmodell wird um das Kindergeldbezugsrecht gerne gestritten. Das Gesetz macht in § 64 EStG keine Vorgaben, nach welchen Maßstäben das Familiengericht die Bezugsberechtigung zu bestimmen hat. In der Rechtsprechung (KG NZFam 2019, 828; OLG Celle FamRZ 2019, 31; OLG Dresden FamRZ 2014, 1055) ist anerkannt, dass sich die Bezugsberechtigung - wenn die Eltern keine Bestimmung getroffen haben - nach dem > Kindeswohl richtet. Bieten bei gemeinsamer elterlicher Sorge und Betreuung der Kinder beide Elternteile gleichermaßen die Gewähr, das Kindergeld zum Wohle des Kindes zu verwenden, besteht kein Anlass für eine Änderung der bestehenden Bezugsberechtigung (sogenannte > Kontinuität des Kindergeldbezuges) ( OLG München, Beschluss vom 20.1.2021 - 16 WF 1378/20, FamRZ 2021, 1200).

Auszahlung
an das volljährige Kind


Leisten die Eltern keinen oder nur sehr wenig Unterhalt, kann das Kind die Auszahlung des Kindergelds an sich selbst beantragen (sog. Abzweigung).

OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.01.2017 - 17 UF 193/16
Auszahlung des Kindergeldes an volljähriges Kind


Anmerkung : Das volljährige unterhaltsberechtigte Kind kann den Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes gegen einen Elternteil, gegen den ein Titel über Barunterhalt besteht, ohne ein > Abänderungsverfahren eigenständig geltend machen. Die Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsbedarf geht einher mit einem Anspruch des Kindes auf Auskehr des Kindergeldes (BGH, FamRZ 2007, 542, Rn. 29; FamRZ 2006, 99, Rn. 26). Der Anspruch auf Auskehr des Kindergeldes ergibt sich aus § 1601 BGB (analog). Einwendungen gegen das Fortbestehen des Unterhaltsanspruchs bzw. die Höhe des Unterhaltsanspruchs sind beim Auskehr-Anspruch nicht zu prüfen. Der Anspruch hängt nur davon ab, dass ein Elternteil dieses bezieht. Selbst die Eltern im Übrigen keinen Barunterhalt mehr schulden sollten, kann sie gegenüber dem Kind nicht beanspruchen, dass das Kindergeld bei ihnen verbleibt.


Kindergeldausgleich
im Innenverhältnis zwischen den Eltern

Paritätische Entlastung
der Eltern


Das Kindergeld wird zwar nur an einen Elternteil ausgezahlt. Jedoch soll jeder Elternteil, der für das Kind Unterhaltsleistungen erbringt, durch das Kindergeld angemessen finanziell entlastet werden. Diese Funktion erfüllt im Unterhaltsrecht § > 1612b BGB. Das Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die dazu beitragen soll, den Lebensunterhalt von Kindern zu sichern. Auf der > dritten Prüfungsebene zum Kindesunterhaltsanspruch, wird ermittelt, ob das Kind unterhaltsbedürftig ist. Dabei wird gem. § > 1612b BGB das Kindergeld bedarfsdeckend auf den Unterhaltsanspruch angerechnet (> Formel zur Bedürftigkeit ). Die > Düsseldorfer Tabelle weist am Ende (im Anhang) die Zahlbeträge aus, die nach Anrechnung des Kindergeldes im Regelfall als Kindesunterhalt geschuldet werden. Der in § 1612b BGB angelegte unterhaltsrechtliche Ausgleichsmechanismus ist

  • Ausgleich über Anrechnung auf Barbedarf des Kindes:
    Bei minderjährigen Kindern mit Bar- und Betreuungsbedarf anders geregelt als bei volljährigen Kindern, die nur einen Barbedarf haben.
    > hier
  • Ausgleich über familienrechtlichen Ausgleichsanspruch :
    In besonderen Fällen (Kinderbetreuung im > Wechselmodell) stößt dieser Ausgleichsmechanismus an seine Grenzen. Dafür hat die Rechtsprechung ergänzend zu § 1612b BGB einen > familienrechtlichen Ausgleichsanspruch anerkannt. Zum isolierten Kindergeldausgleich beim Wechselmodell ( > hier ). In sonstigen Fallkonstellationen, in denen der Ausgleich über Anrechnung auf den Bedarf nicht funktioniert, ist der Weg über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch ebenfalls höchstrichterlich anerkannt (> hier ).

Kindergeldanrechnung
auf den Bedarf des minderjährigen Kindes


Erbringt ein Elternteil seine Unterhaltsverpflichtung > vollständig in Form des Naturalunterhalts , so wird auf den Barunterhalt des anderen Elternteils das Kindergeld zur Hälfte angerechnet (§ > 1612 Abs.1 Nr. 1 BGB), in allen anderen Fällen wird es in voller Höhe auf den Kindesunterhalt angerechnet (§ > 1612 Abs.1 Nr.2 BGB).

OLG Koblenz, Beschluss vom 08.03.2017 - 13 UF 401/16
Zur Anrechung der gezahlten Kinderzulage für Beamte der Europäischen Gemeinschaft



Kindergeldanrechnung
auf den Bedarf des volljährigen Kindes


BGH, Urteil vom 21.01.2009 - XII ZR 54/06
Kindergeldanrechnung bei Volljährigenunterhalt


( Zitat, Rn 38, 39) "Auf diesen Bedarf ist das staatliche Kindergeld in vollem Umfang anzurechnen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Anrechnung nicht erst auf den jeweiligen Anteil zu erfolgen, der sich aus der Aufteilung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB ergibt. Da die Eltern ihren volljährigen Kindern in der Regel unterschiedliche Anteile am Barunterhalt schulden, kommt eine Aufteilung des Kindergeldes nur im Verhältnis des anteilig geschuldeten Barunterhalts in Betracht. Um den unterschiedlichen Beiträgen der Eltern zum Barunterhaltsbedarf des volljährigen Kindes gerecht zu werden, ist das Kindergeld deswegen vorab bedarfsdeckend auf den gesamten (Bar-)Unterhaltsbedarf anzurechnen. Das führt dazu, dass beide Elternteile entsprechend der jeweils geschuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet werden (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - XII ZR 34/03 - FamRZ 2006, 99, 101 ff. m.w.N. = BGHZ 164, 375, 383). Der Bedarf der Klägerin hätte deshalb mit dem um das volle Kindergeld von 154 €; reduzierten Betrag in die Anteilsberechnung eingestellt werden müssen."

Anmerkung : Mit Erreichen der Volljährigkeit gilt der > Haftungsverteilungsmaßstab des § 1606 Abs.3 S.2 BGB nicht mehr. Jetzt ist die > Grundlegel zur anteiligen Barunterhaltshaftung der Eltern maßgebend (§ 1606 Abs.3 S.1 BGB). Jetzt ist das Kindergeld für das volljährige Kind in voller Höhe bedarfsdeckend in Ansatz zu bringen (§ > 1612 Abs.1 Nr.2 BGB): BGH, Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 , Rn 36 - (Zitat) "Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schuldet der Kläger seinen volljährigen Kindern nur Unterhalt in einer Höhe, wie er sich nach Abzug des vollen Kindergeldes ergibt (Senatsurteile BGHZ 164, 375, 382 f. = FamRZ 2006, 99, 101 f. und vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963).

Isolierter Kindergeldausgleich
beim Wechselmodell


BGH, Beschluss vom 20.04.2016 - XII ZB 45/15
Zum isolierten Kindergeldausgleich beim Wechselmodell


Anmerkung : Der BGH nennt drei in der Literatur und Rechtsprechung vertretene Lösungen zur Verteilung des Kindergelds auf die Eltern des minderjährigen Kindes beim Wechselmodell:

  • 1. Auffassung :
    Das Kindergeld ist getrennt von einer unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung beiden Elternteilen ohne Rücksicht auf ihre Einkommensverhältnisse je zur Hälfte gutzubringen ( OLG Düsseldorf, 20. Juni 2013 - II-7 UF 45/13).
  • 2. Auffassung :
    Der Kindergeld ausgleich ist außerhalb der unterhaltsrechtlichen Gesamtabrechnung anteilig auf die Eltern nach ihren Einkommensverhältnissen gem. dem Maßstab des § 1606 Abs.3 S.1 BGB zu verteilen.
  • 3. Auffassung :
    Das Kindergeld ist zur einen Hälfte barbedarfsmindernd zu berücksichtigen und insoweit den Anteilen am Barunterhalt folgend entsprechend § 1606 Abs.3 S.1 BGB auf die Eltern zu verteilen. Die andere zur Entlastung wegen der Betreuung bestimmte Hälfte gebührt den in gleichem Umfang betreuenden Eltern je zur Hälfte, d.h. in Höhe eines Viertels des Gesamtkindergelds.

Der BGH folgt der zuletzt genannten 3. Auffassung und erachtet den Ausgleichsanspruch bei Kinderbetreuung im Wechselmodell in Höhe eines Viertels des Kindergelds für begründet. Wird der Ausgleich nicht über § 1612b BGB erreicht, erfolgt ein Ausgleich über den sog. > familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (> BGH, Beschluss vom 11.01.2017 - XII ZB 565/15 ; > BGH, Beschluss vom 20. April 2016 – XII ZB 45/15, Rn 12 mwN; > OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.06.2013 - II - 7 UF 45/13 ).

Isolierter Ausgleich
bei Sonderfällen


Loewe

BGH, Beschluss vom 07.02.2018 - XII ZB 338/17
Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch wegen staatlicher Leistungen für die Kinder - Voraussetzungen


(Zitat, Rn 27): "... Der > familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist in der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich für solche Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist und dadurch dessen Unterhaltsanspruch erfüllt hat, obwohl (auch) > der andere Elternteil ganz oder teilweise unterhaltspflichtig war. Der Anspruch beruht auf der Unterhaltspflicht beider Eltern gegenüber ihrem Kind und ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Unterhaltslast im Verhältnis zwischen ihnen nach > § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2017 - XII ZB 116/16 - FamRZ 2017, 611 Rn. 11 und vom 20. April 2016 - XII ZB 45/15 - FamRZ 2016, 1053 Rn. 11 mwN). Ein Unterfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ist der - wegen der gesetzlichen > Anrechnungsregelung in § 1612 b Abs. 1 BGB freilich nur in seltenen Fällen in Betracht kommende - Anspruch eines Elternteils auf Ausgleich des dem anderen Elternteil gezahlten > Kindergelds, obwohl in diesem Fall nicht geleisteter Unterhalt, sondern eine > vorweggenommene Steuervergütung bzw. eine staatliche Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs ausgeglichen werden soll. Über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch können auch solche staatlichen Leistungen ausgeglichen werden, die beiden Eltern zur Erleichterung des Kindesunterhalts zugutekommen sollen, aber nur einem Elternteil tatsächlich zugeflossen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 45/15 - FamRZ 2016, 1053 Rn. 12 und Senatsurteil BGHZ 150, 12, 29 = FamRZ 2002, 536, 541)."

Anmerkung : Der Entscheidung lag ein Sachverhalt von zwei verbeamteten Eltern mit Beihilfeberechtigung zu Grunde. Die Mutter, bei der die Kinder leben und privat krankenversichert sind, hat vom Dienstherrn einen erhöhten Beihilfemessenungssatz bewilligt erhalten. Aufgrund dieses Umstandes wollte der Vater eine Beteiligung der Mutter an den > Beiträgen zur privaten Krankenversicherung der Kinder über einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch anteilig ersattet haben. Der BGH hat diesem Begehren eine Absage erteilt. Zum einen sei eine Vergleichbarkeit mit dem > Ausgleich von Vorteilen aus Kindergeldbezug nicht gegeben. Zum anderen gilt für die Beitragsleistung von Beiträgen zur privaten KV der Kinder > keine anteilige Elternhaftung .

Anrechnung
des ausländischen Kindergeldes


Anrechnung beim Kindesunterhalt
nach deutschem Recht


OLG Koblenz, Urteil vom 04.03.2015 - 13 UF 825/14
Kindergeld aus EU-Ausland - Anrechnung auf den Bedarf des Kindes


(Zitat) "Der Unterhaltsanspruch reduziert sich grundsätzlich um die Hälfte des Kindergelds, § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB. Die über die Höhe des deutschen Kindergeldanspruchs hinausgehenden luxemburgischen Kindergeldleistungen (inkl. Schulzulage) wurden dabei allerdings zutreffend zugunsten der Antragsgegnerin in vollem Umfang auf den Bedarf des Antragstellers [Kind] angerechnet (vgl. OLG Koblenz Urteil vom 21.04.2010 - 9 UF 4/10 - n.v., Seite 8 m.w.Nw.)."

Anmerkung : Im Fall des OLG Koblenz war der kinderbetreuende Elternteil Grenzgänger zwischen Deutschland und Luxemburg. Er bezog für das mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland lebende Kind luxemburgische Kindergeldleistungen, weil er Einkünfte in Luxemburg erzielte. Hierbei geht das OLG detailliert auf das europäische Kindergeldbezugsrecht nach VO 883/2004/EG ein. Der der kinderbetreuende Kindesvater fällt als EU-Bürger gemäß Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004/EG in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung.

Anrechnung beim Kindesunterhalt
nach österreichischem Recht


Schuldet ein in Deutschland lebender Unterhaltspflichtiger für sein in Österreich lebendes Kind Unterhalt, so wird die Unterhaltspflicht nach österreichischem Recht vor den österreichischen Bezirksgerichten beurteilt und festgesetzt, wenn für das Kind in Österreich ein Unterhaltsverfahren durchführt (> mehr ). Das Kind hat nach österreichischem Recht Anspruch auf Familienbeihilfe (> mehr ). Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige in Österreich steuerpflichtiges Einkommen bezieht, wird die Familienbeihilfe auf den Kindesunterhalt angerechnet (> mehr ). Doch gilt dies nach österreichischem unterhaltsrecht nicht für Unterhaltsplichtige, die Einkommen in Deutschland beziehen. Diese Judikatur widerspricht dem nach deutscher Rechtsprechung geltend Grundsatz der > paritätischen Entlastung der Eltern bei Kindergeldleistungen. Vor österreichischen Gerichten ist diese jedoch nicht zu erreichen (> mehr ). Ob die paritätische Entlastung mit einem Verfahren vor einem deutschen Gericht zu erreichen ist, erscheint fraglich. Eine entsprechende Judikatur ist uns bisher nicht bekannt. Zunächst muss ein Weg gefunden werden, wie ein > isolierter Ausgleichsanspruch vor einem deutschen Gericht geltend gemacht werden könnte. Dazu müsste für den unterhaltsrechtlichen Ausgleichsanspruch ein deutsches Familiengericht international zuständig sein. Ausgleichsberechtigt wäre der in Deutschland lebende Elternteil. Die internationale Zuständigkeit deutscher Familiengerichte könnte sich für den Ausgleichsanspruch aus > Art.3 b) EuUntVO ergeben. Soweit wir die Judikatur überblichen, wurde diese Rechtsfrage bisher nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich geklärt.


Kindergeld
und Einkommensteuer

Wird für das Kind Kindergeld gezahlt, gibt es nicht zusätzlich den > Kinderfreibetrag. Dieses Ergebnis wird erreicht, indem das Finanzamt eine Verrechnung durchführt. Mehr dazu erfahren Sie

> hier


Deutsches Kindergeld
für Kinder im EU-Ausland

Leben die Eltern des Kindes in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der EU, tauchen immer wieder Fallkonstellationen auf, in denen ein Elternteil nach deutschem und der andere Elternteil nach ausländischem Recht kindergeldbezugsberechtigt ist.

Kind mit Elternteil im EU-Ausland (z.B. Österreich)
Anderer Elternteil mit Einkommen in Deutschland


Zunächst ist zu prüfen, ob bei einer solchen Konstellation ein Anspruch auf Bezug von Kindergeld in dem Mitgliedstaat besteht, in dem ein Elternteil mit dem Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Besteht z.B. ein Anspruch auf Kindergeld in Österreich, wenn die Mutter mit dem Kind nach Österreich übersiedelt und der Vater in Deutschland lebt und dort Einkommen bezieht?

Anspruch auf Familienbeihilfe
nach österreichischem Recht


In Österreich nennt man das Kindergeld " Familienbeihilfe ". Der Antrag auf Familienbeihilfe ist in Österreich beim Wohnsitzamt einzubringen. Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben im Wesentlichen:

  • Österreichische Staatsbürger
  • EU-Bürger und Schweizer/-innen
  • Personen, die sich aufgrund eines Aufenthaltstitels legal in Österreich aufhalten
  • Anerkannte Flüchtlinge

Anspruch auf Kindergeld
nach deutschem Recht


KINDERGELD in EUROPA
Europäischer Vergleich


In Fällen von Familienleistungen an Eltern, die mit Kindern in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten leben, greift die Verordnung 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ( Verordnung Nr. 883/2004). Mit EuGH-Urteil im Fall „Bogatu“ (07.02.2019 - C-322/17) wird Folgendes klargestellt:

„Art. 67 bestimmt, dass eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats hat, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.“

Ergebnis : Wenn das Kind mit einem Elternteil nach Österreich übersiedelt, besteht ein Anspruch auf österreichisches Familienbeihilfe. Doch ebenso besteht ein Anspruch auf das deutsche Kindergeld, weil der Vater des Kindes in Deutschland arbeitet und dort Einkommen bezieht. Für das Kindergeldbezugsrecht in Deutschland knüpft § 62 EStG allein an einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils in Deutschland an, wobei der andere Elternteil - mit gewöhnlichem Aufenthalt im EU-Ausland - nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaates ebenfalls kindergeldberechtigt sein kann. Daraus lässt sich lt. Interpretation des EuGH zur Verordnung Nr. 883/2004 zusammenfassend sagen, dass ein Anspruch auf deutsches Kindergeld für Kinder im EU-Ausland besteht, wenn:

  • mindestens ein Elternteil in Deutschland lebt und arbeitet oder Arbeitslosengeld I oder eine Rente oder Hartz IV bezieht und
  • der andere Elternteil im EU-Ausland lebt sowie
  • im EU-Ausland keine vergleichbare Familienleistung für das Kind gezahlt wird, die höher ist als das deutsche Kindergeld und schließlich
  • einer der beiden Elternteile den Kindergeldantrag in Deutschland stellt.

Kindergeld in Höhe des Differenzbetrages
bei Kindergeldanspruch im In- und EU-Ausland


Damit es nicht zum doppelten Bezug von Kindergeld kommt, zahlt ein EU-Mitgliedstaat nur den Differenzbetrag zwischen den unterschiedlich hohen Kindergeldleistungen der Mitgliedstaaten. Näheres regeln die Europäischen Rechtsvorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme. Die Familienkasse in Deutschland erteilt dazu folgende Auskunft:

  • Da getrennt und das Kind bei der Mutter in Österreich lebt, hat der in Deutschland lebende und arbeitende Vater keinen Anspruch mehr auf deutsches Kindergeld.
  • Die mit dem Kind in Österreich lebende Mutter muss zwingend Kindergeld ( Familienbeihilfe) in Österreich beantragen.
  • Bei Bewilligung kann die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem Kindergeld in Deutschland und der geringeren Familienbeihilfe in Österreich, in Deutschland beantragt werden.
  • Hierzu muss die Mutter als Anspruchsberechtigte einen Antrag bei der deutschen Familienkasse stellen.

    • Weiterführende Links :
      » Füßer & Kollegen, Kindergeldgewährung für Kinder im EU-Ausland - EuGH-Urteil im Fall „Bogatu“ stellt Bundesfinanzhof erneut in Frage > hier
      » Video der Bundesagentur für Arbeit - Kindergeld in grenzüberschreitenden Fällen > hier


Links & Literatur


Links


Literatur


  • Werner Dürbeck / Norbert Schneider, Kindergeldverfahren nach § 231 Abs.2 FamFG, in: NZFam 2020, 906
  • Hans-Ulrich Graba, Kindergeldausgleich beim Wechselmodell, in: NZFam 2016, 842
  • Jürgen Riek, Kindergeld und Auslandsunterhalt , in NJW 2014, 1905
  • Felix, Paradigmenwechsel im Kindergeldrecht, in NJW 2012, 22ff

In eigener Sache


  • Rückzahlungsanspruch der Familienkasse, weil das Kind seinen Aufenthalt zum anderen Elternteil gewechselt hat, unser Az.: 386/ 14 (D4/922- 15)
  • AG Velbert - 3 F 338/2015: zur Anrechnung des deutschen Kindergeldes auf die Kindesunterhaltsverpflichtung eines in Österreich lebenden Elternteils, unser Az.: 118/ 15 (D3/392- 16)