» Mehr zum Thema > Sanktionen wegen Auskunftspflichtverletzungen erfahren Sie > hier
» Wer unzureichend im gerichtlichen Verfahren aufklärt, dem drohen aus der Geständnisfiktion des > § 138 Abs.3 ZPO negative rechtliche Folgen; mehr dazu > hier
Im Regelfall löst nur ein > ausdrückliches Auskunftsverlangen eine > Auskunftspflicht aus. Im > Unterhaltsverfahren verschärfen sich die Auskunftspflichten; jetzt gilt die sog. prozessuale Wahrheitspflicht. Diese kann Auslöser für Auskunftspflichten sein, ohne dass ein Auskunftsverlangen voraus gehen muss: Man spricht in diesen Fällen von der
Obliegenheit
zur ungefragten Informationsmitteilung
Die Frage, wann eine Obliegenheit zur ungefragten Auskunft besteht, wird sehr differenziert beantwortet. Jedenfalls gilt der Grundsatz: Immer dann, wenn eine Veränderung der Verhältnisse im Sinne des § > 238 FamFG eingetreten ist und das Schweigen über eine grundlegende Änderung der Verhältnisse > evident unredlich erscheint, besteht unter den Beteiligten eines Unterhaltsrechtsverhältnisses als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowohl
» beim Unterhaltsberechtigten (BGH FamRZ 1986, 450; 1988, 270; OLG Düsseldorf FamRZ 1988, 841) als auch
» beim Unterhaltspflichtigen (BGH, Urteil vom 25.11.1987 - IVb ZR 96/86; BGH FamRZ 1988, 270)
eine Verpflichtung, unaufgefordert Auskunft zu erteilen.
Zur ungefragten Auskunftspflicht gehört, dass ein Schweigen sich als "evident unredlich" darstellt. Diese nach der Rechtsprechung erforderliche evidente Unredlichkeit eines Schweigens liegt dann vor, wenn der andere Beteiligte des Unterhaltsrechtsverhältnisses auf Grund vorangegangenen Tuns keinen Anlass hatte, sich einer Änderung der unterhaltsrechtlichen Umstände durch eine Auskunft zu vergewissern. Weiter differenziert die Rechtsprechung danach, in welchem Verfahrensstadium sich der Unterhaltsrechtsstreit befindet. Während in der Rechtsprechung
» nach Abschluss eines > Unterhaltsverfahrens die Obliegenheit zur ungefragten Information eher restriktiv ausgelegt wird (vgl. BGH FamRZ 1986, 1082), besteht in der Rechtsprechung Einigkeit dahingehend, dass
» während eines > laufenden Unterhaltsprozesses wechselseitig die Obliegenheit zur Anzeige aller den Unterhaltsanspruch beeinflussenden Änderungen der rechtserheblichen Umstände besteht (OLG Hamburg FamRZ 1987, 1044).Beispiele
(Zitat) "Grundsätze (...), die der Senat im Urt. v. 19. 2. 1986 (NJW 1986, 1751 = FamRZ 1986, 450 (451)) zu den Voraussetzungen einer Auskunftspflicht unter geschiedenen Ehegatten dargelegt und im Urteil vom 23. 4. 1986 (NJW 1986, 2047 = FamRZ 1986, 794 (796)) bestätigt hat. Danach kommt als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (...) unter besonderen Umständen auch eine Verpflichtung zur ungefragten Information des anderen Beteiligten eines Unterhaltsrechtsverhältnisses in Betracht. Eine solche Pflicht zur ungefragten Offenbarung einer (...) wesentlichen Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse besteht, wenn das Schweigen über eine günstige, für den Unterhaltsanspruch ersichtlich grundlegende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse evident unredlich erscheint."
Die Wesentlichkeitsschwelle wird in der Praxis in Anlehnung an § 238 Abs.1 S.2 BGB häufig angenommenen ab 10 % Veränderung der Unterhaltsbemessungsgrundlage (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Auflage, Rn 86 zu § 238).
Wer seine > Verpflichtung zur ungefragten Auskunftserteilung verletzt u.U. derjenige, der trotz eines längeren eheähnlichen Zusammenlebens mit einem anderen Partner den titulierten Ehegattenunterhalt weiterhin entgegennimmt. Hierin kann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Unterhaltsschuldners zu sehen sein, die gem. § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet und zur > Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führt (OLG Hamm, Urteil v. 28.02.1996 - 5 UF 43/95, in FamRZ 1996, 1079 ff). Jedem Unterhaltsgläubiger muss sich nämlich aufdrängen, dass ein eheähnliches Zusammenleben mit einem neuen Partner eine Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist, die sich in der Regel auch auf die Unterhaltsverpflichtung des Unterhaltsschuldners auswirkt. Der Unterhaltsschuldner kann erwarten, dass ihm ein redlicher Unterhaltsgläubiger eine solche Veränderung der Verhältnisse, die zu erfragen er in der Regel keine Veranlassung hat, unaufgefordert mitteilt, § 242 BGB (OLG Koblenz FamRZ 1987, 1156). Zur Verwirkung des künftigen Unterhalts wegen neuer verfestigter Lebenspartnerschaft
> hier
PROZESSBETRUG
des Unterhaltsgläubigers
Beispiele aus der Rechtsprechung
Wer im laufenden > Unterhaltsverfahren falsche oder unzureichende Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen macht, verstößt gegen die > prozessuale Wahrheitspflicht. Die prozessuale Wahrheitspflicht trifft alle Beteiligten. Generell drohen jedem Beteiligten > strafrechtliche Konsequenzen wegen (versuchten) Prozessbetrugs.
Zwar kennt das Gesetz die > prozessuale Wahrheitspflicht. Doch hat der Gesetzgeber in Zivilverfahren (ZPO / FamFG) davon abgesehen, dem ertappten Lügner, der falsche Angaben außerhalb gerichtliche Verfahren macht, Sanktionen anzudrohen. Falsche Angaben zu den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen außerhalb eines Gerichtsverfahrens bleiben grundsätzlich ohne Konsequenzen. Denn in dieser (vorprozessulaen) Phase der unterhaltsrechtlichen Auseinandersetzung greift die prozessuale Wahrheitspflicht nicht. Soweit Sanktionswirkungen bestehen, basieren diese meist nur die auf dem > Strafrecht und dem > Deliktsrecht (§ 823, 826 BGB). Dort, wo das Verfahrensrecht die Möglichkeit vorsieht, eine > eidesstattliche Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben zu verlangen, kann der strafrechtliche Sanktionsdruck erhöht werden.
Zivilrechtliche Sanktionswirkungen sind für Unterhaltsschuldner und Unterhaltsberechtigte unterschiedlich gestaltet.