Private Altersvorsorge & Beamtenversorgung
Können unterhaltspflichtige Beamte Beiträge zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen in Abzug bringen?
I. Situation
Seit ca. einem Jahrzehnt hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die primäre Vorsorge in Zukunft nicht mehr für eine angemessene Altersversorgung ausreichen wird, sondern zusätzlich private Vorsorge zu treffen ist. Dies mag die nachfolgende Graphik zur Entwicklung des durchschnittlichen Rentenniveaus verdeutlichen. Im Jahr 2012 veröffentliche das Bundesarbeitsministerium Zahlen zur Entwicklung des Rentenniveaus die dramatisch und erschreckend sind: Danach wird die Nettorente im Jahr 2030 nur 688,16 € (Netto-Rente bei 43 % Niveau) betragen, wenn zuletzt ein Brutto-Einkommen von 2.500,- € bezogen wurde.
-> Veröffentlichung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Rentenversicherungsbericht
Die Rechtsprechung stellt seit 2004 fest, dass die Sicherung des
eigenen angemessen Unterhalts im Alter nur zu gewährleisten ist,
wenn neben Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung
zusätzlich Beiträge zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge
geleistet werden. Wie notwendig dies tatsächlich ist, zeigt sich im
Unterhaltsrecht daran, dass sämtliche Leitlinien der OLG`s in
Deutschland zwischenzeitlich den Abzug von angemessenen Beiträgen
zur privaten Altersvorsorge (bis zu 4% und beim Elternunterhalt 5 %
des Bruttoeinkommens) vom Einkommen vorsehen und zulassen (vgl. BGH,
Urteil vom 14. 1. 2004 – XII ZR 149/01 : Die eigene
angemessene Altersvorsorge geht der Sorge für den
Unterhaltsberechtigten grundsätzlich vor).
BGH
, Urteil vom 05.03.2008 - XII ZR 22/06
(Zitat, Rn 22) "Da eine angemessene Altersvorsorge nicht mehr allein durch die gesetzliche Rentenversicherung gewährleistet werden kann, muss dem Unterhaltsberechtigten und gleichermaßen dem Unterhaltspflichtigen zugebilligt werden, in angemessenem Umfang zusätzlich Vorsorgeaufwand zu betreiben und beiden die Möglichkeit eröffnet sein, diesen Umstand in die Unterhaltsbemessung einfließen zu lassen."

Nun stellt sich die Frage, ob dies für Beamte ebenso gilt, wie für Angestellte: Denn hier ist ein extremer Unterschied im Niveau der durchschnittlichen Einkünfte im Alter festzustellen.
II. Antwort des Unterhaltsrechts
Die Rechtsprechung hält auch beim beamtenrechtlichen Status mit Pensionsberechtigung Beiträge zur privaten Altersvorsorge für abzugsfähig.
BGH, Urteil vom 28.07.2010 - XII ZR 140/07
Leitsatz: Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein.
(Zitat, Rn 25) "Nach ständiger Rechtsprechung des Senats darf einem Unterhaltspflichtigen auch nicht mit dem Hinweis auf eine Beeinträchtigung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit die Möglichkeit genommen werden, über die primäre Altersvorsorge hinaus, wie sie etwa durch die gesetzliche Rentenversicherung oder die Beamtenversorgung erfolgt, zusätzliche Altersvorsorge zu treffen.
Die Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt am Main (Stand: 01.01.2013) formulieren z.B. eindeutig: "Für eine zusätzliche Altersvorsorge können auch bei einer bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung oder bei Personen mit beamtenrechtlichem Status tatsächlich erbrachte Aufwendungen bis zu 5% des Gesamtbruttoeinkommens bei m Elternunterhalt und bis zu 4% beim Ehegatten- und Kindesunterhalt als angemessen angesehen werden. Dies gilt jedoch beim Unterhalt für minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder nur, soweit der Mindestunterhalt gedeckt ist."
III. Kommentar
Thema PRIVATE ALTERSVORSORGE
Privilegierter Vermögensaufbau auf für Beamte?
Zum Schutz vor Altersarmut ist eine zusätzliche private Altersvorsorge bei gesetzlich rentenversicherten Angestellten weitaus dringlicher als bei Beamten. Die Gefahr, dass die gesetzliche Rente zur Deckung des Existenzminimums im Alter nicht ausreicht, tendiert beim Bezug von Beamtenpensionen eher gegen Null. Obwohl damit gesetzlich pflichtversicherte Arbeitnehmer weitaus schutzwürdiger sind als verbeamtete Pensionisten, wird für den Abzug von Beiträgen zur privaten Altersvorsorge nicht zwischen Arbeitnehmern und Beamten unterschieden. Der unterhaltsrechtlichen Rechtsprechung geht es offenbar nicht darum, die Lücke im Rentenniveau zwischen Angestellten und Beamten zu schließen. Es geht primär auch nicht darum sicherzustellen, dass die Altersbezüge nicht unter das Niveau des Existenzminimums sinken. Leitgedanke der Rechtsprechung ist hier offensichtlich der Erhalt und die Sicherung des im Arbeitsleben des erreichten individuellen Lebensstandards. Dieser „ Lebensstandard-Gedanke “ gilt bei Beamten ebenso wie bei Angestellten, wobei in beiden Fällen gesehen wird, dass die Absicherung des jeweiligen individuellen Lebensstandards in beiden Bereichen nicht ohne private Zusatzversorgung auskommt. Es mag sein, dass der durchschnittliche Lebensstandard eines pensionierten Beamten regelmäßig höher ist, als der eines ehemaligen Angestellten. Doch dies ist für das Unterhaltsrecht kein Kriterium für die Abzugsfähigkeit von privaten Vorsorgeaufwendungen. Das unterschiedliche Renten-Pensions-Niveau ist politisch so gewollt und müsste gegebenenfalls vom Gesetzgeber korrigiert werden und nicht von der Unterhalts-Rechtsprechung.